TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/23 W207 2169075-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.08.2018
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Entscheidungsdatum

23.08.2018

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W207 2169075-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER als Vorsitzender und die Richterin Mag. Natascha GRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 08.08.2017, OB: XXXX, betreffend Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 40 Abs. 1, § 41 Abs. 1 und § 45 Abs. 1 und 2 Bundesbehindertengesetz (BBG) als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer, seinen Angaben im Rahmen der Antragstellung zu Folge ein Staatsangehöriger des Iran, stellte am 07.03.2017 beim Sozialministeriumservice (in der Folge auch als belangte Behörde bezeichnet) den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses. Diesem Antrag legte der Beschwerdeführer ein Arztbrief eines näher genannten Krankenhauses vom 21.09.2012, ein Medikamentenverordnungsblatt einer näher genannten Ärztin vom 08.11.2013, einen Endbefund eines näher genannten Labors vom 16.02.2017, einen Bericht eines näher genannten Allgemeinmediziners vom 20.02.2017, eine Kopie seiner Identitätskarte für Fremde und eine Kopie des Spruches eines Bescheides des vormaligen Bundesasylamtes aus dem Jahr 2013, mit dem ihm der Status des Asylberechtigen bezogen auf den Herkunftsstaat Iran zuerkannt wurde, bei.

Die belangte Behörde gab in der Folge ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin unter Anwendung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung in Auftrag. In diesem Sachverständigengutachten vom 04.08.2017 wurde nach Durchführung einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 18.05.2017 Folgendes - hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben - ausgeführt:

"...

Anamnese:

Operationen: Herzoperation, 4-fach Bypass in Teheran 2011 mit

Erfolg, Med.: Losartan 25 1-0-0, Th Ass 100 und Nitrolingual Pumpspray bei Bed., unter Therapie norm. Blutdruckverhalten, keine Dekompensationszeichen

Hypothyreose seit 10 Jahren, Medikation: Euthyrox 125, unter Therapie euthyreote Stoffwechsellage

Hyperlipämie, Med.: Metformin 1000 0-0-1

Nik: 10/d, Alk: 0

Derzeitige Beschwerden:

seit kurzem auch Diabetes Mellitus festgestellt worden, Med.:

Metformin 1000 0-0-1, unter Therapie Nüchternblutzucker: ?, HbAlc:

?, Augen- und Nierenbefund bland, keine objektiven Befunde

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Losartan 25, Th Ass 100, Metformin 1000,

Sozialanamnese:

erl. Beruf: XXXX im Herkunftsland Iran, seit 2012 in Österreich, hier nicht gearbeitet, arbeitslos gemeldet, verheiratet, zwei erwachsene Kinder, Gattin: Hausfrau

AW lebt in einer Wohnung im Erdgeschoss, zum Erreichen der Wohnung 5 Stufen überwunden werden

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Arztbrief des Gesundheitszentrums V. vom 19.9.2012/Diagnose bei Entlassung: extrakranialen Thoraxschmerz, KHK-Zustand nach vierfach aortocoronarer Bypass 03/2012 im Iran, arterielle Hypertonie, Adipositas, bekannte Hypothyreose, reaktive Depression, Hypercholesterinämie, chronischer Nikotinabusus, empfohlene

Medikation: L-Thyroxin 100, Thrombo Ass 100, Losartan 25, Simvastatin 20, Metoprolol 50, Tresleen 50

Medikamentenverordnungsblatt durch Dr. K. am 8.11.2013: Glucophage 1000 10-0, Thrombo Ass 100 0-1-0, Metoprolol 50 1/2-0-1/2, Losartan 25 1-0-1, Simvastatin 20 0-0-1, Lipcor 200 0-0-1, Euthyrox 125 1-0-0

Laborbefund vom 16.2.2017: HbA1c: 13,8 % (4,0-6,1), Gesamtlipide:

1165 mg% (<1000), Triglyceride: 725 mg% (<200), Vitamin D: 7,4 ng/ml (10,0-70,0)

hausärztliche Bestätigung vom 20.2.2017: oben genannte Patient leidet an Hypertonie, Diabetes mellitus, Hyperlipidämie, Hypercholesterinämie sowie COPD, Asthma bronchiale, Spondylitis deformans, Lumbago, Hypothyreose, KHK, Adipositas, Zustand nach vierfach- aortocoronarem-Bypass 02/2012, Depressio, der Zustand des Patienten hat sich in letzter Zeit verschlechtert

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

guter Allgemeinzustand

Ernährungszustand:

guter Ernährungszustand

Größe: 175,00 cm Gewicht: 128,00 kg Blutdruck: 140/90

Klinischer Status - Fachstatus:

Sauerstoffsättigung der Raumluft: pO2: 98 %, Puls: 87/min, keine Ruhedyspnoe

Kopf: Zähne: Prothese, Lesebrille, Sensorium frei, Nervenaustrittspunkte unauff.

Hals: keine Einflussstauung, Schilddrüse schluckverschieblich,

Lymphknoten o.B. Thorax: symmetrisch, blande Narbe nach medialer Thorakotomie

Herz: normal konfiguriert, Herztöne rein, keine pathologischen Geräusche

Lunge: vesikuläres Atemgeräusch, Basen gut verschieblich, son.

Klopfschall

Wirbelsäule: Halswirbelsäule frei beweglich, Kinn-Jugulum-Abstand 2cm, seichte linkskonvexe Skoliose der Brustwirbelsäule, Fingerbodenabstand 10cm, thorakaler Schober 30/33cm, Ott: 10/14cm

Abdomen: weich, über Thoraxniveau, Hepar und Lien nicht palpabel, keine Resistenz tastbar

Nierenlager: beidseits frei,

obere Extremität: frei beweglich, Globalfunktion und grobe Kraft beidseits erhalten, Nacken- und Kreuzgriff möglich

untere Extremität: frei beweglich, keine signifikante Involutionsatrophie der Unterschenkelmuskulatur, Umfang des rechten Unterschenkels: 49cm (links: 49,5cm), keine Ödeme, geringe trophische Hautstörungen im Bereich des linken distalen Unterschenkels, im Bereich des medialen linken Ober- und Unterschenkels blande Narbe nach Gefäßentnahme mit geringer Narbendehiszenz, Reflex lebhaft auslösbar, Babinski negativ, Zehen- und Fersengang möglich

Gesamtmobilität - Gangbild:

unauff. Gangbild, keine Gehhilfe

Status Psychicus:

zeitlich und örtlich orientiert, ausgeglichene Stimmungslage, normale Kommunikation möglich

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

koronare Herzkrankheit, Zustand nach 4-Way-Bypass-Operation, Bluthochdruck unterer Rahmensatz, da gutes postoperatives Ergebnis und keine signifikante Einschränkung der Linksventrikelfunktion dokumentiert

05.05.02

30

2

nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus eine Stufe über dem unteren Rahmensatz, da üblicherweise mit milder oraler Medikation befriedigende Stoffwechsellage erzielt werden kann

09.02.01

20

3

degenerative Veränderung der Wirbelsäule, Spondylosis deformans, Lumbalgie unterer Rahmensatz, da keine signifikante Funktionsstörung nachweisbar und keine Behandlungserfordernis besteht

02.01.01

10

4

Depression unterer Rahmensatz, da kein ständiges Therapieerfordernis besteht

03.06.01

10

5

Schilddrüsenunterfunktion unter Rahmensatz, da unter Substitutionstherapie euthyreote Stoffwechsellage erzielt werden kann

09.01.01

10

Gesamtgrad der Behinderung 30 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Das führende Leiden unter lf. Nr. 1) wird durch die Gesundheitsschädigung unter lf. Nr. 2) bis 5) nicht erhöht, da kein maßgebliches ungünstiges funktionelles Zusammenwirken besteht.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Übergewicht und erhöhter Blutfettspiegel stellen zwar einen Risikofaktor dar, erreichen jedoch keinen Grad der Behinderung.

Asthma bronchiale und chronisch obstruktive Lungenerkrankung werden zwar in der Diagnoseliste des behandelnden Hausarztes geführt, es liegen jedoch keine Befunde vor, die ein behandlungswürdiges Lungenleiden dokumentieren und sohin kann bei Fehlen einer relevanten Klinik keinen Grad der Behinderung ermittelt werden.

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Erstgutachten

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

Erstgutachten

[X] Dauerzustand

Herr A. kann trotz seiner Funktionsbeeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb (allenfalls unter Zuhilfenahme von Unterstützungsstrukturen) einer Erwerbstätigkeit nachgehen:

[X]JA

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Keine, da die anerkannten Gesundheitsschädigungen keine erhebliche Einschränkung der Mobilität zur Folge haben.

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

Nein, da keine erhebliche Einschränkung des Immunsystems durch objektive medizinische Befunde belegt wird

...."

Mit Bescheid vom 08.08.2017 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Behindertenpasses ab und führte begründend aus, dass das medizinische Beweisverfahren einen Grad der Behinderung von 30 v.H. ergeben habe und somit die Voraussetzungen zur Ausstellung eines Behindertenpasses nicht gegeben seien. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien dem eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten, das einen Bestandteil der Begründung bilde, zu entnehmen. Das medizinische Sachverständigengutachten vom 04.08.2017 wurde dem Beschwerdeführer gemeinsam mit dem Bescheid übermittelt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 21.08.2017 fristgerecht eine handschriftliche Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, in der er ausführt, dass er mit dem Bescheid vom 08.08.2017 nicht einverstanden sei. Er habe eine Herzoperation gehabt, er habe Blutzucker, Blutdruck, Schilddrüse und Blutfett. Er müsse regelmäßig Medikamente nehmen. Er habe ständige Schmerzen, jede Anstrengung mache ihm sehr große Probleme. Durch die Probleme mit der Schilddrüse habe er auch mit dem Gewicht zu kämpfen.

Dieser Beschwerde wurden keine weiteren medizinischen Unterlagen beigelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer brachte am 07.03.2017 den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Sozialministeriumservice ein.

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger des Iran. Er hat seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.

Der Beschwerdeführer leidet unter folgenden objektivierten Funktionseinschränkungen:

1. koronare Herzkrankheit, Zustand nach 4-Way-Bypass-Operation, Bluthochdruck

2. nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus

3. degenerative Veränderung der Wirbelsäule, Spondylosis deformans, Lumbalgie

4. Depression

5. Schilddrüsenunterfunktion

Der Gesamtgrad der Behinderung des Beschwerdeführers beträgt aktuell 30 v.H.

Hinsichtlich der beim Beschwerdeführer bestehenden einzelnen Funktionseinschränkungen und deren Ausmaß sowie der Frage der wechselseitigen Leidensbeeinflussung werden die diesbezüglichen Beurteilungen im oben wiedergegebenen medizinischen Sachverständigengutachten vom 04.08.2017 der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt.

2. Beweiswürdigung:

Das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses basiert auf dem Akteninhalt.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit - auch wenn im ZMR-Auszug die Staatsangehörigkeit als "ungeklärt" aufscheint - und zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Inland ergeben sich aus den diesbezüglichen Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen der Antragstellung im Zusammenhang mit der vorgelegten Kopie des Spruches eines Bescheides des vormaligen Bundesasylamtes aus September 2013, mit dem dem Beschwerdeführer - ausgehend vom Herkunftsstaat Iran - der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde.

Die festgestellten Funktionseinschränkungen und der Gesamtgrad der Behinderung gründen sich auf das durch die belangte Behörde eingeholte medizinische Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 04.08.2017.

In diesem medizinischen Sachverständigengutachten wird auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers und unter Berücksichtigung der vom Beschwerdeführer im Verfahren vor der belangten Behörde vorgelegten medizinischen Unterlagen auf die Art der Leiden des Beschwerdeführers und deren Ausmaß schlüssig und widerspruchsfrei eingegangen. Die getroffenen Einschätzungen entsprechen den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen.

Mit dem Beschwerdevorbringen wird keine Rechtswidrigkeit der vom medizinischen Sachverständigen vorgenommenen einzelnen Einstufungen der festgestellten Leiden konkret behauptet und ist eine solche auch von Amts wegen nicht ersichtlich. Das eingeholte medizinische Sachverständigengutachten vom 04.08.2017 schlüsselt konkret und umfassend auf, welche Funktionseinschränkungen beim Beschwerdeführer vorliegen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden. Insoweit der Beschwerdeführer vorbringt, er habe eine Herzoperation gehabt, er habe Blutzucker, "Blutdruck" und Probleme mit der Schilddrüse, ist festzuhalten, dass all diese Leiden im Gutachten vom 04.08.2017 berücksichtigt wurden, und zwar die Herzoperation und der Bluthochdruck als Leiden 1 "koronare Herzkrankheit, Zustand nach 4-Way-Bypass-Operation, Bluthochdruck", bewertet mit einem (Einzel)Grad der Behinderung von 30 v.H. nach der Positionsnummer 05.05.02 der Anlage der Einschätzungsverordnung, der Blutzucker als Leiden 2 "nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus", bewertet mit einem (Einzel)Grad der Behinderung von 20 v. H. nach der Positionsnummer 09.02.01 der Anlage der Einschätzungsverordnung und die Probleme mit der Schilddrüse als Leiden 5 "Schilddrüsenunterfunktion", bewertet mit einem (Einzel)Grad der Behinderung von 10 v.H. nach der Positionsnummer 09.01.01 der Anlage der Einschätzungsverordnung. Das Übergewicht des Beschwerdeführers und sein erhöhter Blutfettspiegel stellen zwar einen Risikofaktor dar, erreichen jedoch keinen Grad der Behinderung. Das Vorliegen von Asthma bronchiale und das Vorliegen einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung beim Beschwerdeführer werden zwar in der Diagnoseliste des behandelnden Hausarztes geführt, es liegen jedoch keine ausreichend aussagekräftigen Befunde vor, die ein behandlungswürdiges Lungenleiden dokumentieren würden und konnte im Rahmen der Statuserhebung vom beigezogenen medizinischen Sachverständigen diesbezüglich nicht das Vorliegen einer Funktionseinschränkung einstufungsrelevanter Intensität festgestellt werden, somit konnte diesbezüglich kein Grad der Behinderung ermittelt werden.

Die in der Beschwerde vorgebrachten, aber in keiner Weise näher konkretisierten Schmerzempfindungen wurden im Rahmen der (oben wiedergegebenen) Statuserhebung im Zuge der persönlichen Untersuchung durch Untersuchung der Beweglichkeit des Bewegungsapparates und bei der Gutachtenserstellung im Rahmen der vorzunehmenden Einstufungen berücksichtigt. Aus den oben wiedergegebenen Ausführungen des medizinischen Sachverständigen ist jedenfalls ersichtlich, dass beim Beschwerdeführer zwar - wie auch die vorgenommenen Einstufungen zeigen - unzweifelhaft nicht unerhebliche Funktionseinschränkungen vorliegen, dass jedoch ein vom Beschwerdeführer subjektiv empfundenes Ausmaß an "ständigen Schmerzen" wie von ihm in der Beschwerde dargetan, nicht objektiviert werden konnte. Der Beschwerdeführer ist den schlüssigen Ausführungen des Gutachters nicht substantiiert entgegengetreten, es wurden im Verfahren keine Unterlagen vorgelegt, aus denen sich etwas Gegenteiliges ergeben würde.

Auch sämtliche Medikamente, welche der Beschwerdeführer in der Beschwerde angibt zu nehmen, wurden im Rahmen der Statuserhebung und bei der Gutachtenserstellung berücksichtigt. Die belegten und objektivierten Funktionsbeeinträchtigungen wurden auf Grundlage der vom Beschwerdeführer ins Verfahren eingebrachten medizinischen Unterlagen sowie auf Grundlage der Ergebnisse der persönlichen Begutachtung durch den beigezogenen medizinischen Sachverständigen entsprechend berücksichtigt und entsprechend den Bestimmungen der Anlage der Einschätzungsverordnung eingestuft.

Der Beschwerde wurden, wie bereits erwähnt, keine weiteren medizinischen Unterlagen beigelegt, die die vorgenommenen Einstufungen widerlegen oder diesen entgegenstehen würden. Der Beschwerdeführer ist daher dem von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten in der Beschwerde nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, die im Auftrag der Behörde erstellten Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden medizinischen Sachverständigengutachtens eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 04.08.2017. Dieses Sachverständigengutachten wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

1. Zur Entscheidung in der Sache

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten:

"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

...

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

...

§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

...

§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

...

§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden."

Wie oben unter Punkt II.2. im Rahmen der beweiswürdigenden Ausführungen, auf die verwiesen wird, ausgeführt wurde, wird der gegenständlichen Entscheidung das seitens der belangten Behörde eingeholte medizinische Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 04.08.2017 zu Grunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers aktuell 30 v.H. beträgt.

Das medizinische Sachverständigengutachten ist auch nicht zu beanstanden, wenn es im Sinne des § 3 Abs. 3 und 4 der Einschätzungsverordnung eine entscheidungswesentliche ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung in dem Sinne, dass sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirken würde oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen würden, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen würden, nicht gegeben sieht. Auch in der Beschwerde werden diesbezüglich keine Ausführungen getroffen.

Der Beschwerdeführer legte im Rahmen der Beschwerde keine weiteren Befunde vor, die geeignet wären, die durch die medizinische Sachverständige getroffenen Beurteilungen zu widerlegen oder zusätzliche einschätzungsrelevante Dauerleiden bzw. eine zwischenzeitlich eingetretene Verschlechterung des Zustandes des Beschwerdeführers zu belegen.

Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers und auf den vom Beschwerdeführer im Verfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen, entsprechen den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen. Der Beschwerdeführer ist dem von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten, wie bereits erwähnt, daher nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.

Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 30 v.H. sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, aktuell nicht erfüllt.

Im Übrigen ist aber auch darauf hinzuweisen, dass bei einer belegten Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung im Rahmen einer neuerlichen Antragstellung beim Sozialministeriumservice - allerdings nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG - in Betracht kommt.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.

2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Die Frage der Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung wurde unter Mitwirkung eines ärztlichen Sachverständigen geprüft. Die Tatsachenfragen (Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen) gehören dem Bereich zu, der vom Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht substantiiert bestrittenen schlüssigen medizinischen Sachverständigengutachtens geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180) und des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfGH 09.06.2017, E 1162/2017) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen. Im vorliegenden Fall wurde darüber hinaus seitens beider Parteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180 mit weiterem Verweis auf die Entscheidung des EGMR vom 21.03.2002, Nr. 32.636/96). All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W207.2169075.1.00

Zuletzt aktualisiert am

30.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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