TE Vwgh Erkenntnis 1999/7/9 96/04/0224

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Veröffentlicht am 09.07.1999
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Index

10/02 Novellen zum B-VG;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

B-VGNov 1974 Art3;
GewO 1994 §2 Abs1 Z9;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fischer, über die Beschwerde der AB in W, vertreten durch Dr. K und Dr. B, Rechtsanwälte in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 5. Oktober 1995,

GZ: UVS-04/34/01096/94, betreffend Übertretung der GewO 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde die Beschwerdeführerin wie folgt schuldig erkannt:

"Sie haben am 10.11.1993 in W, die Wohnung Top Nr. 7 (bestehend aus Zimmer, Küche und Sanitärräumen) für die Dauer von drei Übernächtigungen an zwei australische Staatsbürger (Touristen) vermietet und die Bettwäsche für die Dauer der Vermietung zur Verfügung gestellt - für die Vermietung wurde S 1.950,-- eingehoben - und somit das Gewerbe: Gastgewerbe in der Betriebsart einer Pension ausgeübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994."

Gemäß § 366 Abs. 1 Einleitungssatz GewO 1994 wurde eine Geldstrafe von S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe drei Tage) verhängt.

In sachverhaltsmäßiger Hinsicht ging die belangte Behörde davon aus, das Objekt stehe im Wohnungseigentum des Lebensgefährten (im Folgenden K. bezeichnet) der Beschwerdeführerin. Dieses Objekt sei durch Wohnungszusammenlegung der ehemaligen Top Nr. 5 bis 7 entstanden. Die Wohnungszusammenlegung sei erst nach dem Tatzeitpunkt erfolgt, und zwar aufgrund des Bescheides des Magistrates der Stadt Wien vom 12. November 1993 (Baubeginn 7. Juni 1994, Bauende 23. Dezember 1994, jeweils laut Anzeige an die Baupolizei). Die Beschwerdeführerin habe mit K. zwischen 1984 und 1987 in dessen Eigentumswohnung am Mariahilfer Gürtel gewohnt. K. habe während dieser Zeit die Wohnungen angekauft und sie vorerst selbst vermietet. Ungefähr 1989/90 sei die Beschwerdeführerin aus dem gemeinsamen Haushalt mit K. ausgezogen und in die Wohnung A (ehemalige Bezeichnung) eingezogen, um vorerst zumindest die Wohnungen Top Nr. 5 und 6 und, wenn nicht schon zu diesem Zeitpunkt, so etwas später, auch die Wohnung Top Nr. 7 (jeweils ehemalige Bezeichnungen) im Wege der Privatzimmervermietung wirtschaftlich nutzen zu können. Diese Wohnungen seien ihr von K., als Eigentümer dieser Wohnungen, zum Zwecke der Privatzimmervermietung überlassen worden. In dieser Zeit habe die Beschwerdeführerin selbst Wohnungseigentum an der Wohnung Top Nr. 3 erworben, um auch diese im Wege der Privatzimmervermietung zu nutzen. Während der Wintersaison habe die Beschwerdeführerin die vier Wohnungen jeweils langfristig vermietet und sich mit K. auf Urlaub begeben. Am 10. November 1993 habe eine namentlich bezeichnete Person (im Folgenden S.) die ehemalige Top Nr. 5 "nur tageweise" bewohnt. Die Schlafgelegenheit sei ihr von der Beschwerdeführerin "aus Freundschaft" überlassen worden. Sie habe dafür weder Miete noch Betriebskosten zu bezahlen gehabt. Daneben habe S. auch noch bei ihrem seinerzeitigen Lebensgefährten gewohnt. Ab September 1994 sei S. dann endgültig in jenes Zimmer und jene Küche der nunmehrigen Großwohnung übersiedelt, welche vor der Wohnungszusammenlegung die ehemalige Wohnung Top Nr. 5 gebildet hätten. S. räume diese beiden Zimmer auf, koche und wasche sowohl für sich als auch für die Beschwerdeführerin bzw. räume über deren Wunsch auch die übrigen Zimmer (Top Nr. 3 und ehemalige Top Nr. 6 und 7) auf.

Wie es in der Begründung des angefochtenen Bescheides an anderer Stelle weiters heißt, dürfe, auch wenn die Einrichtung der "häuslichen Nebenbeschäftigung" durchaus einer gewissen Anpassung an die geänderten gesellschaftlichen Verhältnisse unterliege, die Unterordnung unter die "Führung des eigenen Hausstandes" nicht übersehen werden. Schon aus diesem Grunde könne die von der Beschwerdeführerin ausgeübte Tätigkeit keinesfalls unter die "häusliche Nebenbeschäftigung" fallen, weil nach dem geschilderten Sachverhalt evident sei, dass sie, soweit es überhaupt erfolgt sei, einen "Hausstand" in W, lediglich zu dem Zweck begründet habe, dort eine Privatzimmervermietung auszuüben und diese daher dem eigenen Hausstand übergeordnet habe. "Ebenso wie also bei der zeitlichen Abfolge zuerst der Wunsch kam, die Privatzimmervermietung auszuüben und erst dann das Bewohnen entsprechender Zimmer, ist auf das Ausmaß, in dem die Rechtsmittelwerberin dort (eigene) 'häusliche Tätigkeiten' entfaltet(e), zum Zweck, dort eine Privatzimmervermietung auszuüben, bestimmt und diesem Zweck lediglich untergeordnet." Die Beschwerdeführerin habe selbst zugegeben, "dass sie ihren Lebensunterhalt und ein Einkommen während der Sommermonate ausschließlich durch die Privatzimmervermietung bestreitet", während die längerfristige Vermietung der entsprechenden Objekte (im Winter) nur zur Deckung der laufenden Lebenshaltungskosten reiche. So bestehe auch im Hinblick auf den wirtschaftlichen Erfolg keinesfalls eine Unterordnung dieser Einnahmen unter die sonstigen Mittel zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts und zur Führung des eigenen Hausstandes. Es ergebe sich daher zusammenfassend, dass die Beschwerdeführerin im in Frage stehenden Standort einen "eigenen Hausstand", soweit überhaupt vorhanden, nur zum Zweck der Privatzimmervermietung begründet habe und aufrecht erhalte und die Privatzimmervermietung diesem "Hausstand" auch sonst, insbesondere als alleinige Quelle der Mittel zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes, übergeordnet sei.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der gegen diesen Bescheid zunächst vor ihm erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 24. September 1996, B 3799/95-3, ab; antragsgemäß wurde die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß Art. III der B-VG-Novelle 1974, BGBl. Nr. 444, gehören zu den Angelegenheiten des Gewerbes im Sinne des Art. 10 Abs. 1 Z. 8 B-VG nicht die Angelegenheiten des Berg- und Schiführerwesens sowie die Privatzimmervermietung, das ist die durch die gewöhnlichen Mitglieder des eigenen Hausstandes als häusliche Nebenbeschäftigung ausgeübte Vermietung von nicht mehr als zehn Fremdenbetten.

Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 9 GewO 1994 ist dieses Bundesgesetz - unbeschadet weiterer Ausnahmen durch besondere bundesgesetzliche Vorschriften - auf die nach ihrer Eigenart und ihrer Betriebsweise in die Gruppe der häuslichen Nebenbeschäftigungen fallenden und durch die gewöhnlichen Mitglieder des eigenen Hausstandes betriebenen Erwerbszweige nicht anzuwenden.

§ 2 Abs. 1 Z. 9 GewO 1994 stützt sich auf die in Art. III der B-VG-Novelle 1974 getroffene Begriffsbestimmung ("häusliche Nebenbeschäftigung"). Die von der Beschwerdeführerin (auch) im verwaltungsgerichtlichen Verfahren angestrengten Überlegungen zur Deutung des vom Verfassungsgesetzgeber verwendeten Begriffs der "häuslichen Nebenbeschäftigung" unter dem Aspekt des Gleichheitssatzes - in Richtung auf eine verfassungskonforme Interpretation - ist schon vom Ansatz her verfehlt, ist doch die Überprüfung eines Verfassungsgesetzes (des Bundes) auf die Verfassungsmäßigkeit seines Inhaltes nicht möglich (vgl. etwa VfSlg. 2455).

Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 30. März 1999, Zlen. 97/04/0176, 0177, ausgeführt hat, ist maßgeblich für die Qualifikation einer Tätigkeit als häusliche Nebenbeschäftigung die Eigenart und die Betriebsweise der betreffenden Tätigkeit. Vergleichsmaßstab für die Unterordnung der Nebenbeschäftigung sind nicht eine weitere Erwerbstätigkeit, sondern die anderen häuslichen Tätigkeiten. Im Vergleich zu den anderen häuslichen Tätigkeiten, das sind die in einem Haushalt bei Durchschnittsbetrachtung anfallenden Tätigkeiten, darf die häusliche Beschäftigung eine umfänglich nur untergeordnete Rolle einnehmen.

Insofern ist daher der Beschwerdeführerin Recht zu geben, wenn sie meint, die Frage, ob eine Haupt- und Nebenbeschäftigung vorliegt, könne nicht "in Konnex zum Einkommen" gebracht werden. Die Beschwerdeführerin ist im Sinne der dargestellten Rechtsprechung aber nicht im Recht, wenn sie schon allein daraus, dass sie im in Frage stehenden Haus einen eigenen Hausstand geführt habe, das Vorliegen des Ausnahmetatbestandes des § 2 Abs. 1 Z. 9 GewO 1994 abzuleiten sucht. Anders als die Beschwerdeführerin in ihren Beschwerdeausführungen zum Ausdruck zu bringen sucht, muss es sich um eine "häusliche Nebenbeschäftigung" handeln, also als Nebenbeschäftigung mit in einem Haushalt bei Durchschnittsbetrachtung anfallenden Tätigkeiten im Zusammenhang stehen; es genügt nicht, wie die Beschwerdeführerin meint, dass "die Beschwerdeführerin eben in den erwähnten Räumlichkeiten einen eigenen Haushalt betreibt und diese Privatzimmervermietung daher eine häusliche Beschäftigung ist, die mit ihrem Haushalt zusammenhängt".

Daran, dass die häusliche Nebenbeschäftigung in Unterordnung zu den anderen häuslichen Tätigkeiten zu stehen hat, vermag auch nichts zu ändern, wenn die Beschwerdeführerin vorbringt, die Führung eines Haushaltes habe seit dem 19. Jahrhundert eine wesentliche Veränderung erfahren, in dem einerseits wesentlich weniger kinderreiche Familien bestünden und für die Führung des Haushaltes immer mehr technische Möglichkeiten vorhanden seien, die die Führung desselben erleichterten. Der von der Beschwerdeführerin geltend gemachte gesellschaftliche und technische Wandel vermag an der vom Verfassungsgesetzgeber getroffenen Begriffsbestimmung, auf die die Ausnahmebestimmung des § 2 Abs. 1 Z. 9 GewO 1994 aufbaut, nichts zu ändern.

Dass aber im konkreten Fall die Privatzimmervermietung der Beschwerdeführerin als häusliche Nebenbeschäftigung zu ihren anderen häuslichen Tätigkeiten (als in einem Haushalt bei Durchschnittsbetrachtung anfallenden Tätigkeiten) keine umfänglich nur untergeordnete Rolle eingenommen hat, hat die belangte Behörde noch hinreichend klar zum Ausdruck gebracht.

Wenn sich aber die Beschwerdeführerin gegen die "Auslegung" im angefochtenen Bescheid wendet, "weil der Hausstand zum Zwecke seinerzeit begründet worden sei, dort eine Privatzimmervermietung auszuüben, diese dem eigenen Hausstand übergeordnet sei", bzw. die Qualifizierung der gegenständlichen Tätigkeit als gewerbliche Beherbergung ausschließlich anhand von "Kriterien der Über- und Unterordnung von Absichten" im Zusammenhang mit der Gründung eines Hausstandes getroffen worden sei, so übersieht sie, dass die belangte Behörde nicht nur (isoliert) auf derartige Zweckbestimmungen bzw. Absichten abgestellt hat, sondern (auch)

daraus auf eine tatsächliche Überordnung schloss ("... und diese

daher dem eigenen Hausstand überordnete" bzw. "... nur zum Zweck

der Privatzimmervermietung begründet hat und aufrecht erhält ..."). In der Beschwerde wird aber gar nicht vorgebracht, die gegenständliche Privatzimmervermietung würde zu den anderen häuslichen Tätigkeiten im Sinne der hg. Rechtsprechung nur eine untergeordnete Rolle einnehmen.

Die Beschwerdeführerin macht schließlich eine Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend, weil "der Sachverhalt nicht ausreichend festgestellt wurde", unterlässt es aber die Wesentlichkeit des behaupteten Verfahrensmangels darzustellen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 9. Juli 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1996040224.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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