TE Bvwg Erkenntnis 2018/9/27 W197 2206213-1

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Veröffentlicht am 27.09.2018
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Entscheidungsdatum

27.09.2018

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art.133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2
VwGVG §35

Spruch

W197 2206213-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. SAMSINGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Nigeria, vertreten durch ARGE Rechtsberatung Diakonie Flüchtlingsdienst gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.09.2018, Zahl 1047467808-180875699 zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG i.V.m. mit § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG i.V.m. § 22a Abs. 3 BFA-VG wird festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

III. Gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG i.V.m. § 1 Z. 3 und Z. 4 VwG-AufwErsV hat die beschwerdeführende Partei dem Bund Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

IV. Der Antrag, den Beschwerdeführer von der Eingabegebühr zu befreien, wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer (BF) ist nigerianischer Staatsangehöriger und reiste unbekannten Datums illegal ins Bundesgebiet ein.

1.2. Die Identität des BF steht nicht fest, der BF ist im Verfahren unter mehreren Identitäten aufgetreten und hat somit versucht, seinen wahren Namen und Geburtsdatum zu verschleiern.

1.3. Der Antrag des BF auf internationalen Schutz des BF wurde mit Bescheid der Behörde vom 13. September 2016 abgewiesen, subsidiärer Schutz wurde ebenso nicht erteilt wie ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen. Weiters wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen und die Abschiebung nach Nigeria für zulässig erklärt. Für die freiwillige Ausreise wurde dem BF eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt.

1.4. Der Bescheid erwuchs am 30.09.2016 in Rechtskraft, der BF reiste freiwillig nicht aus.

1.5. Der BF konnte am 29.01.2018 an seiner angeblichen Wohnadresse aufgrund eines Festnahmeauftrags nicht angetroffen werden, da der BF diese Unterkunft bereits drei oder vier Monate verlassen hatte und untergetaucht war. Er entzog sich damit dem Verfahren zu seiner Außerlandesbringung, da er für die Behörden nicht greifbar war.

1.6. Der BF konnte am 15.09.2018 anlässlich einer Zufallskontrolle angehalten werden. Er versuchte, sich auf spektakuläre Art der Flucht zu entziehen, indem er in die Salzach sprang. Nur unter erheblichen Aufwand konnte der BF in der Folge festgenommen werden. Wegen Fluchtgefahr mussten ihm Handfesseln angelegt werden. Der BF war im Besitz einer größeren Menge Suchtmittel und von € 4.025,-

wobei der Verdacht besteht, dass der BF diesen Betrag durch den Handel mit Suchtmittel erworben hatte.

1.7. Anlässlich seiner Einvernahme versuchte der BF weiter seine wahre Identität zu verschleiern, aufgrund seiner Angaben steht fest, dass der BF obdachlos und im Bundesgebiet in keinem Bereich integriert ist. Der BF ist nicht in der Lage, seinen Lebensunterhalt auf legale Art sicherzustellen und ist mittellos. Der BF will unter keinen Umständen nach Nigeria zurückkehren, vielmehr würde er im Falle seiner Freilassung untertauchen und illegal nach Ungarn weiterreisen, wo angeblich seine schwangere Freundin wohnen würde.

1.8. Im Anschluss an seine Einvernahme wurde über den BF am 16.09.2018 mit Mandatsbescheid gem. § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung verhängt. Der Bescheid wurde dem BF persönlich zugestellt.

1.9. Gegen den Mandatsbescheid, die Anordnung der Schubhaft und die Anhaltung in Schubhaft erhob der Rechtsvertreter des BF Beschwerde, wobei weiter versucht wurde, die Identität des BF zu verschleiern. Zudem wurde eingeräumt, dass der BF sich nicht an seiner Wohnadresse aufgehalten hat und im Bundesgebiet nicht integriert und mittellos ist. Der BF sei in der Haft in einem schlechten psychischen Zustand, weshalb die Schubhaft unzulässig sei. Der Rechtsvertreter beantragte, den Bescheid zu beheben, die bisherige Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig zu erklären und auszusprechen, dass die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung nicht vorlägen. Weiters wurde Kosten- und Barauslagenersatz beantragt.

1.10. Die Behörde legte die Akten vor, gab eine Stellungnahme im Rahmen des Akteninhalts ab und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

1.11. Die Behörde hat rechtzeitig und zielführend das Verfahren zur Außerlandesbringung des BF eingeleitet. Der BF wurde als Nigerianer identifiziert, die Behörde stellte einen Antrag auf Ausstellung eines HRZ, es sind keine Umstände hervorgekommen, dass ein solches für den BF nicht ausgestellt werden wird. Die Abschiebung des BF per Flug ist für den 18.10.2018 geplant.

1.12. Der BF begann am Tag der Verhängung der Schubhaft einen Hungerstreik, um sich aus der Haft freizupressen, brach diesen jedoch bereits nach 2 Tagen wieder ab. Der BF ist haftfähig, es sind keine Umstände hervorgekommen, dass seine Anhaltung in Schubhaft unverhältnismäßig wäre.

1.13. Um seine drohende Abschiebung zu verhindern oder wenigstens zu verzögern stellte der BF am 24.09.2018 einen Folgeantrag. Die Behörde wir unverzüglich einen AV im Sinne von § 76 Abs. 6 FPG erstellen und dem BF zur Kenntnis bringen.

1.14. Aufgrund des vorgelegten Aktes, des Verfahrensganges und der Beschwerde konnte von der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung wegen geklärten Sachverhalts abgesehen werden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt)

1.1. Die als Feststellungen formulierten Punkte im Sachverhalt werden der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

1.2. Der BF ist vertrauensunwürdig, er will nicht nach Nigeria zurückkehren und wird im Falle seiner Freilassung untertauchen und sich nach Ungarn absetzen. Der BF versucht mit allen Mitteln seine Abschiebung nach Nigeria zu verhindern. Er versucht weiter seine wahre Identität zu verschleiern und sich durch einen Hungerstreik aus der Haft freizupressen. Aus diesem Grund stellte er auch einen Folgeantrag.

1.3. Der BF ist im Bundesgebiet untergetaucht, um sich seiner Abschiebung zu entziehen. Weiters suchte er durch eine spektakuläre Flucht sich der Festnahme und damit dem Zugriff der Behörde zu entziehen.

1.4. Der BF ist in keinem Bereich im Bundesgebiet integriert, er ist obdach- und mittellos und es besteht der Verdacht, dass er seinen Lebensunterhalt durch Suchtgifthandel sicherzustellen sucht.

1.5. Der BF ist haftfähig. Es sind keine Umstände hervorgekommen, welche die Verhältnismäßigkeit der Haft in Zweifel ziehen lassen.

1.6. Festgestellt wird, dass die Behörde zeitgerecht und sachgerecht die Außerlandesbringung des BF organisiert hat. Die Abschiebung des BF ist für den 18.10.2018 geplant.

1.7. Es besteht ein hohes öffentliches Interesse, rechtsgrundlos in Österreich aufhältige Fremde im Rahmen des FPG außer Landes zu bringen.

2. Beweiswürdigung

2.1. Verfahrensgang und die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten der Behörde, dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichts und der erhobenen Beschwerde. Die als Feststellungen formulierten Punkte im Sachverhalt werden der gegenständlichen Entscheidung ebenfalls zu Grunde gelegt.

2.2. Der BF ist im Hinblick auf sein bisheriges Verhalten nicht vertrauenswürdig. Er ist nicht gewillt sich an Rechtsvorschriften zu halten und entzog sich dem Verfahren durch Untertauchen und Flucht. Im Hinblick auf sein vergangenes durchgängiges Verhalten ist offensichtlich, dass der BF nicht nach Nigeria zurückkehren möchte. Vielmehr würde er sich nach Ungarn absetzen.

2.3. Die Behörde hat das Verfahren zur Außerlandesbringung des BF rechtzeitig und zielführend eingeleitet.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt A. I. - Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft

3.1.1. Gemäß § 76 Abs. 4 FPG ist die Schubhaft mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft.

3.1.2. Gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG hat der Fremde das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist (Z 1), er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde (Z 2), oder gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde (Z 3).

3.1.3. Gemäß § 76 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn 1. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder 2. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen. Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird.

3.1.4. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig. Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Die Behörde ist im angefochtenen Bescheid ihrer Begründungspflicht und rechtlichen Beurteilung ausreichend nachgekommen. Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann. Die Verhängung der Schubhaft darf stets nur ultima ratio sein.

3.1.5. Dem öffentlichen Interesse auf einen wirksamen Vollzug des Fremdenrechts durch Außerlandesbringung rechtsgrundlos im Bundesgebiet aufhältiger Fremde im Rahmen der Schubhaftkommt kommt ein hohes öffentliches Interesse zu.

3.1.6. Die Behörde hat im Sinne der angewendeten gesetzlichen Bestimmungen zu Recht die Schubhaft wegen Fluchtgefahr angeordnet, da aus dem vergangenen Verhalten der BF mit Sicherheit geschlossen werden kann, dass der BF seine Abschiebung mit allen Mitteln zu verhindern oder jedenfalls zu behindern beabsichtigt. Die Behörde hat im Hinblick auf das bisherige Verhalten des BF und ihre unzureichende Verankerung im Bundesgebiet zu Recht eine hohe Fluchtgefahr und akuten Sicherungsbedarf angenommen. Der BF hat keine berücksichtigungswürdigen Umstände dargetan, wonach die Schonung seiner Freiheit das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung überwiegen würde, die Schubhaft ist unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände auch verhältnismäßig. Das Verhalten der BF in der Vergangenheit schließt auch die Anordnung gelinderer Mittel aus.

3.2. Zu Spruchpunkt A. II. - Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft

Die getroffenen Feststellungen und ihre rechtliche Würdigung lassen im Hinblick auf ihre Aktualität und ihres Zukunftsbezuges keine, die Frage der Rechtmäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft ändernde Umstände erkennen. Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

3.3. Zu Spruchpunkt A. III. - Kostenbegehren

Da die Verwaltungsbehörde vollständig obsiegte, steht ihr nach den angeführten Bestimmungen allein der Ersatz ihrer Aufwendungen zu.

3.4. Zu Spruchpunkt A. IV. - Kostenbegehren

Mangels gesetzlicher Bestimmungen war der Antrag des BF auf Befreiung der Entrichtung von Eingabegebühr bzw. dessen Refundierung zurückzuweisen. Dass die Eingabegebühr das Recht des Beschwerdeführers auf Zugang zu Gericht beschneidet, trifft im Hinblick auf die geringe Höher nicht zu. Dieser Gebührensatz kann keineswegs als prohibitiv hoch angesehen werden.

3.5. Zu Spruchpunkt B - Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Wie ausgeführt, sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher in allen Spruchpunkten nicht zuzulassen.

Schlagworte

Eingabengebühr, Fluchtgefahr, Identität, Kostenersatz,
Mittellosigkeit, Schubhaft, Sicherungsbedarf, Untertauchen,
Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W197.2206213.1.00

Zuletzt aktualisiert am

29.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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