Entscheidungsdatum
23.08.2018Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
W207 2153502-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER als Vorsitzender und die Richterin Mag. Natascha GRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Burgenland, OB:
XXXX, vom 07.03.2017, betreffend Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Gesundheitsschädigungen gem. § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich VO 303/1996 liegt vor" in den Behindertenpass, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 42 Abs. 1 und § 45 Abs. 1 und 2 Bundesbehindertengesetz (BBG) und § 1 Abs. 4 Z 1 lit. i der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und Parkausweisen idgF abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer ist seit März 1994 Inhaber eines Behindertenpasses mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H.
Am 17.10.2016 stellte der Beschwerdeführer beim Sozialministeriumservice (in der Folge auch als belangte Behörde bezeichnet) einen mit 07.10.2016 datierten Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass und einen Antrag auf Neuausstellung des Behindertenpasses wegen Verlustes, Diebstahls oder der Ungültigkeit. Diesem Antrag legte er neben einem Konvolut an medizinischen Unterlagen eine Anzeigebestätigung bezüglich eines Diebstahls, einen Bescheid bezüglich der Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Invaliden vom 24.06.1987, einen Meldezettel sowie einen ZMR-Auszug bei.
Außerdem beantragte der Beschwerdeführer am 17.10.2016 die Vornahme der Zusatzeintragung "Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich VO 303/1996 (steuerlich zu berücksichtigende Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung bei Magenkrankheiten und anderen inneren Krankheiten) liegt vor " in seinen Behindertenpass.
Die belangte Behörde gab in der Folge ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin unter Anwendung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung in Auftrag. In diesem Sachverständigengutachten vom 06.03.2017 wurde nach Durchführung einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 01.12.2016 Folgendes - hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben - ausgeführt:
"...
Anamnese:
Seit Jahren bestehen Schmerzen im Verlauf der gesamten Wirbelsäule. Es besteht Blindheit am linken Auge und Sehschwäche rechts.
Am rechten Kniegelenk erlitt der Antragswerber einen Riss des vorderen Kreuzbandes.
Derzeitige Beschwerden:
Schmerzen im Verlauf der gesamten Wirbelsäule, sowie am rechten Kniegelenk.
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Brillenträger, Thyrex, Ramipril, Simvastatin, Amlodipin,
Sozialanamnese:
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
Dr. M./FA für Unfallchirurgie 14.3.2016: Ruht.LCA gen.dext.
Kurzentrum B. 28.5.2014: Adipositas, Spondylosis, Fersensporn
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand:
Normal
Ernährungszustand:
Adipös
Größe: 183,00 cm Gewicht: 120,00 kg Blutdruck:
Klinischer Status - Fachstatus:
Caput: unauffällig, HWS/BWS/LWS im gesamten Verlauf klopfdolent, Thoraxform normal symmetrisch, Atemexkursionen frei, Lunge auskultatorisch und perkutorisch frei, Herztöne rein, rhythmisch, normfrequent, Abdomen weich, keine Abwehrspannung, Schultern/ Ellbogen und Handgelenke frei beweglich, Durchblutung und Sensibilität beider oberen Extremitäten normal.
Hüften beidseits AR 30-0-30°, Kniegelenke bds. S 5-0-130, Sprunggelenke frei, Durchblutung und Sensibilität beider Beine normal
Gesamtmobilität - Gangbild:
Unauffällig, keine Hilfsmittel
Status Psychicus:
Keine Pathologien erhebbar
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos. Nr.
GdB %
1
degenerative Veränderung des Kniegelenkes/ Zustand nach Kreuzbandriss fixer Rahmensatz
02.05.20
30
2
Erblindung des linken Auges fixer Rahmensatz
11.02.02
30
3
Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule Oberer Rahmensatz, da deutlich funktionelle Einschränkung besteht.
02.01.02
40
4
Schilddrüsenknoten Unterer Rahmensatz, da funktionelle Einschränkung besteht.
09.01.01
10
Gesamtgrad der Behinderung 50 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Das führende Leiden wird durch die Leiden 2,3 und 4 um zwei Stufen erhöht, da ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung besteht.
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Im Vergleich zum Vorgutachten werden die Schilddrüsenerkrankung und die degenerativen Veränderungen des Kniegelenkes neu mitberücksichtigt und
die Leiden an der Wirbelsäule nunmehr höher bewertet, insgesamt bleibt es aber bei einer Einstufung von 50vH.
Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:
Es bleibt bei der Einstufung 50vH.
[X] Dauerzustand
Herr S. kann trotz seiner Funktionsbeeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb (allenfalls unter Zuhilfenahme von Unterstützungsstrukturen) einer Erwerbstätigkeit nachgehen:
[X]JA
Folgende Gesundheitsschädigungen im Sinne von Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung liegen vor, wegen:
[X]Nein Tuberkulose, Zuckerkrankheit, Zöliakie, Aids, Phenylketonurie oder eine vergleichbare schwere Stoffwechselerkrankung nach Pos. 09.03.
[X]Nein Gallen-, Leber- oder Nierenkrankheit
[X]Nein Erkrankungen des Verdauungssystems
..."
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 07.03.2017, OB:
56425097700026, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass vom 17.10.2016 unter Zugrundelegung des eingeholten medizinischen Sachverständigengutachtens vom 06.03.2017 abgewiesen, dies im Wesentlichen mit der Begründung, dass keine Veränderung des bisherigen Grades der Behinderung von 50 v.H. eingetreten sei. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien der Beilage, die einen Bestandteil der Begründung bilde, zu entnehmen. Nach Rechtskraft dieses Bescheides werde dem Beschwerdeführer ein neuer Behindertenpass ausgestellt.
Mit einem weiteren Bescheid der belangten Behörde ebenfalls vom 07.03.2017, OB: XXXX, wurde der am 17.10.2016 eingelangte Antrag des Beschwerdeführers auf Vornahme der Zusatzeintragung "Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich VO 303/1996 liegt vor" in den Behindertenpass abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, das Sachverständigengutachten vom 06.03.2017, das einen Bestandteil der Begründung bilde, werde der Entscheidung zu Grunde gelegt. Diesem Gutachten zufolge würden die Voraussetzungen für die genannte Zusatzeintragung nicht vorliegen. Das eingeholte medizinische Sachverständigengutachten vom 06.03.2017 wurde dem Beschwerdeführer gemeinsam mit den beiden Bescheiden übermittelt.
Gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 07.03.2017, mit dem der Antrag des Beschwerdeführers auf Vornahme der Zusatzeintragung "Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich VO 303/1996 liegt vor" in den Behindertenpass abgewiesen wurde (OB: XXXX, Zusatzeintragung im Behindertenpass), erhob der Beschwerdeführer eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin führt er aus, dass wegen der erhöhten Blutfettwerte, Adipositas, Hypertonie, Hypercholesterinämie, Hypertrophie Prostata, erhöhte Harnsäure und Fettleber permanent eine Diät erforderlich sei. Aufgrund dieser Gesundheitsschädigungen sei eine Zusatzeintragung im Behindertenpass seines Erachtens nach vorzunehmen. Dieser Beschwerde wurden keine weiteren medizinischen Unterlagen beigelegt.
Der Bescheid vom 07.03.2017, OB: 56425097700026, mit dem der Antrag des Beschwerdeführers auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass vom 17.10.2016 abgewiesen worden war, blieb vom Beschwerdeführer unbekämpft; dieser ist daher in Rechtskraft erwachsen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer ist Inhaber eines Behindertenpasses mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 50 v.H.
Der Beschwerdeführer stellte am 17.10.2016 beim Sozialministeriumservice den gegenständlichen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich VO 303/1996 liegt vor" in den Behindertenpass.
Der Beschwerdeführer leidet unter folgenden
Funktionseinschränkungen:
1. Degenerative Veränderung des Kniegelenkes/Zustand nach
Kreuzbandriss, Pos.Nr.: 02.05.20, Grad der Behinderung: 30 v.H.
2. Erblindung des linken Auges, Pos.Nr.: 11.02.02, Grad der Behinderung: 30 v.H.
3. Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Pos.Nr.: 02.01.02, Grad der Behinderung: 40 v.H.
4. Schilddrüsenknoten, Pos.Nr.: 09.01.01, Grad der Behinderung: 10 v. H.
Hinsichtlich der beim Beschwerdeführer bestehenden Funktionseinschränkungen werden die diesbezüglichen Befundungen und Beurteilungen im oben wiedergegebenen medizinischen Sachverständigengutachten vom 06.03.2017 - die bereits dem rechtskräftigen Bescheid der belangten Behörde vom 07.03.2017, OB:
56425097700026, mit dem der Antrag des Beschwerdeführers auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass vom 17.10.2016 abgewiesen wurde, zu Grunde gelegt wurden - der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt.
Festgestellt wird daher, dass beim Beschwerdeführer keine Funktionsbeeinträchtigungen im Sinne der Abschnitte 07 und 09 der Anlage zur Einschätzungsverordnung oder Malignome des Verdauungstraktes im Sinne des Abschnittes 13 der Anlage zur Einschätzungsverordnung mit einem Grad der Behinderung von mindestens 20 % vorliegen.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum Vorliegen eines Behindertenpasses sowie zur gegenständlichen Antragstellung ergeben sich aus dem Akteninhalt.
Die Feststellungen zu den vorliegenden Funktionseinschränkungen gründen sich auf das seitens der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 06.03.2017, beruhend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 01.12.2016, die auch bereits dem zwischenzeitlich rechtskräftig gewordenen Bescheid der belangten Behörde vom 07.03.2017, OB: 56425097700026, mit dem der Antrag des Beschwerdeführers auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass vom 17.10.2016 abgewiesen wurde, zu Grunde gelegt wurden.
Unter Berücksichtigung der vom Beschwerdeführer ins Verfahren eingebrachten medizinischen Unterlagen und nach persönlicher Untersuchung des Beschwerdeführers wurde vom medizinischen Sachverständigen hingegen festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich VO 303/1996 liegt vor" in den Behindertenpass - diese betreffen im steuerrechtlichen Bereich zu berücksichtigende Mehraufwendungen wegen Magendiätverpflegung bei Magenkrankheiten und anderen inneren Krankheiten - beim Beschwerdeführer nicht vorliegen.
Der Beschwerdeführer tätigte weder im Verfahren vor der belangten Behörde - beispielsweise im Zuge der persönlichen Untersuchung durch den medizinischen Sachverständigen - entsprechende Ausführungen noch legte er medizinische Unterlagen vor, durch die bei ihm vorliegende Leiden objektiviert werden hätten können, welche die Vornahme der Zusatzeintragung "Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich VO 303/1996 liegt vor" - also das Vorliegen von Magenkrankheiten und anderen inneren Krankheiten, die Krankendiätverpflegung erfordern - begründen hätten können. Auch in seiner Beschwerde führt der Beschwerdeführer nur unsubstantiiert aus, dass aufgrund seiner erhöhten Blutfettwerte, Adipositas, Hypertonie, Hypercholesterinämie, Hypertrophie Prostata, erhöhter Harnsäure und Fettleber permanent eine Diät erforderlich sei. Aufgrund dieser Gesundheitsschädigungen sei eine Zusatzeintragung im Behindertenpass vorzunehmen. Der Beschwerdeführer vermochte jedoch nicht mit aussagekräftigen medizinischen Unterlagen zu belegen, dass bei ihm Funktionsbeeinträchtigungen einstufungsrelevanter Intensität im Sinne der Abschnitte 07 ("Verdauungssystem") und 09 ("Endoktrines System") der Anlage zur Einschätzungsverordnung oder Malignome des Verdauungstraktes im Sinne des Abschnittes 13 der Anlage zur Einschätzungsverordnung mit einem Grad der Behinderung von mindestens 20 % vorliegen, welche die Vornahme der Zusatzeintragung "Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich VO 303/1996 liegt vor" begründen könnten.
Der Beschwerde wurden, wie bereits erwähnt, keine weiteren medizinischen Unterlagen beigelegt, die die Vornahme der Zusatzeintragung "Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich VO 303/1996 liegt vor" nahelegen würden. Der Beschwerdeführer ist daher dem von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten in der Beschwerde nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, die im Auftrag der Behörde erstellten Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden medizinischen Sachverständigengutachtens eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 06.03.2017. Dieses seitens der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A)
Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:
"§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
...
§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
...
§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.
§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpaß und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen."
§ 1 Abs. 4 Z 1 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 in der Fassung des BGBl. II Nr. 263/2016, lautet - soweit im gegenständlichen Fall relevant - auszugsweise:
"§ 1 ...
(4) Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen:
1. die Art der Behinderung, etwa dass der Inhaber/die Inhaberin des Passes
a)...
b)...
...
i) eine Gesundheitsschädigung gemäß § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen aufweist;
diese Eintragung ist bei Funktionsbeeinträchtigungen im Sinne der Abschnitte 07 und 09 der Anlage zur Einschätzungsverordnung sowie bei Malignomen des Verdauungstraktes im Sinne des Abschnittes 13 der Anlage zur Einschätzungsverordnung entsprechend einem festgestellten Grad der Behinderung von mindestens 20% vorzunehmen.
..."
§ 2 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, StF: BGBl. Nr. 303/1996, lautet in der geltenden Fassung:
"§ 2. (1) Als Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung sind ohne Nachweis der tatsächlichen Kosten bei
-
Tuberkulose, Zuckerkrankheit, Zöliakie oder Aids 70 Euro
-
Gallen-, Leber- oder Nierenkrankheit . 51 Euro
-
Magenkrankheit oder einer anderen inneren Krankheit 42 Euro
pro Kalendermonat zu berücksichtigen. Bei Zusammentreffen mehrerer Krankheiten ist der höhere Pauschbetrag zu berücksichtigen.
(2) Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von weniger als 25% sind die angeführten Beträge ohne Nachweis der tatsächlichen Kosten nach Abzug des Selbstbehaltes gemäß § 34 Abs. 4 EStG 1988 zu berücksichtigen."
Der Vollständigkeit halber ist zunächst darauf hinzuweisen, dass mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 07.03.2017 (OB: XXXX) der Antrag des Beschwerdeführers auf Vornahme der Zusatzeintragung "Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich VO 303/1996 liegt vor" gemäß §§ 42 und 45 BBG abgewiesen wurde. Verfahrensgegenstand ist somit nicht die Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung, sondern ausschließlich die Prüfung der Voraussetzungen für die Vornahme der beantragten Zusatzeintragung.
Gemäß § 1 Abs. 5 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in § 1 Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigten.
Wie bereits erwähnt, gründen sich die Feststellungen zu den beim Beschwerdeführer vorliegenden Funktionseinschränkungen auf das seitens der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 06.03.2017, die auch bereits dem zwischenzeitlich rechtskräftig gewordenen Bescheid der belangten Behörde vom 07.03.2017, OB: 56425097700026, mit dem der Antrag des Beschwerdeführers auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass vom 17.10.2016 abgewiesen wurde, zu Grunde gelegt wurden; die Rechtskraft umfasst daher auch diese festgestellten Funktionseinschränkungen.
Aus diesem seitens der belangten Behörde eingeholten, auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers basierenden Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 06.03.2017 ergibt sich, dass im Fall des Beschwerdeführers - unter Berücksichtigung der bei ihm unzweifelhaft vorliegenden und festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen - aktuell keine Funktionsbeeinträchtigungen im Sinne der Abschnitte 07 ("Verdauungssystem") und 09 ("Endoktrines System") der Anlage zur Einschätzungsverordnung sowie bei Malignomen des Verdauungstraktes im Sinne des Abschnittes 13 der Anlage zur Einschätzungsverordnung entsprechend einem festgestellten Grad der Behinderung von mindestens 20% vorliegen; das Vorliegen der Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich VO 303/1996 liegt vor" - die das Vorliegen von Magenkrankheiten und anderen inneren Krankheiten, die Krankendiätverpflegung erfordern, voraussetzt - ist im Fall des Beschwerdeführers aktuell nicht objektiviert.
Wie bereits oben im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt wurde, waren die in der Beschwerde erhobenen Einwendungen nicht geeignet, das vorliegende Gutachten zu entkräften. Neue Befunde, welche das Gutachten entkräften hätten können, wurden im Rahmen der Beschwerde nicht vorgelegt. Es ist daher im Beschwerdefall davon auszugehen, dass beim Beschwerdeführer zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich VO 303/1996 liegt vor" in den Behindertenpass nicht vorliegen.
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen für Zusatzeintragungen nach Maßgabe des § 41 Abs.2 BBG in Betracht kommt.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Die Fragen der Art und des Ausmaßes der Funktionseinschränkungen wurden unter Mitwirkung eines ärztlichen Sachverständigen geprüft. Die strittigen Tatsachenfragen gehören dem Bereich zu, der vom Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht substantiiert bestrittenen schlüssigen Sachverständigengutachtens geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180) und des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfGH 09.06.2017, E 1162/2017) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen. Im vorliegenden Fall wurde darüber hinaus seitens beider Parteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180 mit weiterem Verweis auf die Entscheidung des EGMR vom 21.03.2002, Nr. 32.636/96). All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.
Zu Spruchteil B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf die oben zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Schlagworte
Behindertenpass, Sachverständigengutachten, ZusatzeintragungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W207.2153502.1.00Zuletzt aktualisiert am
30.01.2019