Entscheidungsdatum
03.09.2018Norm
AsylG 2005 §2 Abs1 Z15Spruch
L516 2160761-1/14E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Paul NIEDERSCHICK als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXXX, geb XXXXX, StA Iran, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem GmbH - ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.05.2017, Zahl XXXXX, zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXXXgemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein iranischer Staatsangehöriger, stellte am 12.05.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz. Zu diesem wurde er am selben Tag durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt (AS 1ff) sowie am 13.01.2017 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) niederschriftlich einvernommen (AS 67ff).
1.1. Der Beschwerdeführer begründete bei der Erstbefragung und im Verfahren vor dem BFA die Antragstellung mit seiner Hinwendung zum Christentum.
1.2. Der Beschwerdeführer brachte im Verfahren vor dem BFA unter anderem eine Eingliederungszulassung (AS 27), einen Taufschein (AS 33ff), eine Bestätigung eines römisch-katholischen Pfarramtes vom 29.11.2016 über die regelmäßige Teilnahme an Gottesdienstbesuchen (AS 51) sowie ein Unterstützungsschreiben (AS 95) in Vorlage.
2. Das BFA wies mit gegenständlich angefochtenem Bescheid den Antrag gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 (AsylG) bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I) und gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II) ab. Das BFA erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG und erließ gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG. Das BFA stellte gemäß § 52 Abs 9 FPG fest, dass die Abschiebung in den Iran gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III) und sprach aus, dass gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV) (AS 113ff). Mit Verfahrensanordnung gemäß § 52 Abs 1 BFA-VG vom 09.05.2017 wurde dem Beschwerdeführer für das Beschwerdeverfahren amtswegig eine juristische Person als Rechtsberater zur Seite gestellt (AS 227).
2.1. Das BFA hielt fest, dass der Beschwerdeführer ein Vorbringen zu einer Verfolgung und zu Verfolgungshandlungen im Iran aus asylrelevanten Gründen nicht glaubhaft habe machen können und führte aus, dass auch kein Sachverhalt im Sinne der Art 2 und 3 EMRK vorliege und eine Rückkehrentscheidung im Falle des Beschwerdeführers keine Verletzung von Art 8 EMRK darstelle.
3. Der Beschwerdeführer hat gegen den ihm am 10.05.2017 zugestellten Bescheid des BFA mit Schreiben vom 16.05.2017 Beschwerde erhoben und diesen zur Gänze angefochten (AS 251ff). Der Beschwerde beigelegt war unter anderem ein Taufschein der einen Firmvermerk vom 02.03.2016 enthält, mit dem die Firmung des Beschwerdeführers am 04.04.2015 bestätigt wird.
4. Der Beschwerdeführer brachte dem Bundesverwaltungsgericht eine Bestätigung vom 16.05.2017 der römisch-katholischen Pfarre der er angehört sowie eine Unterschriftenliste von Personen, die den Beschwerdeführer kennen, in Vorlage (OZ 2).
5. Am 22.05.2018 langte ein Konvolut an Dokumenten beim Bundesverwaltungsgericht ein (OZ 10). Darunter befanden sich Bestätigungen der der Beschwerdeführer zugehörigen Pfarre vom 16.02.2017 und vom 17.04.2018, eine Bestätigung hinsichtlich der Anzeige des Austritts aus der islamischen Kirche durch den Beschwerdeführer bei einer Bezirksverwaltungsbehörde vom 17.04.2018, mehrere Unterstützungsschreiben, eine Teilnahmebescheinigung an einem Deutschkurs A1 Modul B und mehrere Fotos, den Beschwerdeführer bei der Feier christlicher Feste zeigend.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
1.1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger des Iran und führt in Österreich den im Spruch angeführten Namen sowie das ebenso dort angeführte Geburtsdatum. Seine Identität steht nicht fest.
1.2. Der Beschwerdeführer war ursprünglich muslimischen Glaubens. Er reiste im Mai 2014 in Österreich ein. Der Beschwerdeführer hat in Österreich unmittelbar nach seiner Einreise Zugang zum christlichen Glauben erlangt, hat sich seit seiner Einreise in Österreich mit der christlichen Glaubenslehre auseinandergesetzt und wurde nach dem Besuch des Katechumenats am 04.04.2015 nach dem Ritus der römisch-katholischen Kirche in der Pfarrkirche St. XXXXX, getauft und gefirmt. Der Beschwerdeführer besucht seit September 2014 jeden Sonntag den Gottesdienst seiner Pfarre und zeigt sich dort engagiert, hilfsbereit und freundlich. Dies wird vom Pfarrassistent jener Pfarre, der der Beschwerdeführer zugehört, bezeugt und gibt es auch Fotos, die den Beschwerdeführer bei der Feier christlicher Feste zeigen. Die Hinwendung des Beschwerdeführers zum christlichen Glauben ist ernsthaft und nachhaltig. Aus der islamischen Kirche ist der Beschwerdeführer ausgetreten.
1.3. Zur Konversion im Iran enthält der angefochtene Bescheid des BFA folgende Ausführungen:
"Laut iranischer Verfassung hat ein muslimischer Bürger nicht das Recht, seinen Glauben auszusuchen, zu wechseln oder aufzugeben. Die Regierung sieht das Kind eines muslimischen Mannes als Muslim an und erachtet eine Konversion vom Islam als Apostasie. Apostasie kann mit der Todesstrafe bestraft werden. Nicht-Muslime dürfen ihre religiösen Ansichten und Überzeugungen nicht öffentlich ausdrücken, da dies als Missionierung gilt (Proselytismus) und ebenso mit der Todesstrafe bedroht ist. Christen, die vom Islam konvertiert sind, können von staatlichen Behörden bedroht sein, da sie als Apostaten gelten und dies eine Straftat ist (UK Home Office 12.2015, vgl. US DOS 14.10.2015).
Apostasie (d.h. Abtrünnigkeit vom Islam) ist im Iran verboten und mit langen Haftstrafen (bis hin zur Todesstrafe) bedroht. Im iranischen Strafgesetzbuch ist der Tatbestand zwar nicht definiert, die Verfassung sieht aber vor, dass die Gerichte in Abwesenheit einer definitiven Regelung entsprechend der islamischen Jurisprudenz zu entscheiden haben. Dabei folgen die Richter im Regelfall einer sehr strengen Auslegung auf Basis der Ansicht von konservativen Geistlichen wie Staatsgründer Ayatollah Khomenei, der für die Abkehr vom Islam die Todesstrafe verlangte. Konvertierte werden zumeist nicht wegen Apostasie bestraft, sondern aufgrund von "moharebeh" ("Waffenaufnahme gegen Gott"), "mofsid-fil-arz/fisad-al-arz" ("Verdorbenheit auf Erden"), oder "Handlungen gegen die nationale Sicherheit". In der Praxis sind Verurteilungen wegen Apostasie selten, bei keiner der 2014 (ebenso wie 2013) dokumentierten Hinrichtungen gibt es Hinweise darauf, dass Apostasie einer bzw. der eigentliche Verurteilungsgrund war (ÖB Teheran 10.2015). Im Iran Konvertierte nehmen von öffentlichen Bezeugungen ihrer Konversion naturgemäß Abstand, behalten ihren muslimischen Namen und treten in Schulen, Universitäten und am Arbeitsplatz als Muslime auf. Wer zum Islam zurückkehrt, tut dies ohne besondere religiöse Zeremonie, um Aufsehen zu vermeiden. Es genügt, wenn die betreffende Person glaubhaft versichert, weiterhin oder wieder dem islamischen Glauben zu folgen. Es gibt hier für den Rückkehrer bestimmte religiöse Formeln, die dem Beitritt zum Islam ähneln bzw. nahezu identisch sind. Kirchenvertreter sind angehalten, die Behörden zu informieren, bevor sie neue Mitglieder in ihre Glaubensgemeinschaft aufnehmen. Die Zahl der politischen Gefangenen, die sich aufgrund von Apostasie oder missionarischer Tätigkeit in Haft befinden, wird auf mindestens zehn geschätzt. Es kann zumindest nicht ausgeschlossen werden, dass auch ein im Ausland Konvertierter im Iran wegen Apostasie verfolgt wird. Einige Geistliche, die in der Vergangenheit im Iran verfolgt oder ermordet wurden, waren im Ausland zum Christentum konvertiert. Keine besonderen Bestimmungen gibt es zur Konversion von einer nicht-islamischen zu einer anderen nicht-islamischen Religion, da diese nicht als Apostasie gilt (ÖB Teheran 10.2015, vgl. DIS 23.6.2014).
Stark eingeschränkt sind das Recht, eine Religion zu wählen oder zu wechseln, sowie das Recht, für einen Glauben oder eine Religion frei zu werben. Ehemals muslimischen Konvertiten droht Verfolgung und Bestrafung. In Einzelfällen werden Gerichtsverfahren eingeleitet, Verurteilungen erfolgen allerdings oft nicht wegen Apostasie, sondern wegen Sicherheitsdelikten. Es gibt allerdings auch Konvertiten, die unbehelligt eine der anerkannten Religionen ausüben. Die Konvertiten und die Gemeinden, denen sie angehören, stehen jedoch insofern unter Druck, als den Konvertiten hohe Strafen drohen und auch die Gemeinden mit Konsequenzen rechnen müssen (z.B. Schließung), wenn die Existenz von Konvertiten in der Gemeinde öffentlich bekannt wird. Zum anderen wird die "Ausübung" der Religion restriktiv ausgelegt und schließt jede missionierende Tätigkeit aus. Missionierende Angehörige auch von Buchreligionen werden verfolgt und hart bestraft, ihnen kann als "Kämpfer gegen Gott" ("Moharebeh") sogar eine Verurteilung zum Tode drohen (AA 9.12.2015, vgl. HRW 27.1.2016).
Die Regierung schränkt die Veröffentlichung von religiösem Material ein und christliche Bibeln werden häufig konfisziert. Verlage werden unter Druck gesetzt, Bibeln oder nicht genehmigtes nicht-muslimisches Material nicht zu drucken. Zum Christentum konvertierte Muslime sehen sich Schikanen, Verhaftungen und Strafverfolgung ausgesetzt. Viele dieser Verhaftungen finden während Polizeirazzien bei religiösen Versammlungen statt und es wird auch religiöses Eigentum konfisziert. Die Regierung vollzieht das Verbot des Proselytismus, indem sie vor allem die Aktivitäten der Evangelikalen streng überwacht, Muslime davon abbringt, kirchliche Grundstücke zu betreten, Kirchen schließen lässt und Christen verhaftet. Die Behörden zwingen evangelikale Kirchenführer Zusicherungen zu unterschreiben, dass sie keine Muslime missionieren oder Muslime den Zugang zum Gottesdienst zu verwehren. Berichten zufolge sehen die Behörden es als Proselytismus an, wenn eine christliche Kirche einem Muslim erlaubt, die Kirche zu betreten. Evangelikale Gottesdienste bleiben auf Sonntag [Werktag] beschränkt. Sowohl die armenischen, assyrischen und auch evangelikalen Christen wurden dazu gezwungen, ihre Gottesdienste auf Farsi zu beenden. Mitglieder von evangelikalen Kongregationen müssen Mitgliedsausweise mit sich führen und Kopien dieser müssen den Behörden übergeben werden. Sicherheitspersonal, das vor den Kirchen postiert ist, führen Identitätskontrollen der Gläubigen durch. Offizielle Berichte und die Medien charakterisierten die christlichen Hauskirchen weiterhin als "illegale Netzwerke" und "Zionistische Propagandainstitutionen". Verhaftete Hauskirchenmitglieder werden oft beschuldigt, von feindlichen Ländern unterstützt zu werden (US DOS 14.10.2015).
Im FFM Bericht des Danish Immigration Service wird von mehreren Quellen berichtet, dass sich Konvertiten in Bezug auf ihren Religionswechsel eher ruhig verhalten, um keine Aufmerksamkeit der Behörden auf sich zu lenken. Wenn aber ein Konvertit z.B. in Hauskirchen aktiv ist oder missioniert, können sich Probleme mit Behörden ergeben. Es wird weiter berichtet, dass sich an Arbeitsstätten Herasat Büros mit Repräsentanten des Informationsministeriums und der Staatssicherheit befinden, die die Mitarbeiter überwachen. Diese Büros befinden sich auch bei Universitäten, staatlichen Organisationen und Schulen. Auch in privaten Firmen ab einer bestimmten Größe gibt es solche Büros. Wenn Herasat Informationen über eine Konversion einer Person erhält, kann es durchaus sein, dass diese Person gekündigt bzw. von der Universität ausgeschlossen wird. Auch Familienangehörige sind dadurch von einem etwaigen Jobverlust bzw. vom Zugang zu höherer Bildung ausgeschlossen. Seit 1990 gab es keinen Fall mehr, indem ein Konvertit wegen Apostasie exekutiert worden wäre. Der letzte Apostasie Fall war jener von Youssef Naderkhani, einem Pastor der Kirche von Iran, der international großes Medienecho hervorrief. Der FFM Bericht berichtet weiter, dass ab 2009-2010, als Naderkhanis Fall aufkam, Gerichte vom Regime unter Druck gesetzt wurden, Apostasieanklagen gegen Konvertiten zu verwenden. Die Gerichte wären aber eher zögerlich gewesen, da Apostasiefälle den religiösen Gerichtshöfen vorbehalten waren. Religiöse Gerichtshöfe waren die einzigen die Apostasiefälle verhandeln durften und demzufolge würde eine Anklage wegen Apostasie nur bei einem konvertierten Kleriker zur Anwendung kommen. Stattdessen würden Gerichte, die nicht den religiösen Gerichtshöfen zuzurechnen sind, Konversionsfälle eher mit Anklagen wegen Störung der öffentlichen Ordnung als Apostasie bearbeiten. Die einzige größere Änderung seit 2011 wie die Behörden Konvertiten zum Christentum behandeln scheint darin zu bestehen, dass Apostasie nicht auf christliche Konvertiten anwendbar sei. Die iranischen Behörden gaben von 2009 bis 2011 offiziell bekannt, dass Hauskirchen in direkter Verbindung mit ausländischen Bewegungen stehen, beispielsweise mit zionistischen Bewegungen oder Organisationen im Ausland, z.B. in den USA. Das Regime sieht die Anstrengungen der evangelikalen Bewegungen als Angriff gegen das iranische Regime an. Als Ergebnis werden evangelikale Kirchen und Hauskirchen als Bedrohung der nationalen Sicherheit gesehen. Diese Sichtweise erklärt auch, dass einige Fälle von Konversionen, im speziellen von Führern von Hauskirchen, ebenso Anklagen, die eher politischer Natur sind, beinhalten. In Bezug auf Naderkhani gibt Christian Solidarity Worldwide im FFM Bericht des Danish Immigration Service an, dass laut ihren Informationen Naderkhani weiterhin als Pastor in Rasht tätig ist. Seitdem Naderkhanis Anklage gekippt wurde, gab es keine Apostasieanklage gegen Christen im Iran. Heutzutage sind alle Anklagen gegen Konvertiten und Pastoren/Hauskirchenführer von politischer Natur, immer im Zusammenhang mit Bedrohung der nationalen Sicherheit oder Spionage, einschließlich Verbindungen zu ausländischen Organisationen und Feinden des Islam. Auch werden Konvertiten häufig mit sehr vagen und weit definierten Anklagen konfrontiert, wie z.B. "Bildung einer illegalen Gruppierung", "Handlungen gegen die nationale Sicherheit durch illegale Versammlungen" und anderen Anklagen, die ähnlich unpräzise und eine große Bandbreite an Aktivitäten umfassen können (DIS 23.6.2014)."
2. Die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen:
2.1. Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und zur Herkunft des Beschwerdeführers (oben II.1.1.) ergeben sich aus den Angaben im Verfahren vor dem BFA, welche insofern stringent waren und an denen auf Grund der Sprach- und Ortskenntnisse auch nicht zu zweifeln war. Mangels Vorlage personenbezogener Identitätsdokumente im Original konnten der Name und das Geburtsdatum des Beschwerdeführers jedoch nicht abschließend festgestellt werden. Das Feststehen der Identität eines Fremden ist jedoch keine besondere gesetzliche Voraussetzung für die Gewährung von Asyl (VwGH 26.09.2007, 2007/19/0086).
2.2. Die oben unter Punkt II.1.2. getroffenen Feststellungen waren aufgrund der folgenden Erwägungen zu treffen: Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes lässt sich alleine mit der Unglaubwürdigkeit des Vorbringens zum Ausreisegrund nicht schlüssig begründen, dass alle im Zusammenhang mit dem neu erworbenen Glauben stehenden weiteren Aktivitäten eines Asylwerbers nur zum Schein mit dem (ausschließlichen) Ziel der Asylerlangung entfaltet worden seien (vgl VwGH, 02.09.2015, Ra 2015/19/0091). Der Beschwerdeführer begründete den verfahrensgegenständlichen Antrag von Beginn an durchgehend gleichbleibend mit seinem Abfall vom Islam und seiner Hinwendung zum Christentum (vgl Erstbefragung, AS 9). Es handelt sich auch um seinen ersten Antrag und nicht um einen Folgeantrag. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer nicht mehr der islamischen Glaubensgemeinschaft angehört, beruht auf der vorgelegten Anzeige hinsichtlich seines Austritts aus der islamischen Kirche bei einer Bezirksverwaltungsbehörde am 17.04.2018 (OZ 10) sowie auf der erfolgten Taufe, die durch Taufschein mit Firmvermerk (AS 305ff) bestätigt wurde.
Die Feststellungen zu seinen Glaubenskenntnissen und Glaubensaktivitäten in Österreich seit September 2014 beruhen auf den Bestätigungen der römisch-katholischen Pfarre XXXXX, zuletzt mit Schreiben vom 17.04.2018 (OZ 10). Der Beschwerdeführer legte auch mehrere Fotos vor, die ihn bei der Feier christlicher Feste zeigen. Es besteht für das Bundesverwaltungsgericht keine Veranlassung am Zeugnis der Repräsentanten der Pfarre zu zweifeln, zumal diese kein Interesse daran haben, den Ruf ihrer Glaubensgemeinschaft für Personen zu schädigen, von deren ernsthaften Hinwendung zur Glaubensgemeinschaft sie nicht überzeugt wären. Während des laufenden Beschwerdeverfahrens trat somit eindeutig zu Tage, dass sich der Beschwerdeführer tatsächlich aus innerer Überzeugung vom Islam abgewandt hat und zum Christentum konvertiert ist.
2.3. Die Feststellungen zur Lage im Iran (oben II.1.3.) wurden bereits vom BFA im angefochtenen Bescheid getroffen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten gemäß § 3 AsylG 2005
3.1. Gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl Nr 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl Nr 78/1974 (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK), droht.
3.2. Nach Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
3.3. Zum gegenständlichen Verfahren
3.3.1. Mit der Frage der asylrechtlichen Relevanz einer Konversion zum Christentum in Bezug auf den Iran hat sich der Verwaltungsgerichtshof wiederholt befasst. Entscheidend ist demnach, ob der Fremde bei weiterer Ausführung seines (behaupteten) inneren Entschlusses, nach dem christlichen Glauben zu leben, im Falle seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen müsste, aus diesem Grund mit die Intensität von Verfolgung erreichenden Sanktionen belegt zu werden. Ob die Konversion bereits - durch die Taufe - erfolgte oder bloß beabsichtigt ist, ist nicht entscheidend (VwGH 23.06.2015, Ra 2014/01/0210).
3.3.2. Nach islamischem Verständnis im Iran bedeutet der Abfall vom Islam einen hochverratsähnlichen Angriff auf das Staats- und Gesellschaftssystem und der Beschwerdeführer ist daher bei einer Rückkehr in den Iran dort Verfolgungshandlungen bis hin zur Todesstrafe ausgesetzt.
3.3.3. Daher ist für den Beschwerdeführer von Verfolgung in asylrelevanter Intensität im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention, und zwar aus religiösen und politischen Gründen auszugehen.
3.3.4. Es ist daher objektiv nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer aus Furcht vor ungerechtfertigten Eingriffen von erheblicher Intensität aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes seines Herkunftsstaates zu bedienen.
3.3.5. Im Verfahren haben sich schließlich keine Hinweise auf die in Artikel 1 Abschnitt C und F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- und Ausschlussgründe ergeben.
3.3.6. Im vorliegenden Fall sind somit unter Berücksichtigung der zuvor zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten gegeben. Einer darüber hinausgehenden Beurteilung des übrigen Vorbringens des Beschwerdeführers bedurfte es angesichts des Spruchinhaltes nicht mehr.
3.4. Gemäß § 3 Abs 5 AsylG 2005 war die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
3.5. Da der verfahrensgegenständliche Antrag auf internationalen Schutz vor dem 15.11.2015 gestellt wurde, kommt dem Beschwerdeführer das dauernde Einreise- und Aufenthaltsrecht gem § 2 Abs 1 Z 15 AsylG 2005 idF vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I Nr 24/2016 zu (§ 75 Abs 24 AsylG 2005).
Zu B)
Revision
3.6. Da die Rechtslage durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt ist, ist die ordentliche Revision nicht zulässig.
3.7. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Asylgewährung, asylrechtlich relevante Verfolgung, Asylverfahren,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:L516.2160761.1.00Zuletzt aktualisiert am
31.01.2019