TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/22 W119 2101482-1

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Veröffentlicht am 22.10.2018
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Entscheidungsdatum

22.10.2018

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §54
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9 Abs3
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
IntG §10 Abs2 Z5

Spruch

W119 2101482-1/15E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a EIGELSBERGER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA: Mongolei, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 6. 2. 2015, Zl 830589900-1650330, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 3. 10. 2016 und am 12. 9. 2018 zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I und II wird gemäß § 3 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 AsylG 2005 i. d. g. F., als unbegründet abgewiesen.

II. In Erledigung der Beschwerde gegen Spruchpunkt III wird ausgesprochen, dass eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Fremdenpolizeigesetz 2005 idgF iVm § 9 Absatz 3 BFA-VG idgF auf Dauer unzulässig ist.

Gemäß §§ 54 und 55 AsylG 2005 iVm § 10 Abs. 2 Z 5 IntG idgF wird XXXX der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung" für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer ist mongolischer Staatsbürger und Angehöriger der Volksgruppe der Kalkh. Er stellte am 06.05.2013 gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin (W119 2101476) einen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen der Erstbefragung nach dem AsylG am selben Tag gab er an, acht Jahre die Grundschule besucht und im Anschluss daran eine Ausbildung zum Elektroingenieur und danach die Universität in Ulaanbaatar absolviert zu haben, wo er auch gelebt habe. Seine Mutter und sein erwachsener Sohn würden noch in der Mongolei leben, seine Ehefrau und sein Vater seien bereits verstorben. In Österreich befinde sich seine Lebensgefährtin ebenfalls als Asylwerberin. Zu seinem Fluchtgrund führte er aus, dass er infolge des Todes von zwei seiner Mitarbeiter im Rahmen eines Arbeitsunfalles am 05.10.2012 in der Firma seines Freundes von deren Familienangehörigen bedroht worden sei, indem seine während seines viermonatigen Gefängnisaufenthaltes im 8. Monat schwangere Lebensgefährtin derart geschlagen worden sei, dass sie das Kind verloren habe und ihre Jurte verbrannt worden sei. Ein Verwandter (Bruder oder Onkel) des verstorbenen Mitarbeiters habe als Abgeordneter sehr großen Einfluss gehabt. Es sei ihm die Schuld an dem Unfall gegeben worden. Er sei aus gesundheitlichen Gründen aus dem Gefängnis entlassen worden. Im Fall der Rückkehr befürchte er eine Freiheitsstrafe von etwa 25 bis 30 Jahren sowie weitere Bedrohungen.

Der Beschwerdeführer wurde am 25.11.2014 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) niederschriftlich einvernommen. Dort gab er zunächst an, dass er keine Identitätsdokumente besitze, sein Führerschein und sein Personalausweis bzw Staatsbürgerschaftsnachweis befänden sich noch in der Mongolei, sein Reisepass mit einem russischen Visum sei ihm von den Schleppern abgenommen worden. Seine Mutter habe ihm gesagt, dass die Personen, welche ihn bedroht hätten, seinen Sohn zusammengeschlagen und diesen gefragt hätten, wo er sich befinde und sein Sohn ihn für diese finden solle. Sein Sohn lebe bei seiner Mutter. Er selbst habe mit seiner Lebensgefährtin in einer Jurte gewohnt. Er habe von 2004 bis 05.10.2012 bei der Firma XXXX als Elektroingenieur gearbeitet und gut verdient. Er sei dort als Elektroingenieur tätig und mit anderen Mitarbeitern im Außendienst gewesen. Er habe 10 Elektriker geführt. Er habe sich vier Monate im Gefängnis befunden, wo er im Auftrag seiner Verfolger geschlagen worden sei, woraufhin seine Mutter eine Bürgschaft übernommen habe und er entlassen worden sei. Als er zur Polizei gegangen sei, sei ihm gesagt worden, dass er sich als Schuldiger nicht beschweren könne. Einen Anwalt habe er sich nicht leisten können. Er sei wegen Amtsmissbrauch angeklagt worden, da er unberechtigt einen privaten Auftrag erledigt habe, wobei die Personen, welche er geschickt habe, gestorben seien. Seiner Mutter seien zuletzt gerichtliche Ladungen und Fahndungen zugestellt worden. Die Zeit bis zur Ausreise sei schwierig gewesen, seine Frau habe im Jänner auf Grund der Schläge ihr ungeborenes Kind im siebenten Monat verloren. Er habe diese Bedrohung angezeigt. Befragt, warum die Polizei nicht geholfen habe, gab er an, dass es sein könne, dass diese mit den (ihm drohenden) Personen zusammengearbeitet hätte. Diese Personen hätten ihn Ende März Anfang April auch gefunden, nachdem er der Polizei seine Adresse genannt habe. Diese seien zwei Mal zu ihm nach Hause gekommen und es sei zu einer großen Auseinandersetzung gekommen. Beim ersten Mal hätten sie ihn angegriffen und mit dem Umbringen bedroht sowie zwei oder drei Mal getreten. Seine Freundin habe alles gehört. Es seien zwei unvermummte Personen gewesen, von denen einer ein langes Messer dabeigehabt habe. Beim zweiten Vorfall sei seine Freundin auch dabei gewesen. Bei der von ihm verdächtigten Person handle es sich um XXXX, der XXXX und zugleich XXXX und für die XXXX und XXXX zuständig gewesen sei. Er glaube, dass diese Person gegen ihn vorgehe, weil die beim Unfall ums Leben gekommenen Personen Cousins gewesen seien und die Mutter von einem der beiden Arbeiter entweder die Schwester oder Cousine von XXXX sei. Er sei seit 1998 Mitglied der Mongolischen Revolutionären Volkspartei und ab 2006 Mitglied des Bezirksrates von XXXX für sechs Jahre gewesen. Er glaube, dass seine Probleme mit XXXX von der gegnerischen Partei zu 80-prozentiger Wahrscheinlichkeit damit zusammenhängen würden, weil er immer sehr laut gewesen sei. Auf Nachfrage bestätigte er, dass er die beiden Arbeiter über Ersuchen seines Freundes dorthin geschickt habe, dies sei ein Gefallen zwischen Freunden gewesen. Die Anzeige der Behörden sei korrekt, weil die Beauftragung der beiden nicht offiziell gewesen sei, jedoch weise er Anschuldigungen zu dem Tod der beiden zurück. Sein Freund sei auch beschuldigt und eingesperrt worden, sei aber wieder freigekommen. Genaueres dazu könne er nicht sagen. Im Fall seiner Rückkehr hätte er mich einer Freiheitsstrafe von ca. 25-30 Jahren und wegen seiner Flucht mit einer noch höheren Strafe zu rechnen. Es sei ihm bewusst, dass er eine Straftat begangen habe, jedoch habe er nicht bedacht, dass die Strafdrohung so hoch ausfalle. Die Jurte sei am 05.02.2013 abgebrannt, als seine Frau kurz weg gewesen sei. Dies stehe seiner Meinung nach mit dem Unfall in Verbindung, weil am Zauntor die Aufschrift "Warnung!" angebracht worden sei, wie ihm seine Frau erzählt habe. Er habe sich bemüht einen Anwalt zu finden, dieser habe jedoch für zwei Todesfälle 25 Millionen Tugrik gefordert und gesagt, er könne nicht für einen Freispruch sorgen, aber die Verurteilung möglicherweise auf 10 bis 15 Jahre herabsetzen. Er habe keine Papiere über die Haftentlassung erhalten, dies sei im Herkunftsstaat nicht üblich. Er hätte nach Besserung seiner körperlichen Verfassung wieder inhaftiert werden können. Im Fall der Rückkehr würde er ins Gefängnis kommen, seine Frau würde ohne Geld und ohne Unterkunft auf der Straße enden. Er habe sich auch an keine Menschenrechtsorganisation gewandt.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 06.02.2015, Zahl 830589900-1650330, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 06.05.2013 gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Mongolei (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gemäß §§ 57 und 55 AsylG wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen, wobei gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG in die Mongolei zulässig sei (Spruchpunkt III.). Weiters wurde innerhalb Spruchpunkt III. ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

Begründend wurde zu Spruchpunkt I ausgeführt, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen, wonach er von politisch einflussreichen Angehörigen zweier von ihm inoffiziell entsendeten und dabei ums Leben gekommenen Arbeitern verfolgt werde, nicht glaubhaft seien. Die von ihm präsentierte Fluchtgeschichte sei zu blass, wenig detailreich und oberflächlich gewesen. Trotz wiederholter Aufforderung, alle Fluchtgründe detailliert zu schildern, habe er sich auf völlig allgemein gehaltene Angaben beschränkt und sei er trotz Nachfragen nicht in der Lage gewesen, den behaupteten Sachverhalt auch nur ansatzweise zu substantiieren. Sofern der Vorfall tatsächlich stattgefunden hätte, habe die Möglichkeit bestanden, sich gegen die Übergriffe von Privatpersonen zu schützen, einen Anwalt zu nehmen und Anzeige zu erstatten bzw. sich an eine Hilfsorganisation zu wenden. Er habe selbst angegeben auf Grund einer Bürgschaft bzw. seines Gesundheitszustandes aus der Haft entlassen worden zu sein. Die Verfolgung durch Privatpersonen habe er zu keinem Zeitpunkt belegen bzw. glaubhaft darlegen können, da er sich erstens in Haft befunden und danach nur zwei Mal von Privatpersonen bedroht worden sein sollte. Er habe sich nicht genau daran erinnern können, wann diese Vorfälle stattgefunden hätten. Entgegen seinen Angaben, dass er beim ersten Mal getreten und mit einem Messer bedroht worden sei, habe seine Lebensgefährtin nur angegeben, dass er mit einem Messer bedroht worden sei. Trotz Aufforderung bei der Einvernahme vom 25.11.2014, seiner Mutter zugestellte gerichtliche Ladungen und Fahndungen als Beweismittel vorzulegen, habe er dem bislang nicht entsprochen. Außerdem sei nicht nachvollziehbar, dass er sich nach seiner Entlassung Mitte Februar 2013 angesichts der Verfolgung seiner Lebensgefährtin, wobei diese ihr ungeborenes Kind verloren habe, noch bis zum 30.04.2013 im Herkunftsstaat aufgehalten habe. Auch seien seine Angaben widersprüchlich, wenn er angebe, zwar umgezogen zu sein, jedoch seine Adresse der Polizei bekanntgegeben zu haben, wenn er gleichzeitig vorbringe, dass der für die XXXX und XXXX 2012 zuständige Minister, ihn verfolge, weil er danach nicht mit dem Schutz der Polizei habe rechnen können. Es wäre ihm sodann auch nicht möglich gewesen, den Herkunftsstaat legal mit einem russischen Visum zu verlassen. Angesichts der von ihm angegebenen finanziellen Verhältnisse wäre im Fall einer tatsächlichen Bedrohung vielmehr seine sofortige Ausreise zu erwarten gewesen. Es sei nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer legal hätte ausreisen können, wenn er von den Behörden gesucht worden bzw. ein Verfahren gegen ihn anhängig gewesen wäre. Lediglich jener Teil seines Vorbringens, wonach er für den Tod von zwei Mitarbeitern verantwortlich sei und eine Haftstrafe zu erwarten habe, könne der Wahrheit entsprechen. Seine Angaben seien auch widersprüchlich gewesen. Insbesondere auf Grund des persönlichen Eindrucks gehe die Behörde davon aus, dass keine der geschilderten Varianten seiner Bedrohungssituation der Wahrheit entspreche. Im Übrigen könne selbst bei Zutreffen seiner Fluchtgründe weder eine entsprechende Intensität (einer Verfolgung) noch ein zeitlicher Zusammenhang (mit seiner Ausreise) als gegeben erachtet und im Vorbringen des Beschwerdeführers auch keine asylrelevante Verfolgung erblickt werden. Gerade seine legale Ausreise deute darauf hin, dass (auch) eine Verfolgung von staatlicher Seite nicht vorliege.

Der Umstand, dass einem Asylwerber im Herkunftsstaat ein Strafverfahren, Untersuchungshaft oder eine Haftstrafe erwarte, sei für sich genommen noch keine Verletzung von Art. 3 EMRK. Es müsse ein gewisser Mindeststandard der Haftbedingungen eingehalten werden. Haftbedingungen könnten gegen Art. 3 EMRK verstoßen, wenn in den Gefängnissen gefoltert werde oder die Versorgungslage unzumutbar sei oder etwa im Fall körperlicher Züchtigung. Dies habe für die Mongolei nicht festgestellt werden können. Infolge des Nichtzutreffens seines Vorbringens könne der Beschwerdeführer auf Grund seiner Ausbildung und Berufserfahrung problemlos Arbeit finden und somit für den Lebensunterhalt sorgen. Es sei kein Grund erkennbar, warum er dies nach seiner Rückkehr nicht wieder tun könne, zumal er auch in Österreich jede Arbeit annehmen würde. Anzumerken sei, dass seine Verwandten offenbar ohne Probleme und ohne existenzgefährdende Situation im Herkunftsstaat leben könnten (Spruchpunkt II.).

Zu Spruchpunkt III wurde ausgeführt, dass auf Grund der gleichlautenden Entscheidung zum Antrag seiner Lebensgefährtin, gegen welche ebenfalls eine Rückkehrentscheidung erlassen worden sei, durch die Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer kein Eingriff in das Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK vorliege. Zum Privatleben des Beschwerdeführers sei auszuführen, dass eine besondere Integration des Beschwerdeführers in Österreich nicht erkennbar sei.

Dem Beschwerdeführer wurde die ARGE Rechtsberatung- Diakonie und Volkshilfe amtswegig als Rechtsberater zur Seite gestellt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin mit Schriftsatz vom 18.02.2015 Beschwerde. Darin wurde ausgeführt, dass die Behörde es verabsäumt habe, in der Mongolei Ermittlungen zum Verwandtschaftsverhältnis der verunglückten Arbeiter mit dem namentlich genannten Minister im Jahr 2012 durchzuführen. Offensichtlich habe sich die Behörde überhaupt nicht mit dem sehr detaillierten und widerspruchsfreien Vorbringen des Beschwerdeführers auseinandergesetzt. Entgegen der Annahme der Behörde habe sich der Beschwerdeführer sehr wohl an die Polizei gewandt, jedoch hätte ihm diese Hilfe verwehrt, weil er ihrer Ansicht nach selbst schuld sei und sich nicht beschweren könne. Der genannte Minister habe natürlich nie selbst Übergriffe auf den Beschwerdeführer vollzogen, sondern immer andere Personen bzw. Mithäftlinge beauftragt. So habe er offenkundig auch nichts gegen die Haftentlassung des Beschwerdeführers unternommen. Auch habe der Beschwerdeführer entgegen der Annahme der Behörde mehrmals vorgebracht, dass sich der erste Vorfall Ende März bzw. Anfang April, der zweite um den 10.4. herum ereignet habe. Darüber hinaus verkenne die Behörde, dass nach neueren Forschungsergebnissen gerade bei traumatisierten Flüchtlingen charakteristische Gedächtnisstörungen krankheitsbedingt die Regel seien. Auch der Vorwurf, dass der Beschwerdeführer nicht unmittelbar nach den Ereignissen ausgereist sei, gehe angesichts seiner Angaben völlig ins Leere und könne es ihm nicht zum Nachteil gereichen, wenn er sich davor noch um die finanzielle Versorgung seiner Verwandten gekümmert habe. Auch verkenne die Behörde, dass die legale Ausreise nach Moskau allein kein Indiz dafür sein könne, dass dem Beschwerdeführer in der Mongolei keine Verfolgung drohe; offensichtlich habe der Beschwerdeführer nur Glück gehabt, dass ihm sein Reisepass vor seiner Ausreise nicht entzogen worden sei. Zudem verkenne die Behörde, dass die Vorgehensweise der mongolischen Behörden nicht jener von westeuropäischen entspreche. Die Behörde habe das Vorbringen der Beschwerdeführer nicht adäquat gewürdigt. In rechtlicher Hinsicht wurde ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer bei seiner Rückkehr eine mehrjährige Haftstrafe drohe und zu erwarten sei, dass er währenddessen den Racheakten des Herrn XXXX hilflos ausgesetzt sei und damit auf Grund seiner -auch politischen Probleme- von diesem im Vergleich zu den anderen Häftlingen ungleich behandelt werden würde. Darüber hinaus würden die Haftbedingungen in der Mongolei den Beschwerdeführer in seinen nach Art. 2 und 3 EMRK gewährleisteten Rechten verletzen. Die Beschwerdeführer seien in Österreich bereits gut integriert, wozu eine mündliche Verhandlung beantragt werde. Zudem wurde die Beigebung eines Verfahrenshelfers beantragt.

Am 03.10.2016 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt. Das Bundesamt nahm an der Verhandlung als weitere Partei des Verfahrens entschuldigt nicht teil. Der Beschwerdeführer gab zunächst an, in Ulaanbaator gelebt zu haben. Er habe die Stadt am 5. 2. 2013 verlassen. Seine Mutter lebe weiter in der Mongolei, den Aufenthaltsort seines Sohnes kenne er nicht. Er habe in einem Unternehmen für Bau-, Elektro und Installationen von 2004 bis Oktober 2012 gearbeitet. Er sei dort als Elektroingenieur tätig gewesen. Diese Tätigkeit sei hierarchisch hoch einzustufen gewesen, er sei direkt dem Bauingenieur unterstellt gewesen. Auf die Frage, warum er zwei Mitarbeiter verliehen habe, gab er an, dass dies in der Mongolei üblich sei. Die beiden Männer seien im alkoholisierte Zustand zur Arbeit gegangen und wären an einem Stromschlag gestorben. Er habe zunächst nicht gewusst, dass die beiden mit dem XXXX verwandt gewesen seien. Der XXXX habe der oppositionellen Partei, nämlich der Mongolischen Volkspartei angehört, er selbst der Mongolischen Revolutionären Partei. Sein Freund, dem er die Arbeiter geliehen habe, habe sich nicht im Gefängnis befunden. Dieser habe auch in einer Baufirma gearbeitet. Auf die Frage, welcher Konflikt zwischen ihm und dem XXXX bestanden haben soll, gab er an, dass er sehr viele Konflikte gehabt habe, er sei sehr ambitioniert gewesen. Es habe sich um die üblichen Probleme oder Fragen zwischen oppositionellen Parteien gehandelt. Er sei auf Bezirksebene bekannt. Er habe erst später erfahren, dass die beiden Getöteten mit dem XXXX verwandt gewesen seien.

Als er in Untersuchungshaft genommen worden sei, sei ihm ein Haftbefehl gezeigt worden. Auf Vorhalt, dass er beim Bundesamt die Übermittlung des Haftbefehls in Aussicht gestellt habe, gab er an, dass seine Mutter diese Papiere vermutlich immer noch bei sich habe. Sie sei sehr betagt.

In der am 12.09.2018 fortgesetzten Verhandlung legten der Beschwerdeführer und seine Lebensgefährtin Integrationsunterlagen vor. Der Beschwerdeführer gab an, dass er aus Angst vor einer Telefonüberwachung keinen Kontakt zu seinen Verwandten in der Mongolei (Mutter, Sohn, Stiefsohn, Schwiegermutter sowie Schwager und Schwägerin) habe. Er befürchte im Fall der Rückkehr an der Grenze festgenommen zu werden. Als er bei der Polizei habe Anzeige erstatten wollen, habe er keine Hilfe bekommen und sei sogar beschuldigt worden. Die Polizei sei auf der anderen Seite gestanden, weil die Getöteten die Kinder der Schwester des (damaligen) Ministers für XXXX gewesen seien. Er habe auch keinen Kontakt zu seinem Freund, an welchen er die beiden Arbeiter verliehen habe. Sodann führte er zu seiner bisherigen Integration in Österreich aus, dass er seit März 2016 als Hausmeister tätig sei. Er habe auch zahlreiche Deutschkurse (bis A2.1) besucht. Festgehalten wurde, dass der Beschwerdeführer über alltagstaugliche Deutschkenntnisse verfüge. Der Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers wurden die Länderfeststellungen zur Situation in der Mongolei übergeben und ihr eine Frist von vier Wochen zur Abgabe einer Stellungnahme gewährt.

Mit Schriftsatz vom 8. 10. 2018 wurde eine Deutschkursbestätigung (Kurs A2.2) sowie eine Arbeitszusage vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist mongolischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Khalkh-Mongolen an und ist buddhistischen Glaubens. Er lebte in der Stadt Ulaanbaatar. Nach seiner Schulausbildung studierte er an der Universität in Ulaanbaatar Elektrotechnik. Danach war er bei einem Unternehmen als Elektroingenieur tätig. Dort war er direkt dem Bauleiter unterstellt. Die Mutter des Beschwerdeführers lebt in der Mongolei.

Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer einem Freund zwei Mitarbeiter lieh, damit diese im Betrieb seines Freundes Elektroarbeiten durchführen konnten. Diese beiden Männer verunglückten durch einen Stromschlag tödlich.

Es kann nicht festgestellt werden, dass diese beiden Männer mit dem früheren XXXX verwandt waren.

Ebenso wenig kann festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer deswegen in Untersuchungshaft genommen wurde. Auch der Freund des Beschwerdeführers, der die ihm geliehenen Personen beschäftigt hatte, befand sich aus diesem Grund nicht in Untersuchungshaft.

Weiters kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer bei der Mongolischen Revolutionären Volkspartei politisch tätig war.

Der Beschwerdeführer ist in der Mongolei keinen Verfolgungshandlungen ausgesetzt gewesen und wurde dort auch nicht strafrechtlich verfolgt.

Der Beschwerdeführer leidet weder an einer schweren körperlichen noch an einer schweren psychischen Erkrankung und es besteht auch kein längerfristiger Pflege- oder Rehabilitationsbedarf.

Der Beschwerdeführer stellte gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin (Zl W119 2101476) am 5. 2013 Anträge auf internationalen Schutz.

Der Beschwerdeführer besuchte mehrere Deutschkurse und besitzt alltagstaugliche Deutschkenntnisse. Für den Fall der Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung verfügen er und seine Lebensgefährtin über Arbeitsvorverträge, wodurch sie ihre finanzielle Unabhängigkeit erlangen könnten. Der Beschwerdeführer ist seit dem Jahr 2016 als Hausmeister in seiner Unterkunft tätig, seine Ehefrau ist seit dem Jahr 2014 als Haushaltshilfe im Projekt "Nachbarschaftshilfe" beschäftigt. Der Beschwerdeführer und seine Lebensgefährtin können zudem ein ausgeprägtes soziales Netzwerk vorweisen.

Situation in der Mongolei:

Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Mongolei (Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 13. 1. 2017)

Politische Lage

Die Mongolei ist eine parlamentarische Demokratie mit einem Mehrparteiensystem (ÖB Peking 11.2016; vgl. auch USDOS 13.4.2016). Die Verfassung von 1992 basiert auf den Grundprinzipien Demokratie, Gerechtigkeit, Freiheit, Gleichheit, nationale Einheit, Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung (ÖB Peking 11.2016; vgl. auch AA 11.2016a).

Das Parlament (Großer Staats-Chural) ist ein Einkammernparlament mit 76 Sitzen (ÖB Peking 11.2016). Die 76 Abgeordneten werden in allgemeiner, freier, unmittelbarer und geheimer Wahl für vier Jahre gewählt. Im April 2016 erging eine Verfassungsgerichtsentscheidung zugunsten des Mehrheitswahlrechts (AA 11.2016a). Unter dieser Entscheidung litten vor allem die Chancen von kleinen Parteien und Frauen. So wurde zum Beispiel die Frauenquote von bisher 30% auf 20% gesenkt (KAS 1.7.2016).

Die letzten Parlamentswahlen fanden am 29.6.2016 statt. Bei dieser regulär verlaufenen Wahl löste die Mongolische Volkspartei (MVP) die Demokratische Partei (DP) in der Regierung ab. (AA 11.2016a). Die MVP erhielt 65 Mandate, die bisher regierende DP neun, die Mongolische Revolutionäre Volkspartei (MRVP) und der unabhängige Musiker S. Javkhlan, erhielten je ein Mandat. Die Wahlbeteiligung lag bei 72,1% (Mongoleionline 10.7.2016; vgl. auch KAS 1.7.2016). Die neue Regierung unter Premierminister Erdenebat besteht aus 16 Ministern, 2 davon Frauen (ÖB Peking 11.2016). Die OSZE war mit etwa 300 Wahlbeobachtern in der Mongolei vertreten und attestierte, dass die Wahl, nach hartem, die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit respektierendem Wahlkampf, geordnet ablief (OSZE 4.10.2016).

Das Staatsoberhaupt ist der Präsident, der in einer Direktwahl für vier Jahre gewählt wird und der selbst den Premierminister nominieren kann. Das Präsidentenamt kann für maximal zwei Amtsperioden bekleidet werden (ÖB Peking 11.2016). Aktuelles Staatsoberhaupt ist der am 26.6.2013 wiedergewählte Staatspräsident Tsakhiagiin Elbegdorj (Demokratische Partei - DP). Der Staatspräsident ist zugleich Vorsitzender des Nationalen Sicherheitsrates, dem auch der Ministerpräsident und der Parlamentspräsident angehören, und er ist der Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Er kann Gesetze initiieren, setzt vom Parlament verabschiedete Gesetze in Kraft oder verhindert diese mit einem Veto, welches nur mit der Zwei-Drittel-Mehrheit des Parlaments überstimmt werden kann (AA 11.2016a). Die nächste Präsidentschaftswahl ist für das Jahr 2017 angesetzt (ÖB Peking 11.2016).

In den vergangenen 20 Jahren wurden in der Mongolei 11 erfolgreiche Präsidentschafts-, und Parlamentswahlen abgehalten (USDOS 5.7.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (11.2016a): Mongolei, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Mongolei/Innenpolitik_node.html, Zugriff 19.12.2016

-

KAS - Konrad-Adenauer-Stiftung (1.7.2016): Erdrutschsieg der Mongolischen Volkspartei, Parlamentswahlen in der Mongolei, http://www.kas.de/mongolei/de/publications/45759/, Zugriff 22.12.2016

-

Mongoleionline, Bormann (10.7.2016): Wahlergebnisse - Wahlen 2016, http://www.mongolei.de/news/Ergebnisse2016.htm, Zugriff 19.12.2016

-

ÖB Peking (11.2016): Asylländerbericht 2016 Mongolei

-

OSZE - Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (4.10.2016): Mongolia, Parliamentary Elections, 29 June 2016: Final Report, http://www.osce.org/odihr/elections/mongolia/237626, Zugriff 22.12.2016

-

USDOS - U.S. Department of State (5.7.2016): Investment Climate Statements for 2016 - Mongolia, http://www.ecoi.net/local_link/332456/473881_de.html, Zugriff 22.12.2016

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USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Mongolia, http://www.ecoi.net/local_link/322501/461978_de.html, Zugriff 19.12.2016

Sicherheitslage

Im regionalen Vergleich hat die Mongolei nach dem Zerfall des Ostblocks einen vorbildlichen Weg in Richtung Demokratie und Marktwirtschaft eingeschlagen. Seit 1990 finden regelmäßig allgemeine, freie und faire Wahlen statt, die Regierungswechsel verlaufen friedlich. Die Menschenrechte sind in der Mongolei in der Verfassung festgeschrieben und werden allgemein geachtet. Das Land verfügt über eine aktive Zivilgesellschaft mit einer Vielzahl von Bürgerbewegungen und Selbsthilfegruppen (BMZ 2016).

Der Staat hat im gesamten Staatsgebiet das unangefochtene Gewaltmonopol. Es gibt keine organisierten Gruppen, die stark genug wären, die Staatsgewalt herauszufordern. Abgesehen von den Unruhen im Zuge der Wahlen 2008, sowie lokalem Widerstand von Umweltaktivisten gegen Bergbautätigkeiten seit 2010, gab es keine bedeutenderen Gewaltanwendungen durch oppositionelle Kräfte. Es gibt jedoch ultra-nationalistische Kräfte, die gegen den Einfluss aus dem Ausland opponieren, und daher Fremde, insbesondere ethnische Chinesen attackieren (Bertelsmann 2016).

Die Binnenlage des dünn besiedelten Flächenstaates zwischen Russland und China bestimmt die mongolische Außenpolitik, die sich daher um ein gutes, ausgewogenes Verhältnis zu diesen beiden Nachbarn bemüht. So verfolgt die Mongolei eine Politik der Bündnisfreiheit und hat sich 1992 zur kernwaffenfreien Zone erklärt. Gleichzeitig sucht das Land internationale Absicherung, die es in einer immer aktiveren Mitarbeit in internationalen Organisationen, vor allem den Vereinten Nationen, sowie in einer stärkeren Zusammenarbeit mit den USA, Japan und der Europäischen Union (insbesondere Deutschland) zu finden hofft ("Politik des Dritten Nachbarn") (AA 11.2016a).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (11.2016a): Mongolei, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Mongolei/Innenpolitik_node.html, Zugriff 19.12.2016

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Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016, Mongolia Country Report; http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Mongolia.pdf, Zugriff 21.12.2016

-

BMZ - Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (12.2016): Mongolei, Situation und Zusammenarbeit, http://www.bmz.de/de/laender_regionen/asien/mongolei/zusammenarbeit/index.html, Zugriff 21.12.2016

Rechtsschutz/Justizwesen

Das mongolische Rechtssystem orientiert sich am römisch-germanischen System und kennt eine Unterscheidung zwischen Verwaltungs- und Zivilrecht. Die Mongolei hat drei verschiedene Ebenen von Gerichten:

1. Soum, Intersoum und Bezirksgerichte: Gerichte erster Instanz und für kleinere Verbrechen sowie für Zivilverfahren unter einem Streitwert von 10 Millionen Tugrik zuständig.

2. Aimag Gerichte: Die Erstinstanz für schwerwiegendere Verbrechen und Zivilverfahren mit einem Streitwert von über 10 Millionen Tugrik. Aimag Gerichte sind gleichzeitig Berufungsgerichte für die niederrangigen Gerichte.

3. Oberster Gerichtshof: Für alle anderen Verfahren zuständig und in der Hauptstadt angesiedelt (ÖB Peking 11.2016).

Der Verfassungsgerichtshof (Tsets) kann vom Parlament, dem Staatspräsidenten, dem Premier, dem Obersten Staatsanwalt, auf Eigeninitiative oder durch Petitionen durch Bürger befasst werden. Die neun Richter werden durch das Parlament für sechs Jahre ernannt (ÖB Peking 11.2016).

2013 trat unter anderem das Gesetz über den Opfer- und Zeugenschutz, das Gesetz über den Marshal-Service, das Gesetz über einen Rechtsbeistand für insolvente Beklagte und eine Änderung des Polizeigesetzes in Kraft (USDOS 25.6.2015). Die Verfassung der Mongolei sieht eine Gewaltenteilung vor, die Justiz ist formell unabhängig. Diese Unabhängigkeit wird jedoch durch systemimmanente Korruption geschwächt (ÖB Peking 11.2016; vgl. auch FH 2016). Der Präsident ernennt die Richter des Obersten Gerichtshofes, was die Möglichkeiten der Justiz untergräbt, unabhängige Aufsicht über die anderen Regierungszweige auszuüben. (Bertelsmann 2016).

Haftstrafen sind in der Mongolei schon für kleine Delikte aus generalpräventiven Gründen sehr hoch. Sie reichen für Gewalt-, Raub- und Sexualdelikte deutlich über Strafmaße europäischer Rechtsordnungen hinaus. Die Möglichkeit der vorzeitigen Entlassungen oder der Strafaussetzungen zur Bewährung ist formal vorhanden, aber es wird davon wenig Gebrauch gemacht (ÖB Peking 11.2016).

Quellen:

-

Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016, Mongolia Country Report; http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Mongolia.pdf, Zugriff 21.12.2016

-

FH - Freedom House (2016): Freedom in the world 2016, Mongolia, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2016/mongolia, Zugriff 22.12.2016

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ÖB Peking (11.2016): Asylländerbericht 2016 Mongolei

-

USDOS - U.S. Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - Mongolia;

http://www.ecoi.net/local_link/306322/443597_de.html, Zugriff 16.11.2015

Sicherheitsbehörden

Dem Ministerium für öffentliche Sicherheit unterstehen das Milizbüro (Polizei) und ein diesem unterstelltes Netz von Polizeiämtern, die Staatssicherheitsverwaltung, das Brandschutzamt, die Fremdenpolizei und die Grenztruppen sowie der Justizvollzugswachkörper (ÖB Peking 11.2016). Die zivilen Behörden üben größtenteils Kontrolle über die internen und externen Sicherheitskräfte aus, jedoch bleiben die Mechanismen zur Untersuchung von Polizeiübergriffen inadäquat. So gibt es Fälle von ungestraftem Missbrauch Verdächtiger durch Sicherheitskräfte. Aufsichtsorgan über nationale und lokale Polizeiaktionen ist die National Police Agency (NPA), der bis September 2015 elf Beschwerden wegen körperlicher Übergriffe durch die Polizei gemeldet wurden, die zu strafrechtlichen Ermittlungen führten (USDOS 13.4.2016).

Die nationale Polizei, die Miliz, welche auch als Kriminalpolizei fungiert, unterhält in jeder Provinz ein Referat und in jedem Bezirk ein Büro. Die Miliz ist für die Ausstellung und Registrierung des Personalausweises sowie für die Speicherung der Ausweisdaten zuständig. Alle Staatsangehörigen der Mongolei müssen ab dem 16. Lebensjahr ständig einen Personalausweis bei sich führen. Zusammen mit der Lokalverwaltung beaufsichtigen die lokalen Sicherheitsbüros außerdem die Vollstreckung der Zwangsarbeitsstrafen. Weiters ist die Miliz berechtigt, betrunkene Personen bis zu 24 Stunden in Kurzzeitarrest zu nehmen und auch Geldstrafen zu verhängen. Sie hat ferner alle notwendigen Maßnahmen (Ermittlungen, Zwangsmaßnahmen und Beschlagnahme sowie den Gebrauch von Waffen) einzuleiten, um den Schutz der öffentlichen Ordnung zu gewährleisten. Die Fahndung nach vermissten Personen, die Verkehrssicherheit (durch Verkehrsinspektorate in jedem Milizbüro) und die Brandbekämpfung fallen ebenfalls in die Zuständigkeit der Miliz. Das Ministerium für öffentliche Sicherheit ist schließlich auch für die Staatsicherheit (Spionageabwehr, Staatsschutz und Sabotageabwehr) zuständig. Der Fremdenpolizei und den Grenztruppen unterstehen ca. 15.000 Beamte. Sie sind für die Einhaltung der Ein- und Ausreisevorschriften sowie des Fremdenrechts zuständig (ÖB Peking 11.2016).

Quellen:

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ÖB Peking (11.2016): Asylländerbericht 2016 Mongolei

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USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Mongolia, http://www.ecoi.net/local_link/322501/461978_de.html, Zugriff 3.1.2017

Folter und unmenschliche Behandlung

Artikel 251 des Strafgesetzbuchs definiert den Straftatbestand der Folter und legt eine Höchststrafe von fünf Jahren Haft und ein Berufsverbot von bis zu drei Jahren fest. In besonders schlimmen Fällen kann die Strafe sogar auf bis zu zehn Jahren ausgeweitet werden. Gemäß Kapitel 11, §44 wird die Entschädigung in Fällen von Folter von der Strafprozessordnung festgelegt. Der Höchste Gerichtshof zitiert in seiner Interpretation dieses Artikels ausdrücklich die Definition der UN-Konvention gegen Folter (ÖB Peking 11.2016). Dennoch sind Folter und andere Misshandlungen, insbesondere bei Verhören durch Ordnungskräfte zum Erzwingen von Geständnissen, noch immer an der Tagesordnung (AI 24.2.2016; vgl. auch USDOS 13.4.2016). Er wird auch von Drohungen gegen Familienmitglieder zu ermitteln, sollten Geständnisse nicht erfolgen, berichtet (USDOS 13.4.2016). Im Februar 2015 ratifizierte die Mongolei das Zusatzprotokoll zur VN-Antifolterkonvention (OPCAT). Das UN-Antifolterkomitee (CAT) überprüfte die Mongolei im August 2016 und drückte unter anderem Sorgen über vorherrschende Straflosigkeit in Fällen von Folter aus (ÖB Peking 11.2016).

Quellen:

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AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Mongolia, http://www.ecoi.net/local_link/319803/466758_de.html, Zugriff 19.12.2016

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ÖB Peking (11.2016): Asylländerbericht 2016 Mongolei

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USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Mongolia, http://www.ecoi.net/local_link/322501/461978_de.html, Zugriff 19.12.2016

Korruption

Korruption stellt ein großes Problem in der öffentlichen Verwaltung dar (BMZ 2016). Auch die Industrie, insbesondere der Bergbau ist davon betroffen (ÖB Peking 11.2016). Die Nichtregierungsorganisation Transparency International listet die Mongolei in ihrem Korruptionswahrnehmungsindex 2015 auf Platz 72 von 168 analysierten Ländern (TI 2016). 2006 wurde das Anti-Korruptionsgesetz (Anti-Corruption Law, ACL) erlassen, das aber nicht effektiv umgesetzt wird (USDOS 5.7.2016). In der Politik setzt sich zunehmend die Erkenntnis durch, dass Korruption die Entwicklung der Mongolei stark behindert (BMZ 2016). Es wurde daher 2007 die unabhängige Behörde gegen Korruption (Independent Authority Against Corruption, IAAC) gegründet. Diese hat einige hochrangige Personen wegen Veruntreuung und Korruption angeklagt (BMZ 2016). Mitglieder des Parlaments sind aber während ihrer Amtszeit immun gegenüber strafrechtlicher Verfolgung (USDOS 5.7.2016). 2012 hat sich der mongolische Kampf gegen Korruption intensiviert, als ein Gesetzt erlassen wurde, das von jedem Mitglied des Parlaments verlangt jährlich das Einkommen darzulegen. (Bertelsmann 2016). Korruptionsfälle werden noch nicht konsequent genug strafrechtlich verfolgt (BMZ 2016).

Es gibt Bedenken, dass Elemente der Justiz und der IAAC vom Präsidenten und anderen Amtsträgern der Demokratischen Partei für politische Zwecke gebraucht wurden. So wurden hauptsächlich Mitglieder der MVP angeklagt (Bertelsmann 2016). Journalisten, die Korruptionsfälle aufdecken, werden mitunter von einflussreichen Betroffenen mittels Diffamierungs-Klagen in den Ruin getrieben. Es besteht derzeit kein besonderer Schutz für Whistle-Blower, eine gesetzliche Schutzvorschrift lag Ende 2016 jedoch im Entwurf vor (ÖB Peking 11.2016).

Quellen:

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Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016, Mongolia Country Report; http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Mongolia.pdf, Zugriff 21.12.2016

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BMZ - Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (12.2016): Mongolei, Situation und Zusammenarbeit, http://www.bmz.de/de/laender_regionen/asien/mongolei/zusammenarbeit/index.html, Zugriff 21.12.2016

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ÖB Peking (11.2016): Asylländerbericht 2016 Mongolei

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TI - Transparency International (2016): Corruption Perceptions Index 2015, https://www.transparency.org/cpi2015/, Zugriff 5.1.2017

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USDOS - U.S. Department of State (5.7.2016): Investment Climate Statements for 2016 - Mongolia, http://www.ecoi.net/local_link/332456/473881_de.html, Zugriff 22.12.2016

NGOs und Menschenrechtsaktivisten

Eine Vielzahl an heimischen und internationalen Menschenrechtsgruppen kann ohne behördliche Einschränkungen ihre Erkenntnisse veröffentlichen. Regierungsbeamte sind grundsätzlich kooperativ und für deren Anliegen zugänglich (USDOS 13.4.2016). Die staatliche Menschenrechtskommission "National Human Rights Commission of Mongolia" (NHRC) arbeitet weitgehend unabhängig und veröffentlicht kritische Berichte trotz schlechter finanzieller Ausstattung. Internationale NGOs können frei arbeiten. Menschenrechtsverteidiger sind in der Regel keinen Belästigungen ausgesetzt. Jedoch blieb der Fall eines 2015 ermordeten Umweltaktivisten, der Minenarbeiten kritisiert hatte, bisher ungeklärt und kam es zu Fällen von Übergriffen von Skinheads und religiösen Fanatikern gegen LGBT-Aktivisten (ÖB Peking 11.2016).

Quellen:

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ÖB Peking (11.2016): Asylländerbericht 2016 Mongolei

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USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Mongolia, http://www.ecoi.net/local_link/322501/461978_de.html, Zugriff 19.12.2016

Ombudsmann

Es existiert keine Ombudsstelle zur Behandlung von Beschwerden von Häftlingen, jedoch erlaubt das Gesetz Gefangenen, Beschwerden unzensiert an das Justizpersonal weiterzuleiten, um Untersuchungen der Haftbedingungen zu beantragen. Die Staatsanwaltschaft und die NHRC kontrollierten die Bedingungen in Gefängnissen und Haftanstalten (USDOS 13.4.2016). Es gibt häufige Berichte, in denen die Rechte von Untersuchungshäftlingen beschnitten werden. Unter anderem gibt es Verstöße gegen das Recht auf Schutz vor Folter und anderen Formen der Misshandlung, das Recht auf Zugang zu Gesundheitsversorgung und auf Besuch von Angehörigen und Rechtsanwälten. Es gibt Berichte davon, wie Polizei und Staatsanwaltschaft gegen Verdächtige und auch deren Familienmitglieder mit Irreführung und Einschüchterungsversuchen vorgingen (AI 19.12.2016).

Quellen:

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AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Mongolia, http://www.ecoi.net/local_link/319803/466758_de.html, Zugriff 19.12.2016

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USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Mongolia, http://www.ecoi.net/local_link/322501/461978_de.html, Zugriff 2.1.2017

Wehrdienst und Rekrutierungen

Alle Männer zwischen 18 und 25 Jahren sind zwölf Monate wehrpflichtig. Zu den nicht bewaffneten Einheiten kann man bis zum 27. Lebensjahr eingezogen werden. Eine uneingeschränkte Befreiung von der Wehrpflicht gibt es nicht, eine Erkrankung oder die Unterstützung schwer erkrankter Familienangehöriger können zu einem Aufschub der Wehrpflicht führen. Studenten haben ebenfalls das Recht, einen Aufschub des Einberufungsbefehls zu beantragen. Frauen sind von der Wehrpflicht ausgenommen (ÖB Peking 11.2016; vgl. auch CIA 12.12.2016). Nach der Wehrpflicht können sich Soldaten für zwei bis vier Jahre verpflichten (CIA 12.12.2016).

Quellen:

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CIA - Central Intelligence Agency (12.12.2016): The World Factbook

-

Mongolia,

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/mg.html, Zugriff 4.1.2017

-

ÖB Peking (11.2016): Asylländerbericht 2016 Mongolei

Wehrersatzdienst

Religiöse oder Gewissensgründe sind keine Ausschlussgründe von der Wehrpflicht. Es gibt aber die Möglichkeit, alternativ Dienst bei der Grenzüberwachung, der nationalen Katastrophenschutzbehörde oder bei humanitären Organisationen zu leisten oder sich durch die Zahlung für Ausbildungskosten und für den Erhalt eines Soldaten für ein Jahr von der Wehrpflicht freizukaufen (USDOS .10.8.2016) Derjenige, der vom Wehrdienst befreit werden möchte, muss nach dem Wehrdienstgesetz umgerechnet 490 Euro zahlen.

Quellen:

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ÖB Peking (11.2016): Asylländerbericht 2016 Mongolei

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USDOS - U.S. Department of State (10.8.2016): 2015 Report on International Religious Freedom - Mongolia, http://www.ecoi.net/local_link/328386/469165_de.html, Zugriff 19.12.2016

Wehrdienstverweigerung / Desertion

Deserteure müssen in Friedenszeiten mit einer zweijährigen und Offiziere mit einer dreijährigen Freiheitsstrafe, rechnen (Art. 279 Abs.1 und 279 Abs. 2 StGB). In Kriegszeiten kann die Strafe auf fünf bis sieben Jahre ausgedehnt werden (ÖB Peking 11.2016).

Quellen:

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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