TE Vwgh Erkenntnis 1999/7/15 97/07/0077

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Veröffentlicht am 15.07.1999
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Index

20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
40/01 Verwaltungsverfahren;
81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

ABGB §1175;
ABGB §1206;
ABGB §1207;
AVG §9;
WRG 1959 §126 Abs5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofmann, über die Beschwerde des KM in B, vertreten durch Dr. Johann Meier, Rechtsanwalt in Bludenz, Kirchgasse 1, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 19. März 1996, Zl. 810.084/02-I 6/96, betreffend Berichtigung des Wasserbuches, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Wasserbuch für den politischen Bezirk Bludenz war zu Postzahl 1370 mit dem 8. April 1927 als dem Datum der Einlage des Entwurfes ein Wasserbenutzungsrecht eingetragen, welches als Art der Wasserbenutzung "Wasserleitung" nennt, unter der Rubrik der Bezeichnung der Wasserbenutzungsanlage oder der Liegenschaft, mit welcher das Wasserbenutzungsrecht verbunden ist, "G. Quellen" Gp. 2017 anführt und als Berechtigten die "Brunnen-Interessentenschaft Mittel- und Oberbings" ausweist. Unter der Rubrik der Beschreibung der Anlagen und des Ausmaßes der Wasserbenutzung wird das Quellengebiet beschrieben, der Verlauf der Leitungen dargestellt und die Wassermenge mit "7 Lit/Min."

angegeben. Die Dauer der wasserrechtlichen Bewilligung wird als "unbeschränkt", der Zweck der Anlage mit "Trink- und Nutzwasser-Versorgung" angeführt; unter der Rubrik "Urkunden und behördliche Entscheidungen" wird auf einen Wasserbrief vom 9. Februar 1762 und auf ein Brunnenstatut vom 27. Dezember 1913 verwiesen. Unter der Rubrik "An der Anlage Dritten zustehende Mitbenutzungsrechte" werden mit dem Vermerk "Angeschlossen sind:" 21 Personen namentlich angeführt, wobei unter Nr. 21 der Name einer mit dem Beschwerdeführer namensgleichen Person aufscheint, bei welcher es sich nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers um seinen Vater handelte.

Zu einem nicht mehr näher feststellbaren Zeitpunkt wurde von diesen Wasserbucheintragungen die Bezeichnung des Berechtigten durchgestrichen und als Name des Berechtigten die Wasserwerksgenossenschaft Bings bei Bludenz eingetragen.

Im Gefolge einer der Wasserwerksgenossenschaft Bings mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bludenz vom 4. März 1957 erteilten wasserrechtlichen Bewilligung zur Erweiterung der Wasserversorgungsanlage in der Parzelle Bings erging am 16. März 1958 vom Landeshauptmann von Vorarlberg (LH) ein Wasserbuchbescheid, mit welchem von den oben beschriebenen Wasserbucheintragungen die Streichung der Beschreibung der Anlagen und des Ausmaßes der Wasserbenutzung und die Eintragung einer neuen Beschreibung der Anlagen und des Ausmaßes der Wasserbenutzung angeordnet wurde.

Mit einer an die Bezirkshauptmannschaft Bludenz gerichteten Eingabe vom 4. Dezember 1990 brachte der Beschwerdeführer vor, dass die Löschung der verbücherten Rechte der Brunnen-Interessentschaft Mittel- und Oberbings an den Quellen, die auf den im Wasserbuch genannten Grundstücken entspringen, ohne rechtlichen Grund erfolgt sei, weshalb er als Mitglied der Brunnen-Interessentenschaft Mittel- und Oberbings den Antrag auf Wiederherstellung des Wasserbuchstandes vom 8. April 1927 stelle.

Der LH, welchem die Bezirkshauptmannschaft Bludenz diesen Antrag des Beschwerdeführers zuständigkeitshalber übermittelt hatte, wies mit Bescheid vom 24. April 1991 den Antrag des Beschwerdeführers mangels Antragslegitimation mit der Begründung zurück, dass der Beschwerdeführer selbst erklärt habe, dass das von seinem Antrag betroffene Wasserrecht nicht ihm persönlich, sondern der Brunnen-Interessentschaft Mittel- und Oberbings zustehe. Der vom Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung blieb im Berufungsbescheid der belangten Behörde vom 2. April 1993 ein Erfolg versagt, wobei die belangte Behörde die Abweisung der Berufung des Beschwerdeführers damit begründete, dass es sich bei der Brunnen-Interessentschaft Mittel- und Oberbings um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechtes nach den §§ 1175 ff ABGB handle, die zu ihrer Vertretung nach Außen eines Vertreters bedürfe, der nicht ohne Vollmacht der Mitglieder handeln könne. Da der Beschwerdeführer eine solche Vertretungsmacht nicht habe vorweisen können, habe es ihm an der Antragslegitimation gefehlt.

Diesen Bescheid hat der Verwaltungsgerichtshof mit seinem Erkenntnis vom 27. Juni 1995, 94/07/0124, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, weil er es als verfehlt beurteilt hat, den vom Beschwerdeführer gestellten Antrag der Brunnen-Interessentschaft Mittel- und Oberbings zuzurechnen. Ein aus der gegebenenfalls festzustellenden Zugehörigkeit des Beschwerdeführers zur Brunnen-Interessentschaft Mittel- und Oberbings gegebenenfalls erfließendes materielles Recht dürfe in seiner Verfolgung durch die vom Beschwerdeführer unternommene Antragstellung vom Nachweis einer Vertretungsmacht für die (oder einer Zustimmung der) anderen Mitglieder der Interessentschaft nicht abhängig gemacht werden. Träger der einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes eingeräumten Rechte seien nur ihre Mitglieder, denen es im Außenverhältnis freistehe, das ihnen als Mitgliedern eingeräumte Recht selbständig geltend zu machen.

Im Gefolge dieses Erkenntnisses hob die belangte Behörde den vor ihr bekämpften Zurückweisungsbescheid des LH vom 24. April 1991 gemäß § 66 Abs. 4 AVG auf.

Mit Bescheid vom 30. November 1995 wies der LH den Antrag des Beschwerdeführers mit der Begründung ab, dass unter dem Begriff einer unrichtigen Ersichtlichmachung im Sinne des § 126 Abs. 5 WRG 1959 zwar auch eine unrichtige Löschung verstanden werden könne, dass aber von einer Unrichtigkeit der Ersichtlichmachung im vorliegenden Fall deswegen nicht gesprochen werden könne, weil diese Ersichtlichmachung im Wasserbuchbescheid des LH vom 16. März 1958 im Sinne der Bestimmung des § 125 Abs. 3 WRG 1959 in seiner Fassung vor der Wasserrechtsgesetz-Novelle 1990 ihre rechtlich einwandfreie Grundlage habe. Gegenstand der materiellen Rechtskraft dieses Wasserbuchbescheides sei die Verfügung, dass ein bestimmter Wortlaut in das Wasserbuch einzutragen oder zu löschen sei. Die Löschung der vom Beschwerdeführer angeführten Eintragung sei demnach auf einwandfreier Rechtsgrundlage erfolgt, sodass im Sinne der geltenden Vorschrift des § 126 Abs. 5 WRG 1959 eine unrichtige Ersichtlichmachung in der Evidenz des Wasserbuches nicht vorliege.

In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung bestritt der Beschwerdeführer den Bestand einer einwandfreien Rechtsgrundlage für die vorgenommenen Löschungen mit dem Vorbringen, dass ein Antrag aller Mitglieder der Brunneninteressentschaft Mittel- und Oberbings auf Löschung ihres Wasser- und Leitungsanlageneigentums zu keiner Zeit gestellt worden sei. Auch die Eintragung der Wasserwerksgenossenschaft Bings bei Bludenz als Berechtigter sei antragslos erfolgt. Die nach dem 8. April 1927 im Wasserbuch vorgenommenen Löschungen und Eintragungen müssten unverändert als rechtsungültig angesehen werden.

Die belangte Behörde forderte den Beschwerdeführer auf, binnen gesetzter Frist seine Mitgliedschaft bei der Brunnen-Interessentschaft Mittel- und Oberbings nachzuweisen. Dieser Aufforderung entsprach der Beschwerdeführer durch einen Schriftsatz, in welchem er vorbrachte, dass in der

7. Vertikalspalte des Wasserbuches zu GZ 1370 unter der Überschrift "An der Anlage Dritten zustehende Mitbenutzungsrechte" die Mitglieder der in der 1. Vertikalspalte eingetragenen Brunnen-Interessentschaft Mittel- und Oberbings nach dem Stande vom 8. April 1927 eingetragen worden seien, weil zu deren Eintragung keine andere Spalte zur Verfügung gestanden sei. Die Brunnen-Interessentschaft besitze keine Berechtigten außer ihren tatsächlichen Mitgliedern. Unter Nummer 21 sei der Vater des Beschwerdeführers genannt, welcher ein näher bezeichnetes grundbücherliches Objekt besessen habe, das zum Zeitpunkt der Wasserbuchanlegung an die Wasserbenutzungsanlage angeschlossen gewesen sei. Die Rechtsgrundlage hiefür habe der in der

2. Vertikalspalte des Wasserbuches vermerkte Wasserbrief vom 9. Februar 1762 "sowie die formelle Rechtszuerkennung der Brunneninteressentschaft" gebildet. Der Beschwerdeführer sei grundbücherlicher Rechtsnachfolger im Eigentum seines Vaters an der genannten Liegenschaft. Die Mitgliedschaft des Vaters des Beschwerdeführers würde außer durch die genannten öffentlichen Urkunden auch noch durch Zahlungsbelege und Urkunden über seine Tätigkeit für die Brunnen-Interessentschaft in der Betreuung der Stollenwasserleitung belegt. Der Beschwerdeführer schloss seiner Äußerung u.a. einen Grundbuchsauszug, einen Plan über den Wasserleitungsverlauf von den Quellen bis zu den angeschlossenen Objekten und notariell beglaubigte Ablichtungen der Zahlungsbelege und Urkunden zur Tätigkeit seines Vaters in der Betreuung der Stollenwasserleitung an.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des LH vom 30. November 1995 mit der Begründung ab, dass der Beschwerdeführer seine Mitgliedschaft an der Brunneninteressentschaft Mittel- und Oberbings auf seine Rechtsnachfolge nach seinem Vater stütze, dabei aber außer Acht lasse, dass gemäß § 1206 ABGB die gesellschaftlichen Rechte und Verbindlichkeiten einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes auf die Erben eines Mitgliedes in der Regel nicht übergingen. Daraus folge, dass der Beschwerdeführer, der seine Rechte ja von der Mitgliedschaft seines Vaters an der Brunnen-Interessentschaft ableite, dieser Interessentschaft nicht angehört habe, weil die mit der Mitgliedschaft seines Vaters bei der Interessentschaft verbundenen Rechte und Verbindlichkeiten gemäß § 1206 ABGB nie auf ihn übergegangen seien. Es könne der Beschwerdeführer daher auch nicht Wasserberechtigter im Sinne des § 126 Abs. 5 WRG 1959 sein, sodass es ihm an der Antragslegitimation mangle. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass das Verfahren zur Berichtigung des Wasserbuches nicht zur Klärung strittiger Wasserrechtsverhältnisse diene, was für die Rechtslage vor der Wasserrechtsgesetz-Novelle 1990 ebenso gelte wie für die durch diese Novelle gestaltete Rechtslage.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher deren Behandlung jedoch mit seinem Beschluss vom 24. Februar 1997, B 1388/96, abgelehnt und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat. Vor diesem Gerichtshof begehrt der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides aus dem Grunde der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes mit der Erklärung, sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Wiederherstellung des Wasserbuchstandes vom 8. April 1927, in seinem Recht auf Wahrung des Parteiengehörs und in seinem Recht darauf als verletzt zu erachten, "nicht zu seinem Nachteil als Mitglied einer bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft behandelt" zu werden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 126 Abs. 5 WRG 1959 kann der Wasserberechtigte beim Landeshauptmann die Durchführung einer fehlenden oder die Berichtigung einer unrichtigen Ersichtlichmachung in der Evidenz unter Beibringung der erforderlichen Nachweise beantragen. Über diesen Antrag ist bescheidförmig abzusprechen, wenn ihm nicht entsprochen wird.

Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung seines Rechtes auf Wahrung des Parteiengehörs mit dem Vorbringen, dass ihm der Wasserbuchbescheid des LH vom 16. August 1958 nicht zur Kenntnis gebracht worden sei, in welchem Falle er der Behörde hätte erläutern können, dass dieser Bescheid eine andere Rechtssache erledigt habe.

Diese Rüge ist unberechtigt und geht außerdem ins Leere. Unberechtigt ist sie deswegen, weil der LH in dem vor der belangten Behörde nunmehr bekämpften Bescheid vom 30. November 1995 auf diesen Wasserbuchbescheid vom 16. August 1958 ausdrücklich Bezug genommen und die Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers gerade mit dem Inhalt des genannten Wasserbuchbescheides begründet hatte. In seiner Berufung gegen den Bescheid des LH vom 30. November 1995 hatte der Beschwerdeführer Gelegenheit zur Erläuterung, weshalb der Hinweis auf den Wasserbuchbescheid des LH vom 16. August 1958 nicht geeignet sei, den vom LH eingenommenen Rechtsstandpunkt zu tragen. Dass der Beschwerdeführer in seiner Berufung diese Gelegenheit nicht ergriffen hat, darf er der belangten Behörde nicht vorwerfen. Ins Leere geht die Rüge aber deswegen, weil die belangte Behörde im Gegensatz zum LH die Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers im angefochtenen Bescheid gar nicht damit begründet hat, dass die vom Beschwerdeführer bekämpfte Ersichtlichmachung in der Evidenz des Wasserbuches aus dem Grunde des Wasserbuchbescheides des LH vom 16. August 1958 nicht als unrichtig beurteilt werden dürfe, was es damit auch erübrigt, die Tragfähigkeit des Begründungsansatzes des LH in seinem Bescheid vom 30. November 1995 zu untersuchen.

Die belangte Behörde ist im nunmehr angefochtenen Bescheid zur Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers vielmehr mit der Begründung gelangt, dass der Beschwerdeführer nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes über die Gesellschaft bürgerlichen Rechtes Gesellschaftsrechte an der Brunnen-Interessentschaft Mittel- und Oberbings im Erbwege nicht habe erwerben können, was zur Folge habe, dass bestandene Rechte von Mitgliedern dieser Interessentschaft vom Beschwerdeführer, da sie auf ihn nicht übergegangen seien, nicht verfolgt werden könnten. Es sei der Beschwerdeführer demnach als Wasserberechtigter im Sinne des § 126 Abs. 5 WRG 1959 nicht anzusehen.

Dieser Auffassung tritt der Beschwerdeführer mit dem Standpunkt entgegen, die rechtliche Beschaffenheit der Brunnen-Interessentschaft Mittel- und Oberbings entspreche nicht jener einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes, sie gehe vielmehr auf die seit Entstehung des Bodenrechts sich entwickelnden agrarischen Nutzungsgemeinschaften zurück. Es habe auch der Verwaltungsgerichtshof im Vorerkenntnis vom 27. Juni 1995, 94/07/0124, nur die unrichtige Beurteilung der Berufungsbehörde über die Rechtsstellung des einzelnen Mitgliedes einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes richtig gestellt, nicht jedoch ausgesprochen, dass es sich bei der vorliegenden Interessentschaft um eine Gemeinschaft im Sinne der §§ 1175 ff ABGB handle. Die erbliche Nachfolge von Mitgliedern in die Rechte aus der Interessentschaft folge aus der unbeschränkten Dauer der wasserrechtlichen Bewilligung ihrer Wasserversorgungsanlage, wie sie im Wasserbuch eingetragen sei. Darüber hinaus sei auf die Bestimmung des § 1208 ABGB hinzuweisen, nach welcher Bestimmung gesellschaftliche Rechte auch auf Erben von Gesellschaftsmitgliedern übergehen könnten. Sache der Berufungsbehörde sei es gewesen, im Ermittlungsverfahren zu prüfen, ob die Interessentschaft als Gesellschaft bürgerlichen Rechtes "in den gehörigen Registern oder Handlungsbüchern gemäß § 1179 ABGB eingetragen ist" und wie der Gesellschaftsvertrag, "wenn dies zuträfe, lautet, weil der Beschwerdeführer den Negativbeweis nicht erbringen" könne. Die Annahme eines Sachverhaltes, wonach bei jeder Veränderung in der personellen Zugehörigkeit ein neuer Vertrag geschlossen worden wäre, stehe im Widerspruch zur tatsächlichen rechtlichen Einstellung und der mit anderen Interessentschaften übereinstimmenden Haltung der Brunnen-Interessentschaft Mittel- und Oberbings und stehe auch im Widerspruch zu den Erfahrungen des täglichen Lebens.

Dem ist Folgendes zu entgegnen:

Die österreichischen Gesellschaftsformen sind geschlossen, was zunächst zur Folge hat, dass im Wege der Privatautonomie keine neue Gesellschaftsform erfunden werden kann. Zum Typenkatalog der österreichischen Gesellschaftsformen gehören freilich auch die Realgemeinschaften, bei denen die Mitgliedschaft zu ihnen mit Liegenschaftseigentum verbunden ist, und auf deren Rechtsverhältnisse, wenn sie keine eigene Rechtspersönlichkeit haben, die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes über die bürgerlich-rechtliche Gesellschaft nach §§ 1175 ABGB sinngemäß anzuwenden sind (Kastner/Doralt/Novotny, Grundriss des österreichischen Gesellschaftsrechts5, 23 f).

Verfügte die Brunnen-Interessentschaft Mittel- und Oberbings als Realgemeinschaft über eigene Rechtspersönlichkeit, dann wäre für den Standpunkt des Beschwerdeführers daraus nichts gewonnen, weil das in § 126 Abs. 5 WRG 1959 dem Wasserberechtigten eingeräumte Verfahrensrecht diesfalls der juristischen Person und nicht ihm zustünde. Verfügte die Interessentschaft aber nicht über Rechtspersönlichkeit, dann folgte daraus zwar eine Berechtigung ihrer Mitglieder zur selbständigen Geltendmachung der aus ihrer Mitgliedschaft erwachsenden Rechte, dann zwang dies aber andererseits in der Beurteilung der Rechtsverhältnisse der Mitglieder und damit auch der Eigenschaft einer Person als Mitglied der Interessentschaft zur sinngemäßen Heranziehung der Bestimmungen der §§ 1175 ff ABGB.

Gemäß § 1206 ABGB gehen die gesellschaftlichen Rechte und Verbindlichkeiten in der Regel nicht auf die Erben eines Mitgliedes über. Doch sind diese, wenn mit ihnen die Gesellschaft nicht fortgesetzt wird, berechtigt, die Rechnungen bis auf den Tod des Erblassers zu fordern und berichtigen zu lassen. Sie sind aber im entgegen gesetzten Falle auch verbunden, Rechnungen zu legen, und zu berichtigen.

Besteht die Gesellschaft nur aus zwei Personen, so erlischt sie nach § 1207 ABGB durch das Absterben der einen. Besteht sie aus mehreren, so wird von den übrigen Mitgliedern vermutet, dass sie die Gesellschaft noch unter sich fortsetzen wollen. Diese Vermutung gilt auch überhaupt von den Erben der Handelsleute.

Lautet der von Personen, die keine Handelsleute sind, errichtete Gesellschaftsvertrag ausdrücklich auch auf ihre Erben, so sind diese nach § 1208 ABGB, wenn sie die Erbschaft antreten, verpflichtet, sich nach dem Willen des Erblassers zu fügen; allein auf die Erbeserben erstreckt sich dieser Wille nicht; noch weniger vermag er eine immer währende Gesellschaft zu begründen (§ 832).

Aus dem im § 1206 Satz 1 ABGB normierten Grundsatz der Unvererblichkeit gesellschaftlicher Rechte und Verbindlichkeiten (Strasser in Rummel II2 RZ 2 zu §§ 1206, 1207 ABGB) hat die belangte Behörde den Schluss gezogen, dass Rechte der Brunnen-Interssentschaft Mittel- und Oberbings auf den Beschwerdeführers nicht übergegangen seien. Wenn der Beschwerdeführer geltend macht, Gegenstand der behördlichen Ermittlungspflicht hätte die Erforschung der Umstände sein müssen, ob die in § 1207 ABGB (Kaufmannseigenschaft der Mitglieder) oder § 1208 ABGB (anders lautender Gesellschaftsvertrag) genannten Bedingungen für eine ausnahmsweise mögliche Vererblichkeit von Gesellschaftsrechten vorgelegen seien, ist ihm darin nicht beizupflichten.

Die Bestimmung des § 126 Abs. 5 WRG 1959 fordert vom Wasserberechtigten die "Beibringung der erforderlichen Nachweise". Wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1993, 93/07/0081, zutreffend ausgeführt hat, dient das Verfahren über einen Antrag nach § 126 Abs. 5 WRG 1959 nicht der Klärung strittiger Wasserrechtsverhältnisse. Von der Erbringung eines Nachweises im Sinne des § 126 Abs. 5 WRG 1959 kann, wie im genannten Erkenntnis ausgeführt wurde, nur die Rede sein, wenn der Wasserbuchbehörde einerseits das Vorliegen eines Wasserrechts bestimmten Inhalts und andererseits eine von diesem Wasserrecht abweichende Ersichtlichmachung im Wasserbuch bewiesen wird. Gleiche Anforderungen sind nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes auch an die Voraussetzung zu erheben, dass die nach § 126 Abs. 5 WRG 1959 antragstellende Person auch Wasserberechtigter ist. Dem entsprechend wären Umstände, aus denen entgegen der Bestimmung des § 1206 Satz 1 ABGB auf die Vererblichkeit von Mitgliedschaftsrechten an der Brunnen-Interessentschaft Mittel- und Oberbings hätte geschlossen werden können, vom Beschwerdeführer unter Beweis zu stellen gewesen. Ein solcher Nachweis ist dem Beschwerdeführer aber nicht gelungen. Die unbeschränkte Dauer des der Wasserbucheintragung nach der Brunnen-Interessentschaft Mittel- und Oberbings seinerzeit zustehenden Wasserrechtes reicht nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes nicht dazu aus, eine Vererblichkeit der Rechtsposition von Mitgliedern dieser Gesellschaft zu erweisen. Die Dauer einer den Mitgliedern der - rechtlich als bürgerlich-rechtliche Gesellschaft zu behandelnden - Personengemeinschaft eingeräumten Berechtigung öffentlich-rechtlicher Natur konnte auf die durch das Gesetz im Zweifel als unvererblich gestalteten privatrechtlichen Mitgliedschaftsverhältnisse keinen Einfluss nehmen. Dass das Mitgliedschaftsverhältnis seines Vaters zur Interessentschaft nach dem Tode des Vaters mit dem Beschwerdeführer fortgesetzt worden war, hätte er für den Ausweis seiner Eigenschaft als Wasserberechtigter im Sinne des § 126 Abs. 5 WRG 1959 unter Beweis stellen müssen. Gelegenheit hiezu hat ihm die belangte Behörde im Berufungsverfahren gegeben.

Es erwies sich die Beschwerde damit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 15. Juli 1999

Schlagworte

Rechtsfähigkeit Parteifähigkeit Rechtsfähigkeit Parteifähigkeit Gebilde ohne Rechtsfähigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1997070077.X00

Im RIS seit

12.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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