TE Bvwg Erkenntnis 2018/11/19 W178 2206324-1

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Veröffentlicht am 19.11.2018
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Entscheidungsdatum

19.11.2018

Norm

ASVG §113 Abs1 Z1
ASVG §113 Abs2
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W178 2206324-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Drin Maria PARZER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , Wien, gegen den Bescheid der Wiener Gebietskrankenkasse vom 08.08.2018,

Zl: VA-VR 18425226/18-Gse/FP, betreffend Vorschreibung eines Beitragszuschlages nach dem ASVG in der Höhe von 400,00 Euro zu

Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid vom 08.08.2018 wird behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Am 17.05.2018 um 21:00 Uhr fand im Betrieb des Herrn XXXX (in weiterer Folge: Beschwerdeführer) in 1060 Wien eine gemeinsame Kontrolle von Prüforganen der WGKK mit Organen der Bundespolizei statt.

Bei dieser Kontrolle konnten die Bediensteten Herrn XXXX im Lokal des Beschwerdeführers beim Bedienen der Gäste antreffen und feststellen, dass zu diesem Zeitpunkt eine Anmeldung zur Pflichtversicherung nicht vorlag.

Im weiteren Verlauf wurden dem Beschwerdeführer mehrmals Ladungen zugestellt, wobei diese auch teilweise entgegengenommen wurden. Letztmalig wurde dem Beschwerdeführer angeboten, am 12.07.2018 in das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens Einsicht nehmen zu können.

Für den Dienstnehmer wurde von Amts wegen eine Anmeldung ab dem 17.05.2018 als Aushilfe in der Beitragsgruppe N14U veranlasst.

2. Am 08.08.2018 erließ die Wiener Gebietskrankenkasse (in weiterer Folge: belangte Behörde) den angefochtenen Bescheid, in dem festgestellt wurde, dass dem Beschwerdeführer gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 ASVG ein Beitragszuschlag in der Höhe von 400,00 Euro vorgeschrieben wird. Begründet wurde die Vorschreibung damit, dass der Beschwerdeführer die Anmeldung für den Dienstnehmer zur Pflichtversicherung nicht vor Arbeitsantritt erstattet habe.

Die belangte Behörde verwies weiter auf die Feststellungen der Kontrollorgane. Der Beitragszuschlag setze sich wie folgt zusammen:

Teilbetrag für den Prüfeinsatz auf 400,00 Euro herabgesetzt, da eine erstmalige verspätete Anmeldung vorliege und die folgen unbedeutend seien.

3. Der Beschwerdeführer erhob einlangend am 14.09.2018 fristgerecht Beschwerde.

Es liege ihm ferne, Dienstnehmer nicht anzumelden. Es habe eine Umstrukturierung des Betriebes gegeben, die Zeiten seien erhoben worden, in welchen Zeiten unbedingt Personal anwesend sein müsse. Für einkommensschwache Zeiten seien Automaten aufgestellt worden um das Angebot aufrecht zu erhalten und die Gäste verstärkt zur Selbstbedienung zu aktivieren. Bei der Kontrolle am 17.05.2018 sei das Lokal gerade den zweiten Tag offen gewesen.

Der Kontrollierte sei ein schwer dementer alter Pensionist und zähle zu den ersten Teilnehmern des neuen Konzeptes des Lokales. Er wohne im selben Haus und das Lokal sei ihm vertraut wie seine zweite Wohnung. Niemand habe ihn beauftragt, zu arbeiten, er sei einfach im Lokal anwesend gewesen und er habe gedacht, der Beschwerdeführer freue sich, weil er schnell einige Dinge über die Theke verkauft habe. Er habe auch kein Geld oder Provision dafür bekommen. Der kurz vor der Kontrolle im Lokal anwesende steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers habe dem Kontrollierten gegenüber nur gemeint, dieser solle schauen, dass niemand etwas stehle. Er könne niemanden anmelden, von dem er nicht wisse, dass er arbeite. Er beantrage die Aufhebung des Beitragszuschlages.

4. Die belangte Behörde übermittelte den Beschwerdeakt am 19.09.2018 dem Bundesverwaltungsgericht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die gegenständliche Kontrolle fand durch Organe der Wiener Gebietskrankenkasse, Abteilung Beitragsprüfung im Rahmen einer gemeinsamen Aktion in Zusammenarbeit mit Beamten der Bundespolizei (Viktor Christ Gasse 19) statt. Organe der Abgabenbehörde des Bundes waren gemäß den Aufzeichnungen im Akt bei der Kontrolle nicht vor Ort.

Zum Kontrollzeitpunkt wurde eine Person im Lokal des Beschwerdeführers beim Ausschank von Getränken an Gäste angetroffen. Im Verlauf der Kontrolle hat der Kontrollierte 5 Bier ausgeschenkt. Eine Anmeldung zur Pflichtversicherung war zu diesem Zeitpunkt nicht vorhanden.

Der Kontrollierte gab an, dass er am 17.05.2018 um 19:00 Uhr als Aushilfe zu arbeiten begonnen hat. Anweisungen hat er nach seinen Angaben von der steuerlichen Vertretung des Beschwerdeführers bekommen. Als Bezahlung sei ein Freigetränk vereinbart gewesen.

Es handelt sich um den ersten Meldeverstoß des Beschwerdeführers.

Der Beschwerdeführer hat die Ladungstermine der belangten Behörde trotz Zustellung nicht wahrgenommen.

2. Beweiswürdigung:

Die Ausführungen zum Verfahrensgang und zu den Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Aus dem Aktenvermerk vom 12.07.2018 ergibt sich, dass die Kontrolle im Zusammenarbeit mit der Bundespolizei - Dienststelle Viktor Christ Gasse - stattgefunden hat. Dass der Kontrollierte im Laufe der Kontrolle 5 Bier ausgeschenkt hat, ergibt sich aus dem Aktionsdatenformular der Wiener Gebietskrankenkasse vom 17.05.2018.

Die Vereinbarung von Freigetränken als Bezahlung ist dem Personenblatt der Wiener Gebietskrankenkasse vom 17.05.2018 zu entnehmen.

Dass der Beschwerdeführer die Ladungstermine zur Akteneinsicht und Wahrung des Parteiengehörs nicht wahrgenommen hat, ergibt sich aus dem Aktenvermerk vom 12.07.2018 der belangten Behörde, die Zustellung der Schriftstücke ergibt sich aus den im Akt befindlichen Zustellnachweise.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und Verfahren

§ 414 Abs. 1 ASVG normiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide eines Versicherungsträgers.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag einer Partei durch einen Senat; dies gilt auch für Verfahren, in denen die zitierten Angelegenheiten als Vorfragen zu beurteilen sind.

Die Vorschreibung eines Beitragszuschlages nach § 113 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG ist nicht von § 414 Abs. 2 ASVG umfasst. Gegenständlich liegt somit EinzelrichterInnenzuständigkeit vor.

3.2. Zu A) Stattgebung der Beschwerde

Rechtliche Grundlagen:

Gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 ASVG von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 ASVG nur eine Teilversicherung begründet.

Gemäß § 4 Abs. 2 1. Satz ASVG ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

Gemäß § 35 Abs. 1 1. Satz ASVG gilt als Dienstgeber im Sinne des ASVG unter anderem derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist.

Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

§ 111a. ASVG lautet auszugsweise:

(1) Die Abgabenbehörden des Bundes, deren Prüforgane Personen betreten haben, die entgegen § 33 Abs. 1 nicht vor Arbeitsantritt zur Sozialversicherung angemeldet wurden, haben in den Verwaltungsstrafverfahren nach § 111 Parteistellung und sind berechtigt, gegen Entscheidungen Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht und Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Verzichten sie auf die Parteistellung, so tritt der Versicherungsträger in diese Parteistellung ein. (.....)

Gemäß § 113 Abs. 1 ASVG können den in § 111 Abs. 1 ASVG genannten Personen (Stellen) Beitragszuschläge vorgeschrieben werden, wenn

1. die Anmeldung zur Pflichtversicherung nicht vor Arbeitsantritt erstattet wurde oder

2. die vollständige Anmeldung zur Pflichtversicherung nach § 33 Abs. 1a Z 2 nicht oder verspätet erstattet wurde oder

3. das Entgelt nicht oder verspätet gemeldet wurde oder

4. ein zu niedriges Entgelt gemeldet wurde.

Der Beitragszuschlag setzt sich gemäß § 113 Abs. 2 ASVG im Fall des Abs. 1 Z 1 nach einer unmittelbaren Betretung im Sinne des § 111a aus zwei Teilbeträgen zusammen, mit denen die Kosten für die gesonderte Bearbeitung und für den Prüfeinsatz pauschal abgegolten werden. Der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung beläuft sich auf 500 € je nicht vor Arbeitsantritt angemeldeter Person; der Teilbetrag für den Prüfeinsatz beläuft sich auf 800 €. Bei erstmaliger verspäteter Anmeldung mit unbedeutenden Folgen kann der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung entfallen und der Teilbetrag für den Prüfeinsatz bis auf 400 € herabgesetzt werden. In besonders berücksichtigungswürdigen Fällen kann auch der Teilbetrag für den Prüfeinsatz entfallen.

3.3. Auf den Fall bezogen:

Der Beitragszuschlag setzt sich gemäß § 113 Abs. 2 ASVG im Fall des Abs. 1 Z 1 nach einer unmittelbaren Betretung im Sinne des § 111a [....Abgabenbehörden des Bundes, deren Prüforgane Personen betreten haben.....] aus zwei Teilbeträgen zusammen.

Aus der Zusammenschau der beiden angeführten Bestimmungen ist abzuleiten, dass die Vorschreibung eines Beitragszuschlages nur in jenen Fällen möglich ist, wenn die unmittelbare Betretung durch die Abgabenbehörden des Bundes oder deren Prüforgane erfolgt ist.

Im vorliegenden Fall erfolgte die Kontrolle und unmittelbare Betretung nicht von Prüforganen von Abgabenbehörden des Bundes, sondern von Organen der Wiener Gebietskrankenkasse und der Bundespolizei. Nach dem Wortlaut des § 113 Abs. 2 iVm 111a ASVG liegen daher die formalen Voraussetzungen für die Vorschreibung eines Beitragszuschlages nicht vor.

Aus diesem Grund konnte von der weiteren Prüfung Abstand genommen werden, ob der Kontrollierte dem Beschwerdeführer als Dienstnehmer zuzurechnen ist.

Es war daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

3.4. Zum Absehen von der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde nicht beantragt.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG konnte das Gericht von der Verhandlung absehen, weil der maßgebliche Sachverhalt ausreichend ermittelt ist und in der Beschwerde und dem Vorlageantrag nicht bestritten wurde. Die Schriftsätze der Parteien und die Akten des Verfahrens lassen erkennen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und dem auch Art 6 Abs. 1 EMRK nicht entgegensteht (vgl. die Entscheidung des EGMR vom 2. September 2004, 68.087/01 [Hofbauer/Österreich ], wo der Gerichtshof unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt hat, dass die Anforderungen von Art 6 EMRK auch bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung oder überhaupt jegliche Anhörung [im Originaltext "any hearing at all"] erfüllt sind, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "technische" Fragen betrifft und in diesem Zusammenhang auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise verwiesen hat, vgl. dazu auch das zuletzt das Erkenntnis des VwGH vom 29.April 2015, Zl. Ro 20015/08/0005. Vielmehr erschien der Sachverhalt aus der Aktenlage geklärt.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Im Übrigen lag eine eindeutige Rechtslage vor.

Schlagworte

Beitragszuschlag, Kontrolle, Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W178.2206324.1.00

Zuletzt aktualisiert am

29.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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