Entscheidungsdatum
06.11.2018Norm
AVG §13 Abs8Spruch
W122 2207199-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gregor ERNSTBRUNNER als Einzelrichter über die Beschwerde von Bezirksinspektorin XXXX , vertreten durch Rechtsanwälte Riel & Grohmann & Sauer, Gartenaugasse 1, 3500 Krems, gegen den Bescheid des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz, vom 23.08.2018, Zl. BMVRDJ-3005663/0003-II 4/b/2018, betreffend Herabsetzung der Wochendienstzeit nach § 50a BDG 1979, zu Recht erkannt:
A) Der Bescheid wird ersatzlos behoben.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Mit Schreiben vom 06.04.2018 ersuchte die Beschwerdeführerin um Verlängerung der Herabsetzung ihrer regelmäßigen Wochendienstzeit auf 30 Stunden gemäß § 50a BDG 1979 von XXXX bis XXXX bzw. ("richtig") XXXX .
Mit Erlass vom 06.08.2018 teilte die Generaldirektion mit, dass in Aussicht genommen werde, dem Antrag um Verlängerung der Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit bis zum XXXX wegen dem Entgegenstehen wichtiger dienstlicher Interessen nicht statt zu geben.
Mit Stellungnahme vom 16.08.2018 begründet die Beschwerdeführerin wiederholt ihr Ansuchen um Verlängerung der Herabsetzung ihrer regelmäßigen Wochendienstzeit auf 30 Stunden mit der notwendigen Betreuung ihrer am XXXX geborenen Tochter und der Pflege ihrer XXXX -jährigen Schwiegermutter.
Mit Bescheid vom 23.08.2018 wurde das Ersuchen der Beschwerdeführerin abgewiesen. Begründend angeführt wurde im Wesentlichen, dass dem Begehren der Beschwerdeführerin wichtige dienstliche Interessen entgegenstehen.
Mit fristgerecht eingebrachter Beschwerde vom 18.09.2018 beantragte die Beschwerdeführerin, den Bescheid vom 23.08.2018 dahingehend abzuändern, dass der Antrag auf Verlängerung der Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit nach § 50 a BDG 1979 für die Zeit vom XXXX bis XXXX bei gleichzeitiger Erhöhung der Wochendienstzeit auf 30 Stunden (75 % des für eine Vollbeschäftigung vorgesehenen Ausmaßes) bewilligt werde. Begründend angeführt wurde im Wesentlichen die Betreuung der Tochter und Schwiegermutter der Beschwerdeführerin. Wichtige dienstliche Interessen lägen nicht vor, da bereits bisher der Betrieb an der Dienststelle gewährleistet gewesen wäre, obwohl die Beschwerdeführerin bereits auf 25 Stunden pro Woche herabgesetzt Dienst geleistet hätte. Nach Beendigung der Schulpflicht der zu betreuenden Tochter würde die Beschwerdeführerin kein weiteres Ansuchen zur Herabsetzung stellen.
Am 08.10.2018 erfolgte die elektronische Aktenvorlage an das Bundesverwaltungsgericht. Mit Erledigung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.10.2018 wurde die Beschwerdeführerin in Kenntnis gesetzt, dass der gegenständliche Beginnzeitpunkt bereits verstrichen wäre. Eine Antragsmodifikation binnen gesetzter Frist erfolgte nicht.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und ist der Justizanstalt XXXX als Justizwachebeamtin zur Dienstleistung zugewiesen.
Am 06.04.2018 ersuchte die Beschwerdeführerin um Verlängerung der Herabsetzung ihrer regelmäßigen Wochendienstzeit gemäß § 50a BDG 1979 von 30 Stunden. Der Gegenstand des bekämpften Bescheides umfasst den Zeitraum von XXXX bis XXXX . Der diesbezügliche Antrag wurde nicht modifiziert.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akteninhalt und wurden nicht bestritten.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt mangels anderslautender Spezialnorm Einzelrichterzuständigkeit vor.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte entfallen, da diese vom anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer nicht beantragt wurde und der maßgebliche Sachverhalt nicht bestritten wurde.
Zu A)
§ 50a Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979) BGBl. Nr. 333/1979 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 71/2003 lautet auszugsweise:
"Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit aus beliebigem Anlaß
§ 50a. (1) Die regelmäßige Wochendienstzeit des Beamten kann auf seinen Antrag bis auf die Hälfte des für eine Vollbeschäftigung vorgesehenen Ausmaßes herabgesetzt werden, wenn der Verwendung im verlangten Ausmaß keine wichtigen dienstlichen Interessen entgegenstehen.
(2) Das Ausmaß der Herabsetzung ist so festzulegen, daß die verbleibende regelmäßige Wochendienstzeit ein ganzzahliges Stundenausmaß umfaßt. Das Ausmaß darf nicht weniger als 20 und nicht mehr als 39 Stunden betragen.
(3) Die Herabsetzung wird für die Dauer eines Jahres oder eines Vielfachen eines Jahres wirksam. Übersteigen die gesamten Zeiträume einer solchen Herabsetzung für einen Beamten insgesamt zehn Jahre, bleibt das zuletzt gewährte Ausmaß der Herabsetzung ab diesem Zeitpunkt bis zu seiner allfälligen Änderung gemäß § 50d Abs. 1 dauernd wirksam. Auf diese Obergrenze von zehn Jahren zählen auch Zeiten in früheren Dienstverhältnissen, in denen die Wochendienstzeit nach § 50a herabgesetzt war.
(4) [ ]"
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner ständigen Rechtsprechung ausführt, ist eine ausdrückliche oder implizite Ermächtigung zu einer rückwirkenden Rechtsgestaltung dem § 50a BDG 1979 nicht zu entnehmen. Eine rückwirkende Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit für Zeiträume, in denen ein Beamter bereits normal Dienst geleistet hat, erwiese sich daher als unzulässig (VwGH 01.07.2015, Ra 2015/12/0024).
Gemäß § 50a Abs. 3 BDG 1979 ist die Herabsetzung für die Dauer eines Jahres oder eines Vielfachen eines Jahres wirksam. Der Bescheid sprach über den Zeitraum vom XXXX bis zum XXXX ab. Damit ist in eindeutiger Weise der zeitliche Rahmen der beantragten Herabsetzung und somit auch der Prüfungsumfang der Beschwerde gemäß § 27 VwGVG abgesteckt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung zu Verfahren über Beschwerden gegen verwaltungsbehördliche Bescheide festgehalten, dass - ungeachtet des durch § 27 VwGVG vorgegebenen Prüfungsumfanges - als Sache eines solchen Verfahrens jedenfalls nur jene Angelegenheit anzusehen ist, die den Inhalt des Spruches der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde gebildet hat (vgl. VwGH 10.11.2015, Ro 2015/19/0001 mwN).
Der Verwaltungsgerichtshof führt in seiner Rechtsprechung aus, dass wenn in § 50a Abs. 1 BDG 1979 vom "Ausmaß" der Herabsetzung die Rede ist, damit freilich nicht nur der stundenmäßige Umfang der Reduktion der regelmäßigen Wochendienstzeit gemeint ist, sondern auch der Zeitraum der Herabsetzung, d.h. deren Dauer und zeitliche Lagerung. Ob der gewünschten Herabsetzung ein wichtiges dienstliches Interesse entgegensteht, kann nämlich nicht abstrakt beurteilt werden, sondern nur in Bezug auf den konkreten Zeitraum, für den die Herabsetzung beantragt wird. Aus der Antragsbedürftigkeit der Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit ergibt sich, dass bereits der Antrag das begehrte Ausmaß der Herabsetzung konkret zu bezeichnen hat, d.h. sowohl den stundenmäßigen Umfang der Herabsetzung als auch den konkreten Zeitraum, für den diese gewährt werden soll (VwGH 12.05.2010, 2009/12/0081). Demnach besteht keine Möglichkeit einen Antrag für die Dauer von einem Jahr zu stellen, ohne eine konkrete zeitliche Lagerung anzugeben. Dies ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass sich die Dienstbehörde bei der Beurteilung der dienstlichen Interessen auf rezente durchschnittliche Zahlen zu stützen hat, sodass bei der Bescheiderlassung die Zahlen festzustellen und darauf aufbauend die Prognose für den begehrten Herabsetzungszeitraum zu treffen wären (VwGH 12.05.2010, 2009/12/0044).
Demnach ist im vorliegenden Fall Sache des Beschwerdeverfahrens der Bescheid über die Herabsetzung der Wochendienstzeit vom XXXX bis zum XXXX .
Gemäß § 13 Abs. 8 AVG kann der verfahrensleitende Antrag in jeder Lage des Verfahrens geändert werden. Durch die Antragsänderung darf die Sache ihrem Wesen nach nicht geändert werden. Wie weit eine Antragsänderung konkret gehen darf, hängt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch entscheidend davon ab, ob die Änderung vor Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides oder erst im Zuge eines allfälligen Berufungsverfahrens erfolgt. Zwar ist auch dort eine Antragsänderung grundsätzlich zulässig, allerdings zieht § 66 Abs. 4 AVG solchen Modifikationen engere Grenzen als der bloß auf das Wesen der Sache abstellende § 13 Abs. 8 AVG. So ist die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde nämlich gemäß § 66 Abs. 4 AVG auf die "Sache" des erstinstanzlichen Verfahrens beschränkt (vgl. VwGH 18.08.2017, Ro 2015/04/0006 mwN).
Da nach der genannten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes über das eigentliche Begehren der Beschwerdeführerin auf eine Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit vom XXXX bis zum XXXX nicht abgesprochen werden kann, weil eine rückwirkende Herabsetzung nicht möglich ist wurde ein Wegfall der Zuständigkeit der Behörde bewirkt, weshalb der bekämpfte Bescheid ersatzlos zu beheben ist. Durch den bis zur Zustellung des gegenständlichen Erkenntnisses in Geltung gestandenen Bescheid wurde dem Recht auf eine meritorische Entscheidung über den zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung noch möglichen Antrag genüge getan. Da der Antrag im Zuge des Rechtsmittelverfahrens obsolet wurde, war dem Bescheid seine Grundlage entzogen und hatte eine separate Zurückweisung des Antrages nun nicht zu erfolgen.
Der Bescheid war daher ersatzlos zu beheben.
Zu B) Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, weil es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur vorliegenden Konstellation (einjähriger Antragszeitraum) fehlt. Zwar gibt es eindeutige (unter A. angeführte) Judikatur zum § 13 Abs. 8 AVG und der Sache eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens sowie zu § 50a BDG 1979, doch kann fallbezogen auch nicht verkannt werden, dass es in Fällen mit der vorliegenden Konstellation faktisch aufgrund des Zeitablaufs kaum möglich sein wird, einen Bescheid, der über eine einjährige Herabsetzung abspricht, im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu bekämpfen. Andererseits würde die Zulässigkeit der Modifikation des Antrages im Beschwerdeverfahren - über den eigentlich begehrten Zeitraum hinaus - bedeuten, dass das Bundesverwaltungsgericht über diesen Antrag als erste und einzige Instanz zu entscheiden und das vollständige Ermittlungsverfahren zu tragen hätte, da für die Beurteilung der dienstlichen Interessen nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die rezenten Zahlen (idR der letzten 17 Wochen unter Heranziehung des § 48a Abs. 3 BDG 1979) zugrunde zu legen sind. Die Im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30.05.2017, Ra 2016/12/0076-5 zu einem ähnlichen Fall aufgeworfene Frage, ob eine inhaltliche Entscheidung in Frage kommt, war unter der hier getroffenen Prämisse der Gegenstandsänderung zu verneinen.
Aufgrund des im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung bereits abgelaufenen Beginnzeitpunktes wäre unter Anlehnung an das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25.09.2007, 2006/06/0018 auch eine Zurückweisung der Beschwerde begründbar gewesen, unter dem Primat zur Entscheidung in der Sache und unter Berücksichtigung des Sachverhaltes im Entscheidungszeitpunkt des Verwaltungsgerichtes (ex nunc Betrachtung) jedoch nicht korrekt.
Schlagworte
Antragsänderung, Antragsbegehren, ersatzlose Behebung, rückwirkendeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W122.2207199.1.00Zuletzt aktualisiert am
29.01.2019