TE Bvwg Erkenntnis 2018/11/13 W235 1437709-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.11.2018
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Entscheidungsdatum

13.11.2018

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §54 Abs1 Z1
AsylG 2005 §54 Abs2
AsylG 2005 §55 Abs1 Z2
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9 Abs2
BFA-VG §9 Abs3
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W235 2100223-1/16E

W235 1437709-2/16E

W235 1437711-2/14E

W235 1437712-2/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1. XXXX , geb. XXXX , 2. XXXX , geb. XXXX , 3. XXXX , geb. XXXX und 4. mj. XXXX , geb. XXXX , diese gesetzlich vertreten durch: XXXX , alle StA. Russische Föderation, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.12.2014, Zl. 830628802-14769452 (ad 1.), Zl. 830628900-14769479 (ad 2.), Zl. 830629102-14769509 (ad 3.) sowie Zl. 830629004-1476925 (ad 4.) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 12.06.2018 zu Recht erkannt:

A)

I. Die Verfahren über die Beschwerden gegen die Spruchpunkte I. und II. der angefochtenen Bescheide werden wegen Zurückziehung der Beschwerden gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG eingestellt.

II. Den Beschwerden gegen die Spruchpunkte III. wird stattgegeben und festgestellt, dass eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG iVm § 9 Abs. 2 und 3 BFA-VG auf Dauer unzulässig ist. XXXX wird eine "Aufenthaltsberechtigung plus" für die Dauer von zwölf Monaten gemäß § 55 Abs. 1 Z 2 und § 54 Abs. 1 Z 1 iVm § 54 Abs. 2 AsylG erteilt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind ein Ehepaar und die Eltern des zum Zeitpunkt der Antragstellung noch minderjährigen, zum nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt volljährigen Drittbeschwerdeführers und der minderjährigen Viertbeschwerdeführerin. Alle vier Beschwerdeführer sind Staatsangehörige der Russischen Föderation und Zugehörige der tschetschenischen Volksgruppe. Nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet stellten sie gemeinsam mit ihrer mitgereisten volljährigen Tochter bzw. Schwester am 14.05.2013 ihre jeweiligen ersten Anträge auf internationalen Schutz.

1.2. Nach Durchführung von Ermittlungsverfahren wies das Bundesasylamt diese Anträge mit Bescheiden vom 20.08.2013 bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab. Unter den jeweiligen Spruchpunkten III. dieser Bescheide wurden die Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen.

1.3. Die gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden wurde mit Erkenntnissen des Asylgerichtshofes vom 08.10.2013 gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 Z 1 und 10 Abs. 1 Z 2 AsylG als unbegründet abgewiesen.

Im Verfahren der mitgereisten volljährigen Tochter bzw. Schwester erging eine inhaltlich gleichlautende Entscheidung.

1.4. Der Erstbeschwerdeführer stellte am 11.11.2013 einen Antrag auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 08.10.2013 rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahrens, welcher mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17.02.2014 abgewiesen wurde.

2.1. Den Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ist zu entnehmen, dass die Beschwerdeführer (ebenso wie die mitgereiste Tochter bzw. Schwester) am 19.02.2014 Anträge auf Erteilung von "Aufenthaltsberechtigungen besonderer Schutz" stellten.

Am 07.07.2014 stellten die Beschwerdeführer (wieder gemeinsam mit der volljährigen Tochter bzw. Schwester) die nunmehr verfahrensgegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz.

2.2. Diese Anträge wurden vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nach Durchführung von Ermittlungsverfahren (Einvernahmen des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin, Einräumung eines Parteiengehörs zu den Länderfeststellungen) mit den angefochtenen Bescheiden gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. dieses Bescheides wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Ferner wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf Erteilung von "Aufenthaltsberechtigungen besonderer Schutz" vom 19.02.2014 gemäß § 57 AsylG abgewiesen und ihnen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 55 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurden gegen die Beschwerdeführer Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig ist. Weiters wurde festgehalten, dass die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidungen beträgt (Spruchpunkt III.).

Der Antrag auf internationalen Schutz der mitgereisten volljährigen Tochter bzw. Schwester wurde ebenso abgewiesen.

3. Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer am 26.01.2015 im Wege ihres damaligen Vertreters fristgerecht Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Mangelhaftigkeit des Verfahrens.

Auch ihre mitgereiste Tochter bzw. Schwester erhob am selben Tag Beschwerde gegen den sie betreffenden Bescheid.

4. In den Verfahren vor dem Bundesamt sowie vor dem Bundesverwaltungsgericht wurden nachstehende, die Beschwerdeführer betreffende, verfahrensrelevante Unterlagen vorgelegt:

* Empfehlungsschreiben vom XXXX .2014 betreffend die Zweitbeschwerdeführerin;

* Sechs Empfehlungsschreiben vom XXXX .2014, vom XXXX 2015, vom XXXX .2018 und vom XXXX .2018 betreffend alle vier Beschwerdeführer;

* Schulbesuchsbestätigung einer Neuen Mittelschule vom XXXX .2015 betreffend die Viertbeschwerdeführerin;

* ÖSD Zertifikat A1 vom XXXX .2016 betreffend den Erstbeschwerdeführer mit der Beurteilung "gut bestanden" und betreffend die Zweitbeschwerdeführerin mit der Beurteilung "sehr gut bestanden";

* Kursbesuchsbestätigung "Deutsch als Zweitsprache Deutsch für leicht Fortgeschrittene A2" vom XXXX .2015 betreffend den Drittbeschwerdeführer;

* Bestätigung der ehrenamtlichen Mitarbeit des Erstbeschwerdeführers in einem Pflegezentrum von Oktober 2015 bis März 2016 vom XXXX .2018;

* Leistungsbeschreibung einer Neuen Mittelschule vom XXXX .2017 betreffend die Viertbeschwerdeführerin;

* Schulnachricht (nur positive Benotungen) der Viertbeschwerdeführerin für das Schuljahr 2017/2018;

* Jahreszeugnis (ebenfalls nur positive Benotungen) der Viertbeschwerdeführerin vom XXXX .2017;

* Empfehlungsschreiben vom XXXX .2018 betreffend die Viertbeschwerdeführerin;

* ÖSD Zertifikat B1 vom XXXX .2018 des Drittbeschwerdeführers mit der Beurteilung "gut bestanden" und

* "Absichtserklärung des Arbeitgebers gegenüber einem Bewerber zur Vorlage bei der Agentur für Arbeit bzw. ARGE" vom XXXX .2018 betreffend den Erst- und den Drittbeschwerdeführer sowie vom XXXX .2018 betreffend die Zweitbeschwerdeführerin;

5. Am 12.06.2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Zuhilfenahme einer geeigneten Dolmetscherin für die Sprache Russisch statt, an der der Erstbeschwerdeführer, die Zweitbeschwerdeführerin, der Drittbeschwerdeführer und ihr nunmehriger rechtsfreundlicher Vertreter teilnahmen. Die Viertbeschwerdeführerin war nicht zur Verhandlung geladen, begleitete jedoch ihre Familienmitglieder zur Verhandlung. Ein Vertreter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ist nicht erschienen; das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat bereits mit Beschwerdevorlage auf die Teilnahme an einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Im Zuge der Verhandlung brachte der Erstbeschwerdeführer verfahrenswesentlich vor, dass er in psychologischer Behandlung sei und Medikamente nehme. Auch sein Bruder, dessen Frau, deren Tochter und seine Mutter würden in Österreich leben. Sein Bruder und dessen Familie seien bereits österreichische Staatsangehörige. Seine Mutter, die in Österreich subsidiär schutzberechtigt sei, treffe der Erstbeschwerdeführer ca. einmal in der Woche. Ein gemeinsamer Haushalt und/oder eine finanzielle Abhängigkeit bestehe nicht. Er habe den A1-Kurs gemacht. Weiters habe er in einem Altenheim gearbeitet. Diese Tätigkeit habe er über einen "Berater" erhalten, auch um Deutsch zu lernen. Dort habe er sich um einen alten Mann gekümmert, der im Rollstuhl sitze, sei mit ihm spazieren gegangen und habe mit ihm Schach gespielt. Er könne [aus gesundheitlichen Gründen] keine schweren Arbeiten machen und wolle daher als Fahrer oder Schweißer arbeiten, wenn er ein Aufenthaltsrecht bekäme. In Österreich habe der Erstbeschwerdeführer den Führerschein gemacht. Mitglied in einem Verein oder in einer Organisation sei er nicht.

Verfahrenswesentlich gab die Zweitbeschwerdeführerin in der Beschwerdeverhandlung an, dass sie den A2-Kurs gemacht habe. Sie habe am 30. Mai die Prüfung gemacht, aber noch kein Ergebnis. In der Pension in XXXX [Anm.: wo die Beschwerdeführer leben] habe es ein Nachbarschaftshilfeprojekt der XXXX gegeben, an dem der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin teilgenommen hätten. Sie hätten noch mehr gearbeitet, um Kontakt zu anderen Menschen und ein zusätzliches Einkommen zu haben. Die Zweitbeschwerdeführerin habe geputzt und ihr Mann habe Gartenarbeiten verrichtet. Manchmal habe sie auch im Restaurant ausgeholfen; je nachdem, welche Arbeit gerade zu bekommen gewesen sei. Dadurch hätten sie viele österreichischen Bekanntschaften gemacht. Den alten Mann, von dem der Erstbeschwerdeführer gesprochen habe, habe auch die ganze Familie besucht. Sie wolle gerne weiterlernen. Die Zweitbeschwerdeführerin habe zwei Ausbildungen; sie sei Ökonomin und Pädagogin. Daher würde sie gerne als Lehrerin arbeiten, würde allerdings auch jede andere Arbeit annehmen. In der Pension gebe es leider keine Kurse für Erwachsene. Allerdings gebe es in der Pension eine Organisation, an der sich die Zweitbeschwerdeführerin beteilige. Beispielsweise sei es so, dass die Zweitbeschwerdeführerin gut nähen könne und daher repariere sie gratis für Menschen mit Behinderungen. Sie habe auch schon für die Zimmer in XXXX Vorhänge genäht. Ihre volljährige Tochter habe in Österreich ein Kind bekommen und sei jetzt wieder schwanger. Die Zweitbeschwerdeführerin habe Angst, von ihrer volljährigen Tochter getrennt zu werden, da diese eine eigene Familie habe. Als gesetzliche Vertreterin der Viertbeschwerdeführerin wolle sie angeben, dass die Viertbeschwerdeführerin sehr gut Deutsch spreche und die Neue Mittelschule besuche.

Der Drittbeschwerdeführer brachte verfahrenswesentlich und großteils in deutscher Sprache vor, dass er den B1 Kurs absolviert habe. Diesen Kurs habe er bestanden und wolle den Pflichtschulabschluss machen. Derzeit gebe es allerdings keine Klassen und ihm sei gesagt worden, dass er abwarten solle. Bei dem von der Zweitbeschwerdeführerin erwähnten Nachbarschaftshilfeprojekt sei es so gewesen, dass die Auftraggeber entschieden hätten, wie viel sie den Beschwerdeführern für ihre Arbeiten bezahlen würden. Wenn er in Österreich bleiben könne, würde er gerne Mechaniker werden. Als er nach Österreich gekommen sei, habe er nicht Deutsch gekonnt. Trotzdem sei er in jeder Unterrichtsstunde gewesen und habe zusätzlich Deutschkurse besucht. Er sei ein halbes Jahr in der polytechnischen Schule gewesen, habe jedoch kein Abschlusszeugnis, da ihm gesagt worden sei, er müsse zuerst Deutsch lernen. Mit 16 habe er den Mopedführerschein gemacht und lerne gerade für den Autoführerschein. Weiters mache er "Streetworkout". Dabei zeige er auch anderen - Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen - wie sie diese Übungen machen könnten. Über dieses "Streetworkout" würde er auch andere Menschen miteinander bekannt machen und beispielsweise Kinder ins Schwimmbad begleiten oder mit ihnen Fußball spielen. Der Drittbeschwerdeführer sei Mitglied in einer Musikgruppe und spiele Gitarre. Es gebe auch einen Instagram-Account mit Videos der Band. Seine volljährige Schwester lebe mit ihrem Mann und ihrer Tochter in der Nähe der Beschwerdeführer und sie würden sich häufig sehen. Ferner habe er eine Freundin. Seine Freundin sei 18 Jahre alt und mache eine Ausbildung, da sie in einem Callcenter arbeiten wolle. Seine Freundin habe zwar die russische Staatsbürgerschaft, lebe jedoch schon seit 13 Jahren in Österreich. Er schließe nicht aus, dass sie heiraten werden. Kennen gelernt hätten sie sich in einem Shopping Center auf der Rolltreppe.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurden nachstehende, verfahrensrelevante Unterlagen vorgelegt:

* handschriftliches vierseitiges Schreiben der Freundin des Drittbeschwerdeführers, dem eine enge emotionale Beziehung zu entnehmen ist (Beilage ./2);

* Bestätigung über eine seit XXXX .2015 laufende psychotherapeutische Behandlung des Erstbeschwerdeführers vom XXXX 2018 (Beilage ./6) und

* drei handschriftliche Empfehlungsschreiben von Freunden betreffend den Drittbeschwerdeführer (Beilage ./7)

6. Mit Schriftsatz vom 22.10.2018 zogen die Beschwerdeführer im Wege ihres rechtsfreundlichen Vertreters die Beschwerden gegen die jeweiligen Spruchpunkte I. (Asyl) und II. (subsidiärer Schutz) zurück. Aufrecht bleiben sohin lediglich die Beschwerden gegen die Spruchpunkte III. der angefochtenen Bescheide. Ergänzend wurde ausgeführt, dass sich die Beschwerdeführer seit Mai 2013 im Bundesgebiet befänden. Die Beschwerdeführer seien unbescholten und würden gemeinsam im Familienverband leben. Der Drittbeschwerdeführer und die Viertbeschwerdeführerin würden sehr gut Deutsch auf dem Niveau B1 sprechen und sei die Viertbeschwerdeführerin in ihrem Klassenverband gut integriert. Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin seien ebenfalls in ihrem Lebensumfeld integriert. Beide würden aktuell Deutschkurse besuchen und sei die A2 Prüfung am XXXX .2018 absolviert worden. Beide Beschwerdeführer seien ehrenamtlich tätig und liege für beide Beschwerdeführer eine unverbindliche Einstellungszusage vor.

Bis zum nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt wurden ergänzend folgende, verfahrensrelevante Unterlagen vorgelegt:

* Schreiben der Klassenvorständin der Viertbeschwerdeführerin vom XXXX .2018, demzufolge die Viertbeschwerdeführerin außerordentlich gut in die Klasse integriert ist, großes Engagement zeigt und von ihren Eltern in schulischen Belangen unterstützt wird;

* Kursanmeldebestätigungen des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin für einen Deutschkurs der Stufe A2 vom XXXX .2018;

* Prüfungsanmeldebestätigungen des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin für die ÖIF-Prüfung auf dem Niveau A2 am XXXX .2018;

* Zeugnisse der bestandenen Integrationsprüfung des Österreichischen Integrationsfonds zur Sprachkompetenz Niveau A2 und zu Werte- und Orientierungswissen des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin vom XXXX .2018 und

* Empfehlungsschreiben für alle vier Beschwerdeführer vom XXXX .2018

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind miteinander verheiratet und die Eltern des zum Antragszeitpunkt minderjährigen, zum nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt volljährigen Drittbeschwerdeführers und der minderjährigen Viertbeschwerdeführerin. Alle vier Beschwerdeführer sind Staatsangehörige der Russischen Föderation, Zugehörige der tschetschenischen Volksgruppe und bekennen sich zum muslimischen Glauben. Die Beschwerdeführer reisten gemeinsam mit ihrer volljährigen Tochter bzw. Schwester unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein und stellten am 14.05.2013 jeweils ihre ersten Anträge auf internationalen Schutz.

Diese Anträge wurden mit Bescheiden des Bundesasylamtes vom 20.08.2013 bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten sowie bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen und wurden die Beschwerdeführer in die Russische Föderation ausgewiesen. Die gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden wurden vom Asylgerichtshof mit Erkenntnissen vom 08.10.2013 abgewiesen. Im Verfahren der mitgereisten volljährigen Tochter bzw. Schwester wurde ein inhaltlich gleichlautender Bescheid bzw. ein inhaltlich gleichlautendes Erkenntnis getroffen.

Am 07.07.2014 stellten die Beschwerdeführer (wieder ebenso wie ihre mitgereiste Tochter bzw. Schwester) die nunmehr verfahrensgegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz.

1.2. Infolge der Zurückziehung der Beschwerden gegen die jeweiligen Spruchpunkte I. und II. der angefochtenen Bescheide ist gegenständlich lediglich über die Beschwerden gegen die jeweiligen Spruchpunkte III. abzusprechen.

1.3. Die Beschwerdeführer befinden sich seit Mai 2013 - sohin seit ca. fünfeinhalb Jahren - in Österreich. Sie leben im Familienverband im gemeinsamen Haushalt. Darüber hinaus lebt in Österreich die mit den Beschwerdeführern mitgereiste volljährige Tochter (bzw. Schwester). Diese Tochter / Schwester führt in Österreich eine Lebensgemeinschaft mit einem russischen Staatsangehörigen, aus der zwei minderjährige Kinder entstammen. Der Lebensgefährte sowie die beiden minderjährigen Kinder der Tochter bzw. Schwester der Beschwerdeführer (sohin die Enkel des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin bzw. die Nichte und der Neffe des Dritt- und der Viertbeschwerdeführerin) verfügen über die Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" bzw. "Aufenthaltsberechtigung". Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom heutigen Tag wurde im Verfahren der volljährigen Tochter bzw. Schwester der Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig erklärt und dieser eine "Aufenthaltsberechtigung" erteilt. Ferner leben noch weitere Angehörige des Erstbeschwerdeführers (Mutter und Bruder samt Familie) dauerhaft in Österreich. Der Erstbeschwerdeführer befindet sich seit XXXX .2015 in laufender psychotherapeutischer Behandlung.

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin haben die Niveaustufe A2 erlangt und die diesbezügliche Integrationsprüfung zu Werte- und Orientierungswissen bestanden. Allerdings kann sich der Erstbeschwerdeführer mündlich nur sehr schlecht in Deutsch verständigen. Mit der Zweitbeschwerdeführerin hingegen ist eine Unterhaltung in einfachen Worten durchaus möglich. Der Drittbeschwerdeführer spricht ausgezeichnet Deutsch und hat die Niveaustufe B1 erreicht. Auch die Viertbeschwerdeführerin beherrscht die deutsche Sprache ausgezeichnet. Die Viertbeschwerdeführerin besucht eine Neue Mittelschule und kann dem Unterricht dort problemlos folgen. Ihr Jahreszeugnis vom XXXX .2017 sowie ihre Schulnachricht für das Schuljahr 2017/2018 weisen nur positive Benotungen auf. Für den Erst-, die Zweit- und den Drittbeschwerdeführer liegen aktuell "Absichtserklärungen des Arbeitgebers" vor, die als Einstellungszusagen anzusehen sind. Im Laufe ihres mehrjährigen Aufenthalts in Österreich waren der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin immer wieder ehrenamtlich tätig. Alle vier Beschwerdeführer verfügen in Österreich über einen Freundes- bzw. Bekanntenkreis. Der Drittbeschwerdeführer führt eine (altersentsprechende) Beziehung mit einer in Österreich dauerhaft aufenthaltsberechtigen russischen Staatsangehörigen. Festzustellen ist ferner, dass es sich bei der Zweitbeschwerdeführerin und bei der Viertbeschwerdeführerin um durchaus "westlich orientierte" Frauen handelt. Betreffend alle vier Beschwerdeführer kann festgestellt werden, dass sich diese in die österreichische Gesellschaft integriert haben. Letztlich ist noch festzustellen, dass alle vier Beschwerdeführer strafrechtlich unbescholten sind.

Weiters wird festgestellt, dass eine Rückkehrentscheidung gegen die Beschwerdeführer aufgrund ihrer familiären Bindungen zu in Österreich aufenthaltsberechtigten Personen sowie aufgrund der von ihnen gesetzten Integrationsmaßnahmen in mehrfacher Hinsicht einen ungerechtfertigten Eingriff in ihr Privatleben darstellt. Darüber hinaus wird festgestellt, dass alle vier Beschwerdeführer die Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung plus" erfüllen.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zu den Beschwerdeführerin, zu ihren familiären Beziehungen untereinander, zu ihrer Staatsangehörigkeit, zu ihrer Volksgruppenzugehörigkeit sowie zu ihrem religiösen Bekenntnis, zur mitgereisten volljährigen Tochter bzw. Schwester, zu den weiteren in Österreich aufhältigen Angehörigen des Erstbeschwerdeführers, zur unrechtmäßigen Einreise in das österreichische Bundesgebiet und zur Stellung der gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz ergeben sich aus dem Akteninhalt sowie aus dem Vorbringen des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl und aus den Angaben der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Die Feststellungen zum ersten Asylverfahren der Beschwerdeführer ergeben sich insbesondere aus den Bescheiden des Bundesasylamtes vom 20.08.2013 und aus dem Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 08.10.2013. Ferner ergibt sich die Feststellung zum ersten Asylverfahren der mitgereisten Tochter bzw. Schwester aus der Einsicht in deren Verwaltungs- und Gerichtsakt.

2.2. Die Feststellung zur Zurückziehung der Spruchpunkte I. und II. der angefochtenen Bescheide ergibt sich aus dem im Wege ihres rechtsfreundlichen Vertreters eingebrachten Schriftsatz vom 22.10.2018.

2.3. Dass sich die Beschwerdeführer seit Mai 2013 im österreichischen Bundesgebiet befinden und im Familienverband im gemeinsamen Haushalt leben, ergibt sich aus den Akteninhalten. Die weiteren Feststellungen zur mitgereisten volljährigen Tochter bzw. Schwester sowie zu deren Lebensgefährten, ihren beiden Kindern und zu deren Aufenthaltstitel in Österreich ergeben sich aus der Einsicht in deren Verwaltungs- und Gerichtsakt, insbesondere aus den in ihrem eigenen Verfahren vorgelegten Urkunden. Darüber hinaus ergibt sich die Feststellung zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes im Verfahren der mitgereisten Tochter bzw. Schwester der Beschwerdeführer aus dem diesbezüglichen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom heutigen Tag. Dass sich der Erstbeschwerdeführer seit XXXX .2015 in laufender psychotherapeutischer Behandlung befindet, ergibt sich aus der in der Verhandlung vorgelegten Bestätigung vom XXXX .2018.

Die Feststellungen zu den erreichten Niveaustufen A2 sowie zu den bestandenen Integrationsprüfungen zu Werte- und Orientierungswissen des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin ergeben sich aus den diesbezüglich vorgelegten Zeugnissen. Von den Deutschkenntnissen des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin konnte sich die erkennende Einzelrichterin in der mündlichen Verhandlung ein Bild machen, wobei nicht auszuschließen ist, dass die schlechten Sprachkenntnisse des Erstbeschwerdeführers unter Umständen auch in Zusammenhang mit seinen psychotherapeutischen Problemen stehen könnten. Dass der Drittbeschwerdeführer die Niveaustufe B1 erlangt hat, gründet auf dem vorgelegten ÖSD Zertifikat B1 vom XXXX .2018. Davon, dass der Drittbeschwerdeführer und die Viertbeschwerdeführerin ausgezeichnet Deutsch sprechen, konnte sich die erkennende Einzelrichterin im Zuge der mündlichen Beschwerdeverhandlung selbst überzeugen. Beide Beschwerdeführer waren in der Lage, der Verhandlung in deutscher Sprache zu folgen und - bezogen auf den Drittbeschwerdeführer - die gestellten Fragen zu beantworten. Die Feststellungen zum Besuch der Neuen Mittelschule durch die Viertbeschwerdeführerin und ihre schulischen Erfolge gründen auf die diesbezüglich vorgelegten Unterlagen (Schulbesuchsbestätigung vom XXXX .2015, Leistungsbeschreibung und Jahreszeugnis vom XXXX .2017, Schulnachricht für das Schuljahr 2017/2018, Schreiben der Klassenvorständin vom 03.05.2018). Dass für den Erst-, die Zweit- und den Drittbeschwerdeführer Einstellungszusagen vorliegen, denen entnommen werden kann, dass den drei Beschwerdeführern ein Beschäftigungsverhältnis angeboten werden wird, ergibt sich aus den vorgelegten "Absichtserklärungen des Arbeitgebers" vom XXXX 2018 (Erst- und Drittbeschwerdeführer) sowie vom XXXX .2018 (Zweitbeschwerdeführerin). Die Feststellung zu den vom Erstbeschwerdeführer und von der Zweitbeschwerdeführerin ausgeübten ehrenamtlichen Tätigkeiten ergeben sich zum einen aus der vorgelegten Bestätigung eines Pflegezentrums vom XXXX .2018 und zum andern aus den Angaben der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. So brachte der Erstbeschwerdeführer vor, er habe sich in einem Altenheim um einen älteren Mann gekümmert, der im Rollstuhl sitze, sei mit ihm spazieren gegangen und habe mit ihm Schach gespielt Die Zweitbeschwerdeführerin berichtete von einem Nachbarschaftshilfeprojekt der XXXX , an dem sie und der Erstbeschwerdeführer ebenso teilgenommen hätten. Sie habe geputzt und im Restaurant ausgeholfen; der Erstbeschwerdeführer habe Gartenarbeiten erledigt (vgl. hierzu Verhandlungsschrift Seite 9). Auch nähe die Zweitbeschwerdeführerin gratis für Menschen mit Behinderungen (vgl. Verhandlungsschrift Seite 10). Aus diesen Gründen hat die erkennende Einzelrichterin auch keinen Zweifel daran, dass der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin arbeitswillig und darauf bedacht sind, so schnell wie möglich ihre Selbsterhaltungsfähigkeit zu erlangen. Dass die Beschwerdeführer in Österreich über einen Freundes- bzw. Bekanntenkreis verfügen, ergibt sich aus den zahlreich vorgelegten Empfehlungsschreiben und ist auch aufgrund der Aufenthaltsdauer nachvollziehbar. Die Feststellung zur Freundin des Drittbeschwerdeführers beruht auf seinen eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung sowie auf dem vorgelegten Schreiben der Freundin (vgl. Beilage ./2 zur Verhandlungsschrift). Der Drittbeschwerdeführer zeigt sich ebenso in die österreichische Gesellschaft integriert. Abgesehen von seinen ausgezeichneten Deutschkenntnissen ist auch auf sein Vorbringen in der Beschwerdeverhandlung zu verweisen, dem zufolge er "Streetworkout" macht und sich mit Kindern und Jugendlichen beschäftigt (schwimmen gehen, Fußball spielen). Auch spielt er Gitarre in einer Band. Ferner gründet sich die Feststellung zur "westlichen Orientierung" der Zweit- und der Viertbeschwerdeführerin auf die eigenen Wahrnehmungen der erkennenden Einzelrichterin betreffend das Auftreten und das Verhalten der Zweit- und der Viertbeschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung. Die Viertbeschwerdeführerin trug ihr langes Haar offen und war mit Jeans sowie einem kurzärmeligen Oberteil bekleidet. Die Zweitbeschwerdeführerin hatte ihr Haar im Nacken zu einem Knoten gebunden und trug einen knielangen Rock samt Bluse und Kostümjacke. Beide Beschwerdeführerinnen wirkten in der Verhandlung durchaus selbstbewusst und emanzipiert. Die erkennende Einzelrichterin hatte den Eindruck, dass in der Familie der Beschwerdeführer die Zweitbeschwerdeführerin die Rolle des "Familienoberhauptes" innehat, was von den männlichen Familienmitgliedern ganz offensichtlich für "normal" gehalten wird. Insbesondere im Fall des Erstbeschwerdeführers entstand der Eindruck, dass dieser sehr einverstanden damit ist, seiner Frau die "Führung" in der Familie bzw. in der Partnerschaft zu überlassen. Generell ist anzumerken, dass die Familienmitglieder respektvoll miteinander umgehen und einander (auch gegenüber der mitgereisten volljährigen Tochter bzw. Schwester und ihrer Familie) emotional zugetan sind. Auch im Verhältnis des Drittbeschwerdeführers und der Viertbeschwerdeführerin zueinander ist eine geschwisterliche Nahebeziehung zu erkennen gewesen, die von Gleichberechtigung und gegenseitigem Respekt geprägt ist. Patriarchalische Strukturen sind jedenfalls in der Familie der Beschwerdeführer nicht vorhanden. Letztlich gründet sich die die Feststellung zur strafrechtlichen Unbescholtenheit der Beschwerdeführer auf den vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Strafregisterauszügen vom 11.06.2018.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG, BGBl. I 2012/87 idgF bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und im FPG bleiben unberührt.

Gemäß § 34 Abs. 4 hat die Behörde [hier: das Bundesverwaltungsgericht; vgl. Abs. 5] Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

3.2. Zu A)

3.2.1. Zur Zurückziehung der Beschwerden gegen die Spruchpunkte I. und II. der angefochtenen Bescheide:

§ 7 Abs. 2 VwGVG normiert, dass eine Beschwerde nicht mehr zulässig ist, wenn die Partei nach Zustellung oder Verkündung des Bescheides ausdrücklich auf die Beschwerde verzichtet hat.

Eine Zurückziehung der Beschwerde durch den Beschwerdeführer ist in jeder Lage des Verfahrens ab Einbringung der Beschwerde bis zur Erlassung der Entscheidung möglich (vgl. "Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte" K6 zu § 7 VwGVG, Seite 37).

Mit im Wege des rechtsfreundlichen Vertreters eingebrachten Schriftsatz vom 22.10.2018 zogen die Beschwerdeführer ihre Beschwerden gegen die Spruchpunkte I. und II. der jeweiligen Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.12.2014 zurück.

Mit der Zurückziehung der Beschwerden in diesen beiden Spruchpunkten ist das Rechtsschutzinteresse der Beschwerdeführer betreffend die jeweiligen Spruchpunkte I. und II. weggefallen, wodurch einer Sachentscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht die Grundlage entzogen wurde. Somit waren die gegenständlichen Beschwerdeverfahren im Ausmaß der Zurückziehung einzustellen.

Damit sind die Abweisungen der Anträge auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation (Spruchpunkt II.) rechtskräftig.

3.2.2. Zu den Rückkehrentscheidungen:

3.2.2.1. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitender Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Die Beschwerdeführer befinden sich seit ihrer ersten Antragstellungen am 14.05.2013 durchgehend im Bundesgebiet. Ihr Aufenthalt ist jedoch nicht im Sinne der soeben dargelegten Bestimmung geduldet. Sie sind auch nicht Zeugen oder Opfer von strafbaren Handlungen und ebenso wenig Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung von Aufenthaltstiteln gemäß § 57 AsylG liegen daher im Fall der Beschwerdeführer nicht vor, wobei dies weder im Verfahren vor dem Bundesamt noch im Beschwerdeverfahren auch nur ansatzweise behauptet worden war.

3.2.2.2. Gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab-gewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

Die Beschwerdeführer sind weder begünstigte Drittstaatsangehörige noch kommt ihnen ein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu.

§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine

Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

Im Hinblick auf § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG (früher: § 10 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 idF BGBl I Nr. 38/2011) ist festzuhalten, dass bei jeder Rückkehrentscheidung auf das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Asylwerbers nach Art. 8 Abs. 1 EMRK Bedacht zu nehmen ist, wobei in diesem Zusammenhang Art. 8 Abs. 2 EMRK eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffs erfordert und somit eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen verlangt (vgl. VwGH vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479).

3.2.2.3. Gemäß Art 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Nach Art 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von straf-baren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob die aufenthaltsbeendende Maßnahme einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundene Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt (vgl. EGMR Kroon sowie VfGH vom 28.06.2003, G 78/00). Der Begriff des Familienlebens ist nicht auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere de facto Beziehungen ein; maßgebend ist beispielsweise das Zusammenleben eines Paares, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder auf andere Weise (vgl. EGMR Marckx, EGMR vom 23.04.1997, X u.a.).

Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. EuGRZ 2006, 554, Sisojeva ua. gegen Lettland). Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessensabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt.

Bei dieser Interessensabwägung sind - wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird - insbesondere die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen das Einwanderungsrecht, Erfordernisse der öffentlichen Ordnung sowie die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 18.224/2007 sowie VwGH vom 03.04.2009, Zl. 2008/22/0592; vom 17.12.2007, Zl. 2006/01/0216; vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479 und vom 26.01.2006, Zl. 2002/20/0423).

3.2.2.4. Vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen sowie der in § 9 Abs. 2 BFA-VG normierten Integrationstatbestände, die zur Beurteilung eines schützenswerten Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK zu berücksichtigen sind, ist im gegenständlichen Fall der Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführer nicht durch die in Art. 8 Abs. 2 EMRK angeführten öffentlichen Interessen gerechtfertigt. Dies aus folgenden Gründen:

Neben den Angehörigen der Kernfamilie verfügen die Beschwerdeführer über weitere, familiäre Bindungen im Bundesgebiet. So lebt die mitgereist volljährige Tochter bzw. Schwester in Österreich mit ihrem Lebensgefährten und den beiden gemeinsamen minderjährigen, in Österreich geborenen Kindern. Der Lebensgefährte und die beiden Kinder - sohin die Enkelkinder des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin - verfügen über Aufenthaltstitel, sodass auch der volljährigen Tochter bzw. Schwester vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom heutigen Tag der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung" erteilt worden war. Ferner leben noch weitere Angehörige - nämlich die Mutter und der Bruder des Erstbeschwerdeführers samt Familie - dauerhaft in Österreich, sodass eine Ausweisung der Beschwerdeführer in einer Gesamtbetrachtung auch einen Eingriff in ihr Familienleben darstellen würde, da nach der Rechtsprechung des EGMG der Begriff des "Familienlebens" nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten umfasst, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse gemeinsame Intensität erreichen. Unter anderem wurden in der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen auch solche zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gewertet, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

Weiters kommen zu den familiären Beziehungen, über die die Beschwerdeführer in Österreich verfügen, noch weitere Aspekte hinzu, die bei einer Interessensabwägung zugunsten der Beschwerdeführer zu werten sind. Der Drittbeschwerdeführer und die Viertbeschwerdeführerin sprechen ausgezeichnet Deutsch; der Drittbeschwerdeführer hat die Niveaustufe B1 erreicht, die Viertbeschwerdeführerin besucht die Neue Mittelschule und hat nur positive Benotungen bzw. Beurteilungen durch ihre Lehrkräfte. Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin haben ebenso Deutschkurse besucht und die Niveaustufe A2 erreicht. Für den Erst-, die Zweit- und den Drittbeschwerdeführer liegen Einstellungszusagen vor; weiters sind die Beschwerdeführer auch ehrenamtlich tätig. Ferner verfügen die Beschwerdeführer in Österreich über einen Freundes- und Bekanntenkreis, sodass im Gesamtzusammenhang festgehalten werden kann, dass sie sowohl sprachlich als auch gesellschaftlich in Österreich ausreichend integriert sind. Betreffend ihre berufliche Integration ist auf die oben erwähnten Einstellungszusagen (= "Absichtserklärungen des Arbeitgebers") sowie auf die ehrenamtlichen Tätigkeiten zu verweisen. Dass die Beschwerdeführer grundsätzlich arbeitswillig sind, zeigt sich eben genau durch diese freiwilligen Tätigkeiten, sodass für die Zukunft davon ausgegangen werden kann, dass die Beschwerdeführer ihren Lebensunterhalt künftig von staatlichen Unterstützungsleistungen weitgehend unabhängig bestreiten können werden. Die Beschwerdeführer sind strafrechtlich unbescholten und zeigen durch ihr Verhalten, dass sie willens und fähig sind, die österreichischen Gesetze einzuhalten sowie die Rechtsordnung zu akzeptieren.

Dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen kommt im Interesse des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) zwar grundsätzlich ein hoher Stellenwert zu (vgl. etwa VfGH vom 01.07.2009, U992/08 sowie VwGH vom 17.12.2007, Zl. 2006/01/0216; vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479; vom 16.01.2007, Zl. 2006/18/0453; vom 08.11.2006, Zl. 2006/18/0336 bzw. 2006/18/0316; vom 22.06.2006, Zl. 2006/21/0109 und vom 20.09.2006, Zl. 2005/01/0699), im gegenständlichen Fall überwiegen aber aufgrund der dargestellten Umstände in einer Gesamtabwägung dennoch die privaten - im vorliegenden Fall nicht nur private, sondern auch familiäre - Interessen der Beschwerdeführer an einem Verbleib in Österreich das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung, für die sich in der vorliegenden Konstellation keine begründete Rechtfertigung erkennen lässt (vgl. VfSlg. 17.457/2005 sowie VwGH vom 26.03.2007, Zl. 2006/01/0595 und vom 22.02.2005, Zl. 2003/21/0096). Die vom Bundesamt in den angefochtenen Bescheiden verfügten Rückkehrentscheidungen in die Russische Föderation ist angesichts der vorliegenden Bindungen unverhältnismäßig im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK.

Da im gegenständlichen Fall die drohenden Verletzungen des Familien- und Privatlebens der Beschwerdeführer auf Umständen beruhen, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind, war den Beschwerden gegen die jeweiligen Spruchpunkte III. der angefochtenen Bescheide stattzugeben und festzustellen, dass eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist.

3.2.2.5. Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird.

Gemäß § 55 Abs. 1 AsylG ist einem im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn

1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK geboten ist und

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl I Nr. 189/1955) erreicht wird.

Liegt gemäß Abs. 2 leg. cit. nur die die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.

Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen werden gemäß § 54 Abs. 1 AsylG Drittstaatsangehörigen erteilt als:

1. "Aufenthaltsberechtigung plus", die zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und unselbständigen Erwerbstätigkeit gemäß § 17 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 berechtigt;

2. "Aufenthaltsberechtigung", die zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und einer unselbständigen Erwerbstätigkeit, für die eine entsprechende Berechtigung nach dem AuslBG Voraussetzung ist, berechtigt;

3. [...]

Gemäß § 54 Abs. 2 AsylG ist eine "Aufenthaltsberechtigung" für die Dauer von zwölf Monaten beginnend mit dem Ausstellungsdatum auszustellen.

Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung plus" die Voraussetzungen nach Z 1 und Z 2 des § 55 Abs. 1 AsylG kumulativ vorliegen müssen und ist daher nicht nur zu prüfen, ob die Erteilung eines Aufenthaltstitels für die Beschwerdeführer zur Aufrechterhaltung ihres Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist, sondern auch, ob die Beschwerdeführer das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG erfüllen.

Das Modul 1 der Integrationsvereinbarung ist gemäß § 9 IntG erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung gemäß § 11 vorlegt (Z 1), einen gleichwertigen Nachweis gemäß § 11 Abs. 4 über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung vorlegt (Z 2), über einen Schulabschluss verfügt, der der allgemeinen Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, oder einen Abschluss einer berufsbildenden mittleren Schule entspricht (Z 3), einen Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot Karte" gemäß § 41 Abs. 1 oder 2 NAG besitzt (Z 4) oder als Inhaber eines Aufenthaltstitels "Niederlassungsbewilligung Künstler" gemäß § 43a NAG eine künstlerische Tätigkeit in einer der unter § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 Kunstförderungsgesetz, BGBl. I Nr. 146/1988, genannten Kunstsparte ausübt; bei Zweifeln über das Vorliegen einer solchen Tätigkeit ist eine diesbezügliche Stellungnahme des zuständigen Bundesministers einzuholen.

§ 11 Abs. 2 IntG lautet:

Die Prüfung umfasst Sprach- und Werteinhalte. Mit der Prüfung ist festzustellen, ob der Drittstaatsangehörige über vertiefte elementare Kenntnisse der deutschen Sprache zur Kommunikation und zum Lesen und Schreiben von Texten des Alltags auf dem Sprachniveau A2 gemäß dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen und über Kenntnisse der grundlegenden Werte der Rechts- und Gesellschaftsordnung der Republik Österreich verfügt. Der Prüfungserfolg ist mit "Bestanden" oder "Nicht bestanden" zu beurteilen. Zur erfolgreichen Absolvierung der Prüfung muss sowohl das Wissen über Sprach- sowie über Werteinhalte nachgewiesen werden. Wiederholungen von nicht bestandenen Prüfungen sind zulässig. Die Wiederholung von einzelnen Prüfungsinhalten ist nicht zulässig.

3.2.2.6. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin haben das Modul 1 der Integrationsvereinbarung erfüllt, da sie jeweils einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung gemäß § 11 vorgelegt haben (vgl. die vorgelegten Zeugnisse über die bestandenen Integrationsprüfungen des Österreichischen Integrationsfonds zur Sprachkompetenz Niveau A2 und zu Werte- und Orientierungswissen vom XXXX .2018).

Da die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG in den Fällen der Beschwerdeführer in Folge des Ausspruches der dauerhaften Unzulässigkeit der sie betreffenden Rückkehrentscheidungen gegeben sind und darüber hinaus der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin das Modul 1 der Integrationsvereinbarung erfüllt haben, war ihnen eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen. Ungeachtet ihrer Deutschkenntnisse sowie der von ihnen gesetzten Integrationsmaßnehmen ist dem Dritt- und der Viertbeschwerdeführerin jedenfalls aufgrund des vorliegenden Familienverfahrens ebenfalls eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen. Die faktische Ausstellung der entsprechenden Karten fällt unter die Kompetenz des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

3.3. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszu

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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