Entscheidungsdatum
15.11.2018Norm
AsylG 2005 §12a Abs2Spruch
I401 2196641-1/9E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard AUER in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.05.2018, Zl. IFA: 1064259710 VZ INT: 180420837, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX, geb. XXXX, StA. Algerien, beschlossen:
A)
Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 22 BFA-VG rechtmäßig.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1.1. Der Fremde, ein Staatsangehöriger von Algerien, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 18.04.2015 den ersten Antrag auf internationalen Schutz, den er bei der Erstbefragung an diesem Tag damit begründete, wirtschaftliche Probleme und als Berber keine Zukunft in Algerien zu haben.
Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: Bundesamt) vom 22.04.2015 gab der Fremde neuerlich als Fluchtgrund an, ausschließlich aus wirtschaftlichen Gründen ausgereist zu sein. Er sei weder bedroht noch diskriminiert worden, noch sonst was.
1.2. Mit Bescheid vom 26.04.2015 wies das Bundesamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Algerien als unbegründet ab. Zugleich wurde dem Fremden ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen sowie festgestellt, dass die Abschiebung nach Algerien zulässig ist und die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.
Dieser Bescheid, der darauf gestützt wurde, dass der Fremde sein Heimatland ausschließlich aus wirtschaftlichen Gründen verlassen und er damit keine Verfolgung im Sinn der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) glaubhaft gemacht habe, erwuchs, da der Fremde an der angegebenen Zustelladresse nicht mehr aufhältig war, am 30.04.2015 durch Hinterlegung im Akt gemäß § 23 Abs. 2 ZustellG in Rechtskraft.
2. Die Dublin-Behörde des Königreiches der Niederlande richtete an Österreich am 25.04.2018 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III-VO), gestütztes Wiederaufnahmeersuchen betreffend den Fremden.
Für dieses Wiederaufnahmegesuch wurde das in Art. 23 Abs. 4 Dublin III-VO vorgesehene Standardformblatt entsprechend dem Annex III der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 118/2014 verwendet.
Zur Person des Antragstellers waren in diesem Formblatt die Namen EL HASNAOUI Abdelmonaim, MANSOUR Zakaria und KASMI Mohamed, das Geburtsdatum 25.12.1990 und als Land Marokko angegeben.
3.1. Mit Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich, vom 03.05.2018 wurde zum Zweck der Sicherung der Abschiebung die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG angeordnet.
3.2. Bei seiner Erstbefragung durch Organe der Landespolizeidirektion Wien vom 08.05.2018 gab der Fremde bei seiner neuerlichen Antragstellung auf Gewährung internationalen Schutzes vom 07.05.2018 an, die Gründe bei seinem Erstantrag seien nicht richtig gewesen, weil er Angst gehabt habe, dass er in seine Heimat zurückgeschickt werde.
Als neue Fluchtgründe legte der Fremde dar, er habe in Algerien zusammen mit zwei Personen, von denen eine in Algerien in Haft genommen worden sei und die andere in Deutschland lebe, als Schlepper Schwarzafrikaner nach Marokko geschleust und damit Geld verdient. Als die eine Person verhaftet worden sei, habe sie auch seinen Namen als Komplizen der Polizei bekannt gegeben. Daher habe der Fremde das Land verlassen. Er sei in Algerien wegen der Schlepperei straffällig geworden. Die Fluchtgründe seien ihm seit 2015, seit seiner Ausreise aus (gemeint wohl: nach) Österreich bekannt.
Bei einer Rückkehr befürchte er eine drei- bis vierjährige Haftstrafe.
3.3. Mit Verfahrensanordnung gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 und Z 6 AsylG 2005 vom 15.05.2018 teilte das Bundesamt dem Fremden mit, dass es beabsichtige, den Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache nach § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen und den faktischen Abschiebeschutz mit mündlich zu verkündendem Bescheid aufzuheben. Somit gelte nicht länger die 20-Tages-Frist für das Zulassungsverfahren. Weiters wurde dem Fremden vom Bundesamt mit einer weiteren Verfahrensordnung zur Kenntnis gebracht, dass er verpflichtet sei, an einem Rückkehrberatungsgespräch teilzunehmen.
3.4. Bei seiner am 24.05.2018 erfolgten niederschriftlichen Einvernahme durch das Bundesamt erklärte der Fremde zunächst, er habe Österreich nach der Einreise wieder verlassen, sei in sein Heimatland nicht zurückgekehrt, vielmehr sei er drei Jahre in Holland gewesen.
Befragt, ob die Fluchtgründe aus dem Erstverfahren noch aufrecht seien, erklärte der Fremde, er habe nicht in Österreich bleiben wollen. Daher habe er nicht angegeben, dass er ein Berber sei. Die Berber würden es nicht wollen, dass die Araber sie regierten. Sie seien eine Minderheit und würden sich mit den Arabern nicht verstehen. Sie würden einen eigenen Staat wollen. Als Berber hätten sie keine Rechte. Die Araber seien zu ihnen gekommen, jedoch seien die Berber vorher in Algerien gewesen.
Im Jahre 2015 hat man ihm gesagt, er bekomme hier eine E-Card und einen Aufenthaltstitel. Er habe aber nichts bekommen. Er habe Österreich nach der Einreise und der Asylantragstellung wieder verlassen, da ihm die Polizei die Asylkarte abgenommen und gesagt habe, dass er kein Recht habe, in Österreich zu bleiben.
Diese Angaben habe er im Erstverfahren nicht gemacht, weil er berberisch habe reden wollen, die Einvernahme jedoch in Arabisch erfolgt sei.
Auf Vorhalt, dass er bei der Erstbefragung am 07.05.2018 (richtig: 08.05.2018) andere Fluchtgründe angegeben habe, äußerte der Fremde, sein Freund sei erwischt worden, als er Schwarzafrikaner mit dem Auto von Algerien bis zur marokkanischen Grenze gebracht habe. In seiner Heimat sei er Mechaniker gewesen und er habe seinem Freund das Auto verkauft. Sein Freund habe gesagt, dass auch er (bzw. der Fremde) mitgemacht habe. Deshalb sei er auch verdächtigt worden; er habe das aber nicht gemacht. Er habe seinem Freund nur das Auto verkauft. Ein anderer Freund, der mit ihm in der Autowerkstatt gearbeitet habe, habe in Deutschland Asyl bekommen. An den Schleppungen sei er nicht beteiligt gewesen. Die Polizei habe aber vermutet, dass auch er mitgemacht habe.
Diese Gründe habe er im Erstverfahren nicht angegeben, weil er damals aus Ungarn gekommen sei und die Dolmetscherin ihn damals nicht verstanden habe.
Nach Algerien könne er nicht zurück, weil er dort keine Rechte habe.
3.5. Nach Abschluss der Vernehmung sowie nach Unterbrechung und Fortsetzung der Amtshandlung hob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit dem am 24.05.2018 mündlich verkündeten Bescheid den faktischen Abschiebeschutz des Fremden gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 auf.
In der Beweiswürdigung führte das Bundesamt zu den Gründen für die voraussichtliche Entscheidung im Wesentlichen aus, die Fluchtgründe aus dem Erstverfahren seien aufrecht und der Fremde habe im gegenständlichen Verfahren neue (gemeint wohl: keine neuen) Fluchtgründe vorgebracht. Diese hätten bereits zum Zeitpunkt des Erstverfahrens bestanden und seien von ihm schuldhaft nicht vorgebracht worden. Sein Vorbringen im gegenständlichen Verfahren sei nicht glaubhaft bzw. weise keinen asylrelevanten Sachverhalt auf. Der objektive und entscheidungsrelevante Sachverhalt sei unverändert.
Es sei offensichtlich, dass die erneute Asylantragsstellung nur aufgrund des Umstandes bevorstehender Abschiebungsmöglichkeit erfolgt sei.
In der rechtlichen Beurteilung legte das Bundesamt unter anderem dar, dass der Fremde über kein sonstiges Aufenthaltsrecht verfüge. Sein nunmehriger Antrag auf internationalen Schutz sei voraussichtlich zurückzuweisen, da er keinen neuen Sachverhalt vorgebracht habe und sich das neue Vorbringen auf bereits behandelte Fluchtgründe, welche er schuldhaft nicht vorgebracht habe, bezogen habe. Die Erlangung der faktischen Notwendigkeiten für eine Abschiebung, zB die Ausstellung eines Heimreisezertifikates, sei gegeben bzw. stehe unmittelbar bevor. Die allgemeine Lage in seinem Herkunftsland habe sich nicht entscheidungswesentlich geändert.
Da gegenüber dem Vorverfahren keine entscheidungswesentlichen neuen Umstände in den persönlichen Verhältnissen und dem Gesundheitszustand des Fremden vorlägen, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung bzw. Ausweisung aufrecht sei, er über kein Aufenthaltsrecht verfüge und sein neuerlicher Antrag voraussichtlich zurückzuweisen sei lägen die Voraussetzungen für die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes vor.
Die Rechtsmittelbelehrung enthält den Hinweis, dass diese Beurkundung als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gelte und die Verwaltungsakten unverzüglich von Amts wegen dem Bundesverwaltungsgericht zur Überprüfung übermittelt würden und dies als Beschwerde gelte.
Gegen den mündlich verkündeten Bescheid vom 24.05.2018 erhob der Fremde keine Beschwerde.
4.1. Mit Schreiben vom 28.05.2018 übermittelte das Bundesamt seine den Fremden betreffenden Akten dem Bundesverwaltungsgericht "zur Beurteilung der Aufhebung" und wies darauf hin, dass der faktische Abschiebschutz des Fremden aufgehoben und ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme eingeleitet worden sei sowie dass sich der Fremde in Schubhaft befinde.
4.2. Per E-Mail vom 11.06.2018 bestätigte das Bundesverwaltungsgericht gegenüber dem Bundesamt, dass die Verwaltungsakten am 01.06.2018 in der zuständigen Gerichtsabteilung eingelangt sind.
5.1. Der Verwaltungsgerichtshof stellte an den Verfassungsgerichtshof den Antrag, die gesetzliche Bestimmung des § 22 Abs. 10 dritter und vierter Satz des Bundesgesetzes über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 - AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 68/2013, als verfassungswidrig aufzuheben, und mehrere Eventualanträge.
Das Bundesverwaltungsgericht stellte mit Beschluss vom 08.10.2018, I401 2116328-2/3Z, ebenfalls einen Antrag auf Aufhebung der zuvor zitierten Bestimmungen.
Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 10.10.2018, G 186/2018-25, u.a., wurde der (Haupt-) Antrag abgewiesen bzw. in Bezug auf die Eventualanträge zurückgewiesen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Zu Spruchpunkt A):
Die Vorlage des Aktes durch das Bundesamt gilt gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 bereits als Beschwerde.
1. Feststellungen:
Der volljährige Fremde ist algerischer Staatsangehöriger und somit Drittstaatsangehöriger. Seine Identität steht nicht fest. Er ist ledig, spricht arabisch, bekennt sich zum moslemischen Glauben und gehört der Volksgruppe der Berber an. Er ist gesund. Er verfügt über keine Deutschkenntnisse; er ging und geht in Österreich keiner Erwerbstätigkeit nach. Ihm wird derzeit keine Grundversorgung gewährt. Der Fremde befindet sich im Polizeianhaltezentrum B. Davor war er in Österreich nicht mit einem Wohnsitz gemeldet. Er hielt sich von Mai 2015 bis Mai 2018, somit für drei Jahre, in den Niederlanden auf.
In Österreich verfügt er über keine familiären Anknüpfungspunkte. Seine Eltern und Geschwister leben in Frankreich.
Der Fremde ist strafrechtlich unbescholten.
Es kann nicht festgestellt werden, dass der Fremde in Algerien aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt wurde oder werden wird.
Der erste Antrag des Fremden auf internationalen Schutz vom 18.04.2015 wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 26.04.2015 abgewiesen und eine Rückkehrentscheidung ausgesprochen. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.
Die im gegenständlichen Asylverfahren vorgebrachten ("neuen") Fluchtgründe waren dem Fremden bereits zum Zeitpunkt seiner ersten Antragstellung auf internationalen Schutz bekannt.
Weder im Hinblick auf die allgemeine Lage in Algerien noch im Hinblick auf die anzuwendenden rechtlichen Bestimmungen ist seit Rechtskraft der vorangegangenen Entscheidung eine maßgebliche Änderung eingetreten.
Der Fremde machte auch keine (schwerwiegenden) gesundheitlichen Beeinträchtigungen geltend. Der Fremde weist kein schützenswertes Privat- oder Familienleben, keine Einkünfte und keine Mittel zur Bestreitung seines Unterhalts im Bundesgebiet auf. Eine besondere Aufenthaltsverfestigung ist nicht erkennbar.
2. Beweiswürdigung:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens durch die Einsichtnahme in den Akt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sowie in den zu überprüfenden Bescheid Beweis erhoben.
Die Feststellungen zur Person des Fremden ergeben sich - vorbehaltlich der Feststellungen zur Identität - aus seinen in diesem Punkt nicht widerlegten Angaben.
Die Angaben zu den Asylverfahren des Fremden ergeben sich aus den vorliegenden Akten. Der Fremde hatte im vorangegebenen Verfahren im Wesentlichen angegeben, dass er in Algerien wirtschaftliche Probleme gehabt habe. Außerdem habe er als Berber in Algerien keine Zukunft. Im gegenständlichen Verfahren, brachte der Fremde vor, dass er vor seiner Ausreise aus Algerien als Automechaniker gearbeitet und einem Freund ein Auto verkauft habe. Sein Freund habe mit einer weiteren Person als Schlepper gearbeitet und so Geld verdient. Als einer seiner Freunde von der Polizei verhaftet worden sei, sei auch er der Schlepperei beschuldigt worden.
Diese Fluchtgründe waren dem Fremden bereits bei der ersten Antragstellung auf Zuerkennung internationalen Schutzes bekannt und wurden von ihm seinerzeit nicht vorgebracht. Neue beachtenswerte Fluchtgründe liegen somit nicht vor. Darüber ist auch festzuhalten, dass er bereits nach einem Monat nach seiner ersten am 18.04.2015 erfolgten Antragstellung auf Zuerkennung internationalen Schutzes Österreich verließ und sich für drei Jahre in den Niederlanden aufhielt, wodurch er sich - vorwerfbar - dem Asylverfahren entzog.
Ein Abgleich zwischen den Länderfeststellungen des vorangegangenen Asylverfahrens und dem aktuellen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Algerien ergibt keine Verschlechterung der allgemeinen Situation in Algerien. Eine solche wurde vom Fremden auch nicht behauptet.
Die Feststellung zur Unbescholtenheit leitet sich aus einem aktuellen Strafregisterauszug der Republik Österreich ab.
Der Fremde verfügt in Österreich über keine Verwandten. Ebenso konnte ein schützenswertes Privat- und/oder Familienleben des Fremden im Bundesgebiet nicht festgestellt werden.
Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat des Fremden wurden dem "Länderinformationsblatt" zu Algerien entnommen. Bezüglich der Erkenntnisquellen zur Lage im Herkunftsstaat wurden sowohl Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie beispielsweise dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten und unabhängigen Nichtregierungsorganisationen, wie zB der Schweizerischen Flüchtlingshilfe, herangezogen. Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln. Die Länderfeststellungen, welche der Entscheidung belangten Behörde zugrunde gelegt wurden, zeigen keine Verschlechterung der allgemeinen Situation in Algerien gegenüber der Zeit der vorangehenden Entscheidung des Bundesamtes vom 26.04.2015.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zur anzuwendenden Rechtslage:
3.1.1. § 12a Abs. 1 und 2 AsylG 2005 (in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017) lauten:
"Faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen
§ 12a. (1) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn
1. gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde,
2. kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt,
3. im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben, und
4. eine Abschiebung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG) weiterhin zulässig ist.
(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn
1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,
2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und
3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde."
Der § 22 Abs. 10 AsylG 2005 (in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2016) lautet:
"Entscheidungen
§ 22 ...
(10) Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden."
3.1.2. § 22 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012, in der Fassung BGBl. I Nr. 68/2013, lautet:
"Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes
§ 22. (1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.
(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.
(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden."
3.1.3. Voranzustellen ist, dass der Fremde einen weiteren Asyl- bzw. Folgeantrag im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005 gestellt hat und kein Fall des § 12a Abs. 1 Asylgesetz 2005 vorliegt.
Das Vorliegen einer aufrechten Rückkehrentscheidung ist notwendiges Tatbestandselement des § 12a Abs. 2 AsylG 2005.
Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht, es sei denn, es wurde ein darüber hinaus gehender Zeitraum gemäß § 53 Abs. 2 und 3 FPG festgesetzt. Gegenständlich besteht gegen den Fremden auf Grund des in Rechtskraft erwachsenen Bescheides des Bundesamtes 26.04.2015 eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Fremdenpolizeigesetz 2005. Mit dieser Entscheidung wurde der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz bzw. bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten als unbegründet abgewiesen, sodass feststeht, dass ihm in Algerien keine asylrelevante Verfolgung droht.
Eine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts ist nicht eingetreten. Das Vorbringen des Fremden im gegenständlichen Verfahren war ihm bereits zum Zeitpunkt der Stellung seines ersten Antrages auf internationalen Schutz bekannt. Es ergibt sich daraus kein gegenüber dem Vorfahren geänderter Sachverhalt im Sinne neuer zu beachtender Fluchtgründe. Auch die Situation in Algerien hat sich seit dem Vorbescheid nicht geändert. Es gab diesbezüglich auch kein Vorbringen des Fremden.
Im vorangegangenen Verfahren hat das Bundesamt bereits ausgesprochen, dass der Fremde bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keiner realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bestehen würde (§ 50 FPG). In der Begründung des Bescheides des Bundesamtes wird ausgeführt, dass der Fremde keine Gefährdung seiner Person glaubhaft machen konnte. Es sei nicht anzunehmen, dass er im Falle einer Rückkehr einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt sein würde. Auch aus der allgemeinen Situation im Heimatland bzw. der zu erwartenden Rückkehrsituation alleine ließe sich eine solche nicht ableiten.
Auch gibt es dafür, dass dem Fremden im Falle einer Rückkehr nach Algerien die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (zur "Schwelle" des Art. 3 EMRK vgl. das Erk. VwGH vom 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059), im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte, zumal der Fremde gesund ist und als Automechaniker gearbeitet hat. Es ist daher kein Grund ersichtlich, warum der Fremde seinen Lebensunterhalt nach seiner Rückkehr nicht bestreiten können sollte.
Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch keine Umstände bekannt geworden, die es nahelegen würden, dass, bezogen auf den Fremden, ein "reales Risiko" einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht.
Der Fremde führt in Österreich kein im Sinne des Art. 8 EMRK geschütztes Familienleben und weist auch sein Privatleben erkennbar keine besonders ausgeprägte Intensität auf.
Der neuerliche Antrag bzw. Folgeantrag des Fremden auf internationalen Schutz vom 07.05.2018 wird voraussichtlich zurückzuweisen sein, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist.
Somit sind die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG 2005 gegeben, sodass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes nicht rechtswidrig war.
Da § 22 Abs. 10 AsylG 2005 dies ausdrücklich vorsieht, war die vorliegende ohne Durchführung einer Verhandlung zu treffende Entscheidung nicht mit Erkenntnis, sondern mit Beschluss zu erledigen.
Zu Spruchpunkt B) - Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an eine Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Da die in der vorliegenden Entscheidung maßgeblichen Rechtsfragen klar sind und keiner Auslegung bedürfen, geht das Bundesverwaltungsgericht nicht vom Vorliegen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG aus.
Schlagworte
aufrechte Rückkehrentscheidung, faktischer Abschiebeschutz,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:I401.2196641.1.01Zuletzt aktualisiert am
31.01.2019