TE Bvwg Erkenntnis 2018/9/18 L501 2205566-1

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Veröffentlicht am 18.09.2018
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Entscheidungsdatum

18.09.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.8
FPG §53
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §53 Abs3
VwGVG §28 Abs1

Spruch

L501 2205566-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Irene Altendorfer als Einzelrichterin über die Beschwerde von Herrn XXXX, geboren XXXX, Staatsangehörigkeit Irak, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen Spruchpunkt VI. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, RD Oberösterreich, vom 06.08.2018, Zl. 1088410900/180669029, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides wird gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) und § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Fremdenpolizeigesetz (FPG) idgF abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der von der beschwerdeführenden Partei (bP) am 22.09.2015 gestellte Antrag auf internationalen Schutz wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Bescheid vom 19.10.2017, Zl. 1088410900 - 151411818, gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten (Spruchteil I) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status einer subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak (Spruchteil II) abgewiesen. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Irak zulässig ist. Für die freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt.

Die dagegen vollumfänglich erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 07.06.2018, G305 2178612-1/6E, gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3 und § 57 AsylG iVm. § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 Abs. 1 bis 3 FPG als unbegründet abgewiesen; die Revision für nicht zulässig erklärt. Das Erkenntnis wurde der bP am 12.06.2018 zugestellt.

In der Entscheidung wurde festgestellt, dass die bP in ihrem Herkunftsstaat keiner Verfolgungsgefahr iSd GFK unterliegt, eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung in den Irak keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention bedeuten würde oder für die bP als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Des Weiteren wurde festgehalten, dass aufenthaltsbeendende Maßnahmen keinen unzulässigen Eingriff in das durch Art. 8 EMRK geschützte Privat- und Familienleben der bP in Österreich darstellten.

Mit Verständigung der belangten Behörde vom 17.07.2018 wurde die bP um Bekanntgabe ev. eingetretener Veränderungen ihrer persönlichen Situation ersucht und ihr Gelegenheit gegeben, zu den Ermittlungsergebnissen Stellung zu nehmen. In ihrer am 01.08.2018 in der belangten Behörde eingelangten Äußerung verneinte die bP Neuerungen und teilte mit, dass sie beabsichtige, gegen das abweisende Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts außerordentliche Rechtsmittel bei den Gerichtshöfen öffentlichen Rechts einzubringen; auch legte sie eine Einstellungszusage vor.

Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid der belangten Behörde wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Irak zulässig ist (Spruchpunkt III.), die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, aberkannt (Spruchpunkt IV.), eine Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 4 FPG nicht gewährt (Spruchpunkt V.) sowie mit Spruchpunkt VI. gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG ein auf die Dauer von 18 Monaten befristetes Einreiseverbot erlassen.

Begründend wurde ausgeführt, dass keiner der für einen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG erforderliche Gründe vorliege, nach Maßgabe einer Interessenabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG davon auszugehen sei, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet das persönliche Interesse der bP am Verbleib im Bundesgebiet überwiege und die angeordnete Rückkehrentscheidung Art. 8 MRK nicht verletze, die Abschiebung zulässig sei, da kein Sachverhalt im Sinne des § 50 Abs. 1, 2 und 3 FPG vorliege. Gemäß 18 Abs. 2 Ziffer 1 BFA-VG sei der Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung abzuerkennen, da ein Verbleib in Österreich eine gegenwärtige, erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstelle und diesfalls eine Frist zur freiwillige Ausreise nicht zu gewähren. Zum ausgesprochenen Einreiseverbot, wurde ausgeführt, dass das Fehlverhalten der bP, nämlich das nicht fristgerechte Nachkommen der Ausreiseverpflichtung, keinesfalls als minderes oder geringfügiges Fehlverhalten einzustufen sei, da auch zB die unrechtmäßige Einreise oder Aufenthalt eines Drittstaatsangehörigen nachhaltig das Sicherheitsgefühl der Wohnbevölkerung beeinflusse. Die bP sei offensichtlich nicht bereit, in Rechtskraft erwachsene Entscheidungen der Behörden oder Gerichte zu achten und zeige sich hierdurch eine Geringschätzung gegenüber österreichischen Behörden und Gerichten. Wenn sie schon zum jetzigen Zeitpunkt nicht bereit sei, sich der geltenden Rechtsordnung zu unterwerfen, so könne nur eine negative Zukunftsprognose befundet werden.

Der Rechtsmittelbelehrung ist zu entnehmen, dass die für eine Beschwerde zu entrichtende Gebühr von EUR 30,00 unter Angabe des Verwendungszwecks auf ein näher bezeichnetes Konto des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrssteuern und Glückspiel zu überweisen ist.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte am 07.08.2018.

In ihrer mit Schreiben vom 30.08.2018 fristgerecht erhobenen Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. des verfahrensgegenständlichen Bescheides bezeichnet die bP das Einreiseverbot als überschießend und rechtswidrig. Die 14tägige Frist zur Ausreise habe am 26.06.2018 geendet und habe sich die bP am 21.06.2018 an die Caritas Rückkehrhilfe gewandt und parallel versucht, eine außerordentliche Revision einzulegen. Sie befinde sich seit Mitte August im freiwilligen Rückkehrprogramm der Caritas und werde in ca. einem Monat ausreisen. Das erforderliche Heimreisezertifikat sei von der irakischen Botschaft noch nicht ausgestellt worden. Aufgrund der kurzen Zeitspanne zwischen dem Ende der Frist für die freiwillige Ausreise und der Aufnahme ins Rückkehrprogramm der Caritas sei die Unterstellung einer gegen die österreichische Rechtsordnung gerichtete Gesinnung als überschießend zu bewerten. Abschließend wird die Einhebung einer Gebühr von EUR 30,00 gemäß § 14 TP 6 Gebührengesetz iVm § 2 BuLVwG-EGebV unter Hinweis auf ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 19.11.2015 als rechtswidrig bezeichnet und um neuerliche Beurteilung ersucht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1. Feststellungen:

Die bP führt den Namen XXXX, ist am XXXX geboren und irakische Staatsangehörige. Sie gehört der Ethnie der irakischen Araber an und bekennt sich zur islamischen Religionsgemeinschaft sunnitischer Glaubensrichtung. Ihre Muttersprache ist arabisch. Sie ist gesund und nimmt auch keine Medikamente bzw. Substanzen mit bewusstseinsverändernder Wirkung. In ihrem Herkunftsland bestritt die bP ihren Lebensunterhalt mit einer Tätigkeit für ein Unternehmen, das mit Ersatzteilen für Bagger und Kräne handelte; sie brachte 600,00 US-Dollar monatlich ins Verdienen.

Die bP hat im Bundesgebiet keine Anknüpfungspunkte in Form einer legalen Erwerbstätigkeit. Es bestehen auch keine anderweitigen maßgeblichen wirtschaftlichen Interessen. Sie bezieht zur Sicherstellung ihres Auskommens Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung für Asylwerber. Sie ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten. Es konnten keine Anhaltspunkte in Hinblick auf eine berufliche oder soziale Aufenthaltsverfestigung im Bundesgebiet festgestellt werden.

Sie ist mit der am XXXX geborenen XXXX, einer Cousine, ebenfalls irakische Staatsangehörige, verheiratet. Zwei Monate nach ihrer Ausreise aus dem Herkunftsstaat verließ auch die Ehegattin den Herkunftsstaat und lebt seither in XXXX (Türkei). Die Ehe ist bisher kinderlos geblieben und hat das Ehepaar auch keine adoptierten Kinder. Die Ehegattin der bP und ihre Familie (bestehend aus ihrem Vater XXXX, ihrer Mutter XXXX und ihrer Schwester XXXX) halten sich in XXXX (Türkei) auf. Die bP unterhält aktuell Kontakt zu einem in der Stadt XXXX (Irak) lebenden Onkel mütterlicherseits, der dem Beruf eines Taxifahrers nachgeht. Sie hat im Bundesgebiet keine hier lebenden bzw. aufhältigen Verwandten, noch hier lebende bzw. aufhältige nahe Angehörige.

II.2. Beweiswürdigung:

Der unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang sowie die Feststellungen unter Punkt II. ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der belangten Behörde sowie dem vorliegenden Akt des Bundesverwaltungsgerichtes unter Einbeziehung des Bezugsakts (Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 07.06.2018, G305 2178612-1/6E, VH-Niederschrift). Der Sachverhalt steht sohin bereits aufgrund der Aktenlage außer Zweifel und ist das Bundesverwaltungsgericht in der Lage, sich ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen. Auch wurde der Sachverhalt von der bP nicht bestritten.

II.3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 10/2013 idgF entscheidet im gegenständlichen Fall der Einzelrichter.

Zu A)

II.3.1. Einreiseverbot

§ 53 FPG lautet auszugsweise:

§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit

Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(1a) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;

7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder

9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

[...]

(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen. [...]

§ 53 Abs. 3 FPG idgF hat im Vergleich zur Rechtslage vor dem 01.01.2014 keine inhaltliche Änderung erfahren. Daraus ist zu schließen, dass auch in Bezug auf die vom Verwaltungsgerichtshof statuierten Kriterien, die bei der Verhängung des Einreiseverbots und seiner Dauer zur Anwendung gelangen sollen, kein Wandel stattgefunden hat. Aus diesem Grund erachtet das Gericht diese auch nach wie vor als anwendbar.

Der VwGH hat in seinem Erkenntnis vom 15.12.2011, 2011/21/0237, zur Rechtslage vor dem FPG idgF (in Kraft seit 01.01.2014) erwogen, dass bei der Festsetzung der Dauer des Einreiseverbotes nach dem FrÄG 2011 eine Einzelfallprüfung vorzunehmen (vgl. ErläutRV, 1078 BlgNR 24. GP 29 ff und Art 11 Abs. 2 RückführungsRL) sei. Dabei hat die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen zu beurteilen und zu berücksichtigen, ob (bzw. inwieweit über die im unrechtmäßigen Aufenthalt als solchen zu erblickende Störung der öffentlichen Ordnung hinaus) der (weitere) Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 MRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Eine derartige Gefährdung ist nach der Gesetzessystematik insbesondere in den Fällen der Z 1 bis 9 des § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 anzunehmen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum früher geltenden § 63 FPG (IdF vor dem FrÄG 2011), der die Festlegung der Gültigkeitsdauer eines Aufenthaltsverbotes regelte, war ein Aufenthaltsverbot für jenen Zeitraum zu erlassen, nach dessen Ablauf vorhersehbarerweise der Grund für seine Verhängung weggefallen sein wird, und auf unbestimmte Zeit (unbefristet), wenn ein Wegfall des Grundes für seine Verhängung nicht vorhergesehen werden kann.

Aus der Formulierung des § 53 Abs. 2 FPG ergibt sich jedoch, dass die dortige Aufzählung nicht als taxativ, sondern als demonstrativ bzw. enumerativ zu sehen ist ("Dies ist insbesondere dann anzunehmen, "), weshalb die belangte Behörde in mit den in Z 1 - 9 leg. cit expressis verbis nicht genannten Fällen, welche jedoch in ihrer Interessenslage mit diesen vergleichbar sind, ebenso ein Einreisverbot zu erlassen hat.

Die aktuelle Formulierung des § 53 FPG dient der Umsetzung der Rückführungsrichtlinie RL 2008/115/EG vom 18.12.2008 (vgl. RV 1078 XXIV GP: "Mit dem vorgeschlagenen § 53 wird Art. 11 der RückführungsRL Rechnung getragen"). Europarechtlichen Grundsätzen folgend sind nationale Rechtvorschriften richtlinienkonform so zu interpretieren, dass das zur Umsetzung einer Richtlinie erlassene Recht in deren Licht und Zielsetzung auszulegen ist" (VfSlg. 14.391/1995; zur richtlinienkonformen Interpretation siehe weiters VfSlg. 15.354/1998, 16.737/2002, 18.362/2008; VfGH 5.10.2011, B 1100/09 ua.) bzw. ist gemäß dem europarechtlichen Grundsatz des effet utile und dem Wortlaut des Art. 11 der Rückführungsrichtlinie [vgl. Art. 11 leg. cit., RL 2008/115/EG vom 18.12.2008:

"Rückkehrentscheidungen gehen mit einem Einreiseverbot einher, a) falls keine Frist für eine freiwillige Ausreise eingeräumt wurde oder b) falls der Rückkehrverpflichtung nicht nachgekommen wurde. In anderen Fällen kann eine Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot einhergehen."] vorzugehen.

Die belangte Behörde aberkannte mit den in Rechtskraft erwachsenen Spruchpunkten die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung und gewährte keine Frist für die freiwillige Ausreise. Es ist daher davon auszugehen, dass schon aufgrund des Fehlens einer Ausreisefrist ein unter §§ 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG zu subsumierender Sachverhalt vorliegt, auch wenn dieser in Abs. 2 leg. cit. nicht expressis verbis aufgezählt wird. Die belangte Behörde war im gegenständlichen Fall schon aufgrund des § 53 Abs. 1 und 2 FPG im Lichte einer Art. 11 der Rückführungsrichtlinie berücksichtigenden Interpretation berechtigt, die Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot zu verbinden.

Davon abgesehen, hat die belangte Behörde auch eine Einzelfallprüfung vorgenommen, in der sie nachvollziehbar darlegte, aus welchen Gründen sie in dem Nichtnachkommen der in Rechtskraft erwachsenen Anweisung, das Bundesgebiet bzw. Schengengebiet zu verlassen, ein Fehlverhalten sieht, das über den unrechtmäßigen Aufenthalt hinaus geeignet ist, die öffentliche Ordnung und Sicherheit zu gefährden. Der belangten Behörde kann zudem nicht entgegengetreten werden, wenn sie dieses Fehlverhalten unter Hinweis auf die Rechtsprechung zur Beurteilung der Gefährdungsprognose heranzogen hat, obwohl es noch nicht in einer gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Bestrafung gemündet hat.

Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass auch Mittellosigkeit im Sinne der Ziffer 6 des § 53 Abs. 2 FPG vorliegt, zumal die bP keine Mittel zum Unterhalt nachzuweisen vermochte bzw. sie bis zur Erlassung der Entscheidung von der Grundversorgung lebte; auch ist sie während ihres Aufenthaltes in Österreich keiner legalen Beschäftigung nachgegangen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Fremde initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, sondern sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts gesichert erscheint. Die bP hat in keiner Weise dargelegt, dass sie über Mittel verfügt, um ihren Unterhalt zu sichern. Es ist daher der von der bP ausgehenden Gefährdung und den nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von der Erlassung des Einreiseverbotes auf Grund ihres bisherigen Fehlverhaltens größeres Gewicht beizumessen als ihren nicht ausgeprägten persönlichen Interessen an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet.

Die Vorbringen, gegen Ende der 14tägigen Ausreisefrist an einer freiwilligen Rückkehr Interesse gezeigt zu haben bzw. zu zeigen sowie eine außerordentlichen Revision gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 07.06.2018 erheben zu wollen, sind nicht geeignet, eine rechtswidrige Ermessensübung durch die belangte Behörde aufzuzeigen. Vielmehr kann der Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie § 53 FPG iSd Art. 11 der Rückführungsrichtlinie richtlinienkonform interpretiert bzw. das Fehlverhalten der bP zur Beurteilung der Gefährdungsprognose herangezogen hat.

Abschließend darf ergänzend angefügt werden, dass eine Interessenabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK von der belangten Behörde durchgeführt wurde, diese in Rechtskraft erwachsen ist und sich dabei keine Umstände ergeben haben, welche aus dem Blickwinkel des § 53 FPG zu Gunsten der bP zu beurteilen gewesen wären.

II.3.2. Eingabengebühr

Gemäß § 3 Abs. 2 Z 1 Gebührengesetz 1957 (GebG) sind die die festen Gebühren durch Barzahlung, durch Einzahlung mit Erlagschein, mittels Bankomat- oder Kreditkarte oder durch andere bargeldlose elektronische Zahlungsformen zu entrichten und hat die Behörde die Höhe der entrichteten oder zu entrichtenden Gebühr im bezughabenden Verwaltungsakt in nachprüfbarer Weise festzuhalten. Im Übrigen gelten § 203 BAO und § 241 Abs. 2 und 3 BAO sinngemäß.

§ 14 GebG regelt die Tarife der festen Stempelgebühren für Schriften und Amtshandlungen. Nach § 14 TP 6 Abs. 5 Z 1 lit.a leg.cit. sind Eingaben an das Bundesverwaltungsgericht von der Befreiung von der Eingabengebühr ausgenommen; der Bundesminister für Finanzen ist ermächtigt, für Eingaben einschließlich Beilagen an das Bundesverwaltungsgericht durch Verordnung Pauschalgebühren festzulegen, sowie den Zeitpunkt des Entstehens der Gebührenschuld und die Art der Entrichtung der Pauschalgebühren zu regeln.

Nach § 34 Abs. 1 GebG sind die Organe der Gebietskörperschaften verpflichtet, die bei ihnen anfallenden Schriften und Amtshandlungen auf die Einhaltung der Vorschriften dieses Bundesgesetzes zu überprüfen. Stellen sie hiebei eine Verletzung der Gebührenvorschriften fest, so haben sie hierüber einen Befund aufzunehmen und diesen dem zuständigen Finanzamt zu übersenden.

Gemäß § 1 BuLVwG-EGebV (Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend die Gebühr für Eingaben beim Bundesverwaltungsgericht sowie bei den Landesverwaltungsgerichten - BuLVwG-Eingabengebührverordnung) sind Eingaben an das Bundesverwaltungsgericht gebührenpflichtig, soweit nicht gesetzlich Gebührenfreiheit vorgesehen ist. Die Gebührenschuld für Eingaben einschließlich allfälliger Beilagen an das Bundesverwaltungsgericht entsteht im Zeitpunkt der Einbringung der Eingabe, wird eine Eingabe jedoch im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs eingebracht, entsteht die Gebührenschuld, wenn ihre Daten zur Gänze bei der Bundesrechenzentrum GmbH eingelangt sind. Die Stelle, bei der eine Eingabe eingebracht wird, die nicht oder nicht ausreichend vergebührt wurde, hat das Finanzamt für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel darüber in Kenntnis zu setzen.

Die Gebühr für Beschwerden an das Bundesverwaltungsgericht beträgt gemäß § 2 Abs. 1 leg.cit. EUR 30,--.

Die bP erachtet die Einhebung einer Gebühr von EUR 30,-- gemäß § 14 TP 6 GebG iVm § 2 BuLVwG-EGebV durch die belangte Behörde für rechtswidrig und ersucht unter Hinweis auf ein Erkenntnis des BFG um neuerliche Beurteilung des Falles.

Zunächst ist zu betonen, dass die belangte Behörde über die Pauschalgebühr der genannten Bestimmung nicht abgesprochen hat, sondern lediglich über die zu entrichtende Gebühr in nicht rechtsmittelfähiger Form informiert hat. Wie der Verwaltungsgerichtshof im seinem Erkenntnis vom 23.03.2017, Ra 2016/21/0049, unter Hinweis auf die Entscheidung 2003/16/0066 ausführt, ist zur Vorschreibung der Eingabengebühr bzw. zur Anwendung des § 2 Abs. 1 BuLVwG-Eingabengebührverordnung das jeweilige Finanzamt zuständig. Im Rahmen des durchzuführenden Abgabenverfahrens bleibt es der bP unbenommen, die von ihr vorgebrachte Rechtswidrigkeit der Eingabengebühr geltend zu machen.

Entfall der mündlichen Verhandlung

Gema¿ß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mu¿ndliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde gekla¿rt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Im gegenständlichen Fall ist dem in Beschwerde gezogenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde vorangegangen. Für die behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens haben sich aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes keinerlei Anhaltspunkte ergeben; es wurde den Grundsätzen der freien Beweiswürdigung, der Erforschung der materiellen Wahrheit und des Parteiengehörs entsprochen.

Die aufgetretenen Rechtsfragen sind durch die bisherige Rechtsprechung ausreichend beantwortet und konnten zudem die zur Lösung der Fragen erforderlichen Fakten zweifelsfrei dem Akteninhalt entnommen werden. Von den Parteien wurden keine noch zu klärenden, entscheidungsrelevanten Tatsachenfragen in konkreter und substantiierter Weise aufgeworfen. Dies lässt die Einschätzung zu, dass von einer mündlichen Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten ist. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher abgesehen werden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Eingabengebühr, Einreiseverbot, Einzelfallprüfung, Ermessensübung,
Fehlverhalten, Finanzamt, Gefährdung der Sicherheit,
Gefährdungsprognose, Grundversorgung, Interessenabwägung,
Mittellosigkeit, Nachvollziehbarkeit, öffentliche Ordnung,
öffentliche Sicherheit, Rückkehrentscheidung, Zuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:L501.2205566.1.00

Zuletzt aktualisiert am

30.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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