TE Bvwg Erkenntnis 2018/11/21 W226 2185554-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.11.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

21.11.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
AVG §68 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §55 Abs1a
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W226 2185554-2/4E

W226 2185551-2/3E

W226 2185552-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. WINDHAGER als Einzelrichter über die Beschwerden von 1) XXXX , geboren am XXXX , 2) XXXX , geboren am XXXX und 3) XXXX , geboren am

XXXX , alle StA. Kasachstan, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.10.2018, 1) Zl. 1076149803-180502315,

2) Zl. 1076150009-180502329 und 3) Zl. 1076149901-180502337 zu Recht:

A) Die Beschwerden werden gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG als

unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.) Die Erstbeschwerdeführerin (Beschwerdeführende Partei 1, in Folge: P1) ist die Mutter der minderjährigen Zweit- und Drittbeschwerdeführer (Beschwerdeführende Partei 2, in Folge: P2 und Beschwerdeführende Partei 3, in Folge: P3). P1 bis P3 reisten gemeinsam zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt illegal in das Bundesgebiet ein und P1 stellte für sich und P2 und P3 am 02.07.2015 Anträge auf internationalen Schutz.

Am 07.07.2015 erfolgte die Erstbefragungen von P1. P1 gab zu ihrem Fluchtgrund zusammengefasst an, dass sie wegen Problemen mit ihrem Ex-Ehegatten, von dem sie seit XXXX gerichtlich geschieden sei, die Republik Kasachstan verlassen habe. Dieser sei zum Islam konvertiert und habe gewollt, dass P1 dies ebenfalls mache; was sie jedoch nicht gewollt habe. P1 sei von ihrem Ex-Ehegatten geschlagen worden. Als er angefangen habe die Kinder zu schlagen habe sich P1 entschieden zu fliehen. Zudem wolle sie nicht, dass er ihr die Kinder wegnehme; er habe Verbindungen zu den Behörden. Als der Ex-Ehegatte das Kind Ende 2014 geschlagen habe, habe P1 Anzeige erstattet, woraufhin er sie noch mehr geschlagen habe. P1 sei zusammen mit P2 und P3 am 23.06.2016 mit dem Zug von ihrem Heimatort XXXX nach XXXX in der Ukraine gereist. Im Fall ihrer Rückkehr in die Republik Kasachstan fürchte die P1, dass ihr der Ex-Ehegatte P2 und P3 wegnehmen und P1 töten könnte, damit er aus P2 und P3 Islamisten machen könne. P1 gehe davon aus, dass er den Behörden bereits mitgeteilt habe, dass sie P2 und P3 entführt habe.

Am 26.06.2017 wurde P1 im Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich befragt. P1 wiederholte ihr Vorbringen aus der Erstbefragung und brachte zudem im Wesentlichen vor, dass P2 und P3 keine eigenen Fluchtgründe hätten. Der Ex-Ehegatte sei, ebenso wie die Beschwerdeführerin, XXXX . Er habe für die kasachische Straßenbauverwaltung gearbeitet. P1 habe ihren Ex-Ehegatten am XXXX geheiratet und gab an am XXXX bzw. im Jahr XXXX von ihm geschieden worden zu sein. P1 habe aber wegen P2 und P3 weiterhin zusammen mit dem Ex-Ehegatten gewohnt. P1 habe zum ersten Mal einen Monat vor der Ausreise daran gedacht ihren Herkunftsstaat zu verlassen. P1 werde von ihrem Ex-Ehegatten bedroht, weil sie die Kinder weggeholt habe. Den Kindern würde er nichts tun. Die kasachische Polizei habe P1 nicht geholfen. Sie habe einen Brief an die Staatsanwaltschaft geschrieben, daraufhin sei P1 von ihrem Ex-Ehegatten verprügelt worden. Im Fall der Rückkehr fürchte P1 von ihrem Ex-Ehegatten ermordet zu werden.

Am 22.09.2017 wurde P1 ein weiteres Mal im Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich zu ihren Ausreisegründen befragt.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gab einen Rechercheauftrag in der Republik Kasachstan in Auftrag, welcher mit Schreiben vom 16.11.2017 beantwortet wurde.

P1 wurde das Rechercheergebnis vom 16.11.2017 in einer niederschriftlichen Befragung beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 17.12.2017 zur Kenntnis gebracht.

Mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 1) und

2)

02.01.2018 und 3) 01.02.2018 (gemeint wohl: 02.01.2018), Zahlen

1)

1076149803-150784730,

2) 1076150009-150784748 und 3) 1076149901-150784756, wurde die Anträge auf internationalen Schutz der Erst- bis Drittbeschwerdeführer bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Kasachstan gemäß § 8 Abs. 1 AsylG iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II.). In Spruchpunkt III. wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm

§ 9 BFA-VG gegen die Beschwerdeführer Rückkehrentscheidungen gemäß

§ 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt,

dass die Abschiebung der Beschwerdeführer gemäß § 46 FPG nach Kasachstan zulässig ist. In Spruchpunkt IV. wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 4 BFA-VG den Beschwerden die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Gegen diese Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom

1) und 2) 02.01.2018 und 3) 01.02.2018 (gemeint wohl: 02.01.2018), Zahlen 1) 1076149803-150784730, 2) 1076150009-150784748 und 3) 1076149901-150784756, zugestellt am 08.01.2018, erhoben die Beschwerdeführer fristgerecht am 22.01.2018 und 31.01.2018 Beschwerden an das Bundesverwaltungsgericht.

2.) Die Beschwerdevorlagen vom 05.02.2018 langten am 08.02.2018 im Bundesverwaltungsgericht ein, was dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl noch am selben Tag schriftliche mitgeteilt wurde.

Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.02.2018, Zahlen

1) W215 2185554-1/2Z, 2) W215 2185551-1/2Z und 3) W215 2185552-1/2Z, wurden gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, Spruchpunkte IV. der angefochtenen Bescheide ersatzlos behoben und die Revision jeweils gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG, in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012, für nicht zulässig erklärt. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in gegenständlichen Bescheiden einerseits davon ausging, dass das Vorbringen von P1 zu ihren Ausreisegründen nicht glaubhaft sei, andererseits aber bezüglich der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung, dass P1 keine Verfolgungsgründe vorgebracht habe. Diese Feststellungen passen aber nicht zum Wortlaut des § 18 Abs. 1 Z 4 BFA-VG, in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, wonach "der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat". Hätte die Erstbeschwerdeführerin tatsächlich gemäß § 18 Abs. 1 Z 4 BFA-VG, in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, keine Verfolgungsgründe vorgebracht, hätte sich das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in gegenständlichen Bescheiden nicht mit der Glaubwürdigkeit der Ausreisegründe und deren Asylrelevanz auseinandersetzen müssen; was es jedoch gemacht hat. Dazu kam, dass in den Beschwerden eine unrichtige Beweiswürdigung und Sachverhaltsfeststellungen behauptet und die Anberaumung einer Beschwerdeverhandlung beantragt wurde. Zur Abklärung des maßgeblichen Sachverhaltes war für den 09.04.2018 eine Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht anberaumt worden, zu welcher P1, zugleich auch als gesetzliche Vertreterin von P2 und P3, sowie das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl schriftlich geladen wurden. Da vor dieser erst für den 09.04.2018 anberaumten Beschwerdeverhandlung (noch) nicht abschließend beurteilt werden konnte, ob eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführer in ihren Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten könnte, gemäß der oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aber das Bundesverwaltungsgericht seine Entscheidung betreffend die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß den Vorgaben des § 18 Abs. 5 BFA-VG, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, jedenfalls binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerden zu treffen hat, waren die Spruchpunkte IV. der Bescheide ersatzlos zu beheben.

Zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes wurde für den 09.04.2018 eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht anberaumt. Es erschienen P1 sowie deren Vertreterin. Das ordnungsgemäß geladene Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hatte sich bereits in den Beschwerdevorlagen für Verhandlungen entschuldigt und ein weiteres Mal mit Schreiben vom 19.02.2018. In der Verhandlung wurden die Quellen der zur Entscheidungsfindung herangezogenen Länderinformationen dargetan. Die Beschwerdeführerin verzichtete auf Einsichtnahme und Ausfolgung.

3.) Mit Erkenntnis vom 09.05.2018, Zl. W215 2185554-1/14E u.a. wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerden als unbegründet ab und legte die Frist für die freiwillige Rückkehr mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest. Dies mit folgender Begründung:

1. Feststellungen:

1. Die Identität von P1 konnte festgestellt werden, jene von P2 und P3 nicht. Alle Beschwerdeführer sind Staatsangehörige der Republik Kasachstan, lebten in XXXX , gehören der Volksgruppe der Russen an und sind orthodoxen Glaubens. P1 bis P3 reisten illegal in das österreichische Bundesgebiet und P1 stellte für sich und P2 bis P3 am 02.07.2015 Anträge auf internationalen Schutz.

2. Das Vorbringen von P1 zu den Gründen für die Ausreise aus ihrem Herkunftsstaat ist nicht glaubhaft. Es kann nicht festgestellt werden, dass P1 bis P3 in der Republik Kasachstan einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt waren oder sein werden.

3. In den gegenständlichen Verfahren können keine stichhaltigen Gründe für die Annahme festgestellt werden, dass die gesunden P1 bis P3 im Fall ihrer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Republik Kasachstan einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe oder sonst einer konkreten individuellen Gefahr ausgesetzt sein würden.

P1 hat im Herkunftsstaat eine akademische Ausbildung als Juristin abgeschlossen und bis kurz vor der Ausreise in diesem Beruf gearbeitet. Sie war vor ihrer Ausreise immer in der Lage für ihren Lebensunterhalt und den von P2 und P3 in der Republik Kasachstan zu sorgen. P2 und P3 mussten nie Hunger leiden und hatte immer eine Unterkunft. Der Vater von P2 und P3, mit dem P1 bis P3 bis zur Ausreise im gemeinsamen Haushalt gelebt haben, lebt nach wie vor im Herkunftsstaat und hat auch schon vor der Ausreise immer zum Unterhalt der Kinder beigetragen bzw. zahlte er laufend pünktlich Alimente. Der Vater der minderjährigen P2 und P3 hat den Wunsch den Kontakt zu P2 und P3 aufrecht zu halten.

4. In Österreich leben keine Verwandten. P1 hat Sprachprüfungen A1 und A2 absolviert und besucht derzeit einen Sprachkurs B1 Teil 1. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht konnte sich P1 dennoch nur gebrochen auf Deutsch verständigen. Die schulpflichtigen P2 und P3 besuchen derzeit die Schule. Alle Beschwerdeführer beziehen Leistungen aus der Grundversorgung. Nicht festgestellt werden kann eine ausgeprägte und verfestigte entscheidungserhebliche individuelle Integration der Beschwerdeführer in Österreich. Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für eine "Aufenthaltsberechtigung besondere Schutz" kamen nicht hervor.

5. Zur aktuellen Lage im Herkunftsstaat der Beschwerdeführer wird festgestellt:

Politische Lage

Die Republik Kasachstan hatte im Juli 2016 mehr als 18,3 Millionen Einwohner (CIA Factbook Stand 02.04.2018). Kasachstan ist mit einer Fläche von 2.724.900 km² der neuntgrößte Staat der Erde (LIP Überblick März 2018). Das unabhängige Kasachstan hatte sich 1993 seine erste - parlamentarische - Verfassung gegeben. Schon 1995 wurde sie ersetzt durch eine neue Konstitution, die orientiert an der französischen, einen starken Präsidenten etabliert. Durch mehrere Verfassungsänderungen wurden dessen Kompetenzen auf Kosten von Regierung und Parlament noch erweitert (Anfang 2017 erstmals in wenigen Punkten eingeschränkt). Der Präsident bestimmt die Richtlinien der Politik und hat weitgehende Rechte bei der Besetzung wichtiger Ämter. Er hat das Vorschlagsrecht für den Premier- und die wichtigsten Minister, und ernennt und entlässt die Regierung, wie auch die Akime (Gouverneure) der Gebiete des Landes. Der Präsident hat das Recht das Parlament aufzulösen und ist Oberbefehlshaber der Armee. Grundsätzlich besteht eine Begrenzung auf zwei Amtszeiten. Für den jetzigen und bisher einzigen Präsidenten des unabhängigen Kasachstan, Nursultan Nasarbajew, gelten allerdings Sonderregelungen. Der Präsident wird vom Volk gewählt. Die Regierung ist dem Präsidenten gegenüber verantwortlich und rechenschaftspflichtig gegenüber dem Parlament. Ihre Struktur wurde bereits mehrfach verändert, zuletzt im September 2016, seitdem gibt es 14 Minister. Das Parlament besteht seit 1995 aus zwei Kammern:

dem Senat und der Madschilis. Der Senat hat 47 Sitze. 15 Senatoren werden direkt vom Präsidenten ernannt, 32 von den Volksvertretungen der Gebiete für sechs Jahre gewählt. Die Madschilis, das Unterhaus des Parlamentes, hat 107 Sitze. 98 Abgeordnete werden alle fünf Jahre nach Parteilisten von der Bevölkerung gewählt, neun Sitze von der Versammlung des Volkes Kasachstans, einer speziellen Vertretung der vielen Nationalitäten des Landes, besetzt. Nach der Verfassung haben beide Kammern des Parlaments einige gemeinsame Kompetenzen (z.B. Bestätigung von Verfassungsänderungen, Annahme des Haushalts), viele weitere sind getrennt. Faktisch folgen beide den Wünschen des Präsidenten. Höchstes Organ der Judikative ist das Oberste Gericht, höchstes Organ für staatliche Sicherheit der Nationale Sicherheitsrat. Schon nach den Buchstaben der Verfassung hat der Präsident weitgehende Vollmachten, de facto bestimmt er die Politik des Landes. Eine Teilung der Gewalten ist nicht gegeben. Kasachstan hat eine regionale Verwaltungsgliederung von der Sowjetunion geerbt. Nach mehreren Verwaltungsreformen und Zusammenlegungen hat das Land heute 14 Gebiete und zwei Städte von republikweiter Bedeutung (Astana, Almaty). Bei der Größe des Landes unterscheiden sich die natürlichen wie sozioökonomischen Verhältnisse in den einzelnen Gebieten stark. Flächenmäßig am größten ist das Gebiet Karaganda (428.000 km²), die höchste Bevölkerungsdichte hat Südkasachstan (2.788.000 Einwohner, =19,5/km²). Den Gebieten steht ein vom Präsidenten eingesetzter Akim (Gouverneur) vor. Die Gebietsparlamente werden von der Bevölkerung gewählt (LIP Geschichte und Staat März 2018). Vorgezogene Präsidentschaftswahlen fanden am 26.04.2015 statt. Die Wahlbeteiligung lag bei 95,11%. Staatspräsident Nasarbajew gewann die Wahl laut kasachischen Angaben mit 97,7% der Stimmen. Es gab innerhalb der gelenkten politischen Opposition keine ernstzunehmenden Gegenkandidaten. Die nächsten

Präsidentschaftswahlen finden regulär 2020 statt. Präsident Nasarbajew ist die beherrschende Führungspersönlichkeit Kasachstans. Der straffe Führungsstil des Präsidenten begrenzt die Entfaltung demokratischer Rechte und Freiheiten. Regierung und Administration obliegt es, die vom Präsidenten definierte Politik umzusetzen. Die beiden Häuser des Parlaments orientieren sich stark am Willen des Präsidenten. Von einer echten Opposition kann in Kasachstan nicht gesprochen werden (AA Innenpolitik März 2018).

Kasachstan ist auch aktives Mitglied in einer Vielzahl internationaler Organisationen wie der UN und ihren Unterorganisationen, (seit 01.01.2017 mit einem nichtständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat), der ECO, der OSCE (Vorsitz 2010) und der OIC (Vorsitz 2011). Nach langjährigen Verhandlungen wurde Kasachstan am 30.11.2015 Mitglied der WTO. Im eurasischen Raum gehört es folgenden Bündnissen an: GUS, Shanghai Cooperation Organisation (SCO), Collective Security Treaty Organization (CSTO), Eurasian Economic Union (LIP Geschichte und Staat März 2018).

Russland spielt in der kasachstanischen Außenpolitik eine ganz besondere Rolle; zwar hat es im bilateralen Verhältnis immer wieder kleinere Probleme gegeben, die kasachstanische Elite ist aber grundsätzlich Russland freundlich. Die Vorgänge in der Ukraine seit dem Frühjahr 2014 stellen aber ganz neue Herausforderungen. Kasachstan sieht sich jetzt nicht mehr nur mit Überlegungen einzelner russischer Nationalisten über eine ethnische oder historische Zugehörigkeit seines Nordens zur Russischen Föderation konfrontiert, sondern das Beispiel der Annexion der Krim und Äußerungen des russischen Präsidenten werden in Kasachstan ebenfalls als Gefahr für seine territoriale Integrität und Staatlichkeit wahrgenommen - und als Problem für die bewährte Multi-Vektoren-Politik. Die noch aus der Sowjetzeit stammenden und seither an die Russische Föderation verpachteten militärischen Testgelände in der kasachischen Steppe werden nach und nach geschlossen. Manche Beobachter sehen das Kaspische Meer als Zone einer neuen militärischen Konkurrenz beider Staaten, bzw. befürchten eine Militarisierung des Gewässers, andere befürchten im Gegenteil mangelnden Schutz vor Terroranschlägen auf die Erdölförderanlagen. Das Ergebnis der bisherigen Verhandlungen über den Status des Gewässers wird ebenfalls widersprüchlich eingeschätzt. Auch grundsätzlich wird der russische Einfluss in Kasachstan recht unterschiedlich bewertet: tendenziell hoch, vor allem, aber nicht nur, auf die Russen des Landes oder aber (bedauerlicherweise) schwindend. Kasachstans Mitgliedschaft in der vom russischen Präsidenten Putin initiierten Eurasischen Wirtschaftsunion als Nachfolger der Zollunion wurde vorab in der kasachstanischen Öffentlichkeit kritisch bewertet, (die breite Bevölkerung soll aber trotz vieler Probleme hinter diesem Schritt stehen [LIP Geschichte und Staat März 2018]).

(CIA, Central Intelligence Agency, The World Factbook, Kazakhstan, last update 02.04.2018,

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/kz.html

Überblick, letzte Aktualisierung März 2018, abgefragt am 26.04.2018, https://www.liportal.de/kasachstan/ueberblick

AA, Auswärtiges Amt, Kasachstan, Innenpolitik, Stand März 2018, abgefragt am 26.04.2018, http://www.auswaertiges-LIP, Liportal, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), Kasachstan, Geschichte und Staat, letzte Aktualisierung März 2018, abgefragt am 26.04.2018,

https://www.liportal.de/kasachstan/geschichte-staat)

Sicherheitslage

Die Sicherheitslage in Kasachstan kann im Vergleich zu den Nachbarländern als stabil bezeichnet werden (BMEIA Stand 25.04.2018).

Die politische und soziale Lage kann als stabil bezeichnet werden. Lokal begrenzte gewaltsame Demonstrationen können aber vorkommen, vor allem im Westen des Landes, wo sich die Erdölfelder befinden. Meiden Sie im ganzen Land Kundgebungen jeder Art (EDA 26.04.2018).

Seit 2014 spürt das Land eine in diesem Ausmaß unerwartete Wirtschaftskrise, ausgelöst durch die Probleme der russischen Wirtschaft und den global sinkenden Ölpreis. Als Reaktion wurde im November 2014 die Strategie Nurly Zhol (Heller Weg) verkündet, die vor allem mit Infrastrukturmaßnahmen die Wirtschaft ankurbeln wollte, natürlich sind aber auch Sparmaßnahmen - bis hin zu den Brotpreisen - erforderlich. Nach seiner Wiederwahl verkündete Nasarbajew im Mai 2015 einen Plan der 100 (Reform)Schritte in fünf Bereichen: Bildung eines effektiven Staatsapparates, Sicherstellung der Rechtsstaatlichkeit, Förderung von Industrialisierung und Wirtschaftswachstum, Entwicklung von nationaler Identität und Einigkeit sowie Erhöhung der Rechenschaft der Regierung. Die derzeitigen innen- wie außenpolitischen Herausforderungen sind gewaltig, die Ereignisse des Frühjahrs 2016 müssen die Führung beunruhigen. Die Bevölkerung, die lange erstaunlich gelassen auf die Krise und ihre Folgen reagiert hatte, ging, ausgelöst durch das Projekt eines neuen Landgesetzes, erstmals in relativ großer Zahl und in diversen Provinzstädten auf die Straße. Der Staat reagierte wie gewohnt mit Verhaftungen, Beschuldigungen und harten Urteilen, sah sich aber auch gezwungen, das Gesetzesprojekt einzufrieren. Unmittelbar nachdem so die Ruhe wieder hergestellt war, fanden in Aktobe im Westen Kasachstans, wo auch die Proteste gegen das Gesetz ihren Ausgang genommen hatten, zeitgleich mehrere Terroranschläge statt. Die Regierung wurde offensichtlich völlig von den Ereignissen überrascht und macht eine größere salafitische Terrorzelle dafür verantwortlich. Auch wenn offiziell versichert wird, man habe die Lage im Griff, bleibt die Situation im Westen - und vermutlich auch in der Führung des Landes - angespannt. Dies umso mehr, als am 18.07.2016 die innere Ruhe schon wieder erschüttert wurde als ein offenbar islamistischer Einzeltäter mit krimineller Vergangenheit bewaffnet eine Polizeistation in Almaty stürmte und fünf Menschen tötete. Schon im Herbst 2016 wurden die Tatverdächtigen zu harten Strafen verurteilt: Im Falle der Anschläge von Aktobe wurden Freiheitsstrafen von bis zu 25 Jahren wegen Terrorismus verkündet, der Attentäter von Almaty wurde wegen Terrorismus sogar zum Tode verurteilt. Da in Kasachstan ein Moratorium für die Todesstrafe gilt, wird die Strafe wohl in lebenslänglich umgewandelt. Doch fordern derzeit mehrere Politiker und Juristen den Vollzug der Todesstrafe im Falle von Terrorismus. Das Jahr 2017 hat keine neuen islamistischen Anschläge gebracht, aber Arbeiter haben an mehreren Orten versucht, mit Streiks ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen - und wurden dafür juristisch belangt. Sicherheitspolitische Maßnahmen wie auch die sozioökonomische und geopolitische Lage des Landes zu Beginn des Jahres 2018 werden leicht skeptisch und als im Wartestand vor zu erwartenden größeren Veränderungen nach dem Ende der Ära Nasarbajew gesehen (LIP Geschichte und Staat März 2018).

Auch in Kasachstan gibt es vereinzelte terroristische Angriffe, zuletzt im Sommer 2016 auf ein Waffengeschäft in Aktobe und auf eine Polizeistation in Almaty (AA Reise- und Sicherheitshinweise 26.04.2018).

(BMEIA, Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten Reiseinformation Kasachstan, Sicherheit und Kriminalität, unverändert gültig seit 25.04.2018, Stand 26.04.2018, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/kasachstan

EDA, Schweizerische Eidgenossenschaft, Eidgenössisches Department für Auswärtige Angelegenheiten, Reisehinweise für Kasachstan publiziert am 22.03.2017, gültig am 26.04.2018, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und-reisehinweise/kasachstan/reisehinweise-fuerkasachstan.html

LIP, Liportal, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), Kasachstan, Geschichte und Staat, letzte Aktualisierung März 2018, abgefragt am 26.04.2018, https://www.liportal.de/kasachstan/geschichte-staat

AA, Auswärtiges Amt, Kasachstan, Reise- und Sicherheitshinweise, unverändert gültig seit 09.03.2018, Stand 26.04.2018, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/KasachstanSicherheit_node.htmll)

Justiz

Im Rechtsbereich kommen nach wie vor Korruption und politische Intervention vor. Im Strafverfahren werden häufig Verfahrensregeln verletzt. Reformanstöße von innen und außen werden zögernd angenommen und umgesetzt (AA Innenpolitik März 2018). Die Gesetze sehen keine unabhängige Justiz vor. Die Exekutive beschränkt stark die richterliche Unabhängigkeit. Staatsanwälte genießen eine quasi-richterliche Rolle und haben die Befugnisse gerichtliche Entscheidungen auszusetzen. Korruption ist in allen Ebenen der Gerichtsverfahren offensichtlich. Obwohl Richter zu den bestbezahlten Beamten gehören, behaupten Rechtsanwälte und Menschenrechtsbeobachter, dass Richter, Staatsanwälte und andere Behördenmitarbeiter Bestechungsgelder im Austausch für erwünschte Entscheidungen in vielen Straf- und Zivilverfahren annehmen. Moriak Shegenov, Vorsitzender des höchstgerichtlichen Ethikgremiums sagte auf einer erweiterten Konferenzsitzung des Obersten Gerichtshofes am 24.07.2017, dass zwei Richter für schwere Verbrechen zur Verantwortung gezogen werden: Einer für die Annahme von Bestechungsgeldern und der andere für die bewusste Erlassung eines rechtswidrigen Urteils. Während dem ersten Halbjahr 2017 wurden 32 Richter wegen Verstößen gegen die gerichtliche Ethik bestraft: Zwölf Richter wurden verwarnt, vierzehn gerügt und sechs wurden entlassen. Militär- und Zivilgerichte wenden dasselbe Strafgesetz an (USDOS 20.04.2018).

Höchstes Organ der Judikative ist das Oberste Gericht. Nachdem die Finanzkrise 2008 noch ohne größere Erschütterungen bewältigt werden konnte, wurde das verbreitete Bild vom stabilen Kasachstan 2011 erstmals erschüttert. Zum einen gab es mehrere kleinere islamistisch-terroristische Anschläge, bis dahin hatte man das Land als von Islamismus nicht bedroht betrachtet. Zum anderen wurde ein monatelanger Streik von Erdölarbeitern in der Stadt Schanaosen im Gebiet Mangistau am Kaspischen Meer gewaltsam beendet, nachdem man fast neun Monate lang versucht hatte, das Problem auszusitzen, statt es zu lösen. Ablauf und Verantwortlichkeiten sind nach wie vor unklar, klar ist, dass Sicherheitskräfte am 16.12.2011 unerwartet gegen die auf dem Hauptplatz der Stadt versammelten Streikenden und ihre Angehörigen losgingen, Schüsse fielen und mehrere Menschen zu Tode kamen. Die Führung des Landes reagierte auf diese Ereignisse mit Maßnahmen, die zu einer erheblichen Verschärfung des innenpolitischen Klimas führten. Die gerichtliche Aufarbeitung der Vorgänge wirkte einseitig. Oppositionspolitiker, Journalisten sowie Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, wie auch der bekannte Theatermacher Bulat Atabajew, die sich im Fall Schanaosen engagiert hatten, wurden verhaftet und strafrechtlich verfolgt. Ob sich die sozioökonomischen Ursachen der Unruhen vor Ort zum Besseren verändert haben, ist umstritten. Gesamtstaatlich reagierte die Führung des Landes, d.i. Präsident Nasarbajew, auf diese Herausforderungen mit neuen Programmen und Gesetzen, am bekanntesten die Strategie 2050. 2013 wurde ein neues Anti-Terror-Gesetz, gefolgt von einer Anti-Terror-Strategie, verabschiedet. Verschärfungen des Strafrechts beunruhigen Menschenrechtler, weil sie die Grundrechte verletzt und die Tätigkeit von NGOs bedroht sehen (LIP Geschichte und Staat März 2018).

(AA, Auswärtiges Amt, Kasachstan, Innenpolitik, Stand März 2018, abgefragt am 26.04.2018,

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Kasachstan/Innenpolitik_node.html

USDOS, United States Department of State, Country Report on Human Rights Practices 2017, Kasachstan, 20.04.2018, https://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/2017/sca/277283.h

LIP, Liportal, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), Kasachstan, Gesellschaft, letzte Aktualisierung März 2018, abgefragt am 26.04.2018, https://www.liportal.de/kasachstan/gesellschaft)

Sicherheitsbehörden

Das kasachische Innenministerium beaufsichtigt die nationale Polizei, die vor allem für die nationale Sicherheit verantwortlich ist, inklusive Strafverfolgung, Verbrechensverhinderung, Verwaltungsübertretungen und Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit. Die Agentur für Angelegenheiten des öffentlichen Dienstes und Antikorruption hat Kompetenzen in den Bereichen Verwaltungs- und Strafrechtsverfolgung. Das Komitee für nationale Sicherheit (KNB) spielt eine wichtige Rolle in den Bereichen Grenzsicherheit, innere und nationale Sicherheit, Antiterrorkampf und bei der Ausforschung und dem Verbot von illegalen oder nicht registrierten Gruppen, wie z. B. extremistische und militärische Gruppierungen, politische Parteien, religiöse Gruppierungen und Gewerkschaften. Am 04.07.2017 hat Präsident Nasarbajew Gesetzesänderungen zur Reform der Strafverfolgungsbehörden unterzeichnet, darunter eine welche den KNB ermächtigt Korruption bei Offizieren des Geheimdienstes, im Antikorruptionsbüro und beim Militär zu untersuchen. KNB, Syrbar (Auslandsgeheimdienst) und die Finanz- und Antikorruptionspolizei berichten direkt dem Präsident. Viele Regierungsminister unterhalten persönliche Internetforen, in denen Bürger Beschwerden einbringen können. Obwohl die Regierung einiges unternommen hat um Beamte zu verfolgen die Missbrauch begehen, existiert immer noch Straflosigkeit, besonders wenn es um Korruption geht oder die Betroffenen persönliche Beziehungen mit Staatsdienern pflegen. Personen, die verhaftet, angehalten oder beschuldigt werden eine Straftat begangen zu haben, haben von Anfang an das Recht auf einen Anwalt. Die Polizei darf einen Gefangenen bis zu 72 Stunden vor Anklageerhebung anhalten. Laut Menschenrechtsaktivisten werden die Verfahrensvorschriften regelmäßig ignoriert (USDOS 20.04.2018).

(USDOS, United States Department of State, Country Report on Human Rights Practices 2017, Kasachstan, 20.04.2018, https://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/2017/sca/277283.htm)

Folter und unmenschliche Behandlung

Eine kürzlich erfolgte Verfassungsänderung sieht vor, dass der Ombudsmann für Menschenreichte vom Senat ausgewählt wird, dennoch wurde der derzeitige Ombudsmann vom Präsident ernannt. Der Ombudsmann für Menschenrechte fungiert auch als Vorsitzender des Koordinationsrates des Nationalen Präventionsmechanismus gegen Folter (NPM). Das Gesetz verbietet Folter; dennoch sollen Polizei- und Strafvollzugsbeamten Inhaftierte gefoltert und missbraucht haben. Der nationale Präventivmechanismus (NPM) gegen Folter trat 2014 in Kraft, als der Premierminister Vorschriften unterzeichnete, welche die Überwachung von Institutionen ermöglichen. Einige Beobachter meinten, dass die NPM Mitarbeiter nicht genügende Wissen und Ausbildung hätten um Anzeichen von Folter zu erkennen. Der NPM gehört zum Büro des Ombudsmanns für Menschenrechte, ist aber dennoch nicht unabhängig von der Regierung. (USDOS 20.04.2018).

Eine Änderung im Strafgesetz sieht eine erhebliche Erhöhung des Strafrahmens im Fall von Folter vor. Gemäß § 146 wurde die Höchststrafe von 926.000 Tenge ($ 5.000) auf 9,26 Millionen Tenge ($ 50.000) erhöht; sollte Folter zum Tod führen ist ein Strafrahmen von 12 Jahren Haft vorgesehen. Während des Jahres 2014 wurde der Nationaler Präventionsmechanismus (NPM) gegen Folter in Kraft gesetzt. Der Menschenrechtsombudsmann und Vorsitzender des NPM Koordinationsrates Askar Shakirov berichtete von neu gegründeten NPM Gruppen, welche unter signifikanter Bürgerbeteiligung im Jänner ihre Arbeit auf Grund eines Arbeitsplans von 2014 bis 2016 begannen; letzterer beinhaltet einen Zeitplan und eine Liste von zu überprüfenden Behörden. Ein Tätigkeitsbericht wird zum Ende des Jahres erwartet (USDOS erstellt 2015). Laut der NGO Internationales Büro für Menschenrechte und Rechtstaatlichkeit Kasachstan, langten in den ersten acht Monaten des Jahres 2015 67 Beschwerden über Folter und Misshandlungen ein. Die Koalition von NGOs gegen Folter hat 45 Beschwerden über Folter in den ersten sechs Monates des Jahres aufgenommen. Das Komitee für staatliche Statistiken der Generalstaatsanwaltschaft berichtete während der ersten acht Monate des Jahres über 116 wegen Folter eingegangener Beschwerden (USDOS erstellt 2016). Der Menschenrechteombudsmann hat während des Jahres 2016 96 Beschwerden wegen behaupteter Folter, Gewalt, grausamer und erniedrigender Behandlung und Strafen erhalten (USDOS März 2017). Im Jahr 2017 waren es 106 Beschwerden zu Vorfällen aus dem Jahr 2016 (USDOS 20.04.2018).

(USDOS, United States Department of State, Country Report on Human Rights Practices 2015, erstellt 2016, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2015&dlid=252893#wrapper

USDOS - U.S. Department of State, Country Report on Human Rights Practices for 2014, erstellt 2015, http://www.ecoi.net/local_link/270744/400853_de.html

USDOS, United States Department of State, Country Report on Human Rights Practices 2016, erstellt März 2017, https://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm#wrapper

USDOS, United States Department of State, Country Report on Human Rights Practices 2017, Kasachstan, 20.04.2018, https://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/2017/sca/277283.htm)

Korruption

Die Agentur für Angelegenheiten des öffentlichen Dienstes und Antikorruption hat Kompetenzen in den Bereichen Verwaltungs- und Strafrechtsverfolgung. Die Finanz- und Antikorruptionspolizei berichtet direkt dem Präsidenten (USDOS 20.04.2018).

Am 23.04.2014, hat in Almaty die erste bundesweite Antikorruptionsbehörde ihre Tore für Studenten, Vertreter von Privatrechtsorganisationen, Journalisten und alle Staatsangehörige, die lernen wollen wie man im täglichen Leben gegen Korruption vorgeht, geöffnet (TI 23.04.2014). Im Corruption Perceptions Index 2016 von Transparency International lag Kasachstan auf Platz 131 von 176 bewerteten Ländern (TI Index 2016). Im Index 2017 auf Platz 122 von 180 bewerteten Ländern (TI Index 2017).

Im Rechtsbereich kommen nach wie vor Korruption und politische Intervention vor (AA Innenpolitik März 2018).

(AA, Auswärtiges Amt, Kasachstan, Innenpolitik, Stand März 2018, abgefragt am 26.04.2018,

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Kasachstan/Innenpolitik_node.html

TI, Transparency International, 23.04.2014, http://www.transparency.org/news/pressrelease/anti_corruption_school_opens_its_doors_in_almaty_kazakhstan

TI, Transparency International, Corruption Perceptions Index 2016, http://www.transparency.org/country/KAZ

TI, Transparency International, Corruption Perceptions Index 2017, http://www.transparency.org/country/KAZ

USDOS, United States Department of State, Country Report on Human Rights Practices 2017, Kasachstan, 20.04.2018, https://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/2017/sca/277283.htm)

Nichtregierungsorganisationen (NGOs)

Nichtregierungsorganisationen sind im ganzen Land aktiv, wobei Almaty einen örtlichen Schwerpunkt bildet. Die Finanzierung erfolgt überwiegend aus dem Ausland (zum Beispiel Freedom House, Soros-Stiftung oder staatliche Stellen) oder durch die kasachische Regierung. Nichtregierungsorganisationen erhalten in Kasachstan nur dann staatliche Zuwendungen, wenn sie von den Behörden gestellte Aufgaben erfüllen (AA Innenpolitik März 2018).

Eine Reihe von nationalen und internationalen Menschenrechtsgruppen konnten mit einem gewissen Grad an Freiheit Fälle von Menschenrechtsverletzungen untersuchen und ihre Ergebnisse veröffentlichen; dennoch gibt es immer noch einige Beschränkungen bezüglich der Aktivitäten von Menschenrechts-NGOs. Internationale und örtliche Menschenrechtsgruppen berichteten, dass die Regierung NGO-Aktivitäten überwacht wenn es um sensible Themen geht, einschließlich Polizeibesuchen in NGO Büros und Belästigung von NGO Mitarbeitern und Familienmitgliedern. Regierungsbeamte sind oft nicht kooperativ oder reagierten nicht auf deren Anliegen. KIBHR, Kadyr Kassiyet, Legal Media Center und PRI gehören zu den am aktivsten in Erscheinung tretenden Menschenrechts-NGOs. Einige NGOs haben gelegentliche Schwierigkeiten beim Erlangen von Büroflächen und technischen Hilfsmitteln. Regierungschefs beteiligten sich, unter Einbeziehung von NGOs, an Gesprächen am runden Tisch und Veranstaltungen zum Thema Demokratie und Menschenrechte (USDOS 20.04.2018).

(AA, Auswärtiges Amt, Kasachstan, Innenpolitik, Stand März 2018, abgefragt am 26.04.2018,

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Kasachstan/Innenpolitik_node.html

USDOS, United States Department of State, Country Report on Human Rights Practices 2017, Kasachstan, 20.04.2018, https://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/2017/sca/277283.htm)

Menschenrechte, Meinungs- und Versammlungsfreiheit

Die aktuelle Menschenrechtslage in Kasachstan ist nicht zufriedenstellend und bleibt hinter internationalen Standards und Verpflichtungen zurück. Der jüngste regelmäßig stattfindende EU (Europäische Union)-KAZ-Menschenrechtsdialog fand am 29.11.2017 statt (AA Innenpolitik März 2018).

Obwohl Menschenrechtsorganisationen die Situation in Kasachstan nicht nur wegen der Einschränkungen der Pressefreiheit und den Zuständen in der Erdölindustrie schon lange kritisiert hatten, wurde das Land am 12.11.2012 von der UN-Vollversammlung mit überwältigender Mehrheit für die Zeit von 2013-15 in den UN-Menschenrechtsrat gewählt. Die Menschenrechtssituation hat sich seither nicht verbessert, AI erhebt schwere Vorwürfe gegen Sicherheitsorgane - bis hin zu Folter (LIP Geschichte und Staat März 2018).

In Kasachstan wird eine Vielzahl kasachischer und russischer staatlicher und privater Fernseh- und Radiokanäle empfangen; dabei spielen russische Medien noch immer eine zentrale Rolle in Kasachstan und sind für die Mehrheit der Bevölkerung Hauptinformationsquelle. Der Printbereich ist weniger bedeutend. Im Internet gibt es ein breites, wachsendes Angebot (AA Kultur und Bildung Oktober 2017). Nach offiziellen Angaben gab es 2016 in Kasachstan 2.673 Massenmedien (Zeitungen und Zeitschriften, Radio- und Fernsehsender, Informationsagenturen, Internetmedien). 27% davon erscheinen auf Kasachisch, fast 39% auf Russisch, 27% in beiden Sprachen. Daneben gibt es auch Medien in mehreren Minderheitensprachen Daneben gibt es auch Medien in mehreren Minderheitensprachen. Dennoch hat Kasachstan kein stark entwickeltes oder gar buntes Medienspektrum. Die Masse der Printmedien ist nur von lokaler oder regionaler Bedeutung, erscheint in geringer Auflage und ist von noch geringerem journalistischem Niveau (LIP Geschichte Staat März 2018).

Die Meinungs- und Medienfreiheit wird rechtlich und faktisch erheblich eingeschränkt. Aktuell ist großangelegter und umstrittener Mediengesetzgebungsreformprozess im Gange, welcher Ende Dezember 2017 abgeschlossen wurde. Der Großteil der Medien wird direkt oder indirekt staatlich finanziert- ca. 90 % der kasachischen Medien befinden sich unter direkter oder indirekter staatlicher Kontrolle. Dadurch kommt es häufig trotz verfassungsmäßig garantierter Pressefreiheit zu Selbstzensur (AA Innenpolitik März 2018; AA Kultur und Bildung Oktober 2017). Oft wurden Organisatoren nicht verbotener Zusammenkünfte, darunter auch Parteitreffen, von Behörden kurzzeitig angehalten und bestraft. Die NGO KIBHR, die Demonstrationen in neun Städten überwachte, berichtet von 19 friedlichen Demonstrationen während des Jahres 2016, bei keiner gab es seitens der Regierung Sanktionen (USDOS 20.04.2018). Die Versammlungsfreiheit wird restriktiv gehandhabt (AA Innenpolitik März 2018).

(LIP, Liportal, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), Kasachstan, Geschichte und Staat, letzte Aktualisierung März 2018, abgefragt am 26.04.2018, https://www.liportal.de/kasachstan/geschichte-staat

USDOS, United States Department of State, Country Report on Human Rights Practices 2017, Kasachstan, 20.04.2018, https://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/2017/sca/277283.htm

AA, Auswärtiges Amt, Kasachstan, Innenpolitik, Stand März 2018, abgefragt am 26.04.2018,

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Kasachstan/Innenpolitik_node.html

AA, Auswärtiges Amt, Kasachstan, Kultur und Bildung, Stand Oktober 2017, abgefragt am 26.04.2018,

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Kasachstan/Kultur-Bildung_node.html)

Haftbedingungen

Neben der Ausweitung von Bewährungsstrafen kommen auch elektronische Fesseln vermehrt zur Anwendung. Diese werden verwendet um drei Kategorien von Verurteilten zu überwachen: jene, die zu einer Einschränkung der Bewegungsfreiheit oder zu bedingten Haftstrafen verurteilt und jene, die auf Bewährung entlassen wurden. Offiziell werden die Maßnahmen als Teil der Humanisierung des Strafrechts, aber auch als Mittel zur Reduzierung der Häftlingszahlen und damit verbunden zur Kostenersparnis betrachtet (AT 13.01.2015). Die Bedingungen in den Gefängnissen sind in der Regel hart und manchmal lebensbedrohlich und Einrichtungen entsprechen nicht internationalen Gesundheitsstandards. Gesundheitliche Probleme unter Häftlingen bleiben in vielen Fällen unbehandelt oder werden durch die Haftbedingungen verschlechtert. Es gibt Missbrauchsfälle in Polizeigewahrsam, Einrichtungen für Untersuchungshaft und in Gefängnissen. Beobachter nennen als Hauptursache für Misshandlung den Mangel an professionellen Trainingsprogrammen für Verantwortliche (USDOS 20.04.2018).

(AT, The Astana Times, 13.01.2015, Kazakhstan Increases Use of Electronic Bracelet Monitoring Rather Than Prison, http://astanatimes.com/2015/01/kazakhstan-increases-use-electronic-bracelet-monitoring-rather-prison

USDOS, United States Department of State, Country Report on Human Rights Practices 2017, Kasachstan, 20.04.2018, https://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/2017/sca/277283.htm)

Todesstrafe

Die Todesstrafe ist seit 2003 per Moratorium ausgesetzt (AA Innenpolitik März 2018). In Kasachstan gilt seit 2003 ein Moratorium für die Todesstrafe. Alle bis dahin verhängten Todesurteile wurden in lebenslange Haftstrafen umgewandelt. Die Tatbestände für die Verhängung der Todesstrafe wurden durch Verfassungsänderung von 2007 auf zwei Fallgruppen - Terrorakte mit Todesfolge sowie besonders schwere Verbrechen zu Kriegszeiten - reduziert (Deutsche Botschaft in Astana, 26.04.2018).

(Deutsche Botschaft in Astana, Abschaffung der Todesstrafe und Implementierung alternativer Strafen, abgefragt am 26.04.2018, http://www.kasachstan.diplo.de/Vertretung/kasachstan/de/03-aussen-und-EU-politik/aussenpolitik/menschenrechte/projekte/20-todesstrafe.html

AA, Auswärtiges Amt, Kasachstan, Innenpolitik, Stand März 2018, abgefragt am 26.04.2018,

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Kasachstan/Innenpolitik_node.html)

Bevölkerung

Kasachstan ist nicht nur das neuntgrößte Land der Erde, sondern auf seinem Territorium leben auch Angehörige von 120 Nationalitäten. Entsprechend groß ist die Vielfalt der Sprachen, Religionen, Traditionen und Kulturen - auch wenn früher das "Sowjetische" unübersehbar war und heute zunehmend das "Kasachische" im Vordergrund steht. Dazu kommt, dass sich Lebensverhältnisse und Bevölkerungszusammensetzung in einzelnen Teilen des Landes unterscheiden, natürlich auch zwischen Stadt und Land und den Generationen daher können die folgenden Informationen nur eine grobe Vorstellung von DER Gesellschaft und Kultur Kasachstans geben. In Anlehnung an die offizielle Verwendung in Kasachstan ist hier von Kasachstanern die Rede, wenn alle Staatsbürger Kasachstans, gleich welcher Nationalität, gemeint sind, von Kasachen, wenn die dem Staat den Namen gebenden Kasachen im Fokus stehen. Die ethnische Vielfalt ist historisch relativ neu. Die Steppe war ursprünglich nur von den nomadisierenden Kasachen bewohnt. Ab der 2. Hälfte des 19. Jh. wanderten zunächst Land suchende russische Bauern ein, in der Sowjetzeit kamen Russen u.a. Nationalitäten des Sowjetreiches als Industriearbeiter in die Kasachische SSR. Durch die Deportation ganzer Völker, darunter auch der Wolga-Deutschen und von Koreanern und Tschetschenen unter Stalin wurde die nationale Zusammensetzung nochmals verändert. Die verschiedenen Ethnien waren und sind regional und sozial unterschiedlich verteilt: Russen und Ukrainer leben überwiegend im Norden des Landes und in den (Industrie)Städten, Kasachen und Angehörige anderer zentralasiatischen Nationalitäten stärker im Süden und auf dem Land, einige kleinere Volksgruppen lokal konzentriert. Nach der Unabhängigkeit hat es eine starke Emigration vieler nichtkasachischer Nationalitäten (Russen, Deutsche, Polen u.v.a.) gegeben, gleichzeitig kehrten Kasachen aus den ehemaligen Sowjetrepubliken, der Mongolei und China in ihre "historische Heimat" zurück. Beides zusammen hat zu einer starken Verschiebung der Bevölkerungszusammensetzung geführt: 1989 stellten die Kasachen 40% der Bevölkerung, die Russen 38%. 2011 waren es 63% Kasachen, 24% Russen(LIP Gesellschaft März 2018).

Die Russen leben überwiegend in den Städten und vor allem im an Sibirien grenzenden Norden des Landes. Durch die Ereignisse in der Ukraine reagiert das offizielle Kasachstan derzeit sehr nervös auf vereinzelte Forderungen nach Autonomie oder Anschluss an Russland. Offenbar ausgelöst durch die aktuelle Wirtschaftskrise ist seit 2015 eine neue Ausreisewelle von Russen zu beobachten. Von der Existenz der Deutschen, die 1989 mit knapp 9,6 Mio. Menschen die drittgrößte Nationalitätengruppe Kasachstans gebildet hatten, zeugen heute vielfach nur noch Ortsnamen und Erinnerungen, da sie inzwischen bis auf eine Gruppe von ca. 180.000 Personen nach Deutschland ausgesiedelt sind. Das Zusammenleben war seit der Unabhängigkeit nicht problemfrei, aber abgesehen von vereinzelt auftretenden kleinen, lokal begrenzten Auseinandersetzungen friedlich. Nicht nur in der Verfassung, sondern auch in der Realität genossen die Nationalitäten Schutz; Eintracht zwischen den Nationalitäten war ausdrückliches Politikziel. In den letzten Jahren lässt sich aber deutlich eine Kasachisierungstendenz erkennen. Kasachstan wird zunehmend nicht mehr als "gemeinsames Haus", sondern als Haus der Kasachen betrachtet. Da Präsident Nasarbajew sich als Garant des friedlichen Zusammenlebens der Nationalitäten generiert hat, erzeugt der Gedanke an einen Wechsel an der Spitze des Staates bei vielen nichtkasachischen Bürgern des Landes besondere Ängste. Manche Experten sehen nun aber gar nicht mehr interethnische Spaltungen als das Hauptproblem an, sondern regionale und soziale Unterschiede innerhalb der kasachischen Bevölkerungsgruppe. Russisch war in der Kasachischen SSR lingua franca; auch viele vor allem städtische Kasachen konnten kein Kasachisch mehr. Nach der Unabhängigkeit wurde Kasachisch in der Verfassung zur Staatssprache erhoben, Russisch erhielt aber eine herausgehobene Sonderrolle als Sprache der interethnischen Kommunikation. Der junge Staat schrieb sich von Anfang an die Förderung der kasachischen Sprache auf die Fahnen, in den ersten ca. 15 Jahren allerdings eher pro forma und mit wenig Erfolg, sprach doch ein großer Teil der Elite des Landes auch kein Kasachisch. In den letzten Jahren kann man aber auch in Großstädten wie Almaty immer mehr Kasachisch hören; die Kenntnis der Staatssprache ist Voraussetzung für eine Stelle im Staatsdienst. Die Forderungen der Verfechter der kasachischen Sprache werden immer lauter. Seit Jahresbeginn 2016 sind russische Kabelanbieter im kasachstanischen Netz nicht mehr zugelassen, was die russische Sprache noch mehr verdrängen wird; auch im Kino soll Kasachisch häufiger zu hören sein. Im Frühjahr 2017 sorgte eine Anordnung des Präsidenten zur Entwicklung einer lateinischen Schreibweise für das bislang mit kyrillischen Buchstaben geschriebene Kasachisch für neue Diskussionen über eine Verdrängung der russischen Sprache, wie auch über den Nutzen der kostspieligen Umstellung als solches. Der von Wissenschaftlern erarbeitete Vorschlag für eine Schreibung in lateinischen Buchstaben wurde noch viel heftiger diskutiert. Die Debatten fanden am 19.02.2018 ein unerwartetes Ende mit einem Dekret des Präsidenten über die Einführung einer veränderten = vereinfachten Schreibweise. Von Seiten Nasarbajews wird gleichzeitig die Kenntnis der englischen Sprache stark propagiert. (LIP Gesellschaft März 2018).

(LIP, Liportal, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), Kasachstan, Gesellschaft, letzte Aktualisierung März 2018, abgefragt am 26.04.2018, https://www.liportal.de/kasachstan/gesellschaft)

Religion

Anfang der neunziger Jahre führte die neue Religionsfreiheit, verbunden mit dem Ende der Sowjetideologie und den sozioökonomisch schweren Zeiten auch in Kasachstan zu einem Wiederaufleben der Religionen. Die Menschen konnten sich zu ihrem Glauben bekennen, es entstanden zahlreiche neue Gemeinden und Gotteshäuser. Alle Angaben über die Zahl der Gläubigen, egal welcher Glaubensrichtung sind aber bis heute Schätzungen und unterscheiden sich z.T. erheblich. Insgesamt sollen in Kasachstan mehr als 40 verschiedene Konfessionen vertreten sein. Die Kasachen sind muslimisch, genauso wie die Angehörigen der anderen in Kasachstan lebenden zentralasiatischen Nationalitäten (Usbeken, Kirgisen, Tadschiken, Turkmenen, Ujghuren, etc.). Doch spielte der Glaube historisch für die Kasachen eher eine untergeordnete Rolle und ging in Sowjetzeit noch mehr verloren. Wie bei der Kenntnis der kasachischen Sprache war auch das Verhältnis zum Glauben regional verschieden: im Süden und besonders auf dem Land noch vorhanden, im Norden kaum sichtbar. Heute ist Kasachstan laut Verfassung ein säkularer Staat, Religionsfreiheit sowie die Gleichberechtigung der Religionen sind garantiert. Voraussetzung für jede Tätigkeit ist die staatliche Registrierung, politisch-religiöse Vereinigungen sind verboten (LIP Gesellschaft März 2018). Die christliche russisch-orthodoxe Kirche hat im Staat besondere Bedeutung, erst vor zwei Jahren wurde etwa in Astana eine prächtige (von Gazprom gesponserte) russisch-orthodoxe Kathedrale neu eröffnet. In Karaganda wurde ebenfalls vor zwei Jahren eine (vorwiegend aus österreichischen Spendenmitteln finanzierte) katholische Kathedrale neu eröffnet. Man kann davon ausgehen, dass die ethnisch russische Minderheit (ca. 4 Millionen, knapp 30% der Bevölkerung) russisch-orthodox ist. Römisch-katholische Christen zählen etwa 150.000, sie sind v.a. Nachkommen nach Kasachstan exilierter/vertriebener Osteuropäer (v.a. Polen). Es kann keinesfalls von einer Verfolgung der christlichen Bevölkerungsgruppe in Kasachstan gesprochen werden (ÖB Astana 16.02.2015).

Durch die Emigration von vor allem Russen und Ukrainern ist die Zahl der nominell wie tatsächlich russisch-orthodoxen Gläubigen stark zurückgegangen. Gleiches gilt für Protestanten und Katholiken durch die Aussiedlung von Deutschen und Polen. Das Verhältnis zwischen Islam und christlichen Kirchen ist entspannt (LIP Gesellschaft März 2018).

Die Religionsfreiheit ist für traditionelle und nicht traditionelle Religionen weitgehend gewährleistet. Voraussetzung für die freie Religionsausübung ist zumeist eine staatliche Registrierung und Beachtung verschiedener Auflagen. In letzter Zeit kam es wiederholt zu international und national kritisierten juristischen Verfahren gegen Vertreter unterschiedlicher Religionen bzw. gegen Gemeinschaften. Die kasachische Regierung betont ausdrücklich die Bedeutung der religiösen Vielfalt. Die Mehrheit der kasachischen Bevölkerung und mehrerer Minderheiten sind Muslime. Den grenzüberschreitend operierenden islamistischen Fundamentalismus nimmt Kasachstan als Bedrohung wahr. Erstmals kam es im Jahre 2011 zu mehreren kleineren Terroranschlägen in Kasachstan mit ungeklärtem Hintergrund, hauptsächlich gegen Gebäude staatlicher Behörden. Im Zusammenhang damit wurde im Oktober 2011 ein neues Religionsgesetzes verabschiedet, um die Verbreitung extremistischer religiöser Strömungen einzudämmen. 2016 folgten zwei weitere, islamistisch motivierte Anschläge. Am 05.06.2016 wurden in Aktöbe bei einem Angriff auf zwei Waffengeschäfte und eine Militärbasis 25 Menschen getötet, darunter 18 Angreifer. Ein Anschlag am 18.07.2016 in Almaty forderte insgesamt zehn Opfer, ein Verdächtiger wurde getötet. Mehrere Verdächtige wurden in der Folge festgenommen und der Hauptangeklagte zum Tode verurteilt; die Todesstrafe ist jedoch seit 2003 per Moratorium ausgesetzt (AA Innenpolitik März 2018).

(AA, Auswärtiges Amt, Kasachstan, Innenpolitik, Stand März 2018, abgefragt am 26.04.2018,

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Kasachstan/Innenpolitik_node.html

Österreichische Botschaft Astana, 16.02.2015, Anfragebeantwortung Zahl Astana-ÖB/RECHT/0014/2015, via E-Mail

LIP, Liportal, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), Kasachstan, Gesellschaft, letzte Aktualisierung März 2018, abgefragt am 26.04.2018, https://www.liportal.de/kasachstan/gesellschaft)

Obsorgeverfahren

Im Gesetz ist keine Bevorzugung der Mutter vor dem Vater bei Entscheidungen hinsichtlich des Verbleibs der Kinder festgelegt. In Übereinstimmung mit § 68 Pkt. 1. Des Ehe- und Familiengesetzbuches der Republik Kasachstan haben die Elternteile gleiche Rechte und Pflichten hinsichtlich ihrer Kinder. Die Gerichtspraxis geht dahin, dass Richter Kinder häufiger bei der Mutter belassen, was auf objektive Gründe zurückzuführen ist, da diese Wahl in den meisten Fällen den Interessen des Kindes entspricht. Die Richter kommen üblicherweise zu dem Schluss, dass der Verbleib des Kindes mit der Mutter mehr im Interesse des Kindes entspricht, als der Verbleib mit dem Vater. Gewichtige Gründe, um der Klage des Vaters hinsichtlich des Verbleibs stattzugeben sind, antisoziale Lebensweise der Mutter, Alkoholismus, Drogenabhängigkeit, Vorstrafen,... (Accord Anfragebeantwortung Kasachstan, Obsorgeverfahren vom 29.06.2015, Zahl a-9207-3).

Bewegungsfreiheit

Die Gesetze garantieren landesweite Bewegungsfreiheit, erlauben Auslandsreisen, Emigration und Rückkehr. Trotz einiger rechtlicher Beschränkungen, werden diese Rechte im Allgemeinen von der Regierung respektiert (USDOS 20.04.2018).

(USDOS, United States Department of State, Country Report on Human Rights Practices 2017, Kasachstan, 20.04.2018, https://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/2017/sca/277283.htm)

Grundversorgung und Wirtschaft

Kasachstan ist groß - und die Bandbreite in Bezug auf Versorgungslage und Preise auch. In den großen Einkaufszentren von Almaty und Astana gibt es nichts, was es nicht gibt und das in großer Auswahl: (westliche) Luxuswaren, Gegenstände des täglichen Bedarfs, Lebensmittel (auch der uns bekannten Firmen). Auch Supermärkte und kleinere Läden bieten eine gute Auswahl, die jedoch selbst zwischen Filialen derselben Kette stark variieren kann. Das Gleiche gilt für Restaurants. Die Preise in Geschäften und Restaurants sind, wie die gesamten Lebenshaltungskosten, relativ hoch und in etwa mit denen europäischer Hauptstädte vergleichbar. Grundnahrungsmittel und vor allem lokal produziertes Obst und Gemüse kann man aber sehr günstig erwerben. Neben den uns vertrauten Geschäften gibt es meist mehr am Stadtrand aus Containerläden bestehende Märkte und - idyllischer - Grüne Basare, wo man auch typisch kasachische Lebensmittel, wie beispielsweise Kumys, probieren kann. Dort wird der Preis meist ausgehandelt. Die Auswahl in den Gebietsstädten ist in der Regel deutlich geringer, dafür sind es aber die Preise auch. Grundnahrungsmittel und beispielsweise Schokoriegel, Chips u.ä. führt praktisch jeder Dorfladen (LIP Alltag März 2018).

Kasachstan gehört laut IWF (Internationaler Währungsfonds) mit einem nominalen Bruttoinlandsprodukt (BIP [Bruttoinlandsprodukt]) von 158 Mrd. US-Dollar und einem BIP (Bruttoinlandsprodukt) pro Kopf von

8.667 US-Dollar im Jahr 2017 (Quelle GTAI) zur Gruppe der erfolgreichen Transformationsstaaten. Die von Präsident Nasarbajew verkündete Strategie "Kasachstan 2050" formuliert die langfristigen Vorgaben für die Entwicklung des Landes. Ziel ist der Aufstieg in die Gruppe der 30 am meisten entwickelten Staaten. Eckpfeiler der kasachischen Wirtschafts- und Finanzpolitik sind neben einer geringen Verschuldung und einer N

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten