Entscheidungsdatum
15.11.2018Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W195 2198814-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Bangladesch, vertreten durch XXXX , Rechtsanwalts-Kommandit-Partnerschaft KG, XXXX , XXXX gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger von Bangladesch, stellte am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
Im Rahmen einer am 20.11.2015 vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erfolgten niederschriftlichen Erstbefragung gab der BF an, im September 2015 den Entschluss gefasst zu haben, sein Heimatland zu verlassen. Schlepperunterstützt sei er dabei über Indien, Pakistan, den Iran und die Türkei nach Griechenland gelangt, von wo aus er über Mazedonien, Serbien, Kroatien und Slowenien nach Österreich gereist sei. Nach den Gründen befragt, die den BF bewogen hätten, sein Heimatland zu verlassen, führte dieser aus, Mitglied der Bangladesh National Party (im Folgenden: BNP) zu sein. Die derzeitige Regierungspartei "Awa Malik" dulde jedoch keine anderen Parteien und habe den BF eines Mordes beschuldigt, welchen er nicht begangen habe. Da er seine Unschuld nicht beweisen habe können und Angst gehabt habe, von der Polizei abgeholt zu werden, da andere Mitglieder der BNP in der Vergangenheit immer wieder verschwunden seien, habe er Bangladesch verlassen.
2. Am 31.08.2016 wurde der BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) niederschriftlich einvernommen. Dabei führte er u.a. aus, in seinem Heimatland politisch aktiv, seit 2011 Mitglied der BNP und von XXXX bis XXXX einer Studentenorganisation der BNP gewesen zu sein. Aufgefordert darzulegen, aus welchen Gründen er Bangladesch verlassen habe, gab der BF an, dass es eine Schlägerei zwischen Anhängern der BNP und der Awami League gegeben habe. Im Zuge dieses Vorfalls sei von der Polizei in die Menge geschossen worden und dabei ein Mitglied der Awami League ums Leben gekommen. Der BF habe sich zu diesem Zeitpunkt in seinem Geschäft aufgehalten. Die Schuld am Tod des Mannes sei von Seiten der Awami League auf die BNP geschoben worden. Einige BNP-Mitglieder seien festgenommen worden, andere hätten fliehen können. Die Polizei sei auch zum BF nach Hause gekommen. Seine Ehefrau habe den BF daraufhin angerufen und erst dann habe dieser erfahren, was passiert sei. Der BF habe sodann sein Geschäft geschlossen und sei zu seiner Schwester gefahren sei. Etwa zehn Tage später sei er wieder nach Hause zurückgekehrt und habe seine Verwandten getroffen. Da er als XXXX jedoch ohne weitere Untersuchungen sofort ins Gefängnis gekommen oder umgebracht worden wäre, sei er dann geflohen. Sein bester Freund, Ende März 2014, und weitere BNP Mitglieder seien bereits umgebracht worden. Darüber hinaus befinde sich der ältere Bruder des BF, nachdem dieser dem BF Unterlagen geschickt habe, in Bangladesch im Gefängnis.
Im Zuge der Einvernahme legte der BF Unterlagen in bengalischer bzw. englischer Sprache vor (darunter eine Geburtsurkunde; eine Bestätigung der Gemeindeverwaltung; ein Empfehlungsschreiben der BNP Studentenorganisation; behördliche Unterlagen die behauptete, gegen ihn erhobene Anzeige betreffend; eine Statistik über Morde in Polizeigefängnissen).
3. Mit Datum vom 07.09.2016 übermittelte der BF der Behörde eine Stellungnahme zu den ihm im Rahmen der Einvernahme ausgehändigten Länderberichten, in welcher er im Wesentlichen ausführte, dass sich die Länderfeststellungen mit seinem Vorbringen decken würden und eine Verfolgungsgefahr seiner Person jedenfalls gegeben sei. Er verwies darauf, dass er auf Grund seiner Position in einer BNP-Unterorganisation willkürlicher Strafverfolgung ausgesetzt sei und ein Haftbefehl gegen ihn vorliege.
4. Am 10.03.2017 wurde der BF vor dem BFA neuerlich niederschriftlich einvernommen und dabei ergänzend zu den Ereignissen, die sich vor seiner Ausreise in Bangladesch ereignet hätten sowie zu einem vom BF vorgelegten Dokument, bei dem es sich um einen gegen ihn erlassenen Haftbefehl handle, befragt. Der BF stimmte der Durchführung von Vor-Ort-Recherchen in seinem Heimatland unter Wahrung seiner Anonymität zu.
5. Mit Datum vom 21.03.2017 stellte das BFA eine Anfrage an die Staatendokumentation zur Überprüfung der vom BF im Zusammenhang mit seinem Fluchtvorbringen getätigten Angaben und zur Verifizierung vom BF vorgelegter Unterlagen.
Mit Datum vom 08.06.2017 übermittelte die Staatendokumentation dem BFA eine Anfragebeantwortung, wonach Vor-Ort-Recherchen der österreichischen Vertretungsbehörden in Bangladesch - unter Beiziehung eines Vertrauensanwaltes - zusammengefasst ergeben hätten, dass die vom BF vorgelegten Falldokumente als Fälschungen anzusehen seien, die vorgelegte Geburtsurkunde hingegen als authentisch zu bewerten sei. Befragungen unter Ortsansässigen hätten ergeben, dass diesen der vom BF geschilderte Vorfall vom 28.02.2014 nicht bekannt sei. Der (befragte) Bruder des BF bestätigte hingegen einen Vorfall, bei dem zwei bis drei Personen ums Leben gekommen seien und in Folge dessen eine Anzeige gegen den BF erstattet worden sei. Die Ortsansässigen wüssten auch weder über eine Anzeige gegen den BF noch über eine Inhaftierung des Bruders des BF Bescheid. Eine politische Tätigkeit des BF sei der lokalen Bevölkerung darüber hinaus ebenso wenig bekannt wie der vom BF vorgebrachte Todesfall eines Freundes. Der Freund des BF, der getötet worden sei, sei auch dem Bruder des BF nicht bekannt gewesen.
6. Am 11.07.2017 wurde dem BF im Zuge einer weiteren niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA die Möglichkeit gegeben, zu den Rechercheergebnissen der Staatendokumentation, Stellung zu nehmen. Der BF hielt sein Fluchtvorbringen aufrecht und führte ergänzend aus, dass nach den erfolgten Vor-Ort-Recherchen sein älterer Bruder von Polizisten mitgenommen und misshandelt worden sei.
7. Mit Datum vom 26.07.2017 übermittelte der BF dem BFA eine Stellungnahme, in der er die seitens des Vertrauensanwaltes durchgeführte Vor-Ort-Recherche in seinem Heimatland beanstandete. Diese sei einseitig, unvollständig, nicht nachvollziehbar und die daraus gezogenen Erkenntnisse seien falsch. Darüber hinaus gehe aus den übermittelten Unterlagen nicht hervor, inwiefern der herangezogene Vertrauensanwalt für die von ihm ausgeübte Tätigkeit qualifiziert sei und seien zudem die Methoden des Vertrauensanwaltes nicht ausreichend dargelegt worden. Insbesondere sei auch zu beanstanden, dass sich die Recherche auf ein Ereignis vom 28.02.2014 bezogen habe, der vom BF vorgebrachte Vorfall sich jedoch am 28.02.2015 zugetragen habe.
8. Mit Datum vom 27.07.2017 stellte das BFA eine weitere Anfrage an die Staatendokumentation zur Überprüfung der Angaben des BF betreffend einen Vorfall vom 28.02.2015.
Mit Datum vom 05.04.2018 übermittelte die Staatendokumentation dem BFA eine Anfragebeantwortung, wonach weitere Vor-Ort-Recherchen der österreichischen Vertretungsbehörden in Bangladesch - abermals unter Beiziehung eines Vertrauensanwaltes - zusammengefasst ergeben hätten, dass der vom BF vorgebrachte Vorfall vom 28.02.2015 der lokalen Bevölkerung nicht bekannt sei und daher auch keine Angaben zu einem damit in Verbindung stehenden Todesfall oder Verhaftungen getätigt werden hätten können. Auch zusätzlich getätigte Online-Recherchen betreffend den in Rede stehenden Vorfall hätten zu keinen Ergebnissen geführt.
9. Mit Datum vom 09.05.2018 übermittelte der BF dem BFA eine Stellungnahme zu der ergänzend durchgeführten Vor-Ort-Recherche, im Zuge derer der BF den Ergebnissen der ergänzenden Recherche entgegentrat und die Vorgehensweise des Vertrauensanwaltes erneut beanstandete.
10. Mit dem angefochtenen Bescheid vom XXXX , Zl. XXXX , wies das BFA den Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde dem BF nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Darüber hinaus wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Bangladesch gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.) und ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).
Begründend führte das BFA bezüglich Spruchpunkt I. zusammengefasst aus, dass auf Grund der widersprüchlichen Ausführungen des BF und auf Grundlage der Ergebnisse durchgeführter Vor-Ort-Recherchen das Fluchtvorbringen des BF als nicht glaubhaft zu bewerten gewesen sei und somit nicht festgestellt werden habe können, dass der BF in seiner Heimat einer Bedrohung ausgesetzt gewesen sei. Unter Berücksichtigung der individuellen (persönlichen) Umstände des BF sei auch nicht davon auszugehen, dass der BF im Falle einer Rückkehr in sein Heimatland in eine ausweglose Situation gerate, weswegen auch keine Anhaltspunkte für die Gewährung subsidiären Schutzes vorliegen würden. (Spruchpunkt II.) Insbesondere handle es sich beim BF um einen jungen, gesunden und arbeitsfähigen Mann mit familiären Anknüpfungspunkten in Bangladesch. Ebenso wenig lägen Anhaltspunkte für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" vor (Spruchpunkt III.) und würden zudem die öffentlichen Interessen an einem geordneten Vollzug des Fremdenwesens gegenüber den privaten Interessen des BF an einem Verbleib im Bundesgebiet überwiegen, weswegen eine Rückkehrentscheidung zu erlassen sei Die Abschiebung des BF sei als zulässig zu bewerten (Spruchpunkte IV. und V.) und betrage im Hinblick auch die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).
11. Mit Schriftsatz vom 15.06.2018 wurde der Bescheid des BFA vom 17.05.2018 seitens des BF wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften zur Gänze angefochten. Begründend führte der BF im Wesentlichen aus, dass die von der Behörde verwendeten Länderberichte sein Vorbringen bestätigen würden und sein Vorbringen vor diesem Hintergrund als glaubwürdig zu beurteilen sei. Der BF habe zudem umfassende Beweismittel vorgelegt und sei er den Ausführungen des Vertrauensanwaltes, wonach es sich bei den Unterlagen um Fälschungen handle, bereits in den vorgelegten Stellungnahmen entgegengetreten worden. Darüber hinaus sei auf die Bedenken des BF hinsichtlich der Person des Vertrauensanwaltes und dessen Qualifikation seitens der Behörde nicht eingegangen worden und sei die Übermittlung weiterer (angekündigter) Beweismittel seitens des BFA nicht abgewartet worden. Diese reiche der BF mit dem Beschwerdeschriftsatz nunmehr nach. Die Behörde habe es zusammengefasst verabsäumt, den Sachverhalt vollständig zu ermitteln und die Angaben des BF rechtlich richtig zu würdigen. Im Ergebnis hätte das BFA zu dem Schluss kommen müssen, dass dem BF auf Grund seiner politischen Funktion, die Begehung einer Straftat vorgeworfen werde und ihm daher eine Verfolgung auf Grund der politischen Gesinnung drohe.
Es wurden die Anträge gestellt, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, dem BF den Status eines Asylberechtigten, hilfsweise den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, hilfsweise auszusprechen, dass eine Rückkehrentscheidung des BF auf Dauer unzulässig und ihm eine Aufenthaltsberechtigung gemäß § 55 AsylG zu erteilen ist.
12. Mit Datum vom 18.06.2018 legte das BFA die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
13. Mit Schreiben vom 05.10.2018, dem BF ausgefolgt am 10.10.2018, übermittelte das Bundesverwaltungsgericht dem BF - mit der Ladung zur mündlichen Beschwerdeverhandlung am 24.10.2018 - das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Bangaldesch.
14. Mit Schreiben vom 22.10.2018 teilte der BF mit, den im Spruch genannten Rechtsvertreter zu seiner Vertretung im gegenständlichen Verfahren beauftragt und bevollmächtigt zu haben. Es wurde mitgeteilt, dass der Rechtsvertreter an der mündlichen Beschwerdeverhandlung nicht teilnehmen wird sowie zugleich der Antrag auf Übermittlung des Verhandlungsprotokolls und Einräumung einer Frist zur Abgabe einer Stellungnahme bis 07.11.2018 gestellt.
15. Am 24.10.2018 führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Bengali eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch, im Zuge derer der BF ausführlich u.a. zu seinen Fluchtgründen, seinen Rückkehrbefürchtungen, seinen Familienverhältnissen und seinen Lebensverhältnissen in Österreich befragt wurde.
16. Mit Schreiben vom 06.11.2018 übermittelte der BF in Ergänzung seiner Ausführungen im Rahmen der Beschwerdeverhandlung eine Stellungnahme. Seine Angaben in der Verhandlung zu den Beweggründen sein Heimatland zu verlassen, hätten sich als glaubwürdig und plausibel dargestellt. Sollten dennoch Zweifel an diesen bestehen, werde die Einholung eines länderkundigen Sachverständigengutachtens beantragt, um festzustellen, dass die Schilderungen des BF als authentisch und glaubwürdig zu bewerten seien. Zudem könnten im Rahmen einer Gutachtenserstellung auch die Angaben des BF zu seiner Funktion als XXXX auf deren Richtigkeit und Wahrheitsgehalt überprüft werden und wären die vom BF geschilderten Vorfälle betreffend die Ermordung des besagten Freundes durch entsprechende Recherchen vor Ort zu überprüfen. Darüber hinaus werde beantragt, jene Personen, welche die im Zuge der Verhandlung vorgelegten Unterlagen - bei denen es sich laut dem BF um notariell beglaubigte Ausführungen von zwei Personen, die seitens des Vertrauensanwaltes befragt worden seien, handle - unterfertigt hätten, nochmals durch einen Vertrauensanwalt zu befragen. Die dem BF zur Kenntnis gebrachten Länderfeststellungen seien allgemein gefasst und könnten daher auf die Umstände des konkreten Einzelfalles nicht näher eingehen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
II.1. Feststellungen:
II.1.1. Zu der Person des BF, seinen Lebensumständen in Bangladesch, seinen Familienverhältnissen und seinen Lebensumständen in Österreich:
Der volljährige BF ist Staatsangehöriger von Bangladesch und der sunnitischen Glaubensgemeinschaft zugehörig. Seine Muttersprache ist Bengali.
Der BF in Bangladesch geboren und aufgewachsen. Er hat in seinem Heimatland eine mehrjährige Schulausbildung absolviert. Er verfügt über einen Secundary-School-Abschluss (aus dem Jahr 2011) und einen High-School-Abschluss (2013). Vor seiner Ausreise hat der BF als Geschäftsmann mit Reis gehandelt und damit seinen Lebensunterhalt verdient.
Der BF ist verheiratet und Vater einer Tochter. Die Ehefrau des BF (mit der gemeinsamen Tochter) sowie die Mutter, zwei Brüder und eine Schwester des BF halten sich in Bangladesch auf. Zu den in Bangladesch aufhältigen Verwandten besteht aufrechter (regelmäßiger) Kontakt.
Der BF ist im November 2015 nicht legal in das Bundesgebiet eingereist. Der BF bezieht seit seiner Einreise Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung und geht in Österreich keiner Erwerbstätigkeit, mit der er seinen Lebensunterhalt verdienen kann, nach. Er ist in Österreich Mitglied der Bangladesch-Österreichischen Gesellschaft, sonst in keinem Verein tätig. Der BF verfügt im Bundesgebiet über keine nennenswerten privaten Anknüpfungspunkte und lediglich über einen sehr begrenzten deutschen Sprachwortschatz.
Der BF ist strafrechtlich unbescholten.
Der BF verfügt über keine Verwandten in Österreich. Es besteht zudem weder eine Lebensgemeinschaft des BF in Österreich noch gibt es in Österreich geborene Kinder des BF.
Der BF wurde auf Grund von Beschwerden wegen Blut im Stuhl in Österreich ambulant behandelt. Zur Linderung seiner Beschwerden trägt der BF Salben auf. Diese Beschwerden hat der BF auch bereits in Bangladesch ärztlich behandeln lassen. Abgesehen davon ist der BF gesund. Er nimmt keine (weiteren) Medikamente und befindet sich auch nicht in ärztlicher Behandlung wegen anderer gesundheitlicher Beschwerden.
I.1.2. Zum Fluchtvorbringen des BF:
Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF auf Grund einer politischen Tätigkeit in seinem Herkunftsland einer konkret gegen seine Person gerichteten Bedrohung oder Verfolgung ausgesetzt gewesen ist oder ihm im Falle seiner Rückkehr eine solche droht.
Neben der behaupteten Verfolgungsgefährdung auf Grund einer politischen Tätigkeit brachte der BF im Verfahren keine weiteren Gründe vor, auf Grund derer er in seinem Heimatland eine Verfolgung bzw. Gefährdung zu befürchten hätte.
II.1.3. Zur Situation im Herkunftsland des BF:
Kurzinformation vom 23.03.2018, Oppositionsführerin Khaleda Zia zu fünf Jahren Haft verurteilt
Am 8. Februar 2018 wurde Begum Khaleda Zia, die frühere Premierministerin von Bangladesch und Vorsitzende der oppositionellen Bangladesh Nationalist Party (BNP) durch ein Gericht in Dhaka für schuldig befunden, während ihrer ersten Amtszeit von 1991 bis 1996 Spendengelder in Höhe von 21 Millionen Taka (etwa 200.000 Euro) veruntreut zu haben, die für die wohltätige Organisation Zia Orphanage Trust bestimmt waren. Das Gericht verurteilte Khaleda Zia zu fünf Jahren Haft, vier Berater und ihren Sohn Tarique Rahman zu je zehnjährigen Haftstrafen (DW 8.2.2018; vgl. The Guardian 8.2.2018). Der in London im Exil lebende Tarique Rahman ist von der Parteiführung im Zuge des Urteils zum Leiter der BNP erkoren worden (Indianexpress 12.2.2018).
Die Anklage gegen Khaleda Zia und ihren älteren Sohn erfolgte bereits 2008 durch die damalige militärische Übergangsregierung (Indianexpress 12.2.2018).
BNP Generalsekretär Mirza Fakrul Islam Alamgir kritisierte das Urteil scharf als einen Versuch Khaleda Zia zu verunglimpfen und sie von der Teilnahme an den nächsten Wahlen auszuschließen und kündigte an, das Urteil anzufechten (DW 8.2.2018; vgl. The Guardian 8.2.2018).
Im Vorfeld der Urteilsverkündung gegen Khaleda Zia haben die Behörden am 30. Jänner damit begonnen landesweit Unterstützer der oppositionellen BNP zu verhaften (OMCT 22.3.2018). Die in Dhaka ansässigen Menschenrechtsorganisation Ain O Salish Kendra berichtet, dass in den acht Tagen vor der Urteilsverkündigung insgesamt 1.786 Personen, Mitglieder der BNP, der islamistischen politischen Partei Jamaat-e-Islami und parteilose, festgenommen wurden (HRW 8.2.2018). BNP-Sprecher Rizvi Ahmed spricht von der Verhaftung von ungefähr
3.500 Aktivisten und Funktionären (The Guardian 8.2.2018).
Noch vor der Urteilsverkündung kam es in Dhaka zu Zusammenstößen zwischen Gefolgsleuten der BNP und der Polizei. Im Fernsehen waren brennende Motorräder zu sehen. Die Sicherheitskräfte setzten Tränengas ein, um die Demonstranten, die ein behördliches Versammlungsverbot missachtet hatten, zu zerstreuen (DW 8.2.2018).
Auch nach der Urteilsverkündung kam es in Bangladeschs Großstädten zu Zwischenfällen bei denen Polizeibeamte und Anhänger der BNP verletzt wurden. In der nordöstlichen Stadt Sylhet feuerten Polizisten mit Gummigeschossen auf Demonstranten, wobei vier Personen verletzt wurden. In der Hafenstadt Chittagong wurden mindestens sieben BNP-Funktionäre, darunter der lokale Parteivorsitzende verhaftet, nachdem es zu einem Handgemenge zwischen Anhänger der Opposition und der Polizei gekommen war (The Guardian 8.2.2018; vgl. BBC News 8.2.2018).
Etwa 5.000 Unterstützer der Opposition wurden bisher landesweit inhaftiert (OMCT 22.3.2018). Die Parteiführung der BNP fordert deren bedingungslose Freilassung (Dhaka Tribune 10.2.2018).
Seit der Inhaftierung von Khaleda Zia hat die BNP bei verschiedenen, friedlichen Aktionen, wie eine landesweite Flugblattaktion am 1. März, die Bildung einer Menschenkette in Dhaka am 6. März, sowie Sit-ins, symbolische Hungerstreiks und Protestzüge, ihre Freilassung gefordert (Dhaka Tribune 6.3.2018; vgl. Gulf Times 4.3.2018).
Am 19. März hat das Höchstgericht von Bangladesch den Beschluss des Obersten Gerichtshofs von Dhaka, der ehemaligen Premierministerin Khaleda Zia Kaution zu gewähren, bis zum 8. Mai ausgesetzt (ANI 19.3.2018).
Quellen:
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ANI - Asian News International (19.3.2018): B'desh SC stays Khaleda Zia's bail in orphanage graft case, https://www.aninews.in/news/world/asia/bdesh-sc-stays-khaleda-zias-bail-inorphanage-graft-case201803191613580001/, Zugriff 22.3.2018
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BBC News (8.2.2018): Bangladesh ex-PM Khaleda Zia jailed amid clashes, http://www.bbc.com/news/world-asia-42987765, Zugriff 22.3.2018
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Deutsche Welle (8.2.2018): Ex-Premierministerin Khaleda Zia zu fünf Jahren Haft verurteilt,
http://www.dw.com/de/ex-premierministerin-khaleda-zia-zu-f%C3%Bcnf-jahren-haftverurteilt/a-42499619, Zugriff 22.3.2018
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Dhaka Tribune (10.2.2018): BNP announces more protest plans over Khaleda conviction,
http://www.dhakatribune.com/bangladesh/politics/2018/02/10/bnp-announces-protest-planskhaleda-conviction/, Zugriff 22.3.2018
-
Dhaka Tribune (6.3.2018): BNP forms human chain demanding Khaleda's release,
http://www.dhakatribune.com/bangladesh/politics/2018/03/06/bnp-forms-human-chaindemanding-khaledas-release/, Zugriff 22.3.2018
-
Gulf Times (4.3.2018): BNP announces fresh protest to demand release of Zia,
http://www.gulf-times.com/story/583845/BNP-announces-fresh-protest-to-demand-release-of-Z, Zugriff 22.3.2018
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HRW - Human Rights Watch (8.2.2018): Bangladesh: End Crackdown on Opposition Supporters,
https://www.ecoi.net/de/dokument/1423887.html, Zugriff 22.3.2018
-
Indianexpress (12.2.2018): The solitary prisoner, http://indianexpress.com/article/opinion/columns/khaleda-zia-bangladesh-politics-bnp-thesolitary-prisoner-5060031/, Zugriff 22.3.2018
-
OMCT -World Organisation Against Torture (22.3.2018): Bangladesh:
Bangladesh: Civil society decries mass arrests amid worsening human rights situation,
http://www.omct.org/monitoring-protectionmechanisms/statements/bangladesh/2018/03/d24780/, Zugriff 22.3.2018
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The Daily Star (25.2.2018): ASK blasts cop action on BNP programme,
http://www.thedailystar.net/country/ain-o-salish-kendra-ask-blasts-police-action-bnpprogramme-153989, Zugriff 22.3.2018
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The Guardian (8.2.2018): Violent protests as opposition leader is jailed in Bangladesh,
https://www.theguardian.com/world/2018/feb/08/violent-protests-opposition-leader-jailedbangladesh-khaleda-zia, Zugriff 22.3.2018
Politische Lage
Bangladesch ist eine Volksrepublik (People' s Republic of Bangladesh) mit einer seit 1991 wieder geltenden parlamentarischen Demokratie als Regierungsform (GIZ 5.2017).
Das Staatsoberhaupt ist der Präsident, der vom Parlament alle fünf Jahre gewählt wird, eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Er übt Großteils zeremonielle Funktionen aus, die Macht liegt in den Händen des Premierministers als Regierungschef, der von der stärksten im Parlament vertretenen Partei nominiert und vom Präsidenten formell ernannt wird. Der Premierminister ernennt die Regierungsmitglieder, die vom Präsidenten bestätigt werden. Nach Ende der 5-jährigen Legislaturperiode bildet der Präsident unter seiner Führung eine unabhängige "Caretaker"-Regierung, deren verfassungsmäßige Aufgabe es ist, innerhalb von 90 Tagen die Voraussetzungen für Neuwahlen zu schaffen (ÖB New Delhi 12.2016; vgl. GIZ 5.2017). Zusätzlich obliegt dem Premierminister die Kontrolle der Geheimdienste, der Streitkräfte und der paramilitärischen Einheiten (GIZ 5.2017). Aktuell hat Sheikh Hasina von der Awami League (AL) das Amt der Premierministerin inne (ÖB New Delhi 12.2016)
Das Parlament (National Parliament oder Jatiya Sangsad) besteht aus einer Kammer mit 300 in Einzelwahlkreisen auf fünf Jahre direkt gewählten Abgeordneten (ÖB New Delhi 12.2016) mit zusätzlichen 50 Sitzen, die nur für Frauen reserviert sind (AA 14.1.2016). Das Parlament tagt nicht während der Amtszeit der "Caretaker"-Regierung. Das Mehrheitswahlrecht führt zu stabilen Mehrheiten im Parlament und hat die Herausbildung der Bangladesch Nationalist Party (BNP) und der Awami League (AL) als dominierende und konkurrierende Parteien begünstigt. Während die konservative BNP Verbündete bei den islamistischen Parteien wie der Jamaat-e-Islami (JI) hat, bekommt die AL traditionell Unterstützung von linken und säkularen Parteien, wie der Arbeiterpartei, der liberaldemokratischen Partei, der national-sozialen Partei Jatiyo Samajtantrik Dal und jüngst auch von der Jatiya Partei unter dem ehemaligen Militärdiktator Hossain Mohammad Ershad (ÖB New Delhi 12.2016).
Das politische Leben wird seit 1991 durch die beiden größten Parteien, die "Awami League" (AL) und "Bangladesh Nationalist Party" (BNP) bestimmt. Klientelismus und Korruption sind weit verbreitet. Gewerkschaften, Studentenorganisationen, Polizei und Verwaltung sind stark politisiert und parteipolitisch durchdrungen (AA 3.2017a). AL und BNP werden quasi-dynastisch von Sheikh Hasina und Begum Khaleda Zia geführt, die das politische Vermächtnis ihrer ermordeten Männer fortführen und eine unangefochtene Machtstellung in ihrer jeweiligen Partei genießen. Sie beeinflussen den Kandidatenauswahlprozess für Partei- und Staatsämter und geben den Takt für die politischen Auseinandersetzungen vor. Die oppositionelle BNP hat auf Grund ihrer starken gesellschaftlichen Verankerung das Potential, durch Generalstreiks (Hartals) großen außerparlamentarischen Druck zu erzeugen (GIZ 5.2017). Nennenswerte parlamentarische Stärke haben in der Vergangenheit sonst nur die Jatiya Party (JP) und die JI erzielt (GIZ 5.2017).
Infolge der Dominanz der AL und der fehlenden innerparteiischen Demokratie hat de facto jedoch die exekutive Spitze das ausschließliche Sagen bei Gesetzesentwürfen. Verschärfend kommt hinzu, dass die BNP als vormals größte Oppositionspartei nach ihrem Wahlboykott am 5.1.2014 überhaupt nicht mehr im Parlament vertreten ist. Wie schon die Vorgängerregierungen, so baut auch die gegenwärtige AL-Regierung ihre Netzwerke in der Verwaltung, im Rechtswesen und im Militär aus. Auch im Regierungskabinett folgen Ernennungen und Umbesetzungen meist dem Prinzip der Patronage (GIZ 5.2017).
Bereits am 30.7.2011 hat das Parlament bei nur einer Gegenstimme, die BNP und ihre Verbündeten haben der Parlamentssitzung nicht beigewohnt, in der 15. Verfassungsänderung den Islam als Staatsreligion bestätigt, jedoch den Zusatz "Absolutes Vertrauen und der Glauben an den Allmächtigen Allah soll die Basis allen Handelns sein" aus der Verfassung gestrichen. Ungeachtet der ausgeprägten Leistungsdefizite staatlicher Institutionen, der undemokratischen innerparteilichen Entscheidungsstrukturen und der in der letzten Dekade verstärkt gewalttätig ausgetragenen Parteienrivalität ist der Glauben an die Demokratie innerhalb der Bevölkerung ungebrochen (GIZ 5.2017; vgl. AA 3.2017).
Am 05.01.2014 boykottierte die BNP die 10. Parlamentswahlen wodurch die AL eine verfassungsändernde Mehrheit erreichen konnte. Weitere Sitze gingen an Koalitionspartner der AL. Die sehr geringe Wahlbeteiligung von nur ca. 30 % bei den Parlamentswahlen 2014 ist auf den Wahlboykott der Opposition zurückzuführen. Es gab Berichte über massive Einschüchterungsversuche wahlbereiter Bürger seitens oppositioneller Gruppen (GIZ 5.2017; vgl. AA 3.2017a). Am Wahltag wurden mindestens 21 Menschen getötet und über 130 Wahllokale in Brand gesetzt. Die Opposition reagierte bereits einen Tag nach den Wahlen mit Generalstreiks und in vielen Distrikten wurde über Attacken gegen ethnische und religiöse Minderheiten, v.a. Hindus, berichtet. Die AL versuchte mit gezielten Verhaftungen von Oppositionspolitikern den Druck auf das Regime zu schwächen (GIZ 5.2017).
Die verfassungsändernde Mehrheit im Parlament führt zu einer enormen Machtkonzentration in den Händen der AL respektive der Regierung. Mit neuen Gesetzen zu Medien, Äußerungen im Internet, Absetzung von obersten Richtern und Förderung von NGOs aus dem Ausland wird diese Konzentration noch weiter verstärkt. Die derzeitige Regierung hat es sich zum Ziel gemacht, Verbrechen des Unabhängigkeitskrieges von 1971 juristisch aufzuarbeiten. Angeklagt sind damalige Kollaborateure der pakistanischen Streitkräfte, von denen viele bis zur letzten innerparteilichen Wahl in führenden Positionen der islamistischen JI waren (AA 3.2017a). Auch die BNP ist dadurch in der Defensive (GIZ 5.2017). Die Prozesse und (häufig Todes-) Urteile öffnen alte Wunden und führen zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen säkularen und islamistischen Kräften (AA 3.2017a). Mittlerweile wurden acht Todesurteile und mehrere lebenslange Haftstrafen ausgesprochen, sechs Hinrichtungen wurden vollstreckt. Dabei hat sich innerhalb der säkularen Zivilgesellschaft mit Blick auf das Kriegsverbrechertribunal ein grundlegender Dissens entwickelt: Während die einen auf rechtstaatliche Standards pochen und die Todesstrafe ablehnen, ist für andere, v.a. aus der urbanen Protestbewegung Shabagh, jedes Urteil unterhalb der Todesstrafe inakzeptabel (GIZ 5.2017).
Bei den am 30.12.2015 in 234 Stadtbezirken durchgeführten Kommunalwahlen in Bangladesch ist die regierende AL als Siegerin hervorgegangen (NETZ 2.1.2016).
Quellen:
-
AA - Auswärtiges Amt (14.1.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch
-
AA - Auswärtiges Amt (3.2017a): Bangladesch, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Bangladesch/Innenpolitik_node.html, Zugriff 9.6.2017
-
GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (5.2017): Bangladesch, Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/bangladesch/geschichte-staat/#c14332, Zugriff 9.6.2017
-
HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/334685/476437_de.html, Zugriff 9.6.2017
-
NETZ - Partnerschaft für Entwicklung und Gerechtigkeit e.V. (2.1.2016): Bangladesch Aktuell, http://bangladesch.org/bangladesch/aktuell/detailansicht/news/detail/News/kommunalwahlen/cHash/781fa29261a9302cfb84107680f22794.html, Zugriff 9.6.2017
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ÖB New Delhi (12.2016): Asylländerbericht
Sicherheitslage
Es gibt in Bangladesch keine Bürgerkriegsgebiete (AA 3.2017).
Die Opposition organisierte Proteste und Straßenblockaden, unter denen die Wirtschaft leidet. Die Regierung reagiert mit Verhaftungen und mit Einschränkungen von Grundrechten. Sie will die öffentliche Ruhe mit allen Mitteln wiederherstellen. Die internationale Gemeinschaft verurteilte die Gewalt scharf und hat die Beteiligten zum Dialog aufgerufen (GIZ 5.2017).
Extremistische Gruppen, wie Jamaat-ul-Mujahideen Bangladesh (JMB) und Ansar al-Islam, die ihre Zugehörigkeit zu Daesh und Al Qaida auf dem indischen Subkontinent (AQIS) erklärten, haben Angriffe auf Angehörige religiöser Minderheiten, Akademiker, Ausländer, Menschenrechtsaktivisten und LGBTI-Personen, sowie weitere Gruppen durchgeführt (USDOS 3.3.2017; vgl. AI 22.2.2017). Medienberichten zufolge hat die Terrororganisation IS 2016 für 39 Morde die Verantwortung übernommen, der bengalische Al-Kaida-Ableger soll sich zu acht Taten bekannt haben (GIZ 5.2017). Die Sicherheitsbehörden waren zunächst nicht bereit, angemessene Schutzmaßnahmen zu veranlassen, gewährt aber in vielen Fällen inzwischen Personenschutz (AA 14.1.2016). Darüber hinaus kommt es regelmäßig zu intra- und interreligiöser Gewalt (AA 3.2017a; vgl. AI 22.2.2017). Die Polizei tötete laut eigenen Angaben mindestens 45 mutmaßliche Terroristen in Schießereien (AI 22.2.2017).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (14.1.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch
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AA - Auswärtiges Amt (3.2017a): Bangladesch, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Bangladesch/Innenpolitik_node.html, Zugriff 9.6.2017
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AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/336450/479091_de.html, Zugriff 28.6.2017
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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (5.2017): Bangladesch, Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/bangladesch/geschichte-staat/#c14332, Zugriff 9.6.2017
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USDOS (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/337142/479908_de.html, Zugriff 12.6.2017
Rechtsschutz/Justizwesen
Das Gerichtssystem besteht aus zwei Instanzen, den untergeordneten Gerichten (Magistrates, Session- und District Judges) und dem Obersten Gerichtshof. Beide verhandeln Zivil- und Strafrechtssachen. Das Rechtssystem beruht weitgehend auf dem englischen Common Law. Der Oberste Gerichtshof besteht aus zwei Abteilungen, dem High Court, der Verfassungsfragen verhandelt und als Berufungsinstanz zu den erstinstanzlichen Gerichten fungiert, sowie dem Appellate Court, dessen Entscheidungen für alle übrigen Gerichte bindend sind. Die Richter beider Abteilungen werden gemäß der Verfassung vom Präsidenten ernannt (ÖB New Delhi 12.2016).
Die Gerichtsbarkeit ist überlastet und sieht sich von vielen Seiten Versuchen der Einflussnahme ausgesetzt. (AA 3.2017a). Zusätzlich behindern Korruption und ein erheblicher Verfahrensrückstand das Gerichtssystem. Gerichtsverfahren sind durch eine überlange Verfahrensdauer geprägt, was viele Angeklagten bei der Inanspruchnahme ihres Rechts auf ein faires Verfahren hindert. Weiters kommt es zu Zeugenbeeinflussung und Einschüchterung von Opfern (USDOS 3.3.2017; vgl. FH 1.2017). Straffälle gegen Mitglieder der regierenden Partei werden regelmäßig zurückgezogen (FH 1.2017). Richter des Obersten Gerichtshofs haben des Öfteren ihre Unabhängigkeit demonstriert und gegen die Regierung entschieden (ÖB New Delhi 12.2016). Durch eine kürzlich erfolgte Verfassungsänderung hat nunmehr das Parlament das Recht, oberste Richter abzusetzen (AA 3.2017a).
Auf Grundlage mehrerer Gesetze ("Public Safety Act", "Law and Order Disruption Crimes Speedy Trial Act", "Women and Children Repression Prevention Act", "Special Powers Act") wurden Sondertribunale errichtet, die Fälle innerhalb eines festgesetzten Zeitrahmens erledigen müssen. Es fehlen allerdings Vorschriften für den Fall, dass sie dieser Verpflichtung nicht nachkommen. Diese "Speedy Trial" Tribunale haben Medienberichten zufolge in den vergangenen Jahren ca. 200 Personen zum Tode verurteilt (ÖB New Delhi 12.2016).
Die islamische Scharia ist zwar nicht formell als Gesetz eingeführt, spielt aber insbesondere in den Bereichen des Zivilrechts (Erbschaft, Grunderwerb, Heirat und Scheidung etc.) eine große Rolle (ÖB New Delhi 12.2016).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (3.2017a): Bangladesch, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Bangladesch/Innenpolitik_node.html, Zugriff 9.6.2017
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FH - Freedom House (1.2017): Freedom in the World 2017 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/341770/485095_de.html, Zugriff 28.6.2017
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ÖB New Delhi (12.2016): Asylländerbericht
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USDOS (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/337142/479908_de.html, Zugriff 12.6.2017
Sicherheitsbehörden
Die Polizei ist beim Ministerium für Inneres angesiedelt und hat das Mandat die innere Sicherheit und Recht und Ordnung aufrecht zu erhalten. Die Armee, die dem Büro des Ministerpräsidenten untersteht, ist für die äußere Sicherheit zuständig, kann aber auch für innerstaatliche Sicherheitsaufgaben herangezogen werden. Zivile Stellen hatten weiterhin effektive Kontrolle über die Streitkräfte und die Regierung verfügt über Mechanismen, Missbrauch und Korruption zu untersuchen und zu bestrafen. Diese Mechanismen werden aber nicht immer angewandt (USDOS 3.3.2017). Das Wirken der Polizei ist gekennzeichnet durch einen Mangel an Ressourcen inklusive mangelhafter Infrastruktur, Mangel an Personal, Ausbildung und Arbeitsmaterialien, Ineffizienz und Korruption (AA 14.1.2016). Die Regierung unternahm Schritte, um in der Polizei Professionalität, Disziplin, Ausbildung und Reaktionsfähigkeit zu verbessern und die Korruption zu verringern. Die Polizei hat Regeln für angemessene Gewaltausübung in ihre Grundausbildung einbezogen, um bürgernahe Polizeiarbeit umsetzen zu können (USDOS 3.3.2017).
Bangladeschs Sicherheitskräfte haben eine lange Geschichte von willkürlichen Verhaftungen, erzwungenem Verschwinden-Lassen und außergerichtlichen Tötungen (HRW 12.1.2017). Obwohl gesetzlich verboten, gibt es Hinweise auf willkürliche Festnahmen, sowie auf die willkürliche Anwendung der gesetzlich erlaubten präventiven Festnahmen gemäß den Spezialgesetzen "Special Powers Act" und "Public Safety Act". Diese erlauben die 30-tägige Inhaftierung ohne Angabe von Gründen, um Taten zu verhindern, welche die nationale Sicherheit, Verteidigung, Souveränität, öffentliche Ordnung oder auch wirtschaftliche Interessen des Landes gefährden. Nach 30 Tagen sind dem Angehaltenen die Haftgründe zu nennen, oder er muss entlassen werden. Die Praxis weicht davon ab. Die Arretierten haben keinen Anspruch auf einen Rechtsbeistand. Die davon hauptsächlich betroffenen sind Aktivisten der politischen Parteien und NGO-Vertreter, die Kritik an der Regierung üben (ÖB New Delhi 12.2016). Des Weiteren gibt es Berichte von Folter und anderen Missbräuchlichen Handlungen in Polizeigewahrsam. Der "Torture and Custodial Death (Prevention) Act" von 2013 wird nur schleppend umgesetzt (AI 22.2.2017). Betroffene sehen aus Angst vor Vergeltung in der Regel davon ab, Mitglieder der Sicherheitsbehörden wegen Menschenrechtsvergehen anzuzeigen, so dass diese straflos bleiben (AA 14.1.2016).
Die Sicherheitsbehörden bestehen zum Hauptteil aus der dem Innenministerium unterstellten "Bangladesch Police", die ca. 116.000 Mann zählt. Zur Unterstützung der Polizei stehen weitere Einheiten zur Verfügung:
Rapid Action Bataillons (RABs): Das Rapid Action Bataillon (RAB), gegründet 2004, untersteht dem Innenministerium. Es unterhält 14 Standorte in Bangladesch (RAB-1 bis RAB-14) (AA 14.1.2016) mit insgesamt ca. 8.500 Mann. Ihre Aufgabe ist der Kampf gegen bewaffnete kriminelle Organisationen und die Terrorabwehr (ÖB New Delhi 12.2016; vgl. AA 14.1.2016). Die gut ausgebildeten und modern ausgerüsteten RABs sind hauptsächlich in den urbanen Zentren des Landes stationiert und verfolgen eine aggressive Strategie gegen bewaffnete "Gang"-Mitglieder, was zu zahlreichen Tötungen während Schusswechseln führt. Auch im Zuge von Demonstrationen setzten die RABs neben Gummigeschossen scharfe Munition ein, was auch hier zu Todesopfern führte. Insgesamt starben seit der Gründung 2004 laut Schätzungen über 800 Personen entweder durch Schusswechsel oder in RAB-Gewahrsam, es kam jedoch bisher zu keinen Verurteilungen (ÖB New Delhi 12.2016).
Bangladesch Ansar: Gegründet im Jahr 1948 und ebenfalls dem Innenministerium unterstellt, gibt es aktuell ca. 23.000 leichtbewaffnete Ansars, die zur Unterstützung der Polizei im ländlichen Raum eingesetzt werden und auch Zivilschutz-Aufgaben übernehmen (ÖB New Delhi 12.2016).
Bangladesch Rifles (BDRs): Diese ca. 40.000 Mann starke paramilitärische Truppe untersteht dem Innenministerium, wird aber hauptsächlich von Armee-Offizieren geführt und dient in erster Linie dem Grenzschutz. Die BDRs sind auch für die Verhinderung von Schmuggel und Menschenhandel zuständig (ÖB New Delhi 12.2016).
Village Defence Parties (VDP): Gegründet 1976, sollte es in jedem Dorf des Landes je ein männliches und weibliches "Platoon" (32 Personen) geben, die der Unterstützung der Polizei bei der Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung sowie der Unterstützung der zivilen Behörden bei sozialen und wirtschaftlichen Wiederaufbauprogrammen und bei Naturkatastrophen dienen sollen. In Städten gibt es analog dazu sogenannte "Town Defence Parties" (ÖB New Delhi 12.2016).
Special Branch of Police (SB) ist beauftragt, die nationale Sicherheit zu gewährleisten, erfüllt die Funktion, nachrichtendienstliche Informationen zu sammeln und ist mit der Spionageabwehr betraut. Die SB ist überall in Bangladesch vertreten und besitzt die Fähigkeit, innerhalb und außerhalb des Landes zu agieren (AA 14.1.2016).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (14.1.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch
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AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/336450/479091_de.html, Zugriff
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HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/334685/476437_de.html, Zugriff 12.6.2017
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ÖB New Delhi (12.2016): Asylländerbericht