TE Bvwg Erkenntnis 2018/11/19 L508 2207578-1

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Veröffentlicht am 19.11.2018
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Entscheidungsdatum

19.11.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs1
AVG §6
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.3
EMRK Art.8
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch

L508 2207578-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. HERZOG als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, StA. Pakistan, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.09.2018, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß den § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3, § 57 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG, § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

II. Der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 wird gemäß § 6 AVG 1991 mangels Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer (nachfolgend: BF), ein Staatsangehöriger aus Pakistan und der Volksgruppe der Paschtunen sowie der islamischen Religionsgemeinschaft zugehörig, stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 29.04.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz (AS 3).

2. Im Rahmen der Erstbefragung am 30.04.2018 (AS 1 - 13) gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen zu Protokoll, dass er und sein Bruder wegen ihres Vaters in Gefahr gewesen seien. Ihr Vater bzw. sie alle seien mit dem Tode bedroht worden, weil sein Vater Zeuge gewesen sei.

3. Im Rahmen einer Einvernahme im Asylverfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 22.08.2018 (AS 73 - 98) gab der BF zunächst zu Protokoll, Pakistan - nach der im Jänner oder Februar 2016 erfolgten Tötung seines Vaters - Ende August/ Anfang September 2016 verlassen zu haben. Sein jüngerer Bruder sei dann auch - ein oder zwei Monate nach diesem Vorfall und noch vor ihm - ausgereist. Zwischen seinem Vater und einem Dorfbewohner habe eine Feindschaft bestanden. Dieser Mann habe seinen Vater getötet und seinen Bruder schwer verletzt. Er sei von dieser Person nie persönlich angegriffen worden. Allerdings habe der Dorfbewohner - nach der Tötung seines Vaters - seinen Arbeitgeber bedroht, um seine Kündigung zu erwirken.

Zu seinem Ausreisegrund befragt, legte der BF dar, dass er Pakistan wegen eines Feindes namens XXXX verlassen habe. Dessen Bruder habe Probleme wegen eines Grundstücks mit einem Kindheitsfreund seines Vaters gehabt. Eines Tages sei sein Vater mit diesem Freund unterwegs gewesen und Letzterer vom Bruder seines Feindes bei einer Attacke getötet worden. Die Polizei habe seinen Vater bezüglich des Vorfalls als Zeuge einvernommen. Gleich danach sei der Bruder seines Feindes von der Polizei festgenommen worden. Sein Feind habe seinem Vater deshalb mit Rache an ihm und der Familie gedroht. Sein Feind habe seinen Vater getötet und auch versucht seinen älteren Bruder zu töten. Dieser sei schwer verletzt worden und könne jetzt nicht mehr gehen. Sein Feind sei ein sehr gefährlicher und mächtiger Mann. Die pakistanische Regierung habe seine Familie nicht beschützen können.

Nachgefragt zu Details gab der BF unter anderem zu Protokoll, dass die Probleme seit der Ermordung des Kindheitsfreundes seines Vaters bestünden. Dieser habe in der Nähe ihres Hauses - etwa fünf Minuten zu Fuß entfernt - gelebt. Dieser Mann sei etwa glaublich einen Monat vor dem Tod seines Vaters getötet worden. Die Attacke habe sich auf dem Grundstück dieses Freundes im Dorf ereignet. Früher sei dieser Freund seines Vaters immer verbal bedroht und dann erschossen worden. Nach dem Tod des Freundes sei sein Vater am nächsten Tag zur Einvernahme bei der Polizei gekommen. Nachdem der Freund erschossen worden sei, sei sein Vater aus Angst von dort weggelaufen. Dieser habe den Mord nicht bezeugen wollen. Aber die Polizei habe von den Dorfbewohnern mitbekommen, dass sein Vater auch bei dem Vorfall anwesend gewesen sei. Man habe seinen Vater zwangsmäßig mitgenommen und ihn gezwungen darüber zu sprechen. Nur sein Vater sei als Zeuge geladen worden. Sein Feind habe seinen Vater aufgefordert, er sollte nicht bezeugen. Die pakistanische Regierung habe ihnen nicht geholfen. Seinem Vater sei vor der polizeilichen Einvernahme gedroht worden. Sein Vater habe auch nicht aussagen wollen. Die Polizei habe ihn aber zur Aussage gezwungen. Seinem Vater sei von seinem Feind in die Brust geschossen worden. Sein älterer Bruder sei in einem Basar von den drei Brüdern seines Feindes angeschossen worden. Man habe dessen Oberschenkel getroffen. Die Täter seien nicht festgenommen worden. Diese seien auch Auftragskiller und sehr schwer festzunehmen. Sein Feind sei nach dem Attentat auf seinen Vater von der Polizei ebenso wenig festgenommen worden. Dieser sei nicht an einem Ort aufhältig, viel unterwegs und verfüge - wie eine Mafia - über viele Personen. Er persönlich sei nicht von XXXX oder dessen Brüdern bedroht worden. Diese hätten lediglich seinen Vater und seinen älteren Bruder bedroht. Man habe seinem Vater gedroht, diesen und seine ganze Familie umzubringen. Als sein Vater getötet worden sei, habe er sich in Taxila befunden. Ein Freund habe ihn informiert. Dieser habe in der Nähe des Dorfes ein Geschäft und von den Kundschaften mitbekommen, dass sein Vater getötet worden sei. Die Attacke auf seinen Bruder hätte er selbst mitbekommen, weil er nicht mehr in Taxila, sondern im Dorf gewesen sei. Sein Bruder sei in ein Krankenhaus gebracht worden. Vom Krankenhaus sei die Familie informiert worden. Sein Bruder habe den Vorfall nicht bei der Polizei angezeigt, denn auch wenn diese Leute von der Polizei festgenommen werden würden, könnten diese mit einer Kaution wieder freikommen. Sein Bruder sei von der Polizei befragt worden, jedoch habe dieser nicht erwähnt, von wem er angeschossen worden sei. Insoweit sich gegenüber dem Geschäft seines Vaters ein Krankenhaus - und in der Nähe eine Rettung - befinde, würde er bezüglich des Vorfalls seinen Vater betreffend vermuten, dass das Krankenhaus und die Rettung die Polizei informiert habe. Er wisse nicht, ob die Mitarbeiter der Werkstätte die Polizei informiert haben. Sein Vater sei aber von einem Auto aus erschossen worden und der Täter sei geflüchtet. Er sei nicht von der Polizei befragt worden. Sein älterer Bruder sei jedoch befragt worden. Dieser habe angegeben, dass er nichts gesehen habe und daher nicht wisse, wer geschossen habe. Er sei aufgrund dieser Vorfälle nicht zur Polizei gegangen. Ihre Feinde seien wie die Mafia. Es bringe nichts, wenn man eine Anzeige erstatten würde. Es seien sehr gefährliche Menschen. Die pakistanische Regierung und Polizei könne nichts unternehmen. Sein Feind und dessen Brüder würden in seinem Heimatdorf ein Haus besitzen, aber überall unterwegs sein. Diese Personen würden den Menschen die Grundstücke und Geschäfte wegnehmen. Sie würden die Menschen unterdrücken und dadurch Geld erhalten. Es wäre nicht ausreichend gewesen, wenn er und sein jüngerer Bruder in eine größere Stadt in Pakistan geflüchtet wären, da diese Personen überall unterwegs wären. Wenn er auch nach Karachi oder nach Quetta umgezogen wäre, könnten ihn diese finden. In Pakistan gebe es eine Volkszählungsbehörde. Es habe die Gefahr bestanden, dass man ihn finden könnte. Auch wenn man in einer größeren Stadt leben würde, werde man gefunden. Nach der Aussage seines Vaters sei der Mörder von dessen Freund festgenommen worden. Er wisse nicht, ob dieser inhaftiert oder wieder freigelassen worden sei. Wenn er zurückkehren würde, könne er nicht sagen, wie lange er dort leben könne. Einerseits habe er Feinde, andererseits sei das Leben für Paschtunen nicht leicht.

Im Übrigen wurde dem BF angeboten, mit ihm die vom BFA herangezogenen Feststellungen zur allgemeinen Lage in Pakistan zu erörtern, um ihm in der Folge zu ermöglichen, eine Stellungnahme hierzu abzugeben (AS 95). Der BF verzichtete auf diese Möglichkeit.

4. Mit Schreiben des BFA vom 23.08.2018 (AS 137) wurde der BF zur Klärung seiner Identität aufgefordert, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens seine Identitätsdokumente (Reisepass, Führerschein und Personalausweis) im Original dem BFA vorzulegen.

5. Am 05.09.2018 brachte der BF einen pakistanischen Führerschein und einen pakistanischen Personalausweis im Original in Vorlage (AS 141).

6. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.09.2018 (AS 167 - 311) wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass dessen Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

Dem Fluchtvorbringen wurde die Glaubwürdigkeit versagt und im Rahmen einer Eventualbegründung wurde ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer bei Glaubhaftunterstellung seines Vorbringens die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative offen stünde und er staatlichen Schutz in Anspruch nehmen könnte. Des Weiteren wurde begründend dargelegt, warum nicht vom Vorliegen einer Gefahr iSd § 8 Abs. 1 AsylG ausgegangen werden könne. Zudem wurde ausgeführt, warum ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt wurde, weshalb gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass dessen Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

7. Mit Verfahrensanordnungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.09.2018 (AS 155, 156, 159 und 160) wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG amtswegig ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt und dieser ferner gemäß § 52a Abs. 2 BFA-VG darüber informiert, dass er verpflichtet sei, ein Rückkehrberatungsgespräch in Anspruch zu nehmen.

8. Gegen den oa. Bescheid des BFA erhob der Beschwerdeführer fristgerecht mit Schriftsatz vom 08.10.2018 (AS 317 - 323) wegen Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften, insbesondere wegen Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens infolge einer mangelhaften Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung, Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Hinsichtlich des genauen Inhaltes der Beschwerde wird auf den Akteninhalt (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) verwiesen.

8.1. Zunächst wurde moniert, dass es das BFA unterlasen habe, auf das individuelle Vorbringen des BF einzugehen und eine Gesamtbeurteilung anhand der verfügbaren herkunftsstaatsspezifischen Informationen und entsprechend der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verabsäumt habe. Falls asylrelevante Antworten ausgeblieben seien, wäre der BF ferner bereit gewesen, weiter an der Sachverhaltsermittlung mitzuwirken.

8.2. Der BF halte seine Aussage zu seinen Fluchtgründen aufrecht.

8.3. Wenn das BFA im gegenständlichen Bescheid anmerke, es wäre dem BF jedenfalls möglich gewesen, seinen Lebensmittelpunkt von seinem Heimatdorf wegzubewegen und sich innerhalb Parwans in einem anderen Dorf oder einer anderen Stadt niederzulassen, so sei dazu auszuführen, dass die Taliban auch in anderen Teilen Parwans aktiv seien und der BF die berechtigte Befürchtung habe, dass sie ihn auch in anderen Teilen Afghanistans bedrohen bzw. verfolgen könnten sollte er sich ihren Aufforderungen widersetzen.

8.4. In der Folge wurde unter auszugsweiser Zitierung mehrerer Länderberichte ausgeführt, dass in Pakistan von einer aktuellen Schutzfähigkeit bzw. -willigkeit des Staates nicht ausgegangen werden könne.

8.5. Vor dem Hintergrund der getroffenen Feststellungen sowie den angeführten Rechtsgrundlagen gelange man zu dem Ergebnis, dass seitens des BF gravierende Hinweise zur Begründung seines Antrages gegeben worden seien, welche die Behörde nicht näher hinterfragt habe und damit ihrer Pflicht gem. § 18 Abs. 1 AsylG nicht ausreichend nachgekommen sei.

8.6. Was Spruchpunkt II. betrifft, so wäre der BF im Falle einer Rückkehr einem Klima ständiger Bedrohung, struktureller Gewalt und unmittelbarer Einschränkungen sowie einer Reihe von Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt. Aus dem EASO Country of Origin Information Report bezüglich Pakistan gehe hervor, dass die Sicherheitslage in Pakistan, speziell jedoch in der Heimatprovinz des BF, derzeit volatil sei. Die Anzahl an Toten durch gewalttätige Übergriffe habe sich 2016 im Vergleich zu 2015 leicht erhöht. Die Anzahl an Verletzten sei 2016 stark angestiegen. Es werde davon berichtet, dass gezielte Angriffe gegen Regierungsangehörige, Eigentum, das Militär, Sicherheitsbehörden, Richter etc. häufig vorkommen sowie dass die Bedrohung durch Terrorismus alle Aspekte des Lebens im Nordwesten Pakistans berühre und die allgemeine Sicherheitslage dominiere. Räuberische Überfälle, Einbrüche, Erpressungen, Ehrenmorde, politische Gewalt, Terrorangriffe, Entführungen, konfessionelle Tötungen, militärische Aktionen und innere Unruhen würden in Peschawar und im Nordwesten Pakistans häufig vorkommen. 2016 habe Peschawar als der am meisten betroffene Teil der Provinz, gleich wie im Jahr 2015, gegolten. Im Jahr 2016 seien in Peschawar 58 Terrorangriffe dokumentiert worden.

8.7. Abschließend wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge

* eine mündliche Beschwerdeverhandlung anberaumen;

* in der Sache selbst entscheiden und dem Antrag auf internationalen Schutz Folge geben und dem BF der Status des Asylberechtigten zuerkennen;

* in eventu dem BF den Status des subsidiär Schutzberechtigten gem. § 8 AsylG in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan zuerkennen;

* in eventu dem BF gem. §§ 55, 57 AsylG einen Aufenthaltstitel erteilen;

* in eventu feststellen, dass die Ausweisung des BF aus dem Bundesgebiet unzulässig sei und

* in eventu den angefochtenen Bescheid zur Gänze mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das BFA zurückverweisen.

8.8. Mit diesem Rechtsmittel wurde jedoch kein hinreichend substantiiertes Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, zu einer anderslautenden Entscheidung zu gelangen.

9. Beweis wurde erhoben durch die Einsichtnahme in den Verwaltungsakt des BFA unter zentraler Zugrundelegung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers, des Bescheidinhaltes und des Inhaltes der gegen den Bescheid des BFA erhobenen Beschwerde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Verfahrensbestimmungen

1.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.

1.2. Anzuwendendes Verfahrensrecht

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

1.3. Prüfungsumfang

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Absatz 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Absatz 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 28 Absatz 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

2. Zur Entscheidungsbegründung:

Beweis erhoben wurde im gegenständlichen Beschwerdeverfahren durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers, des bekämpften Bescheides und des Beschwerdeschriftsatzes.

2.1. Auf der Grundlage dieses Beweisverfahrens gelangt das BVwG nach Maßgabe unten dargelegter Erwägungen zu folgenden entscheidungsrelevanten Feststellungen:

2.1.1. Zur Person des Beschwerdeführers und dessen Fluchtgründen:

Der Beschwerdeführer ist pakistanischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Paschtunen an und ist islamischen Glaubens.

Die Identität des Beschwerdeführers steht fest. Der BF trägt den Namen XXXX und ist am XXXX geboren.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Vater des BF bereits verstorben sei. Die Mutter, zwei Geschwister, Onkel und Cousins des BF leben nach wie vor in Pakistan.

Der von ihm vorgebrachte Fluchtgrund (Verfolgung und Bedrohung durch andere Dorfbewohner aufgrund einer für diese nachteilige Zeugenaussage seines Vaters) wird mangels Glaubwürdigkeit des diesbezüglichen Vorbringens nicht festgestellt. Es kann sohin nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer aus Gründen der GFK asylrelevant verfolgt bzw. dessen Leben bedroht wurde beziehungsweise dies im Falle einer Rückkehr nach Pakistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eintreffen könnte.

Es konnten im konkreten Fall auch keine stichhaltigen Gründe für die Annahme festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer Gefahr liefe, in Pakistan einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr nach Pakistan in eine existenzgefährdende Notsituation geraten würde.

Im Entscheidungszeitpunkt konnte auch keine sonstige aktuelle Gefährdung des Beschwerdeführers in seinem Heimatland festgestellt werden.

Selbst wenn man sein gesamtes Vorbringen als wahr unterstellen und daher annehmen würde, dass der BF wegen einer für andere Dorfbewohner nachteiligen Zeugenaussage seines Vaters von diesen bedroht und verfolgt worden war, muss diesbezüglich festgestellt werden, dass sein Vorbringen keine Asylrelevanz entfalten würde (siehe rechtliche Würdigung zur Möglichkeit der Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative), zumal der Beschwerdeführer jedenfalls bei der Bedrohung und Verfolgung durch andere Dorfbewohner wegen einer für diese nachteiligen Zeugenaussage seines Vaters eine innerstaatliche Fluchtalternative in Anspruch nehmen kann und wäre dem BF jedenfalls auch eine Rückkehr nach Islamabad möglich und zumutbar. Es wären dort die existentiellen Lebensgrundlagen des Beschwerdeführers angesichts einer finanziellen Unterstützung durch seine in Pakistan lebenden Familienmitglieder (etwa Mutter, Geschwister, Onkel und Cousins) - etwa durch Überweisungen - oder durch Aufnahme einer eigenen beruflichen Tätigkeit gesichert. In Anbetracht der Quellenlage sowie den vom Bundesverwaltungsgericht bei der Bearbeitung ähnlich gelagerter, Pakistan betreffender Verfahren gewonnenen Wahrnehmungen leben potentiell Verfolgte aufgrund der dortigen Anonymität in größeren Städten sicherer als auf dem Land. Selbst Menschen, die die Polizei wegen Mordes sucht, können in einer Stadt unbehelligt leben, die weit genug von ihrem Heimatort entfernt liegt (AA 21.08.2018). Die Hauptstadt Pakistans, Islamabad, gilt als vergleichsweise sicher. Das Hauptstadtterritorium Islamabad erlitt einen Anschlag mit einem Toten im Jahr 2016 (PIPS 1.2017). Im Jahr 2017 verzeichnete das Hauptstadtterritorium Islamabad drei Anschläge mit zwei Todesopfern. Zwei der Anschläge waren religiös-sektiererisch motiviert und richteten sich gegen Schiiten (PIPS 1.2018). Für das erste Quartal 2018 (1.1. bis 31.3.) registrierte PIPS für das Hauptstadtterritorium Islamabad keinen terroristischen Angriff (Aggregat aus: PIPS 6.4.2018; PIPS 6.3.2018; PIPS 5.2.2018), weshalb hier von einer stabilen Sicherheitslage auszugehen ist. Diese Stadt ist für den Beschwerdeführer auch direkt erreichbar.

Der Beschwerdeführer leidet weder an einer schweren körperlichen noch an einer schweren psychischen Erkrankung.

Der BF lebte überwiegend in den Distrikten Peschawar und - kurzzeitig vor seiner Ausreise - Charsadda der pakistanischen Provinz Khyber Pakhtunkhwa sowie berufsbedingt mehrere Jahre im Distrikt Rawalpindi im Norden der pakistanischen Provinz Punjab. Der BF hat in Pakistan acht Jahre die Volks- und Hauptschule besucht und vor seiner Ausreise als Designer, etwa von Verkehrsschildern oder Logos für Geschäfte und Fahrzeuge, gearbeitet. Der BF verließ Ende August/ Anfang September 2016 Pakistan und reiste Ende April 2018 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein.

Der Beschwerdeführer verfügt zum Entscheidungszeitpunkt über keine relevanten Bindungen zu Österreich. In Österreich halten sich keine Verwandten des BF auf. Der BF befindet sich in der Grundversorgung und lebt von staatlicher Unterstützung. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF selbsterhaltungsfähig ist und über umfassende Deutschkenntnisse verfügt. Der BF besucht(e) Deutschkurse. Bislang wurden aber weder eine Bestätigung über den Deutschkursbesuch, noch eine Bestätigung über eine diesbezüglich erfolgreich abgelegte Prüfung in Vorlage gebracht. Er knüpfte soziale Kontakte. Unterstützungserklärungen wurden nicht vorgelegt. Der BF ist strafrechtlich unbescholten.

Es konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer umfassenden und fortgeschrittenen Integration des BF in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden, welche die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung überwiegen würden.

Er hat mit Ausnahme seines nunmehrigen Aufenthalts in Europa sein Leben zum überwiegenden Teil in Pakistan verbracht, wo er sozialisiert wurde und wo sich nach wie vor seine nächsten Verwandten aufhalten.

Es ist daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr wieder bei seiner Familie wohnen wird können. Davon abgesehen ist der Beschwerdeführer als arbeitsfähig und -willig anzusehen. Der Beschwerdeführer spricht Urdu, Paschtu und ein bisschen Punjabi.

Des Weiteren liegen die Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" nicht vor und ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung geboten. Es ergibt sich aus dem Ermittlungsverfahren überdies, dass die Zulässigkeit der Abschiebung des BF nach Pakistan festzustellen ist.

2.1.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Pakistan war insbesondere festzustellen:

KI vom 31.7.2018: Wahlen am 25.7.2018 (betrifft: Abschnitt 2/Politische Lage)

Am 25. Juli 2018 fanden in Pakistan Wahlen statt. Es war das erste Mal in der Geschichte Pakistans, dass zwei gewählte Regierungen in Folge ihre volle Amtszeit dienen konnten (EUEOM 27.7.2018). Neben der Nationalversammlung wurden auch vier Provinzversammlungen (Punjab, Sindh, Khyber Pakhtunkhwa und Belutschistan) gewählt (NDTV 26.7.2018).

Laut offiziellem Resultat der Wahlkommission erlangte die Partei Tehreek-e-Insaf (PTI) von Imran Khan 115 Sitze im Parlament in Islamabad. Die bisherige Regierungspartei Pakistan Muslim League-Nawaz (PML-N) unter Shehbaz Sharif folgte mit 64 Sitzen, die Partei Pakistan Peoples Party (PPP) von Bilawal Bhutto kam mit 43 auf den dritten Platz (Dawn 30.7.2018). Khan hat noch keinen Koalitionspartner. Um alleine regieren zu können, hätte die PTI 137 Sitze benötigt (NZZ 28.7.2018). Die PML-N und PPP kündigten bereits an, in der Opposition gegen Imran Khan zusammenzuarbeiten (Dawn 30.7.2018). Imran Khan begann zunächst Koalitionsgespräche mit der Partei Muttahidda Qaumi Movement (MQM) (Dawn 28.7.2018).

Die Armee hatte am Wahltag 370.000 Soldaten eingesetzt, die die Wahllokale sichern sollten (NZZ 28.7.2018; vgl. EUEOM 27.7.2018). Zusätzlich waren 450.000 Polizisten im Einsatz. Die Befugnisse des Sicherheitspersonals wurden im Vergleich zur vorigen Wahl erweitert (EUEOM 27.7.2018). Erstmals waren Soldaten nicht nur vor, sondern auch in den Wahllokalen anwesend, auch während der Auszählung der Stimmen. Der Leiter der EU-Wahlbeobachtermission, Michael Gahler, sagte am Donnerstag gegenüber lokalen Medien, dem ersten Eindruck nach hätten sich die Soldaten strikt an ihren Einsatzbefehl gehalten (NZZ 28.7.2018).

Die Wahlbeteiligung lag laut Wahlkommission landesweit bei 51,7 Prozent (ECP o.D.). Etwa 106 Millionen Menschen waren wahlberechtigt. Neun Millionen Frauen hatten sich erstmals als Wählerinnen registrieren lassen. Obwohl es vereinzelt Beschwerden gab, dass Frauen von der Stimmabgabe abgehalten wurden, war die Wahlbeteiligung von Frauen anscheinend höher als früher. Die Wahlkommission hatte angeordnet, dass die Ergebnisse von Distrikten, in denen die Stimmen der Frauen unter 10 Prozent blieben, ungültig seien. Fast alle Parteien umwarben deshalb in diesem Jahr die Pakistanerinnen, wählen zu gehen (NZZ 28.7.2018). In den ehem. Stammesgebieten unter Bundesverwaltung (FATA) stieg die Zahl der Frauen, die als Wählerinnen registriert waren, um 66 Prozent gegenüber der vorhergehenden Wahl (EUEOM 27.7.2018; vgl. NZZ 28.7.2018).

Obwohl Schritte unternommen wurden, die Beteiligung von Minderheiten an den Wahlen zu sichern, blieb die Situation der Ahmadiya-Gemeinschaft unverändert. Ahmadis werden weiterhin in einem separaten Wählerverzeichnis geführt Eine Novelle des Wahlgesetzes 2017 hätte Ahmadis ins generelle Wählerverzeichnis inkludiert, diese Änderung wurde jedoch am 23.11.2017 nach Massenprotesten wieder rückgängig gemacht (EUEOM 27.7.2018).

Die Wahlverlierer prangerten auch Wahlfälschung an und erklärten, sie würden das Ergebnis nicht anerkennen. Sharif erklärte, das Militär habe die Abstimmung zugunsten Khans manipuliert. Auch Bilawal Bhutto sprach, ebenso wie Vertreter islamistischer Parteien, von Wahlfälschung (NZZ 28.7.2018). Die Wahlbeobachtermission der EU schätzte den Wahlvorgang als transparent und gut durchgeführt ein, bemerkte jedoch Schwierigkeiten bei der Auszählung. Die Wahlhelfer hielten die Prozeduren nicht immer ein und hatten Schwierigkeiten, die Formulare für die Resultatsübermittlung korrekt auszufüllen (EUEOM 27.7.2018). Bei der pakistanischen Wahlkommission wurden bis kurz nach Schließung der Wahllokale 654 Beschwerden registriert, die ausschließlich Verstöße gegen die Wahlordnung betreffen würden. Über das Militär habe es keine Beschwerde gegeben (Standard 26.7.2018). Durch technische Probleme im erstmals eingesetzten Result Transmission System (RTS) kam es zu Verzögerungen der Bekanntgabe von Sprengelergebnissen an die Wahlkommission (EUEOM 27.7.2018).

Am Wahltag kam es in Belutschistan zu zwei Anschlägen mit Todesopfern auf Wahllokale (EUEOM 27.7.2018). Bei einem Selbstmordanschlag in Quetta kamen 31 Menschen ums Leben, darunter auch Kinder und Polizisten, 35 Personen wurden verletzt. Der IS reklamierte den Anschlag für sich (Standard 26.7.2018; vgl Dawn 26.7.2018). In Khuzdar wurde bei einem Granatenangriff auf ein Wahllokal ein Polizist getötet (Dawn 26.7.2018; vgl. Standard 25.7.2018). Weiters gab es regional Zusammenstöße zwischen Anhängern unterschiedlicher Parteien (EUEOM 27.7.2018; vgl. Dawn 26.7.2018) vorwiegend in Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa (Dawn 26.7.2018). Bereits im Vorfeld der Wahl waren bei mehreren Anschlägen auf Parteien und Kandidaten mehr als 180 Menschen getötet worden (Standard 25.7.2018; vgl. Kurzinformation vom 18.7.2018).

Reporter ohne Grenzen berichten von zahlreichen Einschränkungen für Journalisten während des Wahlkampfes. In den vergangenen Monaten seien unabhängige Medien wiederholt zensiert und kritische Journalisten bedroht, tätlich angegriffen und entführt worden (ROG 25.7.2018). Auch die Wahlbeobachtermission der EU sah deutliche Hinweise für Einschränkungen der Redefreiheit durch staatliche und nicht-staatliche Akteure (EUEOM 27.7.2018). Gemäß Reporter ohne Grenzen versuchten insbesondere das Militär und die Geheimdienste eine unabhängige Berichterstattung zu verhindern (ROG 25.7.2018). Weit verbreitete Selbstzensur der Berichterstatter hinderte gemäß EU-Wahlbeobachtermission Wahlberechtigte daran, eine qualifizierte Wahlentscheidung zu treffen (EUEOM 27.7.2018).

Quellen:

* Dawn (26.7.2018): 'Naya Pakistan' imminent: PTI leads in slow count of 11th general elections vote, https://www.dawn.com/news/1421984/voting-underway-across-pakistan-amid-tight-security-with-only-hours-left-till-polling-ends, Zugriff 30.7.2018

* Dawn (28.7.2018): Imran starts preparations for formation of govt at Centre,

https://www.dawn.com/news/1423370/imran-starts-preparations-for-formation-of-govt-at-centre, Zugriff 30.7.2018

* Dawn (30.7.2018): PPP, PML-N join hands to give Imran tough time, https://www.dawn.com/news/1423776/ppp-pml-n-join-hands-to-give-imran-tough-time, Zugriff 30.7.2018

* ECP -Election Commission of Pakistan (o.D.a): Assembly Wise Voters Turnout, https://www.ecp.gov.pk/frmstats.aspx, Zugriff 30.7.2018

* EUEOM - European Union Election Observation Mission Islamic Republic of Pakistan (27.7.2018): Preliminary Statement - Positive changes to the legal framework were overshadowed by restrictions on freedom of expression and unequal campaign opportunities, https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/eu_eom_pakistan_2018_-_preliminary_statement_on_25_july_elections.pdf, Zugriff 30.7.2018

* NDTV - New Delhi Television Limited (26.7.2018): Pakistan Election Results Live Updates: "Want To Fix India-Pak Ties," Says Imran Khan, https://www.ndtv.com/world-news/pakistan-election-result-2018-live-updates-imran-khan-on-brink-of-victory-after-millions-vote-in-pak-1889205, Zugriff 30.7.2018

* NZZ - Neue Zürcher Zeitung (28.7.2018): Imran Khan triumphiert in Pakistan,

https://www.nzz.ch/international/wahlen-in-pakistan-imran-khan-triumphiert-ld.1406380, Zugriff 30.7.2018

* ROG - Reporter ohne Grenzen (25.7.2018): Pakistan - Einschränkungen während Wahlkampfes, http://www.rog.at/pm/pakistan-einschraenkungen-waehrend-wahlkampfes/, Zugriff 30.7.2018

* Standard, der (25.7.2018): Dutzende Tote in Pakistan bei Anschlag am Wahltag,

https://derstandard.at/2000084092243/Dutzende-Tote-bei-Anschlag-am-Tag-der-Parlamentswahl-in-Pakistan, Zugriff 30.7.2018

* Standard, der (26.7.2018): Ex-Cricketstar Imran Khan steuert auf Wahlsieg in Pakistan zu,

https://derstandard.at/2000084154112/Pakistans-Regierungspartei-PML-N-spricht-von-Wahlfaelschung, Zugriff 30.7.2018

KI vom 18.7.2018: Anschläge und Proteste im Vorfeld der Wahlen am 25.7.2018 (betrifft: Abschnitt 2/Politische Lage und Abschnitt 3/Sicherheitslage)

Im Vorfeld der Wahlen am 25. Juli 2018 kam es zu zahlreichen Anschlägen mit Todesopfern (Dawn 13.7.2018a).

Am 13. Juli sind bei einem Selbstmordanschlag in Mastung, Provinz Belutschistan, nach offiziellen Angaben 149 Menschen ums Leben gekommen und über 200 Menschen verletzt worden (CNN 16.7.2018). Das Attentat hatte einer Veranstaltung der Baluchistan Awami Partei gegolten (Dawn 13.7.2018a; vgl. ORF 13.7.2018, CNN 16.7.2018). Es ist der schwerste Anschlag in Pakistan seit vielen Jahren - ähnlich viele Tote gab es zuletzt beim Angriff der Taliban auf die Armeeschule in Peschawar im Dezember 2014 mit ca. 150 Toten (Standard 14.7.2018) - und der Terrorangriff mit den zweitmeisten Todesopfern in der Geschichte Pakistans (CNN 16.7.2018). Die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) reklamierte den Anschlag für sich (ORF 13.7.2018; vgl. CNN 16.7.2018, Standard 14.7.2018), ebenso wie die Ghazi-Gruppe der radikalislamischen Taliban (Standard 14.7.2018). In Folge des Anschlages wurden die Wahlen im Wahlkreis PB-35 (Mastung) verschoben (Nation 14.7.2018).

Ebenfalls am 13. Juli wurden in Bannu [Provinz Khyber Pakhtunkhwa, nahe der Grenze zu den ehem. Stammesgebieten unter Bundesverwaltung (FATA)] bei einem Anschlag auf eine Wahlkampfveranstaltung des Chief Minister der Provinz Khyber Pakhtunkhwa, Akram Khan Durrani, vier Menschen getötet und 32 Menschen verletzt (Express Tribune 13.7.2018; vgl. News 13.7.2018). Durrani wurde bei dem Anschlag nicht verletzt (Express Tribune 13.7.2018; vgl. Dawn 13.7.2018b). Durrani tritt im Wahlkreis NA-35 (Bannu) als Kandidat der Partei Muttahida Majlis-i-Amal (MMA) an (Dawn 13.7.2018b; vgl News 13.7.2018). Ebenfalls in Bannu wurden wenige Tage zuvor am 7.7. bei einem Bombenangriff auf einen Konvoi des Kandidaten der Muttahida Majlis-i-Amal (MMA) für den Wahlkreis PK-89, Sherin Malik, sieben Personen, darunter der Kandidat, verletzt (Dawn 7.7.2018).

Am 10. Juli wurden bei einem Selbstmordanschlag in Peschawar, Hauptstadt der Provinz Khyber Pakhtunkhwa, 22 Menschen getötet und 63 Personen verletzt (CNN 11.7.2018; vgl. Nation 11.7.2018). Unter den Toten befindet sich Haroom Bilour, Provinzvorsitzender der Awami National Party (ANP) (Dawn 10.7.2018a) und Kandidat für den Wahlkreis Peschawar PK-78 (Nation 11.7.2018; vgl. Dawn 10.7.2018a). Die Pakistanischen Taliban haben sich zu dem Anschlag bekannt (Dawn 10.7.2018a; vgl. CNN 11.7.2018). Die ANP war bereits im Vorfeld der Wahlen 2013 ein Hauptziel der Taliban (Nation 11.7.2018). Gemäß Angaben der Taliban wurde der Angriff auf Bilour aufgrund deren "anti-islamischen Politik" durchgeführt (Dawn 10.7.2018a; vgl. CNN 11.7.2018). Die Behörden gaben an, dass der Bombenanschlag ein gezieltes Attentat auf Haroom Biloor gewesen sei. Als Folge des Angriffes wurden die Wahlen im Wahlkreis PK-78 verschoben (Dawn 10.7.2018a).

Am 13. Juli kehrten der ehemalige Premierminister Nawaz Sharif und seine Tochter Maryam aus Großbritannien nach Pakistan zurück. Sie wurden bei ihrer angekündigten Ankunft am Flughafen Lahore verhaftet, nachdem sie eine Woche zuvor wegen Korruption in Abwesenheit zu zehn bzw. sieben Jahren Haft verurteilt wurden (CNN 13.7.2018; vgl. New York Times 13.7.2018). In Lahore kam es zu Protesten von Anhängern der Partei Pakistani Muslim League-Nawaz (PML-N), die vom ehemaligen Chief Minister der Provinz Punjab und derzeitigem Parteiführer der PML-N Shahbaz Sharif - Bruder des ehemaligen Premierministers - angeführt wurden (CNN 13.7.2018). Im Vorfeld der angekündigten Proteste wurden etwa 500 Mitglieder der PML-N von den Sicherheitskräften verhaftet (CNN 13.7.2018).

Am 9. Juli veröffentlichte die Nationale Behörde für Terrorismusbekämpfung (National Counter Terrorism Authority - NACTA) die Namen von sechs Persönlichkeiten, für die besondere Gefahr durch terroristische Angriffe bestünde: Imran Khan, Vorsitzender der Pakistan Tehreek-i-Insaf; Asfandyar Wali und Ameer Haider Hoti, Vorsitzende der Awami National Party; Aftab Sherpao, Vorsitzender der Qaumi Watan Party; Akram Khan Durrani, Vorsitzender der Jamiat Ulema-i-Islam-Fazl; und Talha Saeed, Sohn von Hafiz Saeed. Weitere Bedrohungen bestünden gegen die Führungsebenen der Pakistan Peoples Party und der Pakistan Muslim League-Nawaz. Das Innenministerium wurde angewiesen, die Sicherheitsvorkehrungen für die Parteiführungen zu erhöhen (Dawn 10.7.2018b). Für den Wahltag am 25.7. werden etwa 372.000 Sicherheitskräfte eingeteilt, um einen sicheren Ablauf der Wahl zu gewährleisten (CNN 11.7.2018; vgl. Nation 14.7.2018).

Quellen:

* CNN (11.7.2018): Pakistani Taliban claims responsibility for deadly election suicide attack, https://edition.cnn.com/2018/07/11/asia/pakistan-peshawar-taliban-suicide-attack-intl/index.html, Zugriff 17.7.2018

* CNN (13.7.2018): Former Pakistani Prime Minister Nawaz Sharif arrested after return,

https://edition.cnn.com/2018/07/13/asia/nawaz-maryam-sharif-return-intl/index.html, Zugriff 17.7.2018

* CNN (16.7.2018): At least 149 killed in Pakistan terror strike targeting political rally,

https://edition.cnn.com/2018/07/13/asia/pakistan-suicide-attack-balochistan-intl/index.html, Zugriff 17.7.2018

* Dawn (10.7.2018a): TTP claims responsibility for Peshawar blast; ANP's Haroon Bilour laid to rest, https://www.dawn.com/news/1419202, Zugriff 17.7.2018

* Dawn (10.7.2018b): Nacta names six politicians under threat from terrorists, https://www.dawn.com/news/1419042, Zugriff 17.7.2018

* Dawn (13.7.2018): Mastung bombing: 128 dead, over 200 injured in deadliest attack since APS, IS claims responsibility, https://www.dawn.com/news/1419812, Zugriff 17.7.2018

* Dawn (13.7.2018b): Blast targets convoy of JUI-F leader Akram Khan Durrani in Bannu, 4 killed,

https://www.dawn.com/news/1419792/blast-targets-convoy-of-jui-f-leader-akram-khan-durrani-4-killed, Zugriff 17.7.2018

* Dawn (7.7.2018): 7 including MMA candidate injured in Bannu blast, https://www.dawn.com/news/1418562, Zugriff 17.7.2018

* Express Tribune, the (13.7.2018): Four die as blast targets Durrani,

https://tribune.com.pk/story/1756834/1-least-four-killed-16-injured-akram-durranis-convoy-comes-attack/, Zugriff 17.7.2018

* Nation, the (11.7.2018): Peshawar attack: death toll rises to 22, https://nation.com.pk/11-Jul-2018/peshawar-attack-death-toll-increase-to-20, Zugriff 17.7.2018

* Nation, the (14.7.2018): BAP candidate among 128 killed in Mastung blast,

https://nation.com.pk/14-Jul-2018/bap-candidate-among-128-killed-in-mastung-blast?show=preview/, Zugriff 17.7.2018

* News, the (13.7.2018): Four killed in bomb attack on Akram Durrani's rally in Bannu,

https://www.thenews.com.pk/latest/341264-several-injured-in-bomb-attack-near-convoy-of-ex-kp-cm-akram-durrani, Zugriff 17.7.2018

* ORF (13.7.2018): Anschlag in Pakistan: Zahl der Opfer steigt auf 128, http://www.orf.at//stories/2446861/, Zugriff 17.7.2018

* Standard, der (14.7.2018): Nach Selbstmordanschlag: Zahl der Toten steigt auf 140,

https://derstandard.at/2000083427458/Zwei-Bomben-im-pakistanischen-Wahlkampf-mindestens-20-Tote, Zugriff 17.7.2018

Politische Lage

Pakistan ist ein Bundesstaat der sich aus den vier Provinzen Punjab, Sindh, Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa zusammensetzt. Das Hauptstadtterritorium Islamabad ("Islamabad Capital Territory") ist eine eigene Verwaltungseinheit unter Bundesverwaltung. Für die "Federally Administered Tribal Areas" (FATA, Stammesgebiete unter Bundesverwaltung) bestimmte bis 28.5.2018 die pakistanische Verfassung, dass die vom Parlament beschlossenen Gesetze nur dann gelten, wenn dies der Präsident explizit anordnet (AA 10.2017a). Am 28.5.2018 unterzeichnete Präsident Mamnoon Hussain die FATA Interim Governance Regulation 2018, die etwa zwei Jahre lang gültig sein wird (NHT 28.5.2018). Am 31.5.2018 wurden die FATA mit Khyber Pakhtunhkhwa vereinigt und die ehemaligen Stammesgebiete werden mittels der FATA Interim Governance Regulation durch die Provinz Khyber Pakhtunkhwa verwaltet (Geo.tv 31.5.2018).

Daneben kontrolliert Pakistan die Gebiete von Gilgit-Baltistan und Azad Jammu & Kashmir (AJK - "freies Kaschmir"), dem auf der pakistanischen Seite der Demarkationslinie ("Line of Control") zwischen Indien und Pakistan liegenden Teil Kaschmirs. Beide Gebiete werden offiziell nicht zum pakistanischen Staatsgebiet gerechnet. Gilgit-Baltistan hat im September 2009 eine Teilautonomie erhalten. Es war bis dahin von Islamabad aus regiert worden. AJK genießt ebenfalls Autonomie, ist aber finanziell und politisch von der Regierung in Islamabad abhängig (AA 10.2017a).

Das Ergebnis der Volkszählung 2017 ergab für Pakistan 207.774.520 Einwohner (PBS 2017a) ohne Berücksichtigung von Azad Jammu & Kashmir und Gilgit Baltistan (TET 25.7.2018). Das Land ist laut CIA World Factbook der sechstbevölkerungsreichste Staat der Welt (CIA 23.2.2018).

Im April 2010 wurde eine weitreichende Verfassungsreform ("Eighteenth Amendment of the Constitution of Pakistan") verabschiedet, die von einem parteiübergreifenden Parlamentsausschuss seit Juni 2009 vorbereitet worden war. Ziel war es, zur Grundgestalt der unter Präsident Zulfikar A. Bhutto 1973 verabschiedeten Verfassung zurückzukehren, die nach zahlreichen Eingriffen der Militärherrscher Zia-ul Haq und Musharraf fast bis zur Unkenntlichkeit verändert worden war. Kernelemente der vorgenommenen Verfassungsänderungen sind eine Stärkung der Position des Ministerpräsidenten bei gleichzeitiger Einschränkung der Machtbefugnisse des Präsidenten, eine Stärkung des Föderalismus durch eine deutliche Ausweitung der Kompetenzen der Provinzen gegenüber der Zentralregierung, eine Stärkung der Unabhängigkeit der Justiz durch ein neues Ernennungsverfahren für die obersten Richter und die Einführung zweier neuer Grundrechte: des Rechts auf Information und des Rechts auf Erziehung (AA 10.2017a).

Die gesetzgebende Gewalt in Pakistan liegt beim Parlament. Das Parlament besteht aus zwei Kammern, der Nationalversammlung und dem Senat. Daneben werden in den Provinzen Pakistans Provinzversammlungen gewählt. Die Nationalversammlung umfasst 342 Abgeordnete, von denen 272 vom Volk direkt gewählt werden. Es gilt das Mehrheitswahlrecht. 60 Sitze sind für Frauen, zehn weitere für Vertreter religiöser Minderheiten reserviert. Die reservierten Sitze werden auf die in der Nationalversammlung vertretenen Parteien entsprechend deren Stimmenanteil verteilt. Die Legislaturperiode dauert fünf Jahre (AA 10.2017a).

Seit 1.8.2017 ist der bisherige Ölminister Shahid Khaqan Abbasi (von der Regierungspartei PML-N) neuer Ministerpräsident. Der bisherige Ministerpräsident Nawaz Sharif war am 28.8.2017 vorzeitig zurückgetreten, nachdem Pakistans Oberster Gerichtshof Sharifs Amtsenthebung angeordnet hatte. Grundlage für die Amtsenthebung ist das Verschweigen von Einkommen aus einer ausländischen Firmenbeteiligung, die Sharif der Wahlkommission bei seiner Registrierung als Kandidat 2013 hätte anzeigen müssen. Die Korruptionsvorwürfe gegen Sharif und seine Familie sind mit der "Panama-Papers-Affäre" verbunden (AA 10.2017a). Im April 2018 wurde Nawaz Sharif von einem fünfköpfigen Anti-Korruptionsgericht auf Lebenszeit von der Übernahme eines öffentlichen Amtes gesperrt (AJ 13.4.2018).

Die letzten Parlamentswahlen fanden am 11.5.2013 statt. Damals löste die Pakistan Muslim League-N (PML-N) unter Parteichef Nawaz Sharif eine von der Pakistan Peoples Party (PPP) geführte Regierung ab. Es war das erste Mal in der Geschichte Pakistans, dass eine zivile Regierung eine volle Legislaturperiode (2008 bis 2013) regieren konnte und dass der demokratische Wechsel verfassungsgemäß ablief. Die PML-N erreichte bei den Wahlen eine absolute Mehrheit der Mandate. Dieses deutliche Ergebnis ist auch auf das in Pakistan geltende Mehrheitswahlrecht zurückzuführen. Landesweit stimmten ca. ein Drittel der Wähler für die PML-N. Zweitstärkste Partei in der Nationalversammlung wurde die PPP, gefolgt von der Pakistan Tehreek-e-Insaf (Pakistanische Bewegung für Gerechtigkeit, PTI) des ehemaligen Cricket-Stars Imran Khan. Die MQM (Muttahida Quami Movement), mit ihren Hochburgen in den beiden Großstädten der Provinz Sindh, Karatschi und Hyderabad, stellt die viertstärkste Fraktion. Am 5.6.2013 wurde Nawaz Sharif vom Parlament zum Ministerpräsidenten gewählt. Für ihn war es, nach 1990 und 1999, die dritte Amtszeit als pakistanischer Regierungschef (AA 10.2017a).

Ebenfalls am 11.5.2013 fanden die Wahlen zu den vier Provinzversammlungen statt. In Punjab, der bevölkerungsreichsten Provinz (ca. 50 % der Bevölkerung Pakistans), errang die PML-N mehr als zwei Drittel der Mandate, der Bruder von Nawaz Sharif, Shahbaz Sharif, wurde in seinem Amt als Chief Minister bestätigt. In Sindh konnte die PPP ihre Vormachtstellung verteidigen, in Khyber Pakhtunkhwa errang die PTI die meisten Mandate und führt dort nun eine Koalitionsregierung. Die Regierung von Belutschistan wird von einem Chief Minister der belutschischen Nationalistenpartei (NP) geführt, die eine Koalition mit der PML-N und weiteren Parteien eingegangen ist (AA 10.2017a).

Am 30.7.2013 wählten beide Kammern des Parlaments und Abgeordnete der Provinzparlamente den PML-N Politiker Mamnoon Hussain zum neuen pakistanischen Staatsoberhaupt, der am 9.9.2013 vereidigt wurde. Hussain löst Asif Ali Zardari als Staatspräsidenten ab, der als erstes Staatsoberhaupt in der Geschichte Pakistans seine Amtszeit geordnet beenden konnte. Der verfassungsmäßige Machtübergang sowohl in der Regierung als auch im Amt des Staatsoberhaupts wurde als wichtiger Beitrag zur Stabilisierung der Demokratie in Pakistan gewürdigt (AA 10.2017a). Die nächsten Parlamentswahlen finden am 15.7.2018 statt (Samaa 20.12.2017).

Im November 2017 blockierten Demonstranten - Mitglieder religiöser Parteien wie Tehreek Labbaik Ya Rasool Allah (TLY), Tehreek-i-Khatm-i-Nabuwwat und Sunni Tehreek Pakistan (ST) 20 Tage lang den Autobahnknoten Fayzabad Interchange in Islamabad. Anlass der Proteste war eine Zeile in der Novelle des Wahlgesetzes (Elections Act 2017), die nach Meinung der Demonstranten den Khatm-i-Nabuwwat-Eid [Anm.: legt die Endgültigkeit des Prophetentums Mohammads fest] veränderte (Dawn 28.11.2017). Nach diesen Änderungen wäre es Ahmadis etwas erleichtert worden, aktiv und passiv an Wahlen teilzunehmen (Nation 19.11.2017). Die Änderung am Eid wurde durch einen Parlamentsbeschluss rückgängig gemacht. Dennoch forderten die Demonstranten den Rücktritt von Justizminister Zahid Hamid. Nachdem der Islamabad High Court (IHC), der Supreme Court sowie verschiedene religiöse Parteiführer aufgefordert hatten, die Proteste zu beenden, hat der IHC letztlich die Distriktverwaltung aufgefordert, die Demonstranten "mit allen nötigen Mitteln" vom Autobahnknoten zu entfernen. Nach mehreren vergeblichen Verhandlungsrunden wurde Innenminister Ahsan Iqbal vom IHC verwarnt, er könne wegen Missachtung eines Gerichtsentscheides angeklagt werden. Weiters stellte der IHC fest, dass die Demonstranten aufgrund der wiederholten Missachtung der Gerichtsanordnung zur Auflösung der Proteste einen "terroristischen Akt" begangen hätten. Nach einem verstrichenen Ultimatum begann die Regierung am 25.11.2017 mit der gewaltsamen Auflösung der Proteste, bei der sechs Personen getötet wurden. Die zur Unterstützung gerufene Armee verweigerte ihr Eingreifen, wodurch weitere Verhandlungen mit den Demonstranten notwendig wurden. Die Blockade wurde aufgelöst, nachdem einigen Forderungen der Demonstranten nachgegeben wurde, Zahid Hamid musste als Justizminister zurücktreten (Dawn 28.11.2017).

Mit der Vereinigung der FATA mit der Provinz Khyber Pakhtunkhwa am 31.5.2018 (Geo.tv 31.5.2018) wurde die Zahl der Abgeordneten in der Provinzversammlung von Khyber Pakhtunkhwa von 124 auf 145 erhöht. Insgesamt wird die ehemalige FATA von 21 Abgeordneten im kommenden Provinzparlament vertreten, davon sind vier Mandate für Frauen und einer für Nicht-Muslime reserviert. Die neue Provinzversammlung von Khyber Pakhtunkhwa wird innerhalb eines Jahres nach den Parlamentswahlen von 2018 erfolgen (Nation 27.5.2018). Die zwölf Sitze der [ehem.] FATA in der Nationalversammlung werden Khyber Pakhtunkhwa zugeschlagen; die Provinz verfügt in der kommenden Legislaturperiode über 60 statt bisher 48 Abgeordnetensitze (Geo.tv 16.5.2018). Politische Parteien durften in den [ehem.] Stammesgebieten (FATA) seit 2011 aktiv werden (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (10.2017a): Pakistan - Staatsaufbau und Innenpolitik,

https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/pakistan-node/-/205010, Zugriff 8.3.2018

-

AJ - Al Jazeera (13.4.2018): Pakistani court bans ex-PM Nawaz Sharif from parliament for life, https://www.aljazeera.com/news/2018/04/pakistani-court-bans-pm-nawaz-sharif-parliament-life-180413072707795.html, Zugriff 14.5.2018

-

CIA - Central Intelligence Agency (23.2.2018): World Factbook, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/pk.html, Zugriff 8.3.2017

-

Dawn (28.11.201

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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