Entscheidungsdatum
11.09.2018Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
W264 2184747-2/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Carmen LOIBNER-PERGER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX ,
geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice Landesstelle Wien vom 20.12.2017, OB 51553403800025, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass nach Durchführung einer nichtöffentlichen Sitzung am 6.9.2018, zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben.
Die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass des Beschwerdeführers ist vorzunehmen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Am 10.7.2017 langte der Antrag des XXXX (im Folgenden: BF) auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Sozialministeriumservice (in der Folge: "belangte Behörde") ein und ist dem von ihm verwendeten Formular idF 03/2017 unter "3." zu entnehmen: Sollte die Aktenlage die Vornahme von Zusatzeintragungen rechtfertigen, beantrage ich die Aufnahme der entsprechenden Zusatzeintragungen in den Behindertenpass. Insbesondere: Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel". Beigeschlossen war ein an den BF adressiertes Nervenärztliches Attest Dris. XXXX vom 13.6.2017, wonach der BF seit März 2014 in nervenärztlicher Behandlung stehe und dessen Gehstrecke "des Öfteren auf
30 m begrenzt" sei.
2. Die belangte Behörde holte ein Sachverständigengutachten des medizinischen Sachverständigen Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, ein. In dem auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung des BF erstatteten Gutachtens vom 17.12.2017, vidiert am 19.12.2017, stellte der medizinische Sachverständige fest, dass der Grad der Behinderung
50 vH beträgt und die Gesamtmobilität - Gangbild derart sei: "Leicht unsicheres Gangbild, ein Stock als Gehhilfe erforderlich, Einlagenversorgung in den Konfektionsschuhen". Er attestierte Dauerzustand.
3. Dem BF wurde mit Erledigung der belangten Behörde vom 19.12.2017 der Behindertenpass im Scheckkartenformat zugestellt.
4. Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid wurde der Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" abgewiesen und stützte sich die Behörde hierbei auf das Gutachten Dris. XXXX .
Die belangte Behörde schloss dem genannten Bescheid das eingeholte Sachverständigengutachten in Kopie an.
5. Gegen diesen Bescheid erhob der BF fristgerecht die gegenständliche Beschwerde. Dieser fügte er abermals das Nervenärztliche Attest Dris. XXXX vom 11.1.2018 bei. Der BF übermittelte seine Beschwerde direkt dem Bundesverwaltungsgericht und wurde seitens der Geschäftsabteilung W217 die Weiterleitung gemäß § 17 VwGVG iVm § 6 AVG an die belangte Behörde mit Erledigung vom 1.2.2018 vorgenommen.
6. Die belangte Behörde legte dem Bundesverwaltungsgericht den Gesamtakt zur Entscheidung vor und langte dieser bei der Gerichtsabteilung W264 am 20.2.2018 ein.
7. Aus dem über Ersuchen des BF erstellten nervenärztlichen Attest Dris. XXXX , Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, geht hervor, dass das vom medizinischen Sachverständigen der belangten Behörde Festgestellte aus fachärztlicher Sicht absolut unrichtig und schärfstens zurückzuweisen seien. Begründet wird dies mit dem Hinweis auf die axonalen sensomotorische Polyneuropathie mit Störung der Tiefensensibilität und entsprechender ataktischer Komponente mit Auswirkung auf das Gehvermögen, freie Stehen auch mit Anhalten. Weiters mit dem Bestehen einer lumbalen Vertebrostenose L3/4 mit nachgewiesener Discoparty der gesamten Lendenwirbelsäule und deutlicher Vornamenstenose L4 bis S1 beidseits. Die lumbale Vertebrostenose sei für die Verkürzung der Gehstrecke schutztragend, im vorliegenden Fall mit fallweise nur bis zu 30 m eingeschränkt möglich. Eine ständige Begleitperson sei für das zurücklegen kurzer Wegstrecken unbedingt erforderlich.
8. Zum Zwecke der Abklärung wurde ein medizinischer Sachverständiger befasst und ein Gutachten auf Basis einer persönlichen Untersuchung des BF mit gerichtlichem Auftrag vom 19.4.2018 erbeten.
Es wurde erbeten zu beantworten, ob sich auf der Grundlage des Vorbringens der Beschwerde vom 17.1.2018 und der fachärztlichen Ausführungen im ärztlichen Attest vom 11.1.2018 eine Änderung des bereits vorliegenden Sachverständigengutachtens vom 17.12.2017 hinsichtlich der Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel ergibt.
Es wurde ersucht, dabei zu folgenden Fragen Stellung zu nehmen:
1. Im ärztlichen Attest vom 11.1.2018 wird festgehalten, dass die Gehstrecke des Beschwerdeführers fallweise auf bis zu 30 Meter eingeschränkt sei.
Ausgehend von den bisherigen durch die Judikatur des VwGH entwickelten Beurteilungskriterien zur Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel sind Funktionseinschränkungen relevant, welche die selbständige Fortbewegung im öffentlichen Raum sowie den sicheren, gefährdungsfreien Transport im öffentlichen Verkehrsmittel erheblich einschränken. Nach der Judikatur des VwGH zu dieser Zusatzeintragung ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke (unter Zugrundelegung städtischer Verhältnisse: 300 m bis 400 m) nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe, zurückgelegt werden kann oder wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert.
Liegen die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" vor?
Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt.
Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Zu berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche und bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt.
Alle therapeutischen Möglichkeiten sind zu berücksichtigen.
Therapiefraktion - das heißt, keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des behandelnden Arztes ist nicht ausreichend.
Zur Zumutbarkeit eventueller therapeutischer Maßnahmen ist ausführlich Stellung zu nehmen.
2. Es wird ersucht auszuführen, in welchem Ausmaß die Funktionseinschränkungen sich diese auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirken.
3. Liegen erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten vor?
4. Liegen erhebliche Einschränkungen der Funktionen der oberen Extremitäten vor?
5. Liegen erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vor?
6. Ist eine schwere Erkrankung des Immunsystems vorliegend?
Sollte aus gutachterlicher Sicht die Beiziehung weiterer Sachverständiger aus anderen Teilbereichen der Medizin für erforderlich erachtet werden, so wird ersucht, dies dem Bundesverwaltungsgericht umgehend mitzuteilen.
9. Die Ehefrau des BF urgierte mehrmals telefonisch die Erledigung der am 20.2.2018 bei dem Bundesverwaltungsgericht am 20.2.2018 eingelangten Beschwerde.
10. Mit E-Mail vom 12.7.2018 wurde der befasste Sachverständige mit dem Hinweis auf die mehrmaligen Anrufe der Ehefrau des BF um Rückmeldung ersucht, bis wann mit dem Einlangen des Gutachtens zu rechnen ist.
11. Am 31.7.2018 langte das Sachverständigengutachten des medizinischen Sachverständigen
Dr. XXXX vom 17.5.2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein, welches - auszugsweise - lautet wie folgt:
Anamnese:
Eingangs wird auf die anamnestischen Eckdaten des erstinstanzlichen Gutachtens verwiesen. Keine relevante Zwischenanamnese.
Derzeitige Beschwerden:
Der BF gibt an, dass er ‚Gleichgewichtsstörungen' beim Stehen und Gehen hat. Keine Gleichgewichtsprobleme hat er im Sitzen oder Liegen. Die Ursache der Gleichgewichtsstörungen sei eine Polyneuropathie. Dieser Umstand und die allgemeine körperliche Schwäche bedingen, dass öffentliche Verkehrsmittel nicht benützt werden können. Es gibt laut Fachärzte angeblich ‚keine Hilfe mehr'.
Technische Hilfsmittel / orthopädische Behelfe:
Walking- Gehstöcke, Brille, Hörgeräte, Stützstrümpfe.
Untersuchungsbefund:
Obere Extremitäten: Geringe Endlageneinschränkungen beider Schultergelenke, kein Tremor, Faustschluss möglich
untere Extremitäten: Kniegelenksersatz rechts mit funktionell sehr gutem Ergebnis, geringere Bewegungsstörung beider Sprunggelenke, unwesentliche Gonarthrose links, trägt beidseits kurze Stützstrümpfe, keine Ödeme.
Gesamtmobilität - Gangbild:
Kommt mit zwei Walking-Gehstöcken ins Untersuchungszimmer, beim freien Stehen wird der BF recht bald ‚unsicher'."
Zu "Es wird ersucht auszuführen, in welchem Ausmaß die Funktionseinschränkungen sich diese auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirken." führte der beigezogene Sachverständige Dr. XXXX aus wie folgt:
"Aus allgemeinmedizinischer Sicht ist das Zusammenwirken der vorliegenden Altersschwäche mit der ebenfalls vorliegenden axonalen, sensomotorischen Polyneuropathie mit Störung der Tiefensensibilität sowie den vorliegenden Abnützungserscheinungen an der Wirbelsäule die Ursache dafür, dass eine kurze Wegstrecke nicht ohne erhebliches Erschwernis zurückgelegt werden kann."
Zu "liegen erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten vor?" führte der beigezogene Sachverständige Dr. XXXX aus wie folgt:
"Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bänder an, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen. Komorbiditäten der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sich zu berücksichtigen.
Ja [Anm: Hervorhebung übernommen wie im Gutachten] - axonalen, sensomotorische Polyneuropathie beider unterer Extremitäten mit Störung der Tiefensensibilität - wegen der damit verbundenen Stand- und Gangunsicherheiten ist Herr XXXX deshalb aus allgemeinmedizinischer Sicht die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar - eine kurze Wegstrecke kann dadurch nicht ohne erhebliches Erschwernis zurückgelegt werden.
Zu "liegen erhebliche Einschränkungen der Funktionen der oberen Extremitäten vor?" führte der beigezogene Sachverständige Dr. XXXX aus wie folgt:
"Aus allgemeinmedizinischer Sicht liegen keine erheblichen Funktionseinschränkungen der oberen Extremitäten vor - ein sicheres Anhalten ist möglich."
Zu "liegen erhebliche Einschränkungen der Funktionen der körperlichen Belastbarkeit vor?" führte der beigezogene Sachverständige Dr. XXXX aus wie folgt:
"Erheblicher Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:
-
Arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option
-
Herzinsuffizienz mit LVEF unter 30 %
-
hochgradige Rechtsherzinsuffizienz
-
Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie
-
COPD IV
-
Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie
-
mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss benützt werden
Aus allgemeinmedizinischer Sicht ist eine allgemeine körperliche Schwäche [Anm: Hervorhebung übernommen wie im Gutachten] vorhanden, die das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke sehr beschwerlich macht.
Zu "liegt eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems vor?" führte der beigezogene Sachverständige Dr. XXXX - nach Anführung von Beispielen einer schwer anhaltenden Erkrankung des Immunsystems, die eine Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen signifikanter Infektanfälligkeit einschränkt - aus wie folgt:
"[...]
Aus allgemein medizinischer Sicht ist dazu anzumerken, dass keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems vorliegt".
Der beigezogene Sachverständige Dr. XXXX führte als Begründung einer eventuell vom bisherigen Ergebnis abweichenden Beurteilung aus wie folgt:
"Es liegt eine abweichende Beurteilung vor - das oben angeführte Zusammenwirken von Altersschwäche - axonaler, sensomotorischen Polyneuropathie mit Störung der Tiefensensibilität - Abnützungserscheinungen an der Wirbelsäule bedingen, dass eine kurze Wegstrecke nicht ohne erhebliches Erschwernis zurückgelegt werden kann."
Der beigezogene Sachverständige Dr. XXXX fasste zusammen wie folgt:
"Es wird abschließend festgehalten, dass aus gutachterlicher Sicht nach neuerlicher allgemeinmedizinische Untersuchung und nach Durchsicht des vorliegenden Akteninhalts folgender Vorschlag zu machen ist:
Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist unzumutbar, da vor allem erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten und weniger auch der Wirbelsäule sowie doch auch relevante Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vorliegen."
Dieses Gutachten wurde mit Erledigung vom 8.8.2018 dem Beschwerdeführer im Rahmen des Parteigehörs mit einer Frist von vier Wochen ab Zustellung für die Abgabe einer allfälligen Stellungnahme übermittelt. Die Übernahme ist durch unbedenklichen Rückschein RSb durch Übernahme des Empfängers am 16.8.2018 ausgewiesen.
Die Gattin des Beschwerdeführers informierte die Referentin der zuständigen Gerichtsabteilung am 31.8.2018 fernmündlich, dass eine Stellungnahme nicht abgegeben werde.
Das Bundesverwaltungsgericht führte am 21.2.2018 eine Abfrage im Zentralen Melderegister durch, wonach der BF österreichischer Staatsbürger ist, und seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hat.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der BF erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Der BF hat seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland inne und ist im Besitz eines Behindertenpasses.
1.2. Dem BF ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar.
Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen des BF sind folgende:
Bild kann nicht dargestellt werden
Bei dem BF liegt ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 vH vor und wurde ihm Dauerzustand attestiert.
Es liegt keine schwere Erkrankung des Immunsystems vor, ebenso keine Funktionseinschränkung der oberen Extremitäten.
Es liegt beim Beschwerdeführer eine allgemeine körperliche Schwäche vor, welche das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke sehr beschwerlich macht. Die Funktionsbeeinträchtigungen der unteren Extremitäten sind erheblich.
Diese festgestellten Gesundheitsschädigungen haben eine erhebliche Einschränkung der Mobilität zur Folge.
Daher ist dem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht möglich und unzumutbar.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen, dem Wohnsitz des Beschwerdeführers im Inland und zum Behindertenpass ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt.
Die Feststellungen zu Art, Ausmaß und Auswirkungen der Funktionseinschränkungen auf die Zumutbarkeit zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel gründen sich - in freier Beweiswürdigung - in nachstehend ausgeführtem Umfang auf die vorgelegten und eingeholten Beweismittel:
Das von der belangten Behörde eingeholte allgemeinmedizinische Sachverständigengutachten Dris. XXXX - basierend auf persönlicher Untersuchung am 4.10.2017 - sowie das vom Bundesverwaltungsgericht eingeholte allgemeinmedizinische Sachverständigengutachten Dris. XXXX sind schlüssig und nachvollziehbar und weisen keine Widersprüche auf. Es wird auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Auch wird zu den Auswirkungen der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel eingehend Stellung genommen und nachvollziehbar ausgeführt, welche Funktionseinschränkungen es dem Beschwerdeführer nicht möglich und unzumutbar machen, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen.
Der Beschwerdeführer wird beim freien Stehen recht bald "unsicher". Die Funktionsbeeinträchtigungen der unteren Extremitäten sind erheblich. Es sind dies die axonale sensomotorische Polyneuropathie beider unterer Extremitäten mit Störung der Tiefensensibilität, welche eine Stand- und Gangunsicherheit mit sich bringt, sodass eine kurze Wegstrecke (300m bis 400m) nicht ohne erhebliche Erschwernis zurückgelegt werden kann.
Der Beschwerdeführer weist eine Altersschwäche auf, welche in Zusammenwirken mit der axonalen sensomotorischen Polyneuropathie ein Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke vereitelt.
Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel, die folgende Krankheitsbilder umfassen: Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10, sind im Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen. Ebenso wurde vom Sachverständigen im Gutachten vom 17.5.2018 eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems nach Begutachtung des Beschwerdeführers verneint.
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachtens Dris. XXXX und des verwaltungsgerichtlich eingeholten Sachverständigengutachtens Dris. XXXX , jeweils beruhend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers und werden diese Sachverständigengutachten in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Ad A) Zur Entscheidung in der Sache:
Der Vollständigkeit halber wird zunächst darauf hingewiesen, dass mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde der Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gemäß §§ 42 und 45 Bundesbehindertengesetz idgF BGBl I Nr. 18/2017 (in der Folge kurz BBG) abgewiesen wurde. Verfahrensgegenstand ist somit nicht die Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung, sondern ausschließlich die Prüfung der Voraussetzungen der Vornahme der beantragten Zusatzeintragung.
Die maßgeblichen formalrechtlichen Rechtsgrundlagen sind jene des Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) und des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG).
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Im Bundesbehindertengesetz normiert § 45 Abs 3, dass in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses oder auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grad der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch Senat zu erfolgen hat. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor und war entsprechend dem § 45 Abs 4 ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundiger Laienrichter hinzuzuziehen.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte - mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes - ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG) und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG) und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, welche die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß
Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Die maßgeblichen materiellrechtlichen Bestimmungen sind jene des Bundesbehindertengesetz (BBG).
Unter Behinderung iSd Bundesbehindertengesetz ist gemäß dessen § 1 Abs 2 die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Gemäß § 45 Abs 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses - dessen nähere Ausgestaltung im § 42 BBG normiert ist - sowie Anträge auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen. Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt gemäß § 45 Abs 2 BBG Bescheidcharakter zu.
§ 47 BBG beinhaltet eine Verordnungsermächtigung, wonach der Bundesminister für Arbeit und Soziales ermächtigt ist, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach
§ 40 ff auszustellenden Behindertenpass und die damit verbundenen Berechtigungen festzusetzen.
Entsprechend der Verordnungsermächtigung der §§ 42 und 47 BBG sowie aufgrund des
§ 29b Abs 1 Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) wurde die Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen erlassen (BGBl II 495/2013 idF BGBl II 263/2016). Diese normiert im § 1 Abs 4 Z 3, dass auf Antrag des Menschen mit Behinderung ua jedenfalls die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist, in den Behindertenpass einzutragen ist.
Die Voraussetzungen hierfür sind in § 1 Abs 4 Z 3 der zuvor genannten Verordnung normiert:
Demnach ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und hinzukommend
-
erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
-
erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
-
erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten,
Funktionen oder
-
eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
-
eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs 4 Z 1 lit. b
oder § 1 Abs 4 Z 1 lit. d vorliegen.
Die zuvor genannte Verordnung normiert im § 1 Abs 5 als Grundlage für die Beurteilung, ob diese Voraussetzungen für die in § 1 Abs 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, ein Gutachten eines/einer ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind zumutbare therapeutische Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
In den auf der Homepage des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz veröffentlichten Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl II 495/2013 idF BGBl II 263/2016 wird ua ausgeführt, dass mit der vorliegenden Verordnung präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden und dabei die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze Berücksichtigung finden.
Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Ermittlungsverfahren betreffend den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch werden Behörde und Verwaltungsgericht in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. zB VwGH 18.12.2006, 2006/11/0211.).
Ein solches Sachverständigengutachten muss sich mit der Frage befassen, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH 20.03.2001, 2000/11/0321). Dabei ist auf die konkrete Fähigkeit des Beschwerdeführers zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einzugehen, dies unter Berücksichtigung der hiebei zurückzulegenden größeren Entfernungen, der zu überwindenden Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, der Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt etc. (VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 14.05.2009, 2007/11/0080). Auch darauf, ob die Schmerzen bei der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel hinderlich sind, ist Rücksicht zu nehmen (VwGH 20.10.2011, 2009/11/0032).
Laut der zuvor genannten Verordnung BGBl II 495/2013 idF BGBl II 263/2016 bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die im Abs 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice und können - soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint - Experten aus anderen Fachgebieten beigezogen werden (§ 1 Abs 5).
Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapiefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen, wobei eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin hierfür nicht ausreichend ist.
Durch die Verwendung des Begriffes "dauerhafte Mobilitätseinschränkung" hat der Gesetzgeber in der 25. StVO-Novelle zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine mindestens sechs Monate andauernde Funktionsbeeinträchtigung handeln muss. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.
Die Begriffe "erheblich" und "schwer" werden bereits in der Einschätzungsverordnung,
BGBl II 261/2010, je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleich bedeutend. Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind - ungeachtet der Ursache - eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen. Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen.
Komorbiditäten der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.
Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:
-
arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option
-
Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen
-
hochgradige Rechtsherzinsuffizienz
-
Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie
-
COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie
-
Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie
-
mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden
Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen umfassen im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel folgende Krankheitsbilder:
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Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr,
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hochgradige Entwicklungsstörungen mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten,
-
schwere kognitive Einschränkungen, die mit einer eingeschränkten Gefahreneinschätzung des öffentlichen Raumes einhergehen,
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nachweislich therapierefraktäres, schweres, cerebrales Anfallsleiden - Begleitperson ist erforderlich.
Eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems, die eine Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen signifikanter Infektanfälligkeit einschränkt, liegt vor bei:
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anlagebedingten, schweren Erkrankungen des Immunsystems (SCID - sever combined immundeficiency),
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schweren, hämatologischen Erkrankungen mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit (z.B: akute Leukämie bei Kindern im 2. Halbjahr der Behandlungsphase, Nachuntersuchung nach Ende der Therapie),
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fortgeschrittenen Infektionskrankheiten mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit,
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selten auftretenden chronischen Abstoßungsreaktion nach Nierentransplantationen, die zu zusätzlichem Immunglobulinverlust führen.
Bei Chemo- und/oder Strahlentherapien im Rahmen der Behandlung onkologischer Erkrankungen, kommt es im Zuge des zyklenhaften Therapieverlaufes zu tageweisem Absinken der Abwehrkraft. Eine anhaltende Funktionseinschränkung resultiert daraus nicht.
Anzumerken ist noch, dass in dieser kurzen Phase die Patienten in einem stark reduzierten Allgemeinzustand sind und im Bedarfsfall ein Krankentransport indiziert ist.
Bei allen frisch transplantierten Patienten kommt es nach einer anfänglichen Akutphase mit hochdosierter Immunsuppression, nach etwa drei Monaten zu einer Reduktion auf eine Dauermedikation, die keinen wesentlichen Einfluss auf die Abwehrkräfte bei üblicher Exposition im öffentlichen Raum hat.
Keine Einschränkung im Hinblick auf die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel haben:
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vorübergehende Funktionseinschränkungen des Immunsystem als Nebenwirkung im Rahmen von Chemo-und /oder Strahlentherapien,
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laufende Erhaltungstherapien mit dem therapeutischen Ziel, Abstoßreaktionen von Transplantaten zu verhindern oder die Aktivität von Autoimmunerkrankungen einzuschränken,
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Kleinwuchs,
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gut versorgte Ileostoma, Colostoma und Ähnliches mit dichtem Verschluss. Es kommt weder zu Austritt von Stuhl oder Stuhlwasser noch zu Geruchsbelästigungen. Lediglich bei ungünstiger Lokalisation und deswegen permanent undichter Versorgung ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar,
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bei Inkontinenz, da die am Markt üblichen Inkontinenzprodukte ausreichend sicher sind und Verunreinigungen der Person durch Stuhl oder Harn vorbeugen. Lediglich bei anhaltend schweren Erkrankungen des Verdauungstraktes ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar.
Wie bereits ausgeführt, ist zur Beurteilung der Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel amtswegig zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig ärztlicher Sachverständigengutachten, in welchen die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Zusatzeintragung ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe - allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe - zurückgelegt werden kann oder wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt. Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit der Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels. Zu berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während Fahrt (VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; 14.5.2009, 2007/11/0080). Betreffend das Kalkül "kurze Wegstrecke" wird angemerkt, dass der Verwaltungsgerichtshof von einer unter Zugrundelegung städtischer Verhältnisse durchschnittlich gegebenen Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel von
300 m bis 400 m ausgeht. (ua VwGH 27.5.2014, Ro 2014/11/0013).
Wie oben im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeführt - auf die diesbezüglichen Ausführungen wird verwiesen - wurde in den eingeholten Sachverständigengutachten (jeweils beruhend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers) nachvollziehbar bejaht, dass in casu aufgrund vorliegender Funktionsbeeinträchtigungen die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass vorliegen. Mit dem Vorliegen der beim Beschwerdeführer objektivierten aktuellen Funktionsbeeinträchtigungen überschreitet der Beschwerdeführer die Schwelle der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel im Sinne der Bestimmung des § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen.
Zwar liegen für die Vornahme der beantragten Zusatzeintragung erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht vor, jedoch liegen erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten und relevante Einschränkungen der körperlichen