TE Bvwg Erkenntnis 2018/11/5 W136 2201290-1

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Veröffentlicht am 05.11.2018
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Entscheidungsdatum

05.11.2018

Norm

BDG 1979 §44 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
HDG 2014 §2 Abs1 Z1
HDG 2014 §3 Abs1 Z1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W136 2201290-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Brigitte HABERMAYER-BINDER als Vorsitzende sowie die fachkundigen Laienrichter Bgdr Dr. Norbert HUBER und Olt Mag. Christoph PROKSCH als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Manfred FUCHSBICHLER, Traunaustraße 23/8/5, 4600 WELS gegen den Beschluss der DISZIPLINARKOMMISSION FÜR SOLDATEN vom 23.05.2018, GZ 878-05-DKS/16, betreffend die Einleitung eines Disziplinarverfahrens zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (BF) steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis als Berufsunteroffizier beim österreichischen Bundesheer. Seine Dienststelle ist das Kommando des XXXX . Von 08.08.2016 bis zum 09.09.2016 war er als Fahrlehrer zum XXXX dienstzugeteilt.

2. Am 07.09.2016 teilte ein namentlich unbekannter Anrufer dem Bürgerservice/BMLV telefonisch mit, dass der BF als Fahrlehrer die Rekruten bei der Kraftfahrausbildung als "Arschlöcher und Deppen" beschimpfen würde und "Sieg Heil" rufen würde. Mit dem Anzeiger wurde seitens der Abteilung Disziplinar- und Beschwerdewesen Kontakt aufgenommen, wobei dieser seine Vorwürfe bekräftigte.

3. Mit Note vom 13.09.2016 teilte der Disziplinarvorgesetzte des BF diesem mit, dass gegen ihn ein Disziplinarverfahren eingeleitet werde, weil er im Verdacht stünde, im Rahmen der näher genannten Fahrausbildung GWD (Anm. BVwG: Grundwehrdienst Leistende) beschimpft zu haben ("Arschlöcher, Deppen") und "Sieg Heil" gerufen zu haben.

4. Im Rahmen der weiteren Erhebungen wurde der BF niederschriftlich als Beschuldigter im Disziplinarverfahren vernommen, wobei dieser sämtliche Vorwürfe bestritt. Fünf Rekruten, die an der fraglichen Ausbildung teilgenommen hatten, wurden zeugenschaftlich einvernommen und gaben zusammengefasst an, dass der BF entweder sie selbst als (Voll)Idioten, Plempln, Deppen oder Trotteln beschimpft hätte oder sie diese Beschimpfungen des BF zumindest wahrgenommen hätten. Drei Rekruten gaben an, dass sie gehört hätten, wie der BF einmal "Sieg Heil" gerufen hätte.

Dem nunmehr rechtsfreundlich vertretenen BF wurde vollumfänglich Akteneinsicht, insbesondere auch zu den aufgenommenen Niederschriften gewährt und beantragte dieser mit Note vom 21.12.2016 die Einstellung des Verfahrens unter Hinweis auf angebliche Widersprüche der Zeugen und dass etwaige Äußerungen des BF als impulsive Unmutsäußerungen betrachtet werden müssten.

5. Am 07.11.2016 wurde vom Disziplinarvorgesetzten des BF Strafanzeige im Zusammenhang mit dem von den Zeugen wahrgenommenen "Sieg Heil"-Ruf erstattet.

Mit Note vom 29.11.2016 erstattete der Disziplinarvorgesetzte des BF Disziplinaranzeige bei der belangten Behörde.

6. Mit Note vom 22.02.2017 benachrichtigte die Staatsanwaltschaft den Disziplinarvorgesetzten von der Einstellung des Verfahrens gemäß § 190 Z 2 StPO iZm einem Hitlergruß, da eine Wiederbetätigung im nationalsozialistischen Sinne im Zweifel nicht nachgewiesen werden könne.

7. Mit dem bekämpften Bescheid stellte die belangte Behörde das Disziplinarverfahren hinsichtlich des angezeigten "Sieg Heil"-Rufes ein, leitete jedoch gegen den BF gemäß § 72 Abs. 2 HDG 2014 ein Kommissionsverfahren ein wegen des Verdachtes, er habe als vom XXXX der XXXX dienstzugeteilter Fahrlehrer in diesem Zeitraum zu nicht näher bekannten Zeitpunkten im Zuge der Fahrschulausbildung als Vorgesetzter den gebotenen Umgangston gegenüber untergebenen Kursteilnehmern verletzt, indem er diese bei Fahrfehlern oder wenn sie Fragen aus der Theorie nicht beantworten konnten mit Ausdrücken wie Plermpl, Deppen, Idioten, Vollidioten oder Mundl bezeichnete und hätte dadurch durch Missachtung näher genannter erlassmäßiger Bestimmungen betreffend Umgangston und gegenseitiges Verhalten zumindest fahrlässig gegen § 44 Abs. 1 BDG 1979 verstoßen und Pflichtverletzungen nach § 2 Abs. 1 Z 1 HDG 2014 begangen.

8. Gegen diesen Bescheid wurde rechtzeitig Beschwerde erhoben und Rechtswidrigkeit wegen Verjährung, Verletzung gegen das Bestimmtheitserfordernis, unzureichende rechtliche Grundlagen und unzureichende Prüfung der Einstellungsgründe eingewendet. Die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung wurde beantragt.

6. Mit Schriftsatz vom 13.07.2018 (eingelangt beim BVwG am 19.07.2018) legte die DKS dem BVwG die gegenständliche Beschwerde - ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen - zur Entscheidung vor. Der zuständige Senat des BVwG führte am 05.11.201A eine nichtöffentliche Sitzung durch.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen und Beweiswürdigung:

1.1. Die Feststellungen zum Verfahrensgang ergeben sich aus der unbestrittenen Aktenlage.

1.2. Es besteht der begründete Verdacht, dass der BF im Rahmen der Fahrschulausbildung als Fahrlehrer die Fahrschüler beschimpft hat. Dies ergibt sich aus den dem Disziplinarakt inneliegenden niederschriftlichen Aussagen von fünf Fahrschülern.

2. Rechtliche Beurteilung:

2.1. Zuständigkeit des BVwG

Art. 131 B-VG regelt die grundsätzliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts hinsichtlich der Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden.

Das Dienstrecht und damit auch das Disziplinarrecht der Beamten ist gem. Art. 10 Abs. 1 Z 16 B-VG ebenso wie das Heeresdisziplinarrecht (als militärische Angelegenheit gem. Art 102 Abs. 2 B-VG) unmittelbar von Bundesbehörden zu vollziehen.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Aufgrund der gesetzlicher Anordnung in § 75 Abs. 1 HDG 2014, wonach über Beschwerden gegen einen Beschluss der Disziplinarkommission nach § 72 Abs. 2 HDG 2014 das BVwG durch einen Senat zu entscheiden hat, liegt bei Beschwerden gegen einen Einleitungsbeschluss oder gegen eine Einstellung nach § 62 Abs. 3 HDG 2014 in diesem Verfahrensstadium Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 28 Abs. 1 VwGVG normiert, dass sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen hat. Gem. Abs. 2 hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Der für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Einleitungsbeschlusses notwendige Sachverhalt war den Akten zu entnehmen und steht fest. Der für die rechtliche Beurteilung der Zulässigkeit der Erlassung des Einleitungsbeschlusses entscheidungswesentliche Sachverhalt ist ausreichend erhoben. Eine mündliche Verhandlung wurde zwar beantragt, wird jedoch vom BVwG aus den o.a. Gründen nicht für notwendig erachtet (§ 24 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 VwGVG). Ein Fall des Art. 6 EMRK liegt in diesem Verfahrensstadium noch nicht vor (vgl. im Übrigen auch VfSlg 16716/2002 mwH, wonach ein Einleitungsbeschluss keine Entscheidung über eine "strafrechtliche Anklage" i.S.d Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten [EMRK], BGBl. Nr. 210/1958 darstellt - für einen Verhandlungsbeschluss gilt sinngemäß das Gleiche u. VfGH 30.11.2004, B 94/04). Ein unionsrechtlicher Anknüpfungspunkt, der die Anwendung des Art. 47 Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC), ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, indizieren würde, liegt nicht vor.

Zu A)

2.2. Die anzuwendenden Bestimmungen des Heeresdisziplinargesetzes 2014 - HDG 2014, BGBl. I. Nr. 2/2014 (WV), zuletzt geändert durch BGBl. I. Nr. 32/2018, lauten:

"Verjährung

§ 3. (1) Ein Verdächtiger darf wegen einer Pflichtverletzung nur bestraft werden, wenn gegen ihn ein Disziplinarverfahren eingeleitet wurde

1. innerhalb von sechs Monaten ab dem Zeitpunkt, an dem die Pflichtverletzung einer für den Verdächtigen in Betracht kommenden Disziplinarbehörde zur Kenntnis gelangt ist, und

2. innerhalb von drei Jahren seit Beendigung der Pflichtverletzung.

(2) Ein Beschuldigter darf wegen einer Pflichtverletzung nur innerhalb von drei Jahren nach Einleitung des Verfahrens bestraft werden. Nach Ablauf dieser Frist gilt das Disziplinarverfahren als eingestellt.

.....

Kommandantenverfahren

Anwendungsbereich

§ 59. Im Kommandantenverfahren ist zu entscheiden über Pflichtverletzungen von

1. Soldaten, die Präsenzdienst leisten,

2. Soldaten, die dem Bundesheer auf Grund eines Dienstverhältnisses angehören, sofern keine strengere Strafe als die Geldbuße erforderlich ist, und

3. Wehrpflichtigen des Miliz- und Reservestandes.

"Einleitung des Verfahrens

§ 61. (1) Gelangt dem für den Verdächtigen zuständigen Einheitskommandanten der Verdacht einer Pflichtverletzung zur Kenntnis, so hat diese Behörde zunächst den Sachverhalt zu prüfen. Liegen die Voraussetzungen für das Kommandantenverfahren vor, so hat der Einheitskommandant das Verfahren durch eine erste Verfolgungshandlung gegen den Verdächtigen einzuleiten. Die erfolgte Einleitung ist dem Beschuldigten, sofern das Verfahren nicht unmittelbar nach dieser Verfolgungshandlung eingestellt wird, unter Angabe der näheren Umstände der zugrunde liegenden Pflichtverletzung unverzüglich formlos mitzuteilen.

.....

Durchführung des ordentlichen Verfahrens

§ 62. (1) Dem Beschuldigten sind die Erhebungsergebnisse vorzuhalten. Eine mündliche Verhandlung ist durchzuführen, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhaltes notwendig oder zweckmäßig erscheint. Die Disziplinarbehörde darf aus ihrem Zuständigkeitsbereich erforderliche Hilfskräfte zu einer solchen Verhandlung beiziehen. Findet keine mündliche Verhandlung statt, so ist das Ermittlungsverfahren schriftlich durchzuführen.

(2) Liegen die Voraussetzungen für das abgekürzte Verfahren nicht vor, so hat der Einheitskommandant dem Disziplinarvorgesetzten Meldung zu erstatten. In diesem Falle hat der Disziplinarvorgesetzte

1. das Disziplinarverfahren als ordentliches Verfahren durchzuführen oder

2. die Disziplinaranzeige zu erstatten, wenn bei einem Soldaten, der dem Bundesheer auf Grund eines Dienstverhältnisses angehört, eine Geldstrafe oder die Entlassung oder die Unfähigkeit zur Beförderung oder die Degradierung erforderlich erscheint.

(3) .....

(4) Wird hinsichtlich der dem Verfahren zugrunde liegenden Pflichtverletzung eine Disziplinaranzeige erstattet, so gilt das Verfahren ab dem Zeitpunkt der Erstattung dieser Anzeige als eingestellt. Dies gilt auch, wenn der Beschuldigte hinsichtlich einer solchen Pflichtverletzung die Einleitung eines Kommissionsverfahrens gegen sich selbst beantragt, ab dem Zeitpunkt des Einlangens dieses Antrages beim Disziplinarvorgesetzten.

(5) .....

Kommissionsverfahren

Disziplinaranzeige

§ 68. (1) Gelangt dem jeweiligen Disziplinarvorgesetzten der Verdacht einer Pflichtverletzung

1. eines Soldaten, der dem Bundesheer auf Grund eines Dienstverhältnisses angehört, oder

2. eines Berufssoldaten des Ruhestandes

zur Kenntnis und liegen im Falle der Z 1 die Voraussetzungen für das Kommandantenverfahren nicht vor, so hat der Disziplinarvorgesetzte nach den erforderlichen Erhebungen zur vorläufigen Klarstellung des Sachverhaltes schriftlich eine Disziplinaranzeige an die Disziplinarkommission zu erstatten. Gleichzeitig hat der Disziplinarvorgesetzte je eine Abschrift der Disziplinaranzeige dem Disziplinaranwalt sowie dem Verdächtigen zu übermitteln.

(2) ....

§ 72. (1) Der Vorsitzende der Disziplinarkommission hat die Disziplinaranzeige dem zuständigen Senat zur Entscheidung darüber zuzuweisen, ob ein Disziplinarverfahren durchzuführen ist. Die hiefür notwendigen Erhebungen sind auf Verlangen des Senatsvorsitzenden vom Disziplinarvorgesetzten des Verdächtigen durchzuführen oder zu veranlassen.

(2) Ist nach Durchführung der notwendigen Erhebungen der Sachverhalt ausreichend geklärt, so hat der Senat

1. einen Einleitungsbeschluss zu erlassen oder,

2. sofern ein Einstellungsgrund nach § 62 Abs. 3 vorliegt, das Verfahren mit Beschluss einzustellen.

Im Einleitungsbeschluss sind die Anschuldigungspunkte im Einzelnen anzuführen und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung anzuordnen. [...]"

2.3. Im Zusammenhang mit einem nach dem Heeresdisziplinarrecht zu fassenden Einleitungsbeschluss im Kommissionsverfahren hat der Verwaltungsgerichtshof Folgendes ausgesprochen:

Zum HDG hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass ein Einleitungsbeschluss, welcher im Kommissionsverfahren als Einleitung des Verfahrens zu erlassen ist, zwar nicht die einzelnen Fakten in allen für eine Subsumtion relevanten Einzelheiten umschreiben muss, aber es muss gegen den Beamten ein aus den konkreten Tatsachen abgeleiteter bestimmter Verdacht ausgesprochen werden. Der Spruch eines solchen Bescheides ist nicht für sich allein, sondern in Verbindung mit der Begründung zu beurteilen (Hinweis E vom 9. September 1997, Zl. 95/09/0243). Erst der Spruch des Disziplinarerkenntnisses stellt die letzte im Disziplinarverfahren erfolgende Konkretisierung der gegen den Beschuldigten erhobenen Vorwürfe dar. Was für einen Einleitungsbeschluss gilt, kann als Richtlinie auch für die formlos zu erfolgende Einleitung eines Kommandantenverfahrens herangezogen werden (VwGH 16.10.2008, 2008/09/0050).

Da die Bestimmungen des HDG 1994 über den Einleitungs- und Verhandlungsbeschluss - soweit dies aus der Sicht des Beschwerdefalles von Bedeutung ist - den vergleichbaren Bestimmungen des BDG 1979 im Wesentlichen entsprechen, bestehen keine Bedenken, die in dieser Hinsicht zum BDG 1979 ergangenen Grundsätze der Rechtsprechung auf das HDG 1994 zu übertragen, insbesondere auch hinsichtlich der Vorgangsweise, dass bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen Einleitungsbeschluss und Verhandlungsbeschluss gleichzeitig gefasst werden (Hinweis E 15.9.1994, 92/09/0382; VwGH 17.05.2000, 97/09/0373).

Im Sinne dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshof lassen sich unter Bedachtnahme auf die Gleichartigkeit der diesbezüglichen Bestimmungen im BDG 1979 und im HDG 2014 die vom ihm entwickelten Grundsätze seiner Rechtsprechung zum Einleitungsbeschluss im Disziplinarverfahren nach dem BDG 1979 auch auf im Kommissionsverfahren nach dem HDG 2014 ergangene Einleitungsbeschlüsse übertragen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof zur vergleichbaren Rechtslage des BDG 1979 und des LDG 1984 in ständiger Rechtsprechung dargelegt hat (Hinweis E 9.9.1997, 95/09/0243, sowie E 16.9.1998, 96/09/0320), ist die dem Einleitungsbeschluss in einem Disziplinarverfahren zukommende rechtliche Bedeutung in erster Linie darin gelegen, dem wegen einer Dienstpflichtverletzung beschuldigten Beamten gegenüber klarzustellen, hinsichtlich welcher Dienstpflichtverletzung ein Disziplinarverfahren innerhalb der Verjährungsfrist eingeleitet wurde. Der Bescheid, durch den das Disziplinarverfahren eingeleitet wird, und der für dessen weiteren Gang eine Prozessvoraussetzung bildet, dient zugleich dem Schutz des Beschuldigten, der ihm entnehmen kann, nach welcher Richtung er sich vergangen und inwiefern er pflichtwidrig gehandelt haben soll. Der Einleitungsbeschluss begrenzt regelmäßig den Umfang des vor der Disziplinarkommission stattfindenden Verfahrens: Es darf keine Disziplinarstrafe wegen eines Verhaltens ausgesprochen werden, das nicht Gegenstand des durch den Einleitungsbeschluss in seinem Umfang bestimmten Disziplinarverfahrens ist. Um dieser Umgrenzungsfunktion gerecht zu werden, muss das dem Disziplinarbeschuldigten als Dienstpflichtverletzung vorgeworfene Verhalten im Einleitungsbeschluss derart beschrieben werden, dass unverwechselbar feststeht, welcher konkrete Vorgang den Gegenstand des Disziplinarverfahrens bildet. Die angelastete Tat muss daher nach Ort, Zeit und Tatumständen so gekennzeichnet werden, dass keine Unklarheit darüber möglich ist, welches dem Disziplinarbeschuldigten zur Last gelegte Verfahren auf der Grundlage des Einleitungsbeschlusses als Prozessgegenstand im anschließenden Disziplinarverfahren behandelt werden darf. Solcherart muss sich daher der Tatvorwurf von anderen gleichartigen Handlungen oder Unterlassungen, die dem Disziplinarbeschuldigten angelastet werden können, genügend unterscheiden lassen (VwGH vom 18.12.2012, Zl. 2011/09/0124).

2.4. Der Beschwerde kommt keine Berechtigung zu.

2.4.1. Zur Verjährungseinrede

Wie bereits unter I. Verfahrensgang festgestellt, hat der Disziplinarvorgesetzte des BF im Kommandantenverfahren diesem am 13.09.2016 gemäß § 61 Abs. 1 zweiter Satz HDG 2014 formlos schriftlich mitgeteilt, dass gegen ihn wegen 1.) Beschimpfung von GWD ("Arschlöcher, Deppen") und 2.) "Sieg-Heil"-Ausrufen im Fahrkurs vom 08.08. bis 09.09.2016 ein Disziplinarverfahren eingeleitet wird. Dieses Kommandantenverfahren galt gemäß § 61 Abs. 4 HDG 2014 ab dem Zeitpunkt der Erstattung durch den Disziplinarvorgesetzen an die belangte Behörde als eingestellt, was jedoch nichts daran ändert, dass das Disziplinarverfahren im Hinblick auf den Tatzeitraum der im Verdachtsbereich angelasteten Pflichtverletzungen, nämlich 08.08. bis 09.09.2016, innerhalb der diesbezüglichen Verjährungsfrist nach § 3 Abs. 1 Z 1 HDG 2014 eingeleitet wurde.

Insoweit eingewendet wird, dass die mit verfahrensgegenständlichen Einleitungsbeschluss getroffene Anlastung andere und zusätzliche Vorwürfe umfasse als in der formlosen Mitteilung vom 13.09.2016 kann dem nicht gefolgt werden, denn die nunmehr angelasteten Ausdrücke fallen unzweifelhaft unter den weiteren Begriff "Beschimpfung von GWD", auch wenn sie mit Ausnahme des Ausdrucks "Deppen" nicht wörtlich angeführt wurden. Nachdem hinsichtlich dieser Anlastung, das Disziplinarverfahren innerhalb der dafür vorgesehenen Frist eingeleitet wurde, ist Verjährung nicht eingetreten.

Zum Beschwerdevorbringen, wonach das Militärkommando XXXX gemäß § 24 HDG zuständig gewesen wäre, das Disziplinarverfahren einzuleiten, reicht der Hinweis, dass der BF zum Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens beim genannten Kommando nicht in Dienstverwendung stand, weshalb dessen Zuständigkeit nicht gegeben ist. Darauf, dass der BF die angelastete Pflichtverletzung begangen hat, als er bei diesem Kommando dienstzugeteilt war, kommt es nicht an.

2.4.2. Bestimmtheitsgebot

Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist die angelastete Tat im bekämpften Bescheid sowohl inhaltlich als auch zeitlich wie örtlich hinreichend im Sinne oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes konkretisiert. Weder fehlen Angaben zum Tatzeitraum noch zu den näheren Umständen, bei denen die inkriminierten Äußerungen gefallen sein sollen. Eine namentliche Nennung jener Personen, die entweder beschimpft wurden oder die derartige Äußerungen wahrgenommen haben, ist im Rahmen des Einleitungsbeschlusses keinesfalls notwendig, ist doch der betroffene Personenkreis hinreichend konkretisiert worden und das dem BF angelastete Verhalten deutlich abgrenzbar. Im Übrigen kann auch nicht erkannt werden, inwiefern die Widerlegbarkeit der Anlastungen durch den BF dadurch erschwert sein sollte, dass ihm die Namen der betroffenen Kursteilnehmer offenkundig nicht mehr erinnerlich sind, sind diese doch bereits im Akt der belangten Behörde erhalten, in den dem BF bereits Akteneinsicht gewährt worden ist.

2.4.3. Einwand der unzureichenden rechtlichen Grundlagen

Insoweit der BF einwendet, dass die belangte Behörde im bekämpften Bescheid in sich widersprüchliche Ausführungen zur rechtlichen Einordnung der Anlastung tätigen würde, ist darauf zu verweisen, dass eine endgültige rechtliche Würdigung der Anlastungen im Einleitungsbeschluss ohnehin nicht vorzunehmen ist. Im Übrigen regelt § 44 Abs. 1 BDG 1979 keineswegs - wie vorgebracht wird - nur Dienstpflichteten "gegenüber Vorgesetzten" sondern statuiert eine grundsätzliche Verpflichtung zur Weisungsbefolgung durch Beamte, wozu auch Erlässe als generelle Weisungen unzweifelhaft zählen.

2.4.4. Einstellungsgründe

Wenn der BF einwendet, dass sich die belanget Behörde nicht hinreichend mit den gesetzlichen Einstellungsgründen auseinandergesetzt habe, ist dem entgegen zu halten, dass mit dem bekämpften Bescheid hinsichtlich der Anlastung der "Sieg Heil"-Rufe das Disziplinarverfahren eingestellt wurde. Die belangte Behörde hat sich demnach offenkundig auch damit auseinandergesetzt, hat aber zu Recht hinsichtlich der Beschimpfungen das Verfahren nicht eingestellt. Die vom BF eingewendete disziplinarrechtliche Unbescholtenheit wird im weiteren Verfahren, allenfalls bei der Strafzumessung zu berücksichtigen sein.

Zusammengefasst kann eine Rechtswidrigkeit bekämpften Bescheides nicht erkannt werden, weshalb die Beschwerde abzuweisen war.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf die unter A) dargestellte Rechtsprechung wird verwiesen.

Schlagworte

Beschimpfung, Dienstpflichtverletzung, Disziplinarverfahren,
Einleitungsbeschluss, Gehorsamspflicht, Weisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W136.2201290.1.00

Zuletzt aktualisiert am

29.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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