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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art7 Abs1;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn): 99/13/0266 E 22. März 2000Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und Senatspräsident Dr. Pokorny sowie die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Repa, über die Beschwerde des Werner W in W, vertreten durch Dr. Wolfgang Miller, Rechtsanwalt in Wien IV, Operngasse 24, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 1. Dezember 1993, Zl. GA 5 - 1945/93, betreffend Jahresausgleich 1992, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer bezog im Jahr 1992 in der Zeit vom 1. Jänner bis 30. Juni Arbeitslosengeld. Daneben erzielte er in der Zeit vom 1. Jänner bis 31. März Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit aus einem früheren Dienstverhältnis (= "Folgeprovisionen") und in der zweiten Jahreshälfte vom 1. Juli bis 31. Dezember Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit aus einem bestehenden Dienstverhältnis (= "Aktiveinkünfte").
Im Wege des Jahresausgleichs wurde die Steuer vom Finanzamt unter Anwendung des Progressionsvorbehaltes gemäß § 3 Abs. 2 EStG 1988 idF BGBl. Nr. 660/1989 in der Weise ermittelt, dass die Aktiveinkünfte auf einen Jahresbetrag umgerechnet und danach um die Folgeprovisionen erhöht wurden. Auf das so nach Abzug der Sonderausgaben errechnete fiktive Einkommen wurde der Steuertarif (ohne Berücksichtigung der Steuerabsetzbeträge) angewendet und der Gesamtbelastungsprozentsatz festgestellt. Mit diesem Prozentsatz wurde sodann das tatsächlich erzielte steuerpflichtige Einkommen des Beschwerdeführers besteuert, wobei auch die Steuerabsetzbeträge Berücksichtigung fanden.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung und vertrat darin die Auffassung, dass einerseits auch die während des Bezuges von Arbeitslosengeld ausbezahlten Folgeprovisionen hochzurechnen wären, andererseits aber der Divisor, der den Zeitraum des Bezugs der hochzurechnenden Einkünfte berücksichtige, entsprechend angehoben werden müsse.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab und begründete dies damit, dass § 3 Abs. 2 EStG 1988 lediglich eine Umrechnung (= Hochrechnung) solcher Einkünfte vorsehe, die während eines Zeitraumes bezogen wurden, in dem der Steuerpflichtige kein Arbeitslosengeld erhalten habe. Da die Folgeprovisionen während des Zeitraumes bezogen worden seien, während dessen der Beschwerdeführer Arbeitslosengeld erhalten habe, seien sie in die Hochrechnung nicht einzubeziehen gewesen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 3 Abs. 2 EStG 1988 in der bereits zitierten Fassung lautet:
"(2) Erhält der Steuerpflichtige steuerfreie Bezüge im Sinne des Abs. 1 Z. 5 lit. a oder ... nur für einen Teil des Kalenderjahres, so sind die für das restliche Kalenderjahr bezogenen Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 1 bis 3 und laufende Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 41 Abs. 4 für Zwecke der Ermittlung des Steuersatzes auf einen Jahresbetrag umzurechnen.
Das Einkommen ist mit jenem Steuersatz zu besteuern, der sich unter Berücksichtigung der umgerechneten Einkünften ergibt; die festzusetzende Steuer darf jedoch nicht höher sein als jene, die sich bei Besteuerung sämtlicher Bezüge ergeben würde. ..."
Wie den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (277 BlgNR XVII. GP) zu entnehmen ist, hat die zitierte Bestimmung den Zweck, eine über die Steuerfreistellung des Arbeitslosengeldes hinausgehende Progressionsmilderung bei jenen Arbeitseinkünften zu vermeiden, die der Empfänger eines Arbeitslosengeldes allenfalls in Zeiträumen eines solchen Jahres erzielt, in denen er kein Arbeitslosengeld erhält. Solche Arbeitseinkünfte sollen nicht deswegen geringer besteuert werden, weil der Steuerpflichtige während eines Teiles des Jahres statt der Arbeitseinkünfte steuerfreies Arbeitslosengeld bezogen hat (vgl. auch die Ausführungen im hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 1990, 89/14/0283). Da nämlich bei Durchführung eines Jahresausgleiches gemäß § 73 Abs. 2 EStG 1988 eine gleichmäßige Verteilung der Einkünfte auf sämtliche Monate des Kalenderjahres vorgesehen und der so ermittelte "Monatslohn" für die Steuerermittlung maßgebend ist, wird dieser fiktive Monatslohn entsprechend geringer, wenn in die Verteilung Zeiträume einbezogen werden, in denen keine Arbeitseinkünfte bezogen wurden. Solche Zeiträume sollen durch die Hochrechnung neutralisiert werden.
Der Beschwerdeführer weist mit einer Reihe von Beispielen darauf hin, dass die von der belangten Behörde angewandte Berechnungsmethode bei gleichem Jahresgesamteinkommen zu unterschiedlichen Ergebnissen führt, je nach dem, welche Einkünfte hochgerechnet werden, weil sie außerhalb der Zeiträume des Arbeitslosengeldbezuges zugeflossen sind, und bei welchen keine Hochrechnung erfolgt, weil dies nicht der Fall ist.
Dem Beschwerdeführer ist zuzustimmen, dass die im Gesetz vorgesehene Steuerberechnungsmethode tatsächlich bei gleichem Jahreseinkommen zu ungleichen Steuerbelastungen führen kann. Dabei ist auch von ausschlaggebender Bedeutung, wie sehr der Hochrechnungszeitraum vom tatsächlichen Bezugszeitraum abweicht. Dies hat der Gesetzgeber auch erkannt und als Schutzbestimmung gegen ungewollte Steuermehrbelastungen ausdrücklich normiert, dass die festzusetzende Steuer nicht höher sein darf als jene, die sich bei Besteuerung sämtlicher Bezüge (also auch des Arbeitslosengeldes) ergeben würde. Aus dieser Klausel folgt, dass der Gesetzgeber bewusst unterschiedliche Steuerbelastungen in Kauf genommen und nur sichergestellt hat, dass der Steuerpflichtige nicht schlechter gestellt sein kann, als unter der Annahme, dass die Steuerbefreiung bei ihm nicht zum Tragen käme. Der Gerichtshof hegt gegen eine solche Regelung keine verfassungsrechtlichen Bedenken und sieht sich daher nicht veranlasst, die Anregung des Beschwerdeführers, an den Verfassungsgerichtshof einen Antrag auf Gesetzesprüfung zu stellen, aufzugreifen, zumal der Verfassungsgerichtshof die verfassungsgesetzliche Unbedenklichkeit der vergleichbaren Vorgängerbestimmung des Einkommensteuergesetzes 1972 in seinem Erkenntnis vom 28. Juni 1990, G 71/90-8, bereits ausgesprochen hat.
Mit Rücksicht auf das Beschwerdevorbringen sei noch auf Folgendes hingewiesen:
Der Umstand, dass das Gesetz ausdrücklich nur eine Umrechnung jener Arbeitseinkünfte vorsieht, "die für das restliche Kalenderjahr" bezogen wurden, ist offensichtlich auf die typisierende Betrachtungsweise zurückzuführen, dass während der Dauer eines Arbeitslosengeldbezuges regelmäßig keine ins Gewicht fallenden Arbeitseinkünfte zufließen. Gerade in Fällen, in denen neben dem Arbeitslosengeldbezug aber nur geringfügige Arbeitseinkünfte erzielt würden, wäre es mit der Zielsetzung des § 3 Abs. 2 EStG 1988 unvereinbar, diese Bezugszeiträume nicht zu neutralisieren und den progressionsmildernden Umstand der Steuerbefreiung des Arbeitslosengeldes für die nicht befreiten Einkünfte zum Tragen kommen zu lassen. Die Auslegung des Beschwerdeführers, wonach die Wortfolge "für das restliche Kalenderjahr" nicht zuflussbezogen, sondern anspruchskausalbezogen zu verstehen sei, geht am oben dargelegten Sinn und Zweck der in Rede stehenden Bestimmung völlig vorbei, weil die durch die Steuerbefreiung des Arbeitslosengeldes bewirkte Progressionsmilderung bei anderen Arbeitseinkünften, die der Gesetzgeber vermeiden möchte, nur durch deren Zufluss im Jahr des Arbeitslosengeldbezuges, nicht aber durch deren kausale Verknüpfung mit anspruchsbegründenden Umständen in anderen Besteuerungsperioden verursacht wird.
Die Beschwerde erweist sich demnach als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten in angesprochener Höhe gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 20. Juli 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1994130024.X00Im RIS seit
21.02.2002