Entscheidungsdatum
23.08.2018Norm
BBG §40Spruch
W207 2152630-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER als Vorsitzender und die Richterin Mag. Natascha GRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 17.03.2017, OB: XXXX, betreffend Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 40 Abs. 1, § 41 Abs. 1 und § 45 Abs. 1 und 2 Bundesbehindertengesetz (BBG) als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer stellte erstmals am 22.02.2007 einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses, der mit Bescheid des Bundessozialamtes (nunmehr: Sozialministeriumservice, in der Folge auch als belangte Behörde bezeichnet) vom 25.07.2007 rechtskräftig abgewiesen wurde. Festgestellt wurde damals ein Grad der Behinderung von 30 v.H. Dies erfolgte auf Grundlage eines medizinischen Sachverständigengutachtens vom 19.06.2007, in dem auf Grundlage der Bestimmungen der Richtsatzverordnung die Gesundheitsschädigungen 1. "Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule mit zervikaler und lumbaler Bandscheibenschädigung", bewertet mit einem (Einzel)Grad der Behinderung von 30 v.H. nach der Positionsnummer 190 der Richtsatzverordnung, und 2. "Somatoforme Schmerzstörung", bewertet mit einem (Einzel)Grad der Behinderung von 20 v.H. nach der Positionsnummer 585 der Richtsatzverordnung, festgestellt wurden. Der Gesamtgrad der Behinderung wurde mit 30 v.H. festgesetzt, da das führende Leiden 1 durch das Leiden 2 wegen Überlagerung nicht weiter erhöht wurde.
Der Beschwerdeführer stellte am 19.08.2009 einen weiteren Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses, der mit Bescheid des Bundessozialamtes vom 25.01.2010 rechtskräftig abgewiesen wurde. Festgestellt wurde abermals ein Grad der Behinderung von 30 v.H. Dies erfolgte auf Grundlage eines medizinischen Sachverständigengutachtens vom 02.12.2009, in dem auf Grundlage der Bestimmungen der Richtsatzverordnung die Gesundheitsschädigungen 1. "Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule (inkludiert Kraftminderung der linken oberen Extremität)", bewertet mit einem (Einzel)Grad der Behinderung von 30 v.H. nach der Positionsnummer 190 der Richtsatzverordnung, 2. "Somatoforme Schmerzstörung", bewertet mit einem (Einzel)Grad der Behinderung von 20 v.H. nach der Positionsnummer 585 der Richtsatzverordnung, und 3. "Bewegungseinschränkung des linken Schultergelenkes (Gebrauchsarm)", bewertet mit einem (Einzel)Grad der Behinderung von 10 v.H. nach der Positionsnummer 28 der Richtsatzverordnung, festgestellt wurden. Der Gesamtgrad der Behinderung wurde mit 30 v.H. festgesetzt, da das Leiden 2 wegen Leidensüberschneidung mit Leiden 1 nicht weiter erhöht hat und das Leiden 3 wegen Geringfügigkeit nicht erhöht hat.
Der Beschwerdeführer stellte am 12.03.2014 einen weiteren Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses, der mit Bescheid des Sozialministeriumsservice vom 02.07.2014 rechtskräftig abgewiesen wurde. Festgestellt wurde abermals ein Grad der Behinderung von 30 v. H. Dies erfolgte auf Grundlage eines medizinischen Sachverständigengutachtens vom 10.06.2014, in dem nunmehr auf Grundlage der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung die Gesundheitsschädigungen 1. "Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule", bewertet mit einem (Einzel)Grad der Behinderung von 30 v. H. nach der Positionsnummer 02.01.02 der Anlage der Einschätzungsverordnung, 2. "Organisches Psychosyndrom, Depression, somatoforme Schmerzstörung", bewertet mit einem (Einzel)Grad der Behinderung von 20 v.H. nach der Positionsnummer 03.04.01 der Anlage der Einschätzungsverordnung, 3. "Bewegungseinschränkung linkes Sprunggelenk", bewertet mit einem (Einzel)Grad der Behinderung von 10 v.H. nach der Positionsnummer 02.06.01 der Anlage der Einschätzungsverordnung, 4. "Gonarthrose links", bewertet mit einem (Einzel)Grad der Behinderung von 10 v.H. nach der Positionsnummer 02.05.18 der Anlage der Einschätzungsverordnung, und 5. "Hypertonie", bewertet mit einem (Einzel)Grad der Behinderung von 10 v. H. nach der Positionsnummer 05.01.01 der Anlage der Einschätzungsverordnung, festgestellt wurden. Der Gesamtgrad der Behinderung wurde mit 30 v.H. festgesetzt, da das Leiden 1 (überlagert von Leiden 2) durch die Leiden 3, 4 und 5 wegen fehlender ungünstiger wechselseitiger Leidensbeeinflussung und fehlender maßgeblicher funktioneller Zusatzrelevanz nicht weiter erhöht wurde.
Am 15.12.2016, bei der Behörde eingelangt am 16.12.2016, stellte der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses. Diesem Antrag legte der Beschwerdeführer ein Konvolut an medizinischen Unterlagen bei.
Die belangte Behörde gab in der Folge ein Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Orthopädie unter Anwendung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung in Auftrag. In diesem Sachverständigengutachten vom 16.03.2017 wurde nach Durchführung einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 15.03.2017 Folgendes - hier in den wesentlichen Teilen wiedergegeben - ausgeführt:
"...
Anamnese:
Seit der letzten h.o. Begutachtung am 8.5.14 (GdB 30 v.H. - 30% wegen degenerativer Wirbelsäulenverändeurngen, 20% wegen organischen Psychosyndromes, Depression, somatoformer Schmerzstörung, 10% wegen Bewegungseinschränkung linkes Sprunggelenk, 10% wegen Gonarthrose links, 10% wegen Hypertonie) sind folgende Änderungen eingetreten:
zwischenzeitlich keine Operationen am Bewegungsapparat.
Derzeitige Beschwerden:
Er hätte Probleme am ganzen Körper, am Rücken, am linken Bein, Kopfschmerzen. Schmerzen hauptsächlich bei längerem gehen, Sitzen oder Stehen.
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Medikamente: Cipralex, Novalgin, Pantoloc, Adamon long ret.,Sirdalud, Saroten, Alprazolam Tbl.
Sozialanamnese:
arbeitslos seit 17 Jahren, verheiratet, 3 Kinder
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
Befund Dr.XXXX 1.12.16: Protrusionen C 4 bis 7, L3/4
Befund Dr. XXXX 8.11.16: Kopf-, Nacken- und Rückenschmerzen
Befund Dr. XXXX 15.11.16: OPS, Depressionen
Befund Dr. XXXX 3.10.16: Kopf-, Nacken- und Rückenschmerzen
MRT der HWS 13.7.15: Protrusionen C4-7
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand:
gut
Ernährungszustand:
gut
Größe: 174,00 cm Gewicht: 90,00 kg Blutdruck:
Klinischer Status - Fachstatus:
Wirbelsäule - Beweglichkeit:
HWS: Kinn-Jugulum Abstand: 2 cm, alle übrigen Ebenen: endlagig eingeschränkt
BWS: gerade
LWS: Seitneigen nach links bis 30° möglich, nach rechts bis 30° möglich
FBA: die Finger erreichen die Knie
Obere Extremitäten: Linkshänder
Rechts: Schultergelenk: Abduktion bis 150° möglich,
Ellenbogengelenk: frei, Handgelenk: frei, Finger: o.B.
Links: Schultergelenk: Abduktion bis 140° möglich, Ellenbogengelenk:
frei, Handgelenk: frei, Finger: o.B.
Kraft- und Faustschluss: bds. frei
Kreuz- und Nackengriff: bds. möglich
Untere Extremitäten:
Rechts: Hüftgelenk: S 0-0-160, F 60-0-50, R 50-0-40
Kniegelenk: S 0-0-160, kein Erguß, bandstabil
OSG: frei
Links: Hüftgelenk: S 0-0-160, F 60-0-50, R 50-0-40
Kniegelenk: S 0-0-150, kein Erguß, bandstabil
OSG: endlagig eingeschränkt
Varicen: keine Füße: bds. o.B.
Zehen- und Fersenstand: bds. möglich, aber unsicher
Gesamtmobilität - Gangbild:
Gangbild: leichtes Hinken links
Gehbehelf: 1 Gehstock
Status Psychicus: wach, orientiert
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos. Nr.
GdB %
1
Degenerative Wirbelsäulenveränderungen Unterer Rahmensatz dieser Position, da mehrere Segmente betroffen sind, aber keine neurologischen Ausfallserscheinungen bei mäßiger funktioneller Einschränkung vorliegen.
02.01.02
30
2
Organisches Psychosyndrom, Depression, somatoforme Schmerzstörung 1 Stufe über dem unteren Rahmensatz, da medikamentös langfristig eingestellt
03.04.01
20
3
Endlagige funktionelle Einschränkung linkes Schultergelenk
02.06.01
10
4
Beginnende Kniegelenksabnützung links Unterer Rahmensatz, da endlagige funktionelle Einschränkung
02.05.18
10
5
Leichter Bluthochdruck
05.01.01
10
Gesamtgrad der Behinderung 30 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Das Leiden 1 wird durch die übrigen Leiden nicht erhöht, da diese keine maßgebliche funktionelle Zusatzrelevanz aufweisen.
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
Keine
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Keine Änderung im Vergleich zum VGA
Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:
Keine Änderung im Vergleich zum VGA
[X] Dauerzustand
Herr L. kann trotz seiner Funktionsbeeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb (allenfalls unter Zuhilfenahme von Unterstützungsstrukturen) einer Erwerbstätigkeit nachgehen:
[X]JA
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Keine. Kurze Wegstrecken können aus eigener Kraft zurückgelegt werden, das Ein- und Aussteigen ist bei o.a. Beweglichkeit der oberen und unteren Extremitäten möglich. Der sichere Transport ist gewährleistet, da das Anhalten uneingeschränkt möglich ist.
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?
Nein
..."
Mit Bescheid vom 17.03.2017 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Behindertenpasses ab und führte begründend aus, dass das medizinische Beweisverfahren einen Grad der Behinderung von 30 v.H. ergeben habe und somit die Voraussetzungen zur Ausstellung eines Behindertenpasses nicht gegeben seien. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien dem eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten, das einen Bestandteil der Begründung bilde, zu entnehmen. Das medizinische Sachverständigengutachten vom 16.03.2017 wurde dem Beschwerdeführer gemeinsam mit dem Bescheid übermittelt.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 05.04.2017 fristgerecht eine handschriftliche Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, in der er ausführt, dass er psychische Probleme habe und deshalb näher genannte Medikamente nehmen müsse. Auch gegen seine ständigen Kopfschmerzen müsse er Medikamente nehmen. Seine ganze linke Körperhälfte tue ihm weh. Wegen dieser Leiden habe er auch Probleme mit Mitmenschen, er sei ständig aggressiv und in öffentlichen Verkehrsmitteln würde er Panikattacken bekommen. Er sei durch die ständigen Schmerzen auch sehr vergesslich geworden. Der L4-Wirbel sei angebrochen, auch die C4- und C5-Wirbel würden ihm Probleme machen. Daher habe er ständig extreme Kopfschmerzen, er könne nicht lange sitzen, gehen und stehen. Er habe das Gefühl, dass es ihm immer schlechter gehe. Dieser Beschwerde wurden keine weiteren medizinischen Unterlagen beigelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer brachte am 16.12.2016 den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Sozialministeriumservice ein.
Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.
Der Beschwerdeführer leidet unter folgenden objektivierten Funktionseinschränkungen:
1. Degenerative Wirbelsäulenveränderungen
2. Organisches Psychosyndrom, Depression, somatoforme Schmerzstörung
3. Endlagige funktionelle Einschränkung linkes Schultergelenk
4. Beginnende Kniegelenksabnützung links
5. Leichter Bluthochdruck
Der Gesamtgrad der Behinderung des Beschwerdeführers beträgt aktuell 30 v.H.
Hinsichtlich der beim Beschwerdeführer bestehenden einzelnen Funktionseinschränkungen und deren Ausmaß sowie der Frage der wechselseitigen Leidensbeeinflussung werden die diesbezüglichen Beurteilungen im oben wiedergegebenen medizinischen Sachverständigengutachten vom 16.03.2017 der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt.
2. Beweiswürdigung:
Das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses basiert auf dem Akteninhalt.
Die Feststellung zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt des Beschwerdeführers gründet sich auf das Ergebnis einer ZMR-Abfrage vom 11.04.2017 und ist im Übrigen unbestritten.
Die festgestellten Funktionseinschränkungen und der Gesamtgrad der Behinderung gründen sich auf das durch die belangte Behörde eingeholte medizinische Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Orthopädie vom 16.03.2017.
In diesem medizinischen Sachverständigengutachten wird auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers und unter Berücksichtigung der vom Beschwerdeführer im Verfahren vor der belangten Behörde vorgelegten medizinischen Unterlagen auf die Art der Leiden des Beschwerdeführers und deren Ausmaß schlüssig und widerspruchsfrei eingegangen. Die getroffenen Einschätzungen entsprechen den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen.
Mit dem Beschwerdevorbringen wird keine Rechtswidrigkeit der von der medizinischen Sachverständigen vorgenommenen einzelnen Einstufungen der festgestellten Leiden konkret behauptet und ist eine solche auch von Amts wegen nicht ersichtlich. Das eingeholte medizinische Sachverständigengutachten vom 16.03.2017 schlüsselt konkret und umfassend auf, welche Funktionseinschränkungen beim Beschwerdeführer vorliegen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden. Es sind im Vergleich zum Vorgutachten vom 10.06.2014 keine entscheidungserheblichen Änderungen eingetreten.
Die in der Beschwerde vorgebrachten Schmerzempfindungen wurden im Rahmen der (oben wiedergegebenen) Statuserhebung im Zuge der persönlichen Untersuchung und bei der Gutachtenserstellung im Rahmen der vorzunehmenden Einstufungen berücksichtigt. Auch sämtliche Medikamente, welche der Beschwerdeführer in der Beschwerde angibt zu nehmen, wurden im Rahmen der Statuserhebung und bei der Gutachtenserstellung berücksichtigt. Die in der Beschwerde im Zusammenhang mit der Einnahme von näher genannten Medikamenten vorgebrachten psychischen Probleme, die auch durch die vom Beschwerdeführer im Verfahren vor der belangten Behörde vorgelegten medizinischen Unterlagen bestätigt werden, und die damit verbundenen Verhaltensstörungen und mäßigen Einschränkungen sozialer Fähigkeiten sowie deren medikamentöse langfristige Behandlung wurden unter der Leidensposition 2 ("Organisches Psychosyndrom, Depression, somatoforme Schmerzstörung") berücksichtigt. Die durch das Ausmaß der Beweglichkeit und Belastbarkeit belegten und objektivierten Funktionsbeeinträchtigungen, insbesondere jene der Wirbelsäule, wurden auf Grundlage der vom Beschwerdeführer ins Verfahren eingebrachten medizinischen Unterlagen sowie auf Grundlage der Ergebnisse der persönlichen Begutachtung durch die beigezogene medizinischen Sachverständige entsprechend berücksichtigt und entsprechend den Bestimmungen der Anlage der Einschätzungsverordnung eingestuft.
Der Beschwerde wurden, wie bereits erwähnt, keine weiteren medizinischen Unterlagen beigelegt, die die vorgenommenen Einstufungen widerlegen oder dieser entgegenstehen würden. Der Beschwerdeführer ist daher dem von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten in der Beschwerde nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, die im Auftrag der Behörde erstellten Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden medizinischen Sachverständigengutachtens einer Fachärztin für Orthopädie vom 16.03.2017. Dieses Sachverständigengutachten wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A)
1. Zur Entscheidung in der Sache
Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten:
"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
...
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.
§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
...
§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
...
§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
...
§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden."
Wie oben unter Punkt II.2. im Rahmen der beweiswürdigenden Ausführungen, auf die verwiesen wird, ausgeführt wurde, wird der gegenständlichen Entscheidung das seitens der belangten Behörde eingeholte medizinische Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Orthopädie vom 16.03.2017 zu Grunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers aktuell 30 v.H. beträgt.
Das medizinische Sachverständigengutachten ist auch nicht zu beanstanden, wenn es im Sinne des § 3 Abs. 3 und 4 der Einschätzungsverordnung eine entscheidungswesentliche ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung in dem Sinne, dass sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirken würde oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen würden, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen würden, nicht gegeben sieht. Auch in der Beschwerde werden diesbezüglich keine Ausführungen getroffen.
Der Beschwerdeführer legte im Rahmen der Beschwerde keine weiteren Befunde vor, die geeignet wären, die durch die medizinische Sachverständige getroffenen Beurteilungen zu widerlegen oder zusätzliche einschätzungsrelevante Dauerleiden bzw. eine zwischenzeitlich eingetretene Verschlechterung des Zustandes des Beschwerdeführers zu belegen.
Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers und auf den vom Beschwerdeführer im Verfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen, entsprechen den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen. Der Beschwerdeführer ist dem von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten, wie bereits erwähnt, daher nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.
Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 30 v.H. sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, aktuell nicht erfüllt.
Im Übrigen ist aber auch darauf hinzuweisen, dass bei einer belegten Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung im Rahmen einer neuerlichen Antragstellung beim Sozialministeriumservice - allerdings nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG - in Betracht kommt.
Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.
2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Die Frage der Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung wurde unter Mitwirkung einer ärztlichen Sachverständigen geprüft. Die Tatsachenfragen (Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen) gehören dem Bereich zu, der vom Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht substantiiert bestrittenen schlüssigen medizinischen Sachverständigengutachtens geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180) und des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfGH 09.06.2017, E 1162/2017) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen. Im vorliegenden Fall wurde darüber hinaus seitens beider Parteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180 mit weiterem Verweis auf die Entscheidung des EGMR vom 21.03.2002, Nr. 32.636/96). All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.
Zu Spruchteil B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Schlagworte
Behindertenpass, Grad der Behinderung, SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W207.2152630.1.00Zuletzt aktualisiert am
30.01.2019