Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AuslBG §11 Abs1 impl;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde 1. der I Gesellschaft mbH und 2. der S, beide in Salzburg und vertreten durch die Rechtsanwaltsgemeinschaft Mory & Schellhorn OEG in Salzburg, Wolf-Dietrich-Straße 19, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Salzburg vom 2. Dezember 1996, Zl. LGSSBG/5/1311/1996 ABBNr.: 1621960, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, beschlossen und zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin S wird zurückgewiesen.
Die Zweitbeschwerdeführerin hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von S 4.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid wird aufgrund der Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin I Gesellschaft mbH wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Arbeitsmarktservice hat der Erstbeschwerdeführerin I Gesellschaft mbH Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Erstbeschwerdeführerin beantragte am 27. August 1997 als Arbeitgeberin beim Arbeitsmarktservice Salzburg die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für die Zweitbeschwerdeführerin, eine türkische Staatsangehörige, für die berufliche Tätigkeit "Mithilfe in einem familiär geführten Betrieb". Im Antragsformular wird hinsichtlich spezieller Kenntnisse oder Ausbildung für die Beschäftigung der Zweitbeschwerdeführerin auf einen beiliegenden Antrag verwiesen. Nach dieser dem Antragsformular angeschlossen gewesenen Beilage wurde die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung für die Zweitbeschwerdeführerin von beiden beschwerdeführenden Parteien als Antragsteller beantragt. Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens stimmen darin überein, daß der Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung vom Arbeitsmarktservice Salzburg mit einem Bescheid vom 19. September 1996 abgelehnt wurde. Der Inhalt dieses Bescheides, insbesondere welcher Versagungsgrund von der Behörde erster Instanz für ihre Entscheidung herangezogen wurde, kann nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakte nicht nachvollzogen werden, da der Bescheid der Behörde erster Instanz nicht vorgelegt wurde und die Aktenvorlage insoweit unvollständig geblieben ist.
Gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Salzburg erhoben beide beschwerdeführenden Parteien die Berufung vom 4. Oktober 1996.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 2. Dezember 1996 wurde "die Berufung vom 4.10.1996 gegen den Bescheid der regionalen Geschäftsstelle Salzburg vom 19.9.1996, GZ.: 1311, womit der Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für die am 19.1.1977 geborene türkische Staatsbürgerin S abgelehnt wurde, gem. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG), BGBlNr. 51/1991 in Verbindung mit § 4 Abs. 7 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBlNr. 218/1975 in der geltenden Fassung abgewiesen".
Die belangte Behörde stützte ihre (nach dem Vorbringen der Beschwerde am 5. Dezember 1996 erlassene) Entscheidung ausschließlich auf § 4 Abs. 7 AuslBG (in der Fassung BGBl. Nr. 257/1995) und § 12a AuslBG in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales über die Bundeshöchstzahl 1996 (BHZV 1996; BGBl Nr. 763/1995) und der Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung (BHZÜV; BGBl Nr. 278/ 1995). Für diese Versagung der Beschäftigungsbewilligung (im Rahmen des angewendeten Bundeshöchstzahl - Überziehungsverfahren) war die Überschreitung der genannten BHZV 1996 maßgebend. Daran vermögen die - in Erwiderung des in der Berufung erstatteten Vorbringens - des weiteren in die Begründung des angefochtenen Bescheides aufgenommenen Ausführungen betreffend die grundsätzliche Anwendung des AuslBG auf das vorliegende Verwaltungsverfahren nichts zu ändern. In dieser Hinsicht führte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid aus, daß die Zweitbeschwerdeführerin nicht vom Geltungsbereich des AuslBG im Sinn des § 1 Abs. 2 lit. l leg. cit. ausgenommen sei, weil sie nicht das Kind, Adoptiv- oder Stiefkind eines österreichischen Staatsbürgers sei, und daß die Erfüllung der Voraussetzungen des Artikel 7 des Assoziationsratsbeschlusses 1/80 durch die Zweitbeschwerdeführerin schon deshalb nicht in Betracht kommen könne , weil ihre insoweit ins Treffen geführte Bezugsperson kein türkischer Staatsangehöriger sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde der beiden beschwerdeführenden Parteien.
Beide beschwerdeführenden Parteien erachten sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem AuslBG für die Zweitbeschwerdeführerin im Sinne des (gemeinsam gestellten) Antrages vom 27. August 1996 verletzt. Sie beantragen, den angefochtenen Bescheid "aus einem der Gründe des § 42 Abs. 2 VwGG" kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens unvollständig vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Mit Schreiben vom 5. Juni 1996 (eingelangt am 10. Juni 1997) legte die belangte Behörde unter Hinweis auf die nicht vollständige Aktenvorlage weitere Schriftstücke aus den Verwaltungsakten vor (die Unvollständigkeit der Aktenvorlage wurde jedoch damit nicht vollständig behoben, fehlt doch etwa weiterhin der urkundliche Nachweis über den Zeitpunkt der Zustellung des angefochtenen Bescheides und eine Ausfertigung des erstinstanzlichen Bescheides).
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2
VwGG gebildeten Senat erwogen:
I. Zur Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin:
Das Recht, einen Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem AuslBG zu stellen, ist grundsätzlich dem Arbeitgeber vorbehalten. Die Beschwerdeführerin hat im vorliegenden Verwaltungsverfahren einen derartigen Antrag gestellt, dieser hätte aber als unzulässig zurückgewiesen werden müssen. Es ist daher von vornherein verfehlt, wenn in der Beschwerde geltend gemacht wird, die Zweitbeschwerdeführerin sei (in gleicher Weise wie die Erstbeschwerdeführerin als Arbeitgeberin) durch den angefochtenen Bescheid "in ihrem subjektiven Recht auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung verletzt". In diesem Recht kann die Beschwerdeführerin nach Lage des Beschwerdefalles nicht verletzt sein. Die Zweitbeschwerdeführerin konnte auch dadurch nicht in ihren Rechten verletzt sein, daß die förmliche (bescheidmäßige) Zurückweisung ihres unzulässigen Antrages unterblieb und ihr unzulässiger Antrag gleichlautend und gemeinsam mit der Erledigung des zulässigen Antrages des Arbeitgebers abgewiesen wurde.
Die Möglichkeit einer Rechtsverletzung der Zweitbeschwerdeführerin hätte allenfalls insoweit in Betracht kommen können, als der angefochtene Bescheid ihre subjektive Rechtssphäre als beantragte ausländische Arbeitskraft im Sinn des § 21 AuslBG berührt hätte. Im vorliegenden Fall wurde die Zweitbeschwerdeführerin aber in ihren durch § 21 AuslBG eingeschränkten Rechten nicht verletzt, weil die ausschließlich auf § 4 Abs. 7 AuslBG gestützte Versagung der vom Arbeitgeber für den Zweitbeschwerdeführerin beantragten Beschäftigungsbewilligung nicht aus Gründen erfolgte, für die nach dem Inhalt der Entscheidung persönliche Umstände der Beschwerdeführerin im Sinn des § 21 AuslBG maßgeblich waren, erfolgte die Versagung der Beschäftigungsbewilligung doch ausschließlich deshalb, weil die Bundeshöchstzahl überschritten war und vom Arbeitgeber kein für eine Bewilligung im Bundeshöchstzahlen-Überschreitungsverfahren maßgeblicher Sachverhalt dargetan worden war. (vgl. hiezu auch die hg. Beschlüsse vom 15. September 1994, Zl. 94/09/0177, und vom 7. März 1996, Zl. 95/09/0111).
Hinsichtlich der grundsätzlich persönliche Umstände des Ausländers betreffenden tatbestandlichen Voraussetzungen nach Artikel 7 des Assoziationsratsbeschlusses 1/80 (ARB 1/80) bzw. des Ausnahmetatbestandes im Sinn des § 1 Abs. 2 lit. l AuslBG wird eine Rechtsverletzung der Zweitbeschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in der Beschwerde nicht einmal behauptungsmäßig geltend gemacht. Die Zweitbeschwerdeführerin tritt der zu Artikel 7 ARB 1/80 und zu § 1 Abs. 2 lit. l AuslBG dargelegten Beurteilung der belangten Behörde mit keinem Wort entgegen, gehen doch nach dem Inhalt der Beschwerde beide beschwerdeführenden Parteien übereinstimmend davon aus, daß für die Beschäftigung der Zweitbeschwerdeführerin eine Beschäftigungsbewilligung nach dem AuslBG erforderlich ist und die Beschäftigung der Zweitbeschwerdeführerin bei der Erstbeschwerdeführerin demnach dem Geltungsbereich des AuslBG unterliegt (andernfalls würde keine der beiden beschwerdeführenden Parteien durch die Versagung einer nicht erforderlichen Beschäftigungsbewilligung in Rechten verletzt sein). Es ist auch unter Bedachtnahme auf den gesamten Inhalt der Beschwerde daher nicht zu erkennen, daß bzw. inwieweit die Zweitbeschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in subjektiv-öffentlichen Rechten bzw. in ihrer Rechtssphäre verletzt werden konnte.
Die Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin war somit gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 3 VwGG wegen des Mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen.
II. Zur Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin:
Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 12. März 1997, Zl. V 114/96-7, wie folgt zu Recht erkannt:
"Die Kundmachung des Bundesministers für Arbeit und Soziales über die Bundeshöchstzahl 1996, BGBl. Nr. 763/1995, war gesetzwidrig.
Diese Verordnung ist auch auf beim Verwaltungsgerichtshof anhängige sowie vom Verfassungsgerichtshof an diesen zur Entscheidung abzutretende Fälle nicht mehr anzuwenden.
Der Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales ist verpflichtet, diese Aussprüche unverzüglich im Bundesgesetzblatt II kundzumachen."
Dieser Ausspruch des Verfassungsgerichtshofes wurde im Bundesgesetzblatt Teil II, Nr. 137/1997, am 28. Mai 1997 kundgemacht.
Der vorliegende Beschwerdefall ist aufgrund des vom Verfassungsgerichtshof in seinem stattgebenden - die Gesetzwidrigkeit der Verordnung feststellenden - Erkenntnis hinsichtlich der Anwendung der BHZV 1996 in beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Verfahren getroffenen Ausspruch (im Sinne von Art. 139 Abs. 6 zweiter Satz B-VG) als ein "Anlaßfall" zu betrachten.
Angesichts der demnach auf den Beschwerdefall wirkenden Aufhebung der für den ausschließlich herangezogenen Versagungsgrund des § 4 Abs. 7 AuslBG bzw. die Anwendung des Bundeshöchstzahlen - Überziehungsverfahrens tragenden Verordnung über die Bundeshöchstzahl 1996 ist der angefochtene Bescheid durch diese in Wegfall geratene normative Grundlage inhaltlich rechtswidrig. Er war daher (aufgrund der zulässigen Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin) gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 41 AMSG und der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994 (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, Seite 709 wiedergegebene hg. Judikatur). Das Mehrbegehren der belangten Behörde für Aktenvorlage war abzuweisen, weil die Vorlage der Verwaltungsakten unvollständig geblieben ist.
Wien, am 7. Juli 1999
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1997090015.X00Im RIS seit
11.07.2001