TE Bvwg Erkenntnis 2018/11/15 W146 2174982-2

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Veröffentlicht am 15.11.2018
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Entscheidungsdatum

15.11.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §33 Abs1
VwGVG §7 Abs4

Spruch

W146 2174982-2/2E

Im NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Stefan HUBER als Einzelrichter über die Beschwerde von StWm XXXX gegen den Bescheid der Disziplinarkommission für Soldaten beim BMLV vom 08.06.2018, GZ 842-44-DKS/16, betreffend die Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

Mit Bescheid der Disziplinarkommission beim BMLV vom 27.07.2017 (richtigerweise 27.06.2017), GZ 842-33-DKS/16, wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 51 Z 3 HDG die Disziplinarstrafe der Geldstrafe in der Höhe von 3135 Euro verhängt. Dieser Bescheid, adressiert an die Rechtsanwältin des Beschwerdeführers, wurde durch Hinterlegung am 29.06.2017 zugestellt.

Die vierwöchige Frist zur Erhebung einer Beschwerde gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG iVm § 32 Abs. 2 AVG endete - unbestrittenermaßen - am 27.07.2017.

Die dagegen erhobene, mit 28.07.2017 datierte, Beschwerde wurde am 31.07.2017 zur Post gegeben und langte am 01.08.2017 bei der Disziplinarkommission ein.

Mit Beschwerdevorentscheidung der Disziplinarkommission vom 17.08.2017, GZ 842-38-DKS/16, der Rechtsvertretung am 18.08.2017 zugestellt, wurde die Beschwerde als verspätet zurückgewiesen.

Mangels Vorlageantrags erwuchs diese Beschwerdevorentscheidung in Rechtskraft.

Mit Schriftsatz vom 29.08.2017, zur Post gegeben am 30.08.2017, brachte der Beschwerdeführer fristgerecht einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei der Disziplinarkommission ein.

Der Beschwerdeführer begründet den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit einem Fehlverhalten einer Kanzleimitarbeiterin seiner Rechtsvertreterin:

Im Wesentlichen bringt der Beschwerdeführer vor, am 29.06.2017 sei die Zustellung nicht an eine postbevollmächtigte Mitarbeiterin der Rechtsvertretung, trotz Anwesenheit von 08.00 bis 17.00 Uhr, erfolgt, sondern durch Hinterlegung. Die Entleerung des Briefkastens sei am nächsten Morgen, sohin am Freitag, dem 30.06.2017, erfolgt und dabei sei die Verständigung der Hinterlegung entnommen worden. Die langjährige Mitarbeiterin der Kanzlei XXXX Rechtsanwälte OG, XXXX , die ihre Tätigkeit immer mit größter Gewissenhaftigkeit und Genauigkeit ausübe, habe sich am Montag, dem 03.07.2017, zur Poststelle in XXXX begeben, um die hinterlegte Postsendung zu übernehmen und habe weitere Behörden und Institutionen aufgesucht, um weitere Schriftstücke, Dokumente und dergleichen zu besorgen.

Der Beschwerdeführer führt aus, dass die Vorgangsweise in der Kanzlei seiner Rechtsvertretung grundsätzlich so sei, dass Kuverts jener Schriftstücke, die mittels Hinterlegung zugestellt würden, auf dem entsprechenden Schriftstück an die letzte Seite geklammert werden würden. Schriftstücke, die direkt in der Kanzlei zugestellt würden, würden mit dem Eingangstempel des Tages der Zustellung versehen werden. Diese Kuverts seien dann nicht gesondert aufzuheben. Auf diese Art würde sich für den zuständigen Sachbearbeiter nachträglich kontrollieren lassen, ob die Fristen richtig eingetragen und berechnet seien.

Am Weg zurück in die Kanzlei habe XXXX einen Anruf bekommen, in dem ihr mitgeteilt worden sei, dass in ihrer Familie ein medizinischer Notfall eingetreten sei. Zurück in der Kanzlei habe sie die abgeholten Poststücke und Dokumente mit der übrigen Post des ERV-Rückverkehrs sowie den Email-Eingang auf ihren Schreibtisch gelegt. Da sie die Kanzlei so schnell wie möglich verlassen habe wollen, habe sie die Schriftstücke übereinander gestapelt und ihre Vertreterin, XXXX , gebeten die Poststücke zu bearbeiten. Zuvor habe XXXX jedoch scheinbar die abgeholten Schriftstücke geöffnet.

Bei der Postbearbeitung sei von XXXX der Eingangstempel auf dem konkreten Bescheid der Disziplinarkommission, datiert mit 03.07.2017, angebracht worden. Dies aus dem Grund, da das Kuvert, in dem sich der Bescheid befunden habe, bereits geöffnet gewesen und das Kuvert scheinbar mit den anderen Kuverts - wie bei einer direkten Zustellung in die Kanzlei - von XXXX entsorgt worden sei. Da aufgrund dessen das Kuvert mit dem ersichtlichen Hinterlegungsvermerk dem Bescheid nicht mehr angeschlossen gewesen sei, sei es für die zuständige Sachbearbeiterin, Mag. XXXX , nicht möglich gewesen in der folgenden Fristenkontrolle den richtigen Fristenbeginn zu erkennen.

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurden zwei eidesstattliche Erklärungen von XXXX und XXXX angeschlossen.

Am 30.10.2017 wurden der Wiedereinsetzungsantrag und der bezughabende Verwaltungsakt (samt Beschwerde) dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.

Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.03.2018 wurde dieser Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 6 AVG iVm § 17 VwGVG an die Disziplinarkommission für Soldaten beim BMLV weitergeleitet.

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass gemäß § 33 Abs. 4 VwGVG bis zur Vorlage der Beschwerde die Behörde über den Antrag mit Bescheid zu entscheiden habe.

Mit gegenständlichem Beschluss der Disziplinarkommission für Soldaten beim BMLV vom 08.06.2018, GZ 842-44-DKS/16, wurde der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen.

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass gemäß § 23 HDG 2014 iVm § 71 Abs. 1 Z 1 AVG einer Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen sei, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäume und dadurch einen Rechtsnachteil erleide, sofern die Partei kein Verschulden treffe oder es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handle.

Der VwGH habe in seiner ständigen Rechtsprechung ausgesprochen, dass ein Verschulden des Parteienvertreters einem Verschulden der Partei selbst gleichzusetzen sei. Ein Versehen eines Angestellten eines Rechtsanwaltes sei diesem als Verschulden anzurechnen, wenn der Rechtsanwalt die gebotene und ihm zumutbare Kontrolle gegenüber den Angestellten unterlassen habe. Der bevollmächtigte Anwalt müsse den Aufgaben, die ihm aus dem Bevollmächtigungsvertrag erwachsen würden, auch insoweit nachkommen, als er sich zu ihrer Wahrnehmung einer Kanzlei als seines Hilfsapparates bediene.

Insbesondere müsse der bevollmächtigte Rechtsanwalt die Organisation seines Kanzleibetriebes so einrichten, dass die erforderliche und fristgerechte Setzung von Prozesshandlungen sichergestellt werde. Dabei sei durch entsprechende Kontrollen u.a. dafür vorzusorgen, dass Unzulänglichkeiten durch menschliches Versagen aller Voraussicht nach auszuschließen seien. Der Wiedereinsetzung schade ein solches Versagen dann nicht, wenn dem Rechtsanwalt nur ein minderer Grad des Versehens vorgeworfen werden könne. Der Begriff des minderen Grades des Versehens werde als leichte Fahrlässigkeit im Sinne des § 1332 ABGB verstanden (vgl. den Beschluss des VwGH vom 28. März 2001, ZI. 2001/04/0005).

Der Wiedereinsetzungswerber oder sein Vertreter dürfen also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und zumutbare Sorgfalt nicht außer Acht gelassen haben.

Welche Anforderungen an die organisatorischen Vorkehrungen in einer Anwaltskanzlei und an die Überwachungspflicht gegenüber dem Kanzleipersonal zu stellen seien, hänge von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab (vgl. das Erkenntnis des VwGH vom 20. Februar 2003, ZI. 2000/07/0287, mwN).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. den Beschluss vom 09. März 1995, ZI. 94/18/0921) seien bereits im Wiedereinsetzungsantrag Art und Intensität der über die Kanzlei ausgeübten Kontrolle darzutun.

Die Organisation des Kanzleibetriebes eines Rechtsanwaltes sei so einzurichten, dass die fristgerechte Einbringung von Rechtsmitteln oder von Beschwerden gesichert erscheine. Dabei habe ein Rechtsanwalt gegenüber seinen Kanzleibediensteten der ihm zumutbaren und der Sachlage nach gebotenen Überwachungspflicht nachzukommen. Insbesondere müsse der betroffene Rechtsanwalt die Organisation seines Kanzleibetriebes so einrichten, dass auch die richtige Vormerkung von Terminen und damit die fristgerechte Setzung von Prozesshandlungen sichergestellt sei.

Dabei sei durch entsprechende Kontrollen dafür vorzusorgen, dass Unzulänglichkeiten durch menschliches Versagen aller Voraussicht nach auszuschließen seien. Ein Rechtsanwalt verstosse danach auch dann gegen seine anwaltliche Sorgfaltspflicht, wenn er weder im Allgemeinen noch im Besonderen (wirksame) Kontrollsysteme vorgesehen habe, die im Falle des Versagens eines Mitarbeiters Fristversäumungen auszuschließen geeignet seien (vgl. den Beschluss des VwGH vom 29. April 2011, ZI. 2009/02/0281).

Da das Verlegen oder unbeabsichtigte Entsorgen von Kuverts mit Hinterlegungsvermerken mitunter trotz Einhaltung der berufsgebotenen Sorgfaltspflicht eines Anwaltes nicht vorhersehbar und auch nicht kontrollierbar sei, bedarf es von Seiten des Rechtsanwaltes im Rahmen der Ausübung seiner anwaltlichen Sorgepflichten eines Kontrollsystems, welches geeignet sei, im Falle des Versagens eines Mitarbeiters Fristversäumungen auszuschließen.

Im gegenständlichen Fall werde ausgeführt, dass das Kontrollsystem des Rechtsanwaltes darin bestehe, Kuverts, auf denen Hinterlegungsvermerke angebracht seien, an die letzte Seite des entsprechenden Schriftstückes zu heften. Die Kuverts der Schriftstücke, die direkt in die Kanzlei zugestellt würden, würden dagegen entsorgt und nur ein Eingangsstempel mit dem aktuellen Datum auf dem entsprechenden Schriftstück angebracht.

Nach den Angaben des Antragstellers fehle sohin ein entsprechendes Kontrollsystem über die Überprüfbarkeit des richtigen Datums des Eingangstempels (wie zum Beispiel die Anweisung, jedes Kuvert an die eingegangenen Schriftstücke zu hängen, um eine Überprüfbarkeit der Eingangsstempel durch den Rechtsanwalt zu gewährleisten). Durch ein entsprechendes Kontrollsystem könnte, im Falle des Versagens eines Mitarbeiters, gewährleistet werden, dass durch Einhaltung der berufsmäßigen Sorgfaltspflicht Fristversäumungen möglichst ausgeschlossen werden könnten. Das Fehlen eines wirksamen Kontrollsystems begründe ein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden an der Fristversäumung.

Aus dem, durch die eidesstattlichen Erklärungen der Kanzleimitarbeiterinnen bescheinigten, als nicht unglaubwürdig zu beurteilenden Vorbringen, ergebe sich, dass es ungewöhnlich gewesen sei, dass das gegenständliche Disziplinarerkenntnis in der Kanzlei seines Rechtsvertreters nicht hinterlegt worden sei.

Weiters sei glaubhaft ausgeführt worden, dass XXXX an dem entsprechenden Morgen die Post und weitere behördliche Dokumente geholt habe. In der eidesstattlichen Erklärung von XXXX , an deren Glaubwürdigkeit nicht gezweifelt werde, sei zudem bescheinigt worden, dass XXXX ihr die Post zur Bearbeitung gegeben habe und bei keinem einzigen Schriftstück ein Kuvert angeschlossen gewesen sei und sie deswegen an jedem Schriftstück den aktuellen Eingangstempel angebracht habe.

Aufgrund der Tatsache, dass XXXX an dem Tag auch hinterlegte Schriftstücke von der Post geholt habe und danach alle geholten Dokumente an XXXX zur Bearbeitung übergeben habe, ohne einem einzigen angehefteten Kuvert, habe es auffallen müssen, dass hier womöglich etwas durcheinander gekommen sei. Durch einfaches Nachfragen, ob bei keinem der Schriftstücke ein Kuvert anzuschließen sei, wäre - trotz der möglichen psychischen Ausnahmesituation von XXXX - ein solcher Fehler leicht aufzudecken gewesen, insbesondere da es doch ungewöhnlich gewesen sei, dass das gegenständliche Erkenntnis durch Hinterlegung zugestellt worden sei.

Der höchstgerichtlichen Rechtsprechung zufolge sei für die richtige Beachtung der Rechtsmittelfrist grundsätzlich immer der Rechtsanwalt selbst verantwortlich. Im Hinblick auf die Bedeutung für die Wahrung der Rechtsmittelfrist bestehe in Bezug auf das Zustelldatum eine besondere Prüfpflicht.

Gerade in diesem Einzelfall wäre es dem Rechtsanwalt auch durchaus zumutbar gewesen an einem Tag, nach diesem unvorhergesehenen Ereignis seiner Kanzleimitarbeiterin, eine Überprüfung der ordnungsgemäßen Erledigung der eingehenden Poststücke, insbesondere bei fristgebundenen Schreiben, durchzuführen, im Hinblick darauf, dass durch eine psychische Stresssituation durchaus - nachvollziehbare - Fehler unterlaufen können. Der Rechtsvertreter wäre nach der konkreten Sachlage dazu angehalten gewesen, seiner gebotenen Überwachungspflicht nachzukommen.

Somit hätte schon durch eine einmalige besondere Kontrolle, nach einem außergewöhnlichen Vorfall, dem menschlichen Versagen der Kanzleikraft entgegengewirkt werden können.

Da dieser Umstand schon bei Aufwendung eines Mindestmaßes an Aufmerksamkeit hätte auffallen müssen, kann weder der Kanzlei der rechtsfreundlichen Vertretung noch dem Rechtsanwalt ein bloß minderer Grad des Versehens zugebilligt werden.

Mit der dagegen eingebrachten Beschwerde wurde ausgeführt, dass bei der angefochtenen Entscheidung eine unrichtige rechtliche Beurteilung vorliege, zumal es sich jedenfalls um einen minderen Grad des Versehens handle. Keineswegs würde es in der Kanzlei der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers an einem entsprechenden Kontrollsystem fehlen, über die Überprüfbarkeit des richtigen Datums des Eingangsstempels, durch welches im Falle des Versagens eines Mitarbeiters gewährleistet würde, dass durch Einhaltung der berufsmäßigen Sorgfaltspflicht Fristversäumungen möglichst ausgeschlossen werden könnten. Vielmehr gebe es tatsächlich in der Kanzlei der rechtsfreundlichen Vertretung des Beschwerdeführers mehrere wirksame Kontrollsysteme, die allesamt jedenfalls geeignet seien im Falle des Versagens eines Mitarbeiters Fristversäumungen auszuschließen.

Es gebe dahingehend einen klar strukturierten Ablauf, welcher sämtlichen Mitarbeiterinnen wohl bekannt und ausnahmslos einzuhalten sei:

Kuverts jener Schriftstücke, die mittels Hinterlegung zugestellt würden, würden auf dem entsprechenden Schriftstück an die letzte Seite geklammert, wodurch sich durch den verantwortlichen Rechtsanwalt wirksam überprüfen lasse, ob auch der Fristenlauf richtig mit dem Tag der Hinterlegung erfasst werde. Andere Schriftstücke, die direkt in der Kanzlei zugestellt würden, würden mit dem Eingangsstempel des Tages der Zustellung versehen, zumal sich auf diese Art für den zuständigen Sachbearbeiter nachträglich kontrollieren lasse, ob die Fristen richtig eingetragen und berechnet seien. Obige Überprüfungen würden durch den jeweils zuständigen Rechtsanwalt, wie in gegenständlicher Angelegenheit durch Frau Mag. XXXX , bei sämtlichen fristgebundenen Erledigungen stattfinden.

Weiters sei allen Mitarbeiterinnen in der Kanzlei der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers, insbesondere sowohl Frau XXXX , welche als ausgebildete Rechtskanzleiassistentin seit über zwölf Jahren eine zuverlässige und sorgfältige Mitarbeiterin in Rechtsanwaltskanzleien sei, als auch Frau XXXX als Rechtsanwaltskanzleimitarbeiterin mit mehr als 18-jähriger Tätigkeit in der Kanzlei der rechtsfreundlichen Vertretung des Beschwerdeführers, der Umstand bekannt, dass in obiger Angelegenheit tatsächlich die Frist nach § 17 Abs. 3 ZustG gerechnet hätte werden müssen.

Hervorzuheben sei, dass es in der Kanzlei der rechtsfreundlichen Vertreter des Beschwerdeführers weiters üblich sei, Fristen vorzeitig einzutragen, um die fristwahrende Bearbeitung sicherzustellen. Im konkreten Fall sei allerdings eine frühzeitige Bearbeitung der Frist der Sachbearbeiterin Mag. XXXX nicht möglich gewesen, weswegen ein Fristvortrag im Fristenbuch vorgenommen worden sei. Frau Mag. XXXX habe selbst ausgehend vom Eingangsstempel diese Frist berechnet und sei somit die Beschwerde am 31.07.2017 abgesandt worden.

Wie obige Ausführungen ersichtlich machen würden, habe der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers mehrere wirksame Kontrollsysteme vorgesehen, die jedenfalls geeignet seien, im Falle des Versagens eines Mitarbeiters Fristversäumungen auszuschließen. Eine gesetzliche Verpflichtung etwa auch Kuverts von nicht hinterlegten Schriftstücken aufzubehalten gebe es nicht und sei dies auch nicht notwendig oder sinnvoll.

Gegenständlich liege keineswegs ein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden an der Fristversäumung vor, zumal hier offenkundig eine Aneinanderreihung derart unglücklicher Umstände vorliege, dass sämtliche vorliegenden wirksamen Kontrollsysteme versagt hätten. Zumal hier mehrere Faktoren unglücklich zusammengetroffen seien, jedoch nur ein einmaliges Versehen einer sonst zuverlässigen Kanzleiangestellten vorliege und für eine auffallende Sorglosigkeit oder eine Fahrlässigkeit in der Organisation und Überwachung keine Anhaltspunkte gebe, sei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen (vgl. OLG Wien 34 R 162/15s, 21.1.2060).

Ausdrücklich festgehalten werde, dass das Versehen lediglich darin liege, dass Frau XXXX , eine stets zuverlässige Kanzleiangestellte, aufgrund einer psychischen Stress- und Ausnahmesituation das Kuvert entsorgt und es unterlassen habe Frau XXXX , einer weiteren stets zuverlässigen Kanzleiangestellten, mitzuteilen, dass dieses Schriftstück hinterlegt worden sei. Die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers sei ihrer gebotenen Überwachungspflicht jedenfalls nachgekommen und habe auch die Überprüfung der ordnungsgemäßen Erledigung der eingehenden Poststücke durchgeführt, jedoch sei es aufgrund des Umstandes, dass entgegen den bestehenden Anweisungen und üblichen Abfolgen der Kanzlei, das Kuvert mit den Hinterlegungsvermerk nicht dem Bescheid angeschlossen gewesen sei, nicht ersichtlich gewesen, dass das Schriftstück hinterlegt worden und nicht direkt zugestellt worden sei. Sohin würde in obiger Angelegenheit jedenfalls ein bloß minderer Grad des Versehens an der Fristversäumung vorliegen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt. Sämtliche Elemente, die zur Beurteilung notwendig sind, waren zweifelsfrei und ohne weitere Ermittlungsnotwendigkeit dem vollständigen Verwaltungsakt zu entnehmen.

2. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Gesetzliche Grundlagen und Judikatur

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

Der § 33 Abs. 1 VwGVG lautet: "Wenn eine Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt."

Zum Wiedereinsetzungsantrag hat der VwGH ausgeführt:

Ein Ereignis ist dann unabwendbar, wenn es durch einen Durchschnittsmenschen objektiv nicht verhindert werden konnte. Es ist als unvorhergesehen zu werten, wenn die Partei es tatsächlich nicht miteinberechnet hat und dessen Eintritt auch unter Bedachtnahme auf die zumutbare Aufmerksamkeit und Vorsicht nicht erwarten konnte. Anders als das Tatbestandsmerkmal des "unabwendbaren" erfasst jenes des "unvorhergesehenen" Ereignisses die subjektiven Verhältnisse der Partei, sodass nicht der objektive Durchschnittsablauf, sondern der konkrete Ablauf der Ereignisse maßgebend ist (Hinweis E 27.6.1985, 85/16/0032; E 24.11.1986, 86/10/0169 bis 0171). Von einem minderen Grad des Versehens kann nicht mehr gesprochen werden, wenn der Wiedereinsetzungswerber die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer acht lässt (Hinweis E 25.9.1991, 91/16/0046) (VwGH vom 15.09.2005, 2004/07/0135).

Zwar kann ein "Ereignis" iSd § 71 Abs 1 Z 1 AVG auch in einem Rechtsirrtum bestehen. Dieser kann darüber in Betracht kommen, dass bereits die Hinterlegung eines Zustellstücks und nicht erst dessen Behebung die Wirkung der Zustellung begründet. Bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt ist dieser Irrtum allerdings durch entsprechendes Nachfragen zu beseitigen (VwGH vom 17.07.2008, 2007/21/0227).

Voraussetzung für die Bewilligung der Wiedereinsetzung ist auch, dass der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden bzw ohne das Verschulden seines Vertreters, das ebenfalls dem Beschwerdeführer zuzurechnen ist, gehindert war eine Frist einzuhalten.

Das Versehen eines Kanzleibediensteten ist für einen Rechtsanwalt (und damit für die von ihm vertretene Partei) nur dann ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis, das ohne sein Verschulden die Einhaltung der Frist verhinderte, wenn der Rechtsanwalt der ihm zumutbaren und nach der Sachlage gebotenen Überwachungspflicht gegenüber den Kanzleibediensteten nachgekommen ist (VwGH vom 31.01.1990, 89/03/0254).

Der bevollmächtigte Rechtsanwalt muss die Aufgaben, die aus dem Bevollmächtigungsvertrag erwachsen, auch insoweit erfüllen, als er sich zu ihrer Wahrnehmung seiner Kanzlei als seines Hilfsapparates bedient. Er muss gegenüber diesem Apparat alle Vorsorgen treffen, die die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben gewährleisten, die ihm nach dem Bevollmächtigungsvertrag obliegen. Insoweit der Rechtsanwalt diese Vorsorgen nicht in der Art und in dem Maß getroffen hat, wie es von ihm je nach der gegebenen Situation zu erwarten war, kommt ein Verschulden an einer späteren Fristversäumung in Betracht. Insbesondere muss der bevollmächtigte Rechtsanwalt die Organisation seines Kanzleibetriebes so einrichten, dass auch die richtige Vormerkung von Terminen und damit die fristgerechte Setzung von - mit Präklusion sanktionierten - Prozesshandlungen sichergestellt wird. Dabei wird durch entsprechende Kontrollen unter anderem dafür vorzusorgen sein, dass Unzulänglichkeiten durch menschliches Versagen aller Voraussicht nach auszuschließen sind. Ein Rechtsanwalt verstößt danach auch dann gegen eine anwaltliche Sorgfaltspflicht, wenn er weder im allgemeinen noch im besonderen (wirksame) Kontrollsysteme vorgesehen hat, die im Fall des Versagens eines Mitarbeiters Fristversäumungen auszuschließen geeignet sind (VwGH vom 29.04.2011, 2009/02/0281).

Der Vorgang, wonach die gesamte Eingangspost einer Rechtsanwalt-Kanzlei geöffnet wird, die den Kuverts entnommenen Schriftstücke auf einem Stapel - und getrennt davon - die leeren Kuverts auf einem weiteren Stapel gesammelt und in der Folge, nachdem alle Schriftstücke in der Postmappe abgelegt wurden, die leeren Kuverts weggeworfen werden, stellt einen groben Organisationsmangel dar, der, wenn dies in der Kanzlei des Rechtsanwaltes üblich war, auch nicht mehr als minderes Versehen eingestuft werden kann. Bei der geschilderten "Überlastung" des Schreibtisches ist bei der gewählten Methode von zwei Stapeln auf einem Schreibtisch, von denen einer unbesehen weggeworfen wird, das Eintreten eines Umstandes, nämlich dass ein ungeöffnetes Poststück mit dem Kuvert weggeworfen wird, geradezu vorprogrammiert, wenn nicht vor dem Wegwerfen die geleerten Kuverts dahin überprüft werden, ob sich in ihnen noch Schriftstücke (oder Beilagen) befinden (VwGH vom 14.04.1994, 93/06/0159).

Für die richtige Beachtung der Rechtsmittelfrist ist grundsätzlich immer der Rechtsanwalt selbst verantwortlich (vgl. E 28. Jänner 2004, 2003/12/0166). Im Hinblick auf die Bedeutung für die Wahrung der Rechtsmittelfrist besteht in Bezug auf das Zustelldatum eine besondere Prüfpflicht (vgl. B 27. April 2016, Ra 2016/05/0015), (VwGH vom 31.05.2017, 2017/22/0064).

Das Zustelldatum unterliegt einer besonderen Prüfungspflicht, zumal es ein wesentlicher Umstand für das Ende der Rechtsmittelfrist ist. Der RA hat daher die eingehende Post täglich der erforderlichen Kontrolle zu unterstellen, um Unzukömmlichkeiten bei der Anmerkung des Zustelldatums zu vermeiden. Wenn er einen ganzen Tag dienstlich abwesend ist, so hat er, sofern er nicht einen Vertreter betraut hat, am darauffolgenden Arbeitstag die Fristen betreffenden Poststücke einer besonders sorgfältigen Prüfung hinsichtlich des Tages des Einlaufes zu unterziehen. Mit der Behauptung, es habe sich bei den Angestellten des RA um langjährige erfahrene Kräfte gehandelt, ist für den Wiedereinsetzungswerber nichts gewonnen, weil den RA eine besondere Überwachungspflicht trifft, mit diesem Vorbringen aber nicht dargelegt ist, dass der RA dieser Pflicht konkret nachgekommen ist (VwGH vom 08.07.1992, 92/03/0093).

Der Fristenkontrolle ist vom Rechtsvertreter ein besonderes Augenmerk zu widmen. Daher hat er auch durch entsprechende Kontrollmaßnahmen sicherzustellen, dass ihm tatsächlich die gesamte eingehende Post täglich vorgelegt wird. Die Weisung allein, dass ihm die Schriftstücke vorzulegen sind, ohne entsprechende Kontrolle ist nicht ausreichend (Hinweis E 8.7.1992, 92/03/0093). Kommt der Rechtsvertreter des Antragstellers der ihn treffenden Überwachungspflicht allgemein oder im besonderen Falle nicht nach, kann von einem bloß minderen Grad des Versehens im Sinne des § 46 Abs 1 VwGG keine Rede sein (VwGH vom 18.11.1992, 92/03/0104).

Im Zusammenhang mit der von einem Rechtsanwalt vorzunehmenden Kontrolle bei der Fristeintragung geht es nicht darum, dass man dem Rechtsanwalt zusinnt, in jedem einzelnen Fall die Eintragung seiner Kanzleiangestellten im Terminkalender zu überprüfen, sondern darum, dass man von einem Rechtanwalt wohl erwarten kann, sich bei der Abfassung der Rechtmittelschrift selbst über deren Rechtzeitigkeit oder Verspätung schlüssig zu werden (VwGH vom 20.02.2003, 2000/07/0287)

Beurteilung des konkreten Sachverhaltes

Dass der Beschwerdeführer die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid der Disziplinarkommission für Soldaten beim BMLV vom 27.07.2017 (richtigerweise 27.06.2017), GZ 842-33-DKS/16, versäumte, ist unbestritten.

Gemäß § 33 Abs. 3 VwGVG ist der Antrag auf Wiedereinsetzung binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen. Dieses Fristerfordernis hat der Beschwerdeführer erfüllt. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist zulässig, aber im Ergebnis nicht berechtigt:

Die Disziplinarkommission für Soldaten beim BMLV stellt in ihrer Entscheidung vom 08.06.2018 richtigerweise fest: Es bedarf von Seiten des Rechtsanwaltes im Rahmen der Ausübung seiner anwaltlichen Sorgepflichten eines Kontrollsystems, welches geeignet ist, im Falle des Versagens eines Mitarbeiters Fristversäumungen auszuschließen. Nach den Angaben des Beschwerdeführers besteht das Kontrollsystem darin, Kuverts, auf denen Hinterlegungsvermerke angebracht sind, an die letzte Seite des entsprechenden Schriftstückes zu heften. Sohin fehlt aber ein entsprechendes Kontrollsystem über die Überprüfbarkeit des richtigen Datums des Eingangsstempels (wie zum Beispiel die Anweisung, jedes Kuvert an die eingegangenen Schriftstücke zu hängen, um eine Überprüfbarkeit der Eingangsstempel durch den Rechtsanwalt zu gewährleisten), so die Disziplinarkommission in ihrer Entscheidung, welche weiters ausführt, dass das Fehlen eines wirksamen Kontrollsystems ein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden an der Fristversäumung begründet.

In der Beschwerde wurde dazu entgegnet, dass es tatsächlich in der Kanzlei der rechtsfreundlichen Vertretung des Beschwerdeführers mehrere wirksame Kontrollsysteme gebe, die allesamt jedenfalls geeignet seien, im Falle des Versagens eines Mitarbeiters Fristversäumungen auszuschließen. Es gebe einen klar strukturierten Ablauf, welcher sämtlichen Mitarbeiterinnen wohl bekannt und ausnahmslos einzuhalten sei: Kuverts jener Schriftstücke, die mittels Hinterlegung zugestellt würden, würden auf dem entsprechenden Schriftstück an die letzte Seite geklammert, wodurch sich durch den verantwortlichen Rechtsanwalt wirksam überprüfen lasse, ob auch der Fristenlauf richtig mit den Tag der Hinterlegung erfasst sei. Andere Schriftstücke, die direkt in der Kanzlei zugestellt würden, würden mit dem Eingangsstempel des Tages der Zustellung versehen, zumal sich auf diese Art für den zuständigen Sachbearbeiter nachträglich kontrollieren lasse, ob die Fristen richtig eingetragen und berechnet seien. Obige Überprüfungen würden durch den jeweils zuständigen Rechtsanwalt stattfinden.

Damit wird nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes aber lediglich ein Kontrollmechanismus dargetan, nämlich die nachprüfende Kontrolle des Beginns der Hinterlegungsfrist bzw. des Fristenlaufs durch einen Rechtsanwalt. Die anderen Ausführungen beziehen sich lediglich auf manipulative Kanzleiabläufe im Zusammenhang mit eingelangten und hinterlegten Schriftstücken. Wie sich anhand des gegenständlichen Falles zeigt, ist dieser Kontrollmechanismus aber nicht geeignet, Fehler der Mitarbeiter im Zusammenhang mit Fristberechnungen hintanzuhalten, obwohl es nicht von der Hand zu weisen ist, dass bei diesen Tätigkeiten Fehler unterlaufen können, wie zB das Entsorgen oder Verwechseln von Kuverts oder Fehler bei der richtigen Einstellung von Eingangsstempeln.

Das erkennende Gericht kann im gegenständlichen Fall ein besonderes Augenmerk der Rechtsvertreter bei der Fristenkontrolle - wie von der Rechtsprechung gefordert - nicht erkennen. Offenbar werden von den Kanzleimitarbeitern nach dem Öffnen der Kuverts die Schriftstücke mit einem Datumsstempel zur Protokollierung des Eingangs versehen. Dann vermerken die Mitarbeiter handschriftlich auf den Schriftstücken Vorfristen; wie im gegenständlichen Fall den 21.07.2017. Warum die Vorfrist mit 18 Tagen nach Eingang berechnet wurde, wird im Verfahren nicht dargetan. Da eine Bearbeitung im gegenständlichen Verfahren bis 21.07.2017 durch die zuständige Rechtsanwältin offenbar nicht möglich war - wie vorgebracht wird - wurde zu einem unbekannten Zeitpunkt (möglicherweise am 21.07.2017) von der Anwältin selbst eine Fristberechnung vorgenommen und im Fristenbuch eingetragen. Eine tägliche Kontrolle der eingehenden Post durch die Rechtsanwälte im Allgemeinen und am 03.07.2017 durch die zuständige Rechtsanwältin im Speziellen wird mit diesen Ausführungen aber nicht dargetan.

Wie dem o.a. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 08.07.1992, Zl. 92/03/0093, zu entnehmen ist, unterliegt das Zustelldatum einer besonderen Prüfungspflicht, zumal es ein wesentlicher Umstand für das Ende der Rechtsmittelfrist ist. Der Rechtsanwalt hat daher die eingehende Post täglich der erforderlichen Kontrolle zu unterstellen, um Unzukömmlichkeiten bei der Anmerkung des Zustelldatums zu vermeiden.

Aus den geschilderten Abläufen in der Kanzlei der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers ist eine solche Überprüfung nicht erkennbar:

Im gesamten Verfahren wird nicht dargetan, ob das richtige Datum des Einlangens auf den Schriftstücken bzw. das richtige Anbringen der dementsprechenden Kuverts von hinterlegten Sendungen von den Rechtsanwälten kontrolliert würde. Sollte also der Eingangsstempel nicht das Datum des Tages der Zustellung aufweisen oder Kuverts entsorgt oder vertauscht werden, würde die Berechnung der Frist nicht stimmen.

Der Disziplinarkommission ist somit beizupflichten, wenn sie in ihrer Entscheidung ausführt, dass nach den Angaben des Beschwerdeführers ein entsprechendes Kontrollsystem über die Überprüfbarkeit des richtigen Datums des Eingangsstempels in der Kanzlei seiner rechtsfreundlichen Vertretung fehle.

Gemäß Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14.04.1994, Zl. 93/06/0159, kann es nicht als minderes Versehen eingestuft werden, wenn nicht vor dem Wegwerfen die geleerten Kuverts dahingehend überprüft werden, ob sich in ihnen noch Schriftstücke befinden. Im Lichte dieser Rechtsprechung erscheint also das Wegwerfen der Kuverts von an die Kanzlei adressierten Schriftstücken ohne vorherige Kontrolle als Organisationsmangel. Auch im gegenständlichen Fall wäre bei einer Überprüfung der Kuverts vor ihrer Entsorgung wohl aufgefallen, dass es sich bei einem Kuvert um eine hinterlegte Sendung gehandelt hat.

Der belangten Behörde ist zuzustimmen, dass gerade im gegenständlichen Fall einer aufgrund eines medizinischen Notfalls in der Familie unkonzentrierten und früher vom Arbeitsplatz eilenden Kanzleimitarbeiterin - welche für das frühzeitige Verlassen wohl die Zustimmung ihres Arbeitgebers benötigte und ihre Gemütslage daher diesem bekannt sein musste - eine genauere Kontrolle der Abläufe im Zuge des Posteingangs durch die Rechtsanwälte hätte vorgenommen werden müssen.

Im Übrigen ist dem erkennenden Gericht nicht nachvollziehbar, warum die Kanzleiangestellte, welche wegen eines medizinischen Notfalls in der Familie dringend nach Hause fahren wollte, zunächst in der Kanzlei noch die Post öffnete, alle Kuverts entsorgte, die Schriftstücke zum Anbringen des Eingangsstempels dann ihrer Kollegin weitergab und erst dann die Kanzlei verließ. Naheliegend wäre doch gewesen die Post zur Kanzlei zu bringen und alles weitere der Kollegin zu überlassen, um so rasch wie möglich zur Familie zu fahren.

Im gegenständlichen Fall teilt das Bundesverwaltungsgericht die Ansicht der belangten Behörde, wonach ein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden an der Fristversäumung vorliegt, weshalb die Beschwerde gegen die Abweisung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 33 Abs. 1 VwGVG als unbegründet abzuweisen war.

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann - soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist - das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

Die Aktenlage lässt erkennen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, wobei dem auch die Grundrechte nach Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC nicht entgegenstehen, weil dafür im Fall von Wiedereinsetzungsanträgen darauf abzustellen ist, ob es nach dem innerstaatlichen Recht für die Beurteilung des Wiedereinsetzungsantrags in rechtlicher Hinsicht auf eine im Einzelfall strittige Beweislage ankommt [vgl. etwa den Fall EGMR 08.06.2010, Motion Pictures Guarantor Ltd gg. Serbien, Beschw. Nr. 28.353/06, Rz. 33-35], was im vorliegenden Beschwerdefall nicht der Fall ist.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf die dargestellte Rechtsprechung wird verwiesen.

Die Beurteilung, ob ein im Sinn des § 71 Abs 1 Z 1 AVG bzw des § 33 Abs 1 VwGVG 2014 unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis ohne grobes Verschulden zur Versäumnis geführt hat, also die Qualifikation des Verschuldensgrades, unterliegt - als Ergebnis einer alle maßgeblichen Umstände des Einzelfalls berücksichtigenden Abwägung - grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichts. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (VwGH vom 31.05.2017, Ra 2017/22/0064).

Schlagworte

Beschwerdefrist, Fristversäumung, Kontrollsystem,
Organisationsmängel, Rechtsbeistand, unvorhergesehenes und
unabwendbares Ereignis, Verschulden, verspätete Beschwerde,
Wiedereinsetzungsantrag, Zustelldatum

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W146.2174982.2.00

Zuletzt aktualisiert am

31.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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