TE Bvwg Beschluss 2018/11/26 W164 2189693-1

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Veröffentlicht am 26.11.2018
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Entscheidungsdatum

26.11.2018

Norm

ASVG §314
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch

W164 2189575-1/6E

W164 2189693-1/5E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Rotraut LEITNER als Einzelrichterin über die Beschwerden der Ordensgemeinschaft XXXX vertreten durch Kuhn Rechtsanwälte GmbH 1) gegen den Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt vom 03.01.2018, GZ.: HVBA- XXXX , und 2) den Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt vom 05.01.2018, GZ.: HVBA- XXXX , beide betreffend Überweisungsbetrag gemäß § 314 ASVG, beschlossen:

A)

Die angefochtenen Bescheide werden gemäß § 28 Abs 3, zweiter Satz Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Pensionsversicherungsanstalt zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit Schreiben vom 17.04.2015 teilte die Pensionsversicherungsanstalt Frau XXXX , geb. XXXX , Staatsbürgerschaft Deutschland, (im Folgenden Mitbeteiligte Partei, = MP) mit, sie habe in Österreich von 09 1981 bis 01 1982 fünf Monate an Beitragszeit (Pflichtversicherung nach dem ASVG, Angestellte) erworben.

Die MP gab der PVA in der Folge bekannt, sie sei ab 01.10.1980 bei der nunmehrigen Beschwerdeführerin (=BF), einer österreichischen Ordensgemeinschaft, tätig gewesen und habe von 04.11.1980 bis 16.12.1980 - da vorgesehen gewesen sei, dass sie als Krankenpflegerin und Säuglingspflegerin eingesetzt werden sollte - im Kreiskrankenhaus XXXX , Deutschland, ein Pflegepraktikum absolviert. Ab Jänner 1981 sei sie wieder bei der BF in Österreich und teilweise auch im Spital XXXX , Österreich tätig gewesen.

Ab 01.09.1081 bis 15.01.1982 sei sie im Spital XXXX , Österreich, für die BF beschäftigt gewesen. Danach sei sie nach XXXX , Deutschland, zurückgegangen.

Von 01.06.1989 bis 16.09.1989 sei sie im Altenheim in der Gemeinde XXXX , Österreich für die BF tätig gewesen.

Die MP legte ein von der BF an die Bezirkshauptmannschaft Bregenz gerichtetes Schreiben vor, mit dem bestätigt wurde, dass sie von November 1980 bis November 1981 unfallfrei mit dem Auto und Motorrad gefahren sei.

Die MP legte weiters eine Beschäftigungsbewilligung betreffend ihre Beschäftigung beim Krankenpflegeverein XXXX am Arbeitsplatz Krankenhaus XXXX , XXXX , Österreichfür die Zeit von 01.09.1981 bis 01.09.1982 vor.

Die BF legte weiters ein Arbeitszeugnis des Spitals XXXX , Österreich, vor und wies darauf hin, dass darin offenbar falsche Jahreszahlen notiert wurden.

Das Schreiben lautet:

"Frl. [MP] war in der Zeit von Jänner 1980 bis Januar 1981 im Raum XXXX (Österreich) in der häuslichen und stationären Pflege von Alten, Kranken und Säuglingen tätig. Im XXXX vertrat sie während einiger Wochen die Krankenschwester in der Hauskrankenpflege. Während verschiedener Monate war sie im Spital XXXX tätig. In diesem Spital mit Entbindungsstation sammelte sie bei den Kranken, Müttern und Kleinkindern reiche Erfahrung durch ihren treuen Einsatz und ihre Bereitschaft, überall zu helfen, wo es notwendig war. Der pflegerischen Tätigkeit oblag sie mit viel Liebe und Geschick. Sie gewann rasch das Vertrauen der Kranken und war offen für ihre Nöte. Von Januar 1980 bis August einschließlich machte Fräulein [MP] diese verschiedenen Dienste freiwillig. Ab 1. September arbeitete sie in einem regelmäßigen Dienstverhältnis im Spital XXXX ."

Die MP legte weiters ein Zeugnis des Krankenhauses XXXX , Deutschland, vor, mit dem bestätigt wird,dass sie von 04.11.1980 bis 16.12.1980 als Pflegepraktikantin auf der Geburtshilfe/Neugeborenenabteilung tätig gewesen sei.

Die Superiorenkonferenz der männlichen Ordensgemeinschaften Österreichs machte der PVA mit Schreiben vom 19.12.2017 folgende Angaben:

Die MP sei von 19. April 1981 bis 11. April 1983 und von 8. Dezember 1991 bis 5. Dezember 1999 Mitglied der BF gewesen. In diesen Zeiträumen sei sie vom Orden nach Deutschland entsandt gewesen. Von April 1983 bis November 1991 sei Frau [MP] kein Mitglied der Ordensgemeinschaft gewesen. Dieser Zeitraum sei daher nicht zu berücksichtigen.

Die im Akt befindliche Bescheinigung der Versicherungsverlaufs der MP in Deutschland E205 sieht (soweit hier wesentlich) für den 01.11.1978 bis 30.09.1980 23 Monate, für den Zeitraum 15.01.1982 bis 31.05.1989 89 Monate und für den Zeitraum 16.09.1989 bis 31.12.2004 184 Monate an Versicherungszeiten vor.

Mit Bescheid vom 05.01.2018, GZ.: HVBA- XXXX schrieb die PVA der nunmehrigen BF als Folge des Ausscheidens des Ordensmitglieds [MP] mit 11.04.1983 die Zahlung eines einen Überweisungs- Restbetrag gem. § 314 ASVG iHv € 596,25 vor.

Dieser Berechnung legte die PVA folgende für den Überweisungsbetrag zu berücksichtigende Zeiten zu Grunde:

Von 19.4.1981 bis 31.12.1981 = 8 Monate,

Von 01.01.1982 bis 31.12.1982 = 12 Monate,

Von 01.01.1983 bis 11.04.1983 = 3 Monate.

Die Höhe des Überweisungsbetrages wurde wie folgt errechnet:

Berechnungsgrundlage: € 497,08 (30% der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage des Jahres 1983); davon 7% (€ 34,80) für 23 als Angehörige eines Ordens verbrachte Monate aufgewertet mit dem für das Jahr des Ausscheidens geltenden Faktor: 2,029; somit 1.623,81.

Von dieser Summe wurde ein Guthaben aus einer Pflichtversicherung iHv 1.027,56 abgezogen, woraus sich der vorgeschriebene Restbetrag ergebe.

Zur Begründung führte die PVA aus, dass bei Ausscheiden eines gem. § 5 Abs 1 Z 7 ASVG von der Vollversicherung ausgenommenen Geistlichen der katholischen Kirche bzw. eines/einer Angehörigen eines Ordens oder einer Kongregation der katholischen Kirche die Diözese bzw. der Orden (die Kongregation) dem Pensionsversicherungsträger einen Überweisungsbetrag zu leisten habe. Der Überweisungsbetrag betrage für jeden Monat der Zugehörigkeit 7 % der für Arbeiter in Betracht kommenden Berechnungsgrundlage nach § 308 Abs. 6 ASVG. Er sei binnen 18 Monaten nach dem Ausscheiden zu leisten bei verspäteter Flüssigmachung sei er mit den für das Jahr des Ausscheidens geltenden Aufwertungsfaktoren nach § 108 Abs. 4 ASVG aufzuwerten.

Mit einem weiteren Bescheid vom 05.01.2018, GZ.: HVBA- XXXX schrieb

die Pensionsversicherungsanstalt (=PVA) der nunmehrigen

Beschwerdeführerin (=BF) als Folge des Ausscheidens des

Ordensmitglieds [MP] mit 05.09.1999 die Zahlung eines einen Überweisungsbetrag gem. § 314 ASVG iHv € 7.974,96 vor.

Dieser Berechnung legte die PVA folgende für den Überweisungsbetrag zu berücksichtigende Zeiten zu Grunde:

Von 08.12.1991 bis 31.12.1991 = 1 Monat,

Von 01.01.1992 bis 31.12.1992 = 12 Monate,

Von 01.01.1993 bis 31.12.1993 = 12 Monate,

Von 01.01.1994 bis 31.12.1994 = 12 Monate,

Von 01.01.1995 bis 11.04.1995 = 12 Monate,

Von 01.01.1996 bis 31.12.1996 = 12 Monate,

Von 01.01.1997 bis 11.04.1997 = 12 Monate,

Von 01.01.1998 bis 31.12.1998 = 12 Monate,

Von 01.01.1999 bis 05.09.1999 = 8 Monate.

Die Höhe des Überweisungsbetrages wurde wie folgt errechnet:

Berechnungsgrundlage: € 928,76 (30% der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage des Jahres 1983); davon 7% (€ 65,01) für 93 als Angehörige eines Ordens verbrachte Monate aufgewertet mit dem für das Jahr des Ausscheidens geltenden Faktor: 1,319; somit 7.974,96.

Zur Begründung führte die PVA aus, dass bei Ausscheiden eines gem. § 5 Abs 1 Z 7 ASVG von der Vollversicherung ausgenommenen Geistlichen der katholischen Kirche bzw. eines/einer Angehörigen eins Ordens oder einer Kongregation der katholischen Kirche die Diözese bzw. der Orden (die Kongregation) dem Pensionsversicherungsträger einen Überweisungsbetrag zu leisten habe. Der Überweisungsbetrag betrage für jeden Monat der Zugehörigkeit 7 % der für Arbeiter in Betracht kommenden Berechnungsgrundlage nach § 308 Abs. 6 ASVG. Er sei binnen 18 Monaten nach dem Ausscheiden zu leisten bei verspäteter Flüssigmachung sei er mit den für das Jahr des Ausscheidens geltenden Aufwertungsfaktoren nach § 108 Abs. 4 ASVG aufzuwerten.

Diese Bescheide wurden der nunmehrigen Beschwerdeführerin unter Beilage eines Zahlscheins zugestellt. Eine Zweitschrift erging an die Superiorenkonferenz der männlichen Ordensgemeinschaften Österreichs. Eine Zustellung der Bescheide an die MP erfolgte nicht.

Gegen beide genannten Bescheide erhob die BF durch ihre Rechtsvertretung fristgerecht Beschwerde und brachte folgendes vor:

Die Richtigkeit der ermittelten Beitragsgrundlagen werde außer Streit gestellt, ebenso die Richtigkeit der ermittelten Prozentsätze und der ermittelten Monate.

Jedoch sei im Fall des erstgenannten Bescheides zu Unrecht der Aufwertungsfaktor 1983/2017 im Betrag von € 2,029 angewendet worden. Richtigerweise hätte der Aufwertungsfaktor für 1983/2016 angewendet werden müssen, da das Formblatt betreffend die Überweisung am 31.05.2016 an die Pensionsversicherungsanstalt übermittelt worden sei.

Im Fall des zweitgenannten Bescheides sei zu Unrecht der Aufwertungsfaktor 1999/2017 im Betrag von € 1,319 angewendet worden. Richtigerweise hätte der Aufwertungsfaktor für 1999/2016 angewendet werden müssen, da das Formblatt betreffend die Überweisung am 31.05.2016 an die Pensionsversicherungsanstalt übermittelt worden sei.

Bei der Berechnung des für den Zeitraum 19.04.1981 bis 11.04.1983 geltenden Überweisungsbetrages sei ein Guthaben von € 1.027,56 abgezogen worden. Dabei sei - so nehme die BF an - nur berücksichtigt worden, dass die MB von 01.09.1981 bis 15.01.1982 als Altenpflegerin beim österreichischen Krankenpflegeverein XXXX beschäftigt war. Nicht berücksichtigt worden sei, dass die genannte Ordensschwester in der Zeit von 15.01.1982 bis 11.4.1983 in Deutschland bei der XXXX , XXXX , beschäftigt gewesen sei. Auch für diese Tätigkeit seien Sozialversicherungsbeiträge entrichtet worden. Diese hätte die PVA ermitteln und bei der Berechnung berücksichtigen müssen.

Bei der Berechnung des für den Zeitraum 08.12.1991 bis 05.09.1999 geltenden Überweisungsbetrages hätte ferner ein Guthaben abgezogen werden müssen, da die MP in dieser Zeit beim deutschen Orden XXXX als Altenpflegerin beschäftigt gewesen sei. Für diese Tätigkeit seien Sozialversicherungsbeiträge entrichtet worden. Diese hätte die PVA ermitteln und bei der Berechnung berücksichtigen müssen.

Die Nichtberücksichtigung von in Deutschland entrichteten Sozialversicherungsbeiträgen widerspreche den Verpflichtungen Österreichs aus der Mitgliedschaft zur Europäischen Union und sei sohin jedenfalls rechtswidrig.

Die PVA legte die Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht vor. Mit Vorlageschreiben vom 14.3.2018 wendete die PVA ein, für Zeiträume, in denen Versicherungszeiten in einen Mitgliedstaat des EWR oder in einem anderen Vertragsstaat vorliegen würden, sei ein Überweisungsbetrag vorzuschreiben. Eine Beitragsaufrechnung komme in solchen Fällen nicht in Betracht. Eine Anrechnung gemäß § 314 Abs. 4 letzter Satz ASVG sei nur dann möglich, wenn innerstaatliche Sozialversicherungsbeiträge geleistet wurden.

Wurde eine Ordensangehörige zu einer Ordenstätigkeit oder Missionstätigkeit ins Ausland entsendet, so sei für diese Zeit ein Überweisungsbetrages einzuheben. Im vorliegenden Fall gelte dies für die Zeiträume 19.4.1981 bis 11.4.1983 und 8.12.1991 bis 5.9.1999.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht nur in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 und nur auf Antrag einer Partei durch einen Senat. Gegenständlich wurde kein Antrag auf eine Senatsentscheidung gestellt; es liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A):

Gemäß § 5 Abs 1 Z 7 ASVG sind von der Vollversicherung nach § 4 sind [...] ausgenommen:

Priester der Katholischen Kirche hinsichtlich der Seelsorgetätigkeit und der sonstigen Tätigkeit, die sie in Erfüllung ihrer geistlichen Verpflichtung ausüben, zum Beispiel des Religionsunterrichtes, ferner Angehörige der Orden und Kongregationen der Katholischen Kirche sowie der Anstalten der Evangelischen Diakonie, alle diese Personen, wenn sie nicht in einem Dienstverhältnis zu einer anderen Körperschaft (Person) als ihrer Kirche bzw. deren Einrichtungen (Orden, Kongregation, Anstalt der Evangelischen Diakonie) stehen.

§ 314 Abs 1 ASVG in der aktuellen Fassung lautet wie folgt: Scheidet ein gemäß § 5 Abs. 1 Z 7 von der Vollversicherung ausgenommener Geistlicher der Katholischen Kirche aus dem Geistlichen Stand bzw. ein Angehöriger eines Ordens oder einer Kongregation der Katholischen Kirche aus dem Orden bzw. der Kongregation aus, so hat die Diözese bzw. der Orden (die Kongregation), soweit in den Abs. 2 und 3 nichts anderes bestimmt wird, dem Pensionsversicherungsträger, der auf Grund der vom Geistlichen bzw. vom Angehörigen des Ordens oder der Kongregation ausgeübten Tätigkeit zuletzt zuständig gewesen wäre, einen Überweisungsbetrag zu leisten.

[...]

Gemäß § 314 Abs 4 ASVG beträgt der Überweisungsbetrag für jeden Monat, der im Geistlichen Stand bzw. als Angehöriger eines Ordens oder einer Kongregation verbracht wurde, 7 vH der für Arbeiter in Betracht kommenden Berechnungsgrundlage nach § 308 Abs. 6. Soweit während einer Zeit, die der Berechnung des Überweisungsbetrages zugrunde gelegt wird, Beiträge zur Pensionsversicherung entrichtet wurden, sind diese auf den Überweisungsbetrag anzurechnen.

Gemäß § 314 Abs 5 ASVG ist der Überweisungsbetrag binnen 18 Monaten nach dem Ausscheiden nach Abs. 1 zu leisten; er ist bei verspäteter Flüssigmachung mit dem für das Jahr des Ausscheidens geltenden Aufwertungsfaktor nach § 108c aufzuwerten.

Gemäß § 314 Abs 6 ASVG gelten die in dem nach Abs. 1 geleisteten Überweisungsbetrag berücksichtigten vollen Monate als Beitragsmonate im Sinne dieses Bundesgesetzes.

§ 314 wurde mit der 29. ASVG-Novelle, BGBl 31/1973 in das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz aufgenommen. Den erläuternden Bemerkungen zu dieser Bestimmung ist folgendes zu entnehmen:

"Ähnlich wie die pragmatisierten Bediensteten öffentlich-rechtlicher Körperschaften sind auch die Geistlichen der Katholischen Kirche und der Evangelischen Kirche sowie die Angehörigen der Orden und Kongregationen der Katholischen Kirche und der Diakonissenanstalten der Evangelischen Kirche durch ein besonderes Versorgungssystem geschützt. Den Ruhe- und Versorgungsgenüssen, die öffentlich-rechtliche Dienstgeber ihren pragmatisierten Bediensteten garantieren, steht die direkte bzw. indirekte Versorgung durch die Kirche gegenüber. In beiden Fällen ist daher ein gesetzlicher Schutz im Rahmen der sozialen Sicherheit nicht erforderlich. Erst wenn ein pragmatisierter Beamter aus dem Dienstverhältnis ohne Anspruch auf Ruhe (Versorgungs-) genuss ausscheidet, die ihm zugesicherte Versorgung daher nich eintritt, wird er -rückwirkend- der gesetzlichen Pensionsversicherung unterstellt. Dies geschieht in der Form, dass der Dienstgeber für die versicherungsfreie Zeit einen Überweisungsbetrag leistet, wodurch Beitragszeiten entstehen und der entpragmatisierte Dienstnehmer nunmehr so behandelt wird, als wäre er die ganze Zeit über versichert gewesen. Nunmehr soll auch für die Geistlichen der Katholischen Kirche und der Evangelischen Kirche sowie die Angehörigen der Orden und Kongregationen und Diakonissenanstalten ähnliches vorgesehen werden, wenn der katholische Geistliche aus dem Geistlichen Stand ausscheidet, der evangelische Geistliche sein Amt niederlegt oder ein Angehöriger eines Ordens, einer Kongregation oder einer Diakonissenanstalt diese Institution verlässt. Die Unterschiede in den Bestimmungen §§ 314 und 314a zu den Bestimmungen §§ 311 bis 313, die das Ausscheidender pragmatisierten Beamten regeln, ergeben sich aus den Besonderheiten des geistlichen Standes bzw. des Standes der Ordens- und Kongregationsangehörigen bzw. der Angehörigen der Diakonissenanstalten."

Mit BGBl 642/1989 wurde die Berechnung des Überweisungsbetrages mit einem Hunderstsatz der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage pauschaliert. Ziel dieser Novelle war es u.a., wie den Erläuternden Bemerkungen zu dieser Novelle ist zu entnehmen ist, leistungsrechtliche Nachteile der Versicherten zu verhindern.

Gegenstand dieses Verfahrens:

Die vorliegenden Verfahren betreffend Überweisungsbetrag gem. § 314 ASVG nahmen ihren Ausgang darin, dass die MP in einem Schreiben an die PVA Zeiten ihrer Ordenszugehörigkeit bei der BF und Zeiten ihrer Tätigkeit in verschiedenen Krankenpflegeeinrichtungen während aufrechter Ordenszugehörigkeit behauptet. Über den genauen Beginn, das genaue Ende und eine allfällige Unterbrechung ihrer Ordenszugehörigkeit macht die MP keine Angaben.

Die Superiorenkonferenz der männlichen Ordensgemeinschaften Österreichs hat abweichend von der MP nur einen Teil der von ihr angegeben Zeiten als Zeiten der Ordenszugehörigkeit anerkannt, hat eine Unterbrechung der Ordenszugehörigkeit der MP behauptet und gleichzeitig angegeben, die MP wäre während der gesamten Zeit ihrer Ordenszugehörigkeit in Deutschland beschäftigt gewesen.

Als wesentliche Vorfragen für die hier zu treffende Entscheidung wäre daher zu klären gewesen, ob die MP ihre Ordenszugehörigkeit zur BF tatsächlich erst am 19.4.1981 und nicht schon am 01.10.1980 begonnen hat, ob sie ihre Ordenszugehörigkeit zwischen 12.4.1983 und 7.12.1991 tatsächlich unterbrochen hat und wann genau sie aus dem Orden ausgetreten ist. Weiters wäre zu klären gewesen, ob und inwieweit die von der MP angegebenen Zeiten für den aus Anlass ihres Ausscheidens der BF vorzuschreibenden Überweisungsbetrag heranzuziehen sind.

Die PVA hat die Angaben der Superiorenkonferenz der männlichen Ordensgemeinschaften Österreichs bezüglich der Ordenszugehörigkeit der MP den beiden angefochtenen Bescheiden zu Grunde gelegt, ohne sich mit den Angaben der MP weiter auseinanderzusetzen. Der MP wurde gemäß dem Inhalt des vorgelegten Aktes weder Parteiengehör gewährt, noch wurden ihr die eingangs genannten Bescheide zugestellt.

Die MP ist Partei dieses Verfahrens. Sie erfüllt die Kriterien des Parteienbegriffs des § 8 AVG iVm. § 314 Abs 6 ASVG; vgl. auch VwGH 86/08/0122.

Die PVA hat im eingangs genannten Bescheid vom 03.01.2018 weiters ein Guthaben von € 1.027,56 festgestellt, ohne dessen Berechnung zu erläutern. Die BF wendet in ihrer Beschwerde insoweit zu Recht ein, dass dem Bescheid nicht entnommen werden kann, wie dieser Betrag errechnet wurde.

Zurückverweisung:

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis 91/08/0141 vom 24.03.1992 ausgesprochen hat, ist der aus Anlass des Ausscheidens aus dem Orden zu leistende Überweisungsbeitrag nicht in zeitlicher Hinsicht teilbar. Daraus ergibt sich für den vorliegenden Fall, dass die noch unklare Vorfrage, wann die MP in den Orden eingetreten ist und wann sie ausgetreten ist, jedenfalls vor der Entscheidung über den Überweisungsbetrag geklärt werden muss.

Die PVA hat sich diesbezüglich mit den Angaben der MP in keiner Weise auseinandergesetzt und die MP auch nicht in das Verfahren eingebunden. Die oben dargelegte Vorgangsweise der PVA lässt erkennen, dass die PVA aufwendige Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (VwGH 24.06.2015, 2015/04/0019). Die angefochtene Bescheide waren daher gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung neuer Bescheide an die PVA zurückzuverweisen.

Die PVA wird im Folgenden die oben zusammengefassten Angaben der MP dahingehend zu prüfen haben ob sich daraus weitere hier maßgebliche Zeiträume der Ordenszugehörigkeit ableiten lassen. Im Rahmen eines Parteiengehörs hat die PVA der MP die Möglichkeit zu geben, zu den von ihren Angaben teilweise abweichenden Behauptungen der Superiorenkonferenz der männlichen Ordensgemeinschaften Österreichs Stellung zu nehmen.

Rechtlich vertritt das Bundesverwaltungsgericht zu den von der BF aufgeworfenen Einwendungen die folgende Rechtsmeinung:

Zur Frage des Aufwertungsfaktors:

Der Aufwertungsfaktor iSd § 314 Abs 5 ASVG richtet sich gemäß dem eindeutigen Wortlaut dieser Bestimmung nach dem Ausmaß der Verspätung der (grundsätzlich unaufgefordert zu leistenden) Zahlung des Überweisungsbetrages. Maßgeblich ist somit der Zeitpunkt der tatsächlichen Zahlung des Überweisungsbetrages. Der Einwand, die BF hätte der PVA bereits im Jahr 2016 (ohne dass der Betrag bezahlt worden wäre) ein Formular mit verfahrensrelevanten Angaben zukommen lassen, geht daher ins Leere.

Zur Frage der Anrechnung von in Deutschland entrichteten Sozialversicherungsbeiträgen auf den von der BF zu leistenden Überweisungsbetrag:

Der Überweisungsbeitrag gem. § 314 ASVG stellt Ordensangehörige, die wegen der Ausnahme von der Vollversicherung nach § 5 Abs 1 Z 7 ASVG keine Versicherungszeiten erwerben konnten, im Fall ihres Ausscheiden aus dem Orden und ihres (Wieder-) Eintritts in das allgemeine Erwerbsleben so, als hätten sie während ihrer Ordenszugehörigkeit Beitragszeiten erworben.

§ 314 Abs 4 zweiter Satz ASVG nimmt auf solche Zeiträume Bezug, während derer Ordensangehörige, trotz ihrer Ordenszugehörigkeit Beitragszeiten erworben haben.

Höchstgerichtliche Judikatur zur Interpretation dieser Bestimmung liegt keine vor.

Teschner, Allgemeine Sozialversicherung, ASVG, Manz 1974, 50. Ergänzungslieferung verweist im Kommentar zu § 314 ASVG auf die seinerzeitige Praxis der PVA Ang.: "Ordensangehörige, die im Rahmen ihrer Ordensgemeinschaft eine Tätigkeit im Ausland ausübten, sind für die Zeit diese Auslandstätigkeit wie Dienstnehmer zu behandeln, die von ihrem Dienstgeber mit dem Sitz in Österreich ins Ausland entsendet wurden (§ 3 Abs. 2 lit. d ASVG). Dies gilt auch bei einer länger als zwei Jahre dauernden Tätigkeit im Ausland, da in solchen Fällen eine Fristverlängerung durch das Bundesministerium für soziale Verwaltung naturgemäß nicht in Betracht kommt. Für die Feststellung des Überweisungsbetrages gemäß § 314 oder 314 ASVG sind daher grundsätzlich auch Zeiten einer Ordenstätigkeit im Ausland zu berücksichtigen. Wurde diese Tätigkeit jedoch in einem Staat ausgeübt, mit dem Österreich ein zwischenstaatliches Abkommen über soziale Sicherheit abgeschlossen hat, kann eine Beitragsvorschreibung nur soweit erfolgen, als im Vertragsstaat nicht bereits Beitragszeiten der Pflichtversicherung erworben wurden, was in jeden Fall durch eine entsprechende Anfrage an den ausländischen Versicherungsträger festzustellen ist."

Diese (offenbar unbeanstandete) Verwaltungspraxis hat somit darauf abgestellt, ob der/die Ordensangehörige durch eine im Ausland ausgeübte Erwerbstätigkeit Beitragszeiten erwerben konnte, die sich (damals kraft eines bilateralen Abkommens) auf seinen/ihren späteren Leistungsanspruch auswirken.

Diese Lösung erscheint auch unter Berücksichtigung der oben wiedergegebenen erläuternden Bemerkungen zu § 314 ASVG idF BGBl 31/1973 sachlich, da § 314 ASVG seit seiner Schaffung das Ziel verfolgt, ausscheidenden Ordensangehörigen für jene (im Allgemeinen arbeitsintensiven) Zeiten, für die sie aufgrund ihrer Ordensangehörigkeit keine Beitragszeiten erwerben konnten, einen Ersatz zu verschaffen.

Mit der durch BGBl 642/1989 eingeführten Pauschalierung des Überweisungsbetrages sollte erkennbar eine Art Mindestbeitragsgrundlage für ausscheidende Ordensangehörige geschaffen werden. Damit wurde sichergestellt, dass ehemalige Ordensangehörigen die während ihrer Ordenszugehörigkeit keine oder nur geringer als mit dem Betrag des Überweisungsbetrages bewertete Beitragszeiten erwerben konnten für diese Zeit nachträglich Beitragszeiten in der Höhe des Überweisungsbetrages erhalten.

Zwischen Österreich und Deutschland stand in der hier zu betrachtenden Zeit das Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über soziale Sicherheit vom 22. Dezember 1966 idF in der Fassung des Ersten Zusatzabkommens vom 10. April 1969 des Zweiten Zusatzabkommens vom 29. März 1974 und des Dritten Zusatzabkommens vom 29. August 1980 in Geltung. Dieses wurde in der Folge von den VO (EWG) 1408/71 und VO (EG) 883/2004 abgelöst.

Die MP konnte somit sowohl durch ihre zur Sozialversicherung gemeldeten Beschäftigungen in Deutschland als auch durch ihre zur Sozialversicherung gemeldeten Beschäftigungen in Österreich Beitragszeiten erwerben, die sich auf ihren Leistungsanspruch in der Pensionsversicherung auswirken.

Eine konkret auf die hier relevante Frage der Anrechnung gem. § 314 Abs 4, zweiter Satz ASVG zielende Bestimmung findet sich in den genannten zwischenstaatlichen bzw. unionsrechtlichen Quellen nicht.

Für den vorliegenden Fall ergibt sich somit:

Soweit die MP in Deutschland während ihrer Ordenszugehörigkeit Beitragszeiten erworben hat, wären die entrichteten Beiträge zur Pensionsversicherung auf den gem. § 314 Abs 4, erster Satz ASVG zu errechnenden Überweisungsbetrag anzurechnen. Insoweit die BF in ihrer Beschwerde die fehlende Berücksichtigung von geleisteten Beiträgen wie eben dargelegt beanstandet, ist sie daher im Recht.

Soweit das nachfolgende Verfahren ergeben sollte, dass die MP während ihrer Ordenszugehörigkeit zur BF in Deutschland gearbeitet hat, ohne dort Beitragszeiten erworben zu haben (sie nannte etwa ein Pflegepraktikum vom 04.11. bis 16.12.1980 und legte ein Zeugnis vor), so wäre für diese Zeit ebenso wie für die in Österreich in dieser Weise zugebrachte Zeit der Ordensmitgliedschaft der volle Überweisungsbeitrag iSd § 314 Abs 4 erster Satz zu entrichten.

Bindungswirkung der hier vertretenen Rechtsansicht:

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshof bindet eine im Rahmen einer zurückverweisenden Entscheidung vertretene Rechtsansicht im Fall ihrer Rechtskraft bei unveränderter Sach- und Rechtslage alle in der Folge zuständigen Entscheidungsinstanzen. (vgl. VwGH 2009/08/0017).

Zu B) Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, zu der es an einschlägiger höchstgerichtlicher Rechtssprechung fehlt. Zur Interpretation des § 314

Abs 4 , zweiter Satz ASVG hat sich der Verwaltungsgerichtshof bis dato noch nicht geäußert.

Schlagworte

Berechnung, Ermittlungspflicht, Kassation, mangelnde
Sachverhaltsfeststellung, Überweisungsbetrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W164.2189693.1.00

Zuletzt aktualisiert am

29.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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