TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/23 W207 2163233-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.08.2018
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Entscheidungsdatum

23.08.2018

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W207 2163233-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER als Vorsitzender und die Richterin Mag. Natascha GRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 26.05.2017, OB:

XXXX, betreffend Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 40 Abs. 1, § 41 Abs. 1 und § 45 Abs. 1 und 2 Bundesbehindertengesetz (BBG) als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer stellte am 09.01.2015 beim Sozialministeriumservice (in der Folge auch als belangte Behörde bezeichnet) einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses. Daraufhin wurde von der belangten Behörde ein medizinisches Sachverständigengutachten eines Facharztes für Chirurgie eingeholt, in dem auf Grundlage der Bestimmungen der Anlage der Einschätzungsverordnung die Funktionseinschränkung "Degenerative Veränderungen der Lendenwirbelsäule bei Zustand nach zweimaliger Bandscheibenoperation L5/S1", bewertet mit einem (Einzel)Grad der Behinderung von 30 v.H. nach der Positionsnummer 02.01.02 der Anlage der Einschätzungsverordnung, festgestellt wurde. Mit Bescheid vom 08.06.2015 wies die belangte Behörde den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses ab und stellte einen Grad der Behinderung in Höhe von 30 v.H. fest. Gegen diesen Bescheid wurde vom Beschwerdeführer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben. Aufgrund der erhobenen Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht ein weiteres Gutachten eines Facharztes für Orthopädie eingeholt, in dem auf Grundlage der Bestimmungen der Anlage der Einschätzungsverordnung die Funktionseinschränkung "Degenerativer Bandscheibenschaden bei Z.n.zweimaliger Bandscheiben-OP und chronischem Schmerzsyndrom. Oberer Rahmensatz dieser Positionsnummer, da segmentale Degeneration, mäßige Funktionsbehinderung der LWS jedoch chronisches Schmerzsyndrom unter Dauermedikation", bewertet mit einem (Einzel)Grad der Behinderung von nunmehr 40 v.H. nach derselben Positionsnummer der Anlage der Einschätzungsverordnung, festgestellt wurde. Mit Erkenntnis vom 12.01.2016, GZ W217 2111077-1/7E, wurde festgestellt, dass der Gesamtgrad der Behinderung des Beschwerdeführers 40 v.H. beträgt und die Beschwerde rechtskräftig als unbegründet abgewiesen.

Am 04.01.2017 stellte der Beschwerdeführer beim Sozialministeriumservice neuerlich einen - den verfahrensgegenständlichen - Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses. Der Beschwerdeführer legte diesem Antrag einen vorläufigen Ambulanzbericht eines näher genannten Krankenhauses vom 06.07.2015, einen neurophysiologischen Befund eines näher genannten Arztes vom 31.05.2016, ein chirurgisch-orthopädisches Gutachten eines näher genannten Arztes vom 07.11.2016, eine (unleserliche) Kopie seiner Daueraufenthaltsberechtigungskarte und einen Kurzbrief eines näher genannten Krankenhauses vom 12.12.2016 bei.

Die belangte Behörde gab in der Folge ein Sachverständigengutachten eines Facharztes für Orthopädie unter Anwendung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung in Auftrag. In diesem Sachverständigengutachten vom 12.05.2017 wurde nach Durchführung einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 08.03.2017 Folgendes - hier in den wesentlichen Teilen wiedergegeben - ausgeführt:

"...

Anamnese:

SACHVERHALT:

Antrag: Ich beantrage die Ausstellung eines Behindertenpasses;

2015/03: SVGA,SMS, FA Chirurgie: GdB 30% (degen. LWS bei Z.n. 2x BS-OP L5/S1 30%)

2015/11: SVGA,SMS, FA Orthopädie. GdB 40% (degen. LWS bei Z.n. 2x BS-OP, oberer RS, da chron. Schmerzsyndrom unter Dauermedikation)

ANAMNESE :

trotz Sprachproblemen wird seitens des AS auf einen Dolmetsch verzichtet, die mitgekommene Gattin hilft beim Übersetzen, als Begleitperson ist sie nicht erforderlich

Seit dem letzten Gutachten 3x Fisteloperation (XXXX), sonst keine Erkrankungen, Operationen oder Unfälle

Derzeitige Beschwerden:

Ich habe Schmerzen von der Lendenwirbelsäule in das linke Bein ausstrahlend, auch Schmerzen in der gesamten WS bis zur HWS, Schmerzen beginnen hinten, dann rundherum

Meine Gehleistung beträgt nur kurze Strecken mit UASK; Stiegen steigen geht nur mit Anhalten

NB: während der gesamten Anamnese und der Statuserhebung gibt der AS ständige, perseverierende Betonungen der Schmerzen (Stöhnen, Ächzen, Seufzen) von sich

VAS (visuelle Analogskala): 9 (8-10)

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

B: derzeit keine

M: Novalgin; Pregabalin Krka 300mg; Hydal ret. 8mg; Pantoloc 40mg;

Sortis 40mg; Sertralin 50mg; Trittico ret. 75mg;

HM: 2 UASK unter Entlastung linkes Bein

Sozialanamnese:

verheiratet

Beruf / Arbeit: Maurer, seit 2013 Krankenstand/Reha-Geld

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

2015/03: SVGA, SMS, FA Chirurgie: GdB 30% (degen. LWS bei Z.n. 2x BS-OP L5/S1 30%)

2015/07: XXXX, Neurochirurgie: keine neuerliche Pathologie im MRT der LWS, insbesondere nicht in Höhe des operierten Segmentes L5/S1; Regredienz der subdiskalen Markraumödeme, unverändert das Ausmaß der Narbenzone um die Nervenwurzel S1 links und idem die ossärbedingten, bilateralen Neuroforamenstenosen. Auch im MRT der BWS kein pathologischer Befund; trotz hoher Kombinationsschmerztherapie, massive Schmerzen im linken Bein, dem Dermatom S1 zuordenbar. Der Patient ist in seiner Mobilität, trotz des jugendlichen Alters, massiv eingeschränkt und sehr immobil durch die Schmerzen (bettlägerig). Er kann nur kurze Strecken mit zwei Unterarmstützkrücken gehen. Ein Teil der Schmerzen kann durch die narbige Fixierung der Nervenwurzel S1 eventuell erklärt werden. Eine neuerliche OP würde nun kurzfristige Besserung erreichen, da dies wieder eine neuerliche Narbenbildung indizieren würde. Es ist daher keine weitere neurochirurgische Intervention indiziert, da kein Benefit zu erwarten wäre.

Aufgrund des chronischen Schmerzsyndroms, ist der Patient regelmäßig in der Schmerzambulanz in Behandlung. Von medizinischer Seite ist eine Reintegration in den Arbeitsprozess meines Erachtens derzeit nicht möglich und die Ablehnung eines Behindertenpasses sollte aufgrund der derzeit vorhandenen Behinderung überdacht werden.

2015/11: SVGA, SMS, FA Orthopädie. GdB 40% (degen. LWS bei Z.n. 2x BS-OP, oberer RS, da chron. Schmerzsyndrom unter Dauermedikation)

2016/05: Dr. XXXX, FA für Neurologie und Psychiatrie:

Nadelelektromyographie: elektromyographisch Hinweise für das Vorliegen einer Radikulopathie L5 links.

2016/11: Dr. XXXX, FA Unfallchirurgie: aus chirurgisch-orthopädischer Sicht folgende Erkrankungen: 1. Aufbrauchserscheinungen im Bereich des Stütz- und Bewegungsapparates

2. Zweimalige Bandscheibenoperation L5/S1 mit entzündlichen Komplikationen, deshalb auch Reoperation 3. Stabile, blande Narbe an der Oberarminnenseite nach Rissquetschwunde in diesem Bereich ohne Verletzung tieferer Gebilde

Vergleich mit dem Gutachten vom 24.4.2014: keine wesentliche Verbesserung des Zustandes.

Vergleich mit dem Gutachten 26.1.2016: keine Verbesserung, wobei eine eigene Untersuchung der Wirbelsäule hier offensichtlich nicht stattgefunden hat, es sind nur Kopf, obere und untere Extremitäten und der Stand und Gang festgehalten. Die Beschwerden allerdings und die Erkrankung mit zweimaliger Operation und die Entzündung im Bereich der Bandscheibe sind festgehalten. Auch wenn man diese beiden Gutachten vergleicht, ist es in diesem Gutachten gegenüber dem von 2014 zu keiner wesentlichen Verbesserung gekommen.

Aufgrund dieses hier angezogenen Vergleiches und der heutigen eigenen Untersuchung ist der Proband zum Zeitpunkt der Entziehung, das heißt also über den 31.5.2016 hinaus, als arbeitsunfähig einzuschätzen.

2016/07: XXXX, Schmerzambulanz: Opiatrotation (Hydal, Oxycodon) empfohlen

Vom AS zur Untersuchung mitgebrachte Befunde:

2016/08: XXXX, Chirurgie: Fistelrezidiv nach Analfistel-OP 02/2016, Koloskopie + Fistelsondierung

2016/09: XXXX, Chirurgie: Analfistelexcision mit partieller Sphinkterrekonstruktion

2017/02: XXXX, Neurochirurgie: Z.n. Diskusextraktion L5/S1 09/2013, Z.n. inflammierter Rezidivdiskusprolapsextraktion L5/S1 mit Saug-Spüldrainage, kein neurologisches Defizit, MRT empfohlen

2017/02: XXXX: MRT LWS: Protrusion L4/5 ohne Nervenwurzelaffektion, Restdiskusprotrusion L5/S1, keine Vertebrostenosen

2017/02: XXXX, Neurochirurgie: chron. Schmerzsyndrom L5/S1, MRT Rediscusprotrusion L5/S

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

gut

Ernährungszustand:

adipös

Größe: 185,00 cm Gewicht: 115,00 kg Blutdruck: 130/75

Klinischer Status - Fachstatus:

Hörvermögen: nicht beeinträchtigt

Sehvermögen: nicht beeinträchtigt

Zehenballen- und Fersenstand: rechts durchführbar, links angedeutet Schulter- und Beckengeradstand

Finger-Boden-Abstand: Kniehöhe

A) CAPUT/COLLUM: unauffällig

THORAX: unauffällig

Atemexkursion: 4cm

ABDOMEN: kein Druckschmerz, klinisch unauffällig

B) WIRBELSÄULE:

Druckschmerz: diffus LWS; Klopfschmerz: diffus LWS;

Stauchungsschmerz: nein Halswirbelsäule: in allen Ebenen endlagig eingeschränkt, Kinn-Jugulum-Abstand 1,5cm, Myogelosen und Hartspan des Trapezius beidseits

Brustwirbelsäule: Ott 30/32cm, Rippenbuckel: nein

Lendenwirbelsäule: Schober 10/12cm, Seitneigung ein Drittel eingeschränkt, Lendenwulst nein; Insuffizienz der Rückenmuskulatur; 4cm lange, blande Narbe von S1 nach proximal

C) OBERE EXTREMITÄTEN:

Rechtshänder

Nacken- und Kreuzgriff beidseits nicht eingeschränkt

muskuläre Verhältnisse unauffällig

Durchblutung unauffällig

Faustschluss, Grob- und Spitzgriff beidseits unauffällig

Schulter: rechts links normal

Ante-/Retroflexion 160 0 40 160 0 40 160 0 40

Außen-/Innenrotation 50 0 90 50 0 90 50 0 90

Abduktion/Adduktion 160 0 40 160 0 40 160 0 40

Ellbogen: rechts links normal

Extension/Flexion 10 0 150 10 0 150 10 0 150

Pronation/Supination 90 0 90 90 0 90 90 0 90

Handgelenk: rechts links normal

Extension/Flexion 60 0 60 60 0 60 60 0 60

Radial-/Ulnarduktion 30 0 40 30 0 40 30 0 40

Fingergelenke: beidseits frei und schmerzfrei beweglich

NEUROLOGIE obere Extremitäten:

Kraftgrad: 5

Sehnenreflexe: beidseits mittellebhaft

Sensibilität: ungestört

Tinnel-Hoffmann-Zeichen: beidseits negativ

D) UNTERE EXTREMITÄTEN:

Valgusstellung: 5 Grad

HÜFTGELENK: rechts links normal

Druckschmerz: nein ing nein

Extension/Flexion 0 0 120 0 0 100 15 0 130

Abduktion/Adduktion 30 0 30 30 0 20 35 0 35

Aussen-/Innenrotation 30 0 30 15 0 15 35 0 35

Bei der Untersuchung linkes Hüftgelenk heftige Angabe von Schmerzen in der LWS, wodurch die Prüfung des Bewegungsumfanges erschwert wird

OBERSCHENKEL

rechts: unauffällig; links: unauffällig; Umfang: seitengleich (!)

KNIEGELENK: rechts links normal

Extension/Flexion 5 0 130 5 0 130 5 0 130

Druckschmerz: nein nein nein

Erguss: nein nein nein Rötung: nein nein nein

Hyperthermie: nein nein nein

Retropatell. Symptomatik: nein nein nein

Zohlen-Zeichen: negativ negativ negativ

Bandinstabilität: nein nein nein

UNTERSCHENKEL:

rechts: unauffällig; links: unauffällig; Umfang: seitengleich (!)

SPRUNGGELENKE: rechts links normal

oberes SG:

Extension/Flexion: 25 0 45 25 0 45 25 0 45

Bandinstabilität: nein nein nein unteres SG:

Eversion/Inversion: 15 0 30 15 0 30 15 0 30

Erguss: nein nein nein Hyperthermie/Rötung: nein nein nein

FUSS-und ZEHENGELENKE:

Beweglichkeit: kleine Gelenke beidseits endlagig eingeschränkt, schmerzfrei Fußsohlenbeschwielung: normal

DURCHBLUTUNG: unauffällig

NEUROLOGIE untere Extremitäten: bei der Untersuchung massive Aggravation, daher erschwert beurteilbar

Kraftgrad: 5 rechts, 3-4 links; Lasegue li 15 Grad, Vd. auf

Tibialisschwäche li Sehnenreflexe: rechts untermittellebhaft auslösbar; links AS nicht auslösbar Sensibilität: unklare Hypästhesie linkes Bein zirkulär (genaue Zuordnung auch auf mehrfache Aufforderung nicht möglich)

BEINLÄNGE:

Seitengleich

Gesamtmobilität - Gangbild:

Hilfsmittel: 2 UASK Schuhwerk: feste HS Anhalten: beim Aufstehen

An-und Auskleiden im Stehen: mit leichter Hilfe durchführbar Hocke:

beidseits angedeutet durchführbar Gangbild: symmetrisch, raumgreifend, Schonhinken links Schrittlänge: 1 SL

Status Psychicus:

zeitlich und örtlich orientiert, eingeschränkt kooperativ

kein Hinweis auf relevante psychische Störung

Ergebnis der durchgeführten Untersuchung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

Pos. Nr.

GdB %

1

Lendenwirbelsäule: Degenerativer Bandscheibenschaden bei Zustand nach zweimaliger Bandscheiben-OP L5/S1 und chronischem Schmerzsyndrom. Oberer Rahmensatz, da mäßige Funktionsbehinderung der LWS, jedoch chronisches Schmerzsyndrom unter Dauermedikation, Sensibilitätsstörungen ohne maßgebliche motorische Defizite

02.01.02

40

Gesamtgrad der Behinderung 40 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Der Zustand nach Mastdarmfistel erreicht keinen Grad der Behinderung, da operativ saniert.

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Keine einschätzungsrelevante Verbesserung oder Verschlechterung eingetreten.

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

Der Gesamtgrad der Behinderung bleibt unverändert.

[X] Dauerzustand

Herr G. kann trotz seiner Funktionsbeeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb (allenfalls unter Zuhilfenahme von Unterstützungsstrukturen) einer Erwerbstätigkeit nachgehen:

[X]JA

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Keine. Bei der fachärztlich-orthopädischen Untersuchung finden sich an beiden oberen Extremitäten keine behinderungsrelevanten funktionsbeeinträchtigenden Einschränkungen der Beweglichkeit, Motorik oder Sensibilität, wodurch ein festes Anhalten und ein sicherer Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel gegeben ist. Trotz der mittelgradigen Funktionseinschränkung und den degenerativen Veränderungen der Lendenwirbelsäule ist eine ausreichende Gehstrecke von 300-400 Metern aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe bewältigbar. Das Ein- und Aussteigen in ein öffentliches Verkehrsmittel, sowie das Bewältigen von Niveauunterschieden oder Hindernissen, die Sitzplatzsuche und die notwendige Fortbewegung innerhalb eines öffentlichen Verkehrsmittels kann bewältigt werden, da an allen Gelenken beider unterer Extremitäten keine behinderungsrelevanten Funktionseinschränkungen vorliegen.

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

Nein.

..."

Mit Bescheid vom 26.05.2017 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom 04.01.2017 auf Ausstellung eines Behindertenpasses ab und führte begründend aus, dass das medizinische Beweisverfahren einen Grad der Behinderung von 40 v.H. ergeben habe und somit die Voraussetzungen zur Ausstellung eines Behindertenpasses nicht gegeben seien. Die Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien dem eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten, das einen Bestandteil der Begründung bilde, zu entnehmen. Das medizinische Sachverständigengutachten vom 12.05.2017 wurde dem Beschwerdeführer gemeinsam mit dem Bescheid übermittelt.

Mit E-Mail vom 21.06.2017 erhob der Beschwerdeführer gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 26.05.2017, mit dem der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses abgewiesen worden war, fristgerecht die gegenständliche Beschwerde, in der in inhaltlicher Hinsicht Folgendes ausgeführt wird:

"...

Sehr geehrte Frau / Herr

Seit meinem Arbeitsanfall 2103 bin ich Arbeitsunfähig obwohl ich starke Medikamente nehme und verschiedene Therapien versucht gibt es keine Verbesserungen in meinem Gesundheit

Aus eueren Bescheid von 26.05.207 zu lesen bin ich Gesund fürs Arbeitsmarkt

Andere Gutachten wiedersagen euerem Bescheid

Auch steht im Bescheid das ich 300-400m gehen kann ohne Hilfe was nicht stimmt und ich weiß nicht woher euerem Gutachter diesem aussage her hat ich kann seit Jahren nicht ohne Hilfe gehen, gehe mit 2 Krücken und raus gehe ich nur wenn, ich Termine habe in Begleitung meine Ehegattin

Bin seit Jahren bettlägerig schaffe nichts zu machen weil mich die Schmerzen 24 Stunden begleiten jeden Tag seit Jahren ich bin in meine alltäglichen Leben sehr eingeschränkt

Wodurch ich nur noch im Bett liege

Ich werde seit Jahren abgewiesen für einen behindertenpass

Ich bitte Sie um noch Mals ihre Entscheidung zu überdenken

Gerne schicke ich ihn eine Kopie von meine letzten Besuch im Spital

Durchgeführt würde eine CT- gezielte Infiltration

Nach diesem CT gezielte Infiltration sind schmerzen wie vorher da

Leider ohne Verbesserung ..."

Dieser Beschwerde wurde ein radiologischer Befund eines näher genannten Krankenhauses vom 15.05.2017 beigelegt. Diesem ist zu entnehmen, dass die Nervenwurzel im Segment L5/S1 links CT-gezielt infiltriert wurde. Der intra- und der postinterventionelle Verlauf sei unauffällig. Nach einer kurzen Beobachtungszeit habe der Patient in gutem Allgemeinzustand wieder entlassen werden können.

Die belangte Behörde legte den Verwaltungsakt am 04.07.2017 dem Bundesverwaltungsgericht vor.

Mit Nachreichung im Wege der belangten Behörde vom 20.07.2017 wurden vom Beschwerdeführer nachgereichte Befunde vorgelegt. Dabei handelt es sich um einen Befund eines näher genannten Diagnosezentrums vom 16.02.2017, zwei ärztliche Entlassungsberichte eines näher genannten Krankenhauses vom 27.09.2016, einen vorläufigen Ambulanzbericht eines näher genannten Krankenhauses vom 07.02.2017 und einen vorläufigen Ambulanzbericht eines näher genannten Krankenhauses vom 28.02.2017. Zu diesen nachgereichten Unterlagen ist festzuhalten, dass sie bei der Erstellung des Gutachtens vom 12.05.2017 bereits vorlagen. Dies ergibt sich aus der Zusammenfassung der relevanten Befunde im Gutachten vom 12.05.2017. Daraus geht hervor, dass alle oben genannten Unterlagen vom Beschwerdeführer zur persönlichen Untersuchung am 08.03.2017 mitgebracht wurden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer brachte am 04.01.2017 den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Sozialministeriumservice ein.

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger des Kosovo. Er hat seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich.

Der Beschwerdeführer leidet unter folgender objektivierter Funktionseinschränkung:

1. Lendenwirbelsäule: Degenerativer Bandscheibenschaden bei Zustand nach zweimaliger Bandscheiben-OP L5/S1 und chronischem Schmerzsyndrom.

Der Gesamtgrad der Behinderung des Beschwerdeführers beträgt aktuell 40 v.H.

Hinsichtlich der beim Beschwerdeführer bestehenden Funktionseinschränkung und deren Ausmaß werden die diesbezüglichen Beurteilungen im oben wiedergegebenen Sachverständigengutachten vom 12.05.2017 der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt.

2. Beweiswürdigung:

Das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses basiert auf dem Akteninhalt.

Die Feststellung zur Staatsangehörigkeit und die Feststellung zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Inland ergibt sich aus der Einsichtnahme im Zentralen Melderegister sowie aus den eigenen diesbezüglichen Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen der Antragstellung.

Die festgestellte Funktionseinschränkung und der Gesamtgrad der Behinderung gründen sich auf das durch die belangte Behörde eingeholte medizinische Sachverständigengutachten eines Facharztes für Orthopädie vom 12.05.2017.

In diesem medizinischen Sachverständigengutachten wird auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers und unter Berücksichtigung der vom Beschwerdeführer im Verfahren vor der belangten Behörde vorgelegten medizinischen Unterlagen auf die Art des Leidens des Beschwerdeführers und dessen Ausmaß schlüssig und widerspruchsfrei eingegangen. Die getroffene Einschätzung entspricht der festgestellten Funktionsbeeinträchtigung.

Insoweit der Beschwerdeführer mit seinem Beschwerdevorbringen zum Ausdruck bringt, dass die erfolgte Einstufung seines Leidens mit einem Grad der Behinderung von 40 v.H. zu gering erfolgt sei, ist Folgendes festzuhalten:

Die herangezogene Positionsnummer des Regelungskomplexes "02 Muskel - Skelett - und Bindegewebssystem Haltungs- und Bewegungsapparat; 02.01 Wirbelsäule" der Anlage der Einschätzungsverordnung lautet - hier gleichsam als Vorgriff auf die rechtliche Beurteilung wiedergegeben - wie folgt:

"...

02.01.02 -Funktionseinschränkungen mittleren Grades -30 - 40 %

Rezidivierende Episoden (mehrmals pro Jahr) über Wochen andauernd, radiologische Veränderungen, andauernder Therapiebedarf wie Heilgymnastik, physikalische Therapie, Analgetika, Beispiel:

Bandscheibenvorfall ohne Wurzelreizung (pseudoradikuläre Symptomatik)

30 %: Rezidivierende Episoden (mehrmals pro Jahr) über Wochen andauernd, radiologische Veränderungen

andauernder Therapiebedarf wie Heilgymnastik, physikalische Therapie, Analgetika

40 %: Rezidivierend und anhaltend, Dauerschmerzen eventuell episodische Verschlechterungen, radiologische und/oder morphologische Veränderungen

maßgebliche Einschränkungen im Alltag

02.01.03 -Funktionseinschränkungen schweren Grades -50 - 80%

50 %:

Radiologische Veränderungen und klinische Defizite

Maßgebliche Einschränkungen im Alltag

60%:

Chronischer Dauerschmerz mit episodischen Verschlechterungen

Einfache analgetische Therapie (NSAR) nicht mehr ausreichend

70 %:

Therapieresistente Instabilitätssymptomatik bei fortgeschrittenen Stadien eines Wirbelgleitens, Spinal-kanalstenose mit Claudicatio spinalis (kurze Wegstrecke), schwere Skoliose mit erforderlicher Mieder-versorgung oder OP-Indikation

Postlaminektomie-Syndrom

80 %:

Zusätzliche Beeinträchtigungen wie chronischer neurogener Dauerschmerz, Opionidindikation

Indikationen für invasive Therapieverfahren einschließlich Schmerzschrittmacher (SCS) und Schmerz-pumpen, Periduralkatheter

Lähmungserscheinungen mit Gangstörungen

Versteifung über mindestens mehrere Segmente"

Der beigezogene Facharzt für Orthopädie stellte auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers und unter Berücksichtigung der vom Beschwerdeführer im Verfahren vor der belangten Behörde vorgelegten medizinischen Unterlagen das Vorleigen von Funktionseinschränkungen mittleren Grades fest; dieser Befund wird durch die oben wiedergegebenen Ergebnisse der Statuserhebung im Rahmen der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers bestätigt. Der festgestellte degenerative Bandscheibenschaden (Lendenwirbelsäule) sowie der Umstand der festgestellten Dauermedikation aufgrund des chronischen Schmerzsyndroms - mag diese auch nur in einem bescheidenen Umfang Erleichterungen bringen - bestätigen auch das Vorliegen maßgeblicher Einschränkungen im Alltag, die vom medizinischen Sachverständigen daher berücksichtigt wurden. Dies gilt auch für die in der Beschwerde ins Treffen geführten Schmerzen, die entsprechend den allgemeinen einschätzungsrelevanten Kriterien des Regelungskomplexes 02 der Anlage der Einschätzungsverordnung mit zu berücksichtigen sind. Unter dem Aspekt des vom medizinischen Sachverständigen unter Berücksichtigung dieser Umstände festgestellten Vorliegens von Funktionseinschränkungen mittleren Grades kommt aber im gegenständlichen Fall eine Einstufung unter der Positionsnummer 02.01.03 der Anlage der Einschätzungsverordnung, die damit erst bei Vorliegen von Funktionseinschränkungen schweren Grades einen Grad der Behinderung von 50 v.H. ergeben könnte, nicht in Betracht.

Was das Vorbringen in der Beschwerde betrifft, der Gutachter habe festgestellt, dass der Beschwerdeführer arbeitsfähig sei, ist darauf hinzuweisen, dass das in dieser Form nicht zutrifft. Es wurde lediglich festgestellt, dass der Beschwerdeführer trotz seiner Funktionsbeeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb (allenfalls unter Zuhilfenahme von Unterstützungsstrukturen) einer Erwerbstätigkeit nachgehen könnte, wobei diesem im medizinischen Sachverständigengutachten angeführten Umstand im gegenständlichen Verfahren nach dem Bundesbehindertengesetz (BBG) keine Entscheidungsrelevanz zukommt.

Was das Beschwerdevorbringen betrifft, im eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten werde festgehalten, dass der Beschwerdeführer 300-400 m ohne Hilfe gehen könne, was nicht stimme, er könne seit Jahren nicht ohne Hilfe gehen, so ist festzuhalten, dass der medizinische Sachverständige im Gutachten vom 12.05.2017 - unbeschadet dessen, dass auch diesen Ausführungen im gegenständlichen Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses keine unmittelbare Entscheidungsrelevanz zukommt -festgestellt hat, dass sich bei der fachärztlich-orthopädischen Untersuchung an beiden oberen Extremitäten keine behinderungsrelevanten funktionsbeeinträchtigenden Einschränkungen der Beweglichkeit, Motorik oder Sensibilität finden ließen, wodurch ein festes Anhalten und ein sicherer Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel gegeben ist. Trotz der mittelgradigen Funktionseinschränkung und den degenerativen Veränderungen der Lendenwirbelsäule ist eine ausreichende Gehstrecke von 300-400 Metern aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe bewältigbar. Das Ein- und Aussteigen in ein öffentliches Verkehrsmittel, sowie das Bewältigen von Niveauunterschieden oder Hindernissen, die Sitzplatzsuche und die notwendige Fortbewegung innerhalb eines öffentlichen Verkehrsmittels kann bewältigt werden, da an allen Gelenken beider unterer Extremitäten keine behinderungsrelevanten Funktionseinschränkungen vorliegen.

Zu diesen Feststellungen gelangte der Gutachter aufgrund einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers, auf Grundlage der vom Beschwerdeführer vorgelegten medizinischen Unterlagen und aufgrund der Aussagen des Beschwerdeführers im Rahmen der Anamnese, dass er kurze Strecken gehen könne und auch Stiegen steigen (wenn auch mit Anhalten) möglich sei. Aus diesen Ausführungen des medizinischen Sachverständigen ergibt sich aber jedenfalls, dass beim Beschwerdeführer zwar - wie auch die vorgenommene Einstufung zeigt - unzweifelhaft nicht unerhebliche Funktionseinschränkungen vorliegen, dass jedoch ein vom Beschwerdeführer subjektiv empfundenes Ausmaß wie von ihm im Verfahren vor der belangten Behörde und in der Beschwerde dargetan, nicht objektiviert werden konnte. Der Beschwerdeführer ist den schlüssigen Ausführungen des Gutachters nicht substantiiert entgegengetreten, es wurden im Verfahren keine Unterlagen vorgelegt, aus denen sich etwas Gegenteiliges ergeben würde.

Der der Beschwerde beigelegte radiologische Befund eines näher genannten Krankenhauses vom 15.05.2017 steht nicht im Widerspruch mit den Untersuchungsergebnissen des dem gegenständlichen Verfahren beigezogenen medizinischen Sachverständigen. Dem radiologischen Befund vom 15.05.2017 ist zu entnehmen, dass die Nervenwurzel im Segment L5/S1 links CT-gezielt infiltriert wurde. Der intra- und der postinterventionelle Verlauf war unauffällig. Nach einer kurzen Beobachtungszeit konnte der Beschwerdeführer entsprechend diesem Befund in gutem Allgemeinzustand wieder entlassen werden. Vom Gutachter wurde der obere Rahmensatz der herangezogenen Positionsnummer gewählt, da beim Beschwerdeführer ein chronisches Schmerzsyndrom unter Dauermedikation vorliegt. Beim Beschwerdeführer wurde am 15.05.2017 eine CT-gezielte Infiltration der Lendenwirbelsäule vorgenommen, um seine Schmerzen zu lindern. Es mag sein, dass diese Maßnahme - wie in der Beschwerde vorgebracht - keine Verbesserung der Schmerzen des Beschwerdeführers gebracht hat. Es sind aber - wie bereits festgestellt - die in der Beschwerde ins Treffen geführten Schmerzen vom Gutachter berücksichtigt worden.

Die am 20.07.2017 im Wege der belangten Behörde nachgereichten Unterlagen lagen bereits bei der Erstellung des Gutachtens vom 12.05.2017 vor. Dies ergibt sich aus der Zusammenfassung der relevanten Befunde im Gutachten vom 12.05.2017. Daraus geht hervor, dass die oben genannten Unterlagen vom Beschwerdeführer zur persönlichen Untersuchung am 08.03.2017 mitgebracht wurden und vom Gutachter im Rahmen der Gutachtenserstellung miteinbezogen wurden. Abgesehen davon würden die nachgereichten Unterlagen, wenn sie bei der Gutachtenserstellung nicht bereits vorgelegen hätten, der Neuerungsbeschränkung des § 46 BBG unterliegen, wonach in Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden dürfen.

Der Beschwerdeführer ist dem von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten in der Beschwerde daher nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden medizinischen Sachverständigengutachtens eines Facharztes für Orthopädie vom 12.05.2017. Dieses seitens der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

1. Zur Entscheidung in der Sache

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten:

"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

...

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

...

§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

...

§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

...

§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden."

Wie oben unter Punkt II.2. im Rahmen der beweiswürdigenden Ausführungen, auf die verwiesen wird, ausgeführt wurde, wird der gegenständlichen Entscheidung das seitens der belangten Behörde eingeholte medizinische Sachverständigengutachten eines Facharztes für Orthopädie vom 12.05.2017 zu Grunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers aktuell 40 v.H. beträgt.

Angesichts des beim Beschwerdeführer anlässlich der Untersuchung festgestellten Ausmaßes und der Auswirkungen der Veränderungen der Lendenwirbelsäule aufgrund eines degenerativen Bandscheibenschadens und des chronischen Schmerzsyndroms als Funktionseinschränkungen mittleren Grades wurde im Gutachten zutreffend die Positionsnummer 02.01.02 unter Heranziehung des oberen Rahmensatzes von 40 v.H. angesetzt. Auf Grundlage der vom Beschwerdeführer ins Verfahren eingebrachten medizinischen Unterlagen sowie auf Grundlage des eingeholten medizinischen Sachverständigengutachtens - insbesondere auch unter Berücksichtigung der oben wiedergegebenen Befundung - ist keine rechtsunrichtige Einstufung der vorliegenden Funktionseinschränkung erkennbar.

Der Beschwerdeführer legte im Rahmen der Beschwerde zwar - wie bereits erwähnt - einen radiologischen Befund eines näher genannten Krankenhauses vom 15.05.2017 vor, dieser ist jedoch nicht geeignet, die durch den medizinischen Sachverständigen getroffenen Beurteilungen zu widerlegen oder zusätzliche einschätzungsrelevante Dauerleiden bzw. eine zwischenzeitlich eingetretene Verschlechterung des Zustandes des Beschwerdeführers zu belegen. Die am 20.07.2017 nachgereichten Unterlagen lagen bereits bei der Erstellung des Gutachtens vom 12.05.2017 vor und wurden mit berücksichtigt.

Die getroffene Einschätzung, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers und den vom Beschwerdeführer im Verfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen, entspricht der festgestellten Funktionsbeeinträchtigung. Der Beschwerdeführer ist dem von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten in der Beschwerde, wie bereits ausgeführt, daher nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten

Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 40 v.H. sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, aktuell nicht erfüllt.

Im Übrigen ist aber auch darauf hinzuweisen, dass bei einer belegten Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung im Rahmen einer neuerlichen Antragstellung beim Sozialministeriumservice - allerdings nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG - in Betracht kommt.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.

2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Die Frage der Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung wurde unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen geprüft. Die Tatsachenfragen (Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen) gehören dem Bereich zu, der vom Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht substantiiert bestrittenen schlüssigen medizinischen Sachverständigengutachtens geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180) und des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfGH 09.06.2017, E 1162/2017) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen. Im vorliegenden Fall wurde darüber hinaus seitens beider Parteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180 mit weiterem Verweis auf die Entscheidung des EGMR vom 21.03.2002, Nr. 32.636/96). All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W207.2163233.1.00

Zuletzt aktualisiert am

31.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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