TE Bvwg Erkenntnis 2018/11/26 W156 2186219-1

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Veröffentlicht am 26.11.2018
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Entscheidungsdatum

26.11.2018

Norm

ASVG §4
ASVG §4 Abs1 Z1
ASVG §4 Abs2
ASVG §4 Abs4
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W156 2186219-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Alexandra Krebitz als Einzelrichterin über die Beschwerden der

1. Mag. K XXXX E XXXX vom 31.01.2018 und der

2. Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Landesstelle Niederösterreich, vom 15.02.2018,

gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse, VA-VR XXXX , vom 22.01.2018, betreffend Feststellung der Voll- (Kranken-, Unfall, Pensions-) und Arbeitslosenversicherungspflicht der H XXXX R XXXX als Dienstnehmerin gemäß § 4 Abs. 4 ASVG sowie § 1 Abs. 1 lit. a AlVG nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 29.08.2018, zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG stattgegeben und der

angefochtene Bescheid behoben.

I. Es wird festgestellt, dass Frau H XXXX R XXXX aufgrund ihrer Tätigkeit für Frau Mag. E XXXX K XXXX vom 1.05.2017 bis 13.07.2017 nicht der Voll- (Kranken-, Unfall, Pensions-) und Arbeitslosenversicherungspflicht als Dienstnehmer gemäß § 4 Abs. 2 ASVG sowie § 1 Abs. 1 lit a AlVG unterliegt.

II. Es wird festgestellt, dass Frau H XXXX R XXXX aufgrund ihrer Tätigkeit für Frau Mag. E XXXX K XXXX vom 1.05.2017 bis 13.07.2017 nicht der Voll- (Kranken-, Unfall, Pensions-) und Arbeitslosenversicherungspflicht als Dienstnehmer gemäß § 4 Abs. 4 ASVG sowie § 1 Abs. 1 lit a AlVG unterliegt.

B) Die Revision ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Am 22.01.2018 erließ die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse (in weiterer Folge belangte Behörde) den angefochtenen Bescheid. In diesem stellte sie fest, dass Frau H XXXX

R XXXX (in weiterer Folge mbP) aufgrund ihrer Tätigkeit für Frau Mag. E XXXX K XXXX (in weiterer Folge BF1) vom 01.05.2017 bis 13.07.2017 der Voll- (Kranken-, Unfall, Pensions-) und Arbeitslosenversicherungspflicht als Dienstnehmer gemäß § 4 Abs. 4 ASVG sowie § 1 Abs. 1 lit a AlVG unterliege.

2. Die BF1 und BF2 erhoben mit Schreiben vom 31.02.2018 und 15.02.2018 fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid ein.

3. Die belangte Behörde übermittelte den Beschwerdeakt am 15.02.2018 an das Bundesverwaltungsgericht.

4. Am 29.08.2018 fand eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt.

An der Verhandlung nahmen teil:

* Mitbeteiligte Partei

* BF1 und BF2

* belangte Behörde

5. In ihrer Stellungnahme von 18.09.2018 brachte die BF2 die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Feststellung der Eigenschaft als Kunstschaffende durch Externe grundsätzlich nicht vorgesehen wäre und von der mbP zu beantragen gewesen wäre.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die mbP war im verfahrensgegenständlichen Fall für die BF1 mit dem Bemalen von Blütenblättern für die Restaurierung von Leuchten aus dem chinesischen Kabinett des Schlosses Schönbrunn beauftragt.

Der schriftliche Werkvertrag wurde am 19.05.2017 unterfertigt und lautet auszugsweise:

"§2 Werk

Der Werkunternehmer (Anm. mbP) verpflichtet sich zur Herstellung und Übergabe des folgenden Werkes:

[...] künstlerisch dem Original entsprechende Bemalung von 225 Blütenblättern der Beleuchtungskörper in den chinesischen Kabinetten

§3 Werklohn

(1) Als Werklohn wird eine Pauschalsumme von € 5.625 vereinbart.

...

(3) Der Werklohn inkludiert sämtliche Aufwendungen, die dem Werkunternehmer bei Erfüllung dieses Vertrages entstehen.

§4 Betriebsmittel, Ort und Zeitpunkt der Übergabe

Der Werkunternehmer ward das Werk (§2) mit eigenen Betriebsmitteln erstellen. Der Werkunternehmer ist an keine feste Arbeitszeit gebunden und hinsichtlich der Gestaltung seines Arbeitsablaufes völlig frei.

Sofern sich aus der Art des Werkes nicht zwangsläufig ein anderer Übergabeort ergibt, ist das Werk am Sitz des Werkbestellers zu übergeben.

Das Werk ist zum vereinbarten Zeitpunkt dem Werkbesteller unverzüglich zu übergeben und endet das Vertragsverhältnis zum Zeitpunkt der Übergabe

Leistungsfrist: 31.07.2017

[...]

§6 Garantie, Haftung, Nichterfüllung

(1) Der Werkunternehmer garantiert dem Werkbesteller bei Übergabe des Werkes Mängelfreiheit desselben.

(2) Bei Vorliegen von wesentlichen Werkmängel kann der Werkbesteller unverzüglich ohne Zahlung für teilweise erbrachte Leistungen ohne Zahlung von Schadenersatz von diesem Vertrag schriftlich zurücktreten.

(3) Für von Werkunternehmer verursachte Schäden, gleich welcher Art, haftet dieser gegenüber dem Geschädigten. ER hat unverzüglich den Werkbesteller schad- und klaglos zu halten.

(4) Bei Nichtfertigstellung des vereinbarten Werkes bzw. nur teilweise Fertigstellung des Werkes gebührt dem Werkunternehmer kein Entgelt.

§7 Verhinderung, Vertretung

Im Falle einer Verhinderung ist der Werkunternehmer berechtigt, sich durch eine andere Person bei der Erbringung des Werkes vertreten zu lassen."

Die Zusammenarbeit mit der BF1 dauerte von 01.5.2017 bis 13.07.2017 an und umfasste das Bemalen der durch die BF1 gelieferten Blütenblätter auf Email entweder nach den vom Auftraggeber der BF1 beigestellten Originale oder Reproduktion nach eigenem künstlerischen Ermessen. Weder zählte zu den Aufgaben der mbP das Emaillieren der Kupferrohlinge noch das Brennen.

Die mbP übte ihre Tätigkeit im Unternehmen der BF1 aus, da der Auftraggeber der BF1 es untersagte, dass die historischen Vorbilder das Atelier verlassen dürfen und aufgrund der Technik der Bemalung ein Transport der beauftragten Blütenblätter nicht möglich gewesen wäre.

Der Einzelpreis von € 25 pro Stück wurde von der mbP nach Kalkulation vorgegeben.

Eine Vertretung im Verhinderungsfall hätte die mbP gesandt und auch bezahlt. Die Haftung für die Vertretung lag bei der MbP. Eine Vertretung ist nicht vorgekommen.

Die mbP wurde von der BF1 weder angewiesen noch kontrolliert.

Die mbP hatte keine vorgegebene Arbeitszeit, hat sich aber selbständig mit einer Mitarbeiterin der BF1 koordiniert, um die bemalten Blütenblätter brennen zu lassen.

Das Material zum Bemalen wurde von der mbP beigestellt.

Wenn ein Blütenblatt beim Brennen beschädigt wurde, war ein neues durch die mbP beizustellen, ohne gesonderte Vergütung der Bemalung oder es war das Blütenblatt zu korrigieren

Die mbP verfügte über keinen Schlüssel zu den Geschäftsräumlichkeiten der BF1 und war in den betrieb organisatorisch nicht eingegliedert. Sie führte keine Arbeitsaufzeichnungen. Es besteht kein Konkurrenzverbot vereinbart.

2. Beweiswürdigung:

Aufgrund der vorliegenden Beweismittel und des Aktes der belangten Behörde ist das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes Bild zu machen. Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vom 29.08.2018.

Bei der Verhandlung wurde der BF1 und der mbP nochmals die Tätigkeit der mbP als Restauratorin und Malerin dargelegt. Übereinstimmend wurde insbesondere von den Befragten dargelegt, dass die mbP mit eigenen Materialien (historische Emailfarben) tätig wurde, keine Arbeitszeit und Anwesenheit vorgegeben wurde, das Honorar bei fehlerfreier Ablieferung der Blütenblätter fällig wurde, eine Vertretungsbefugnis der mbP gegeben war, keine Weisung- und Kontrollbefugnis der BF1 vorlag.

Die befristete Zusammenarbeit ergibt sich aus den einzelnen Aussagen und dem vorgelegten Werkvertrag.

Dass bei Erstbefragung durch die belangte Behörde vergessen wurde, dass ein schriftlicher Werkvertrag abgeschlossen wurde, ist aufgrund des persönlichen Eindrucks der BF1 und der mbP in der mündlichen Verhandlung glaubwürdig.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Verfahrensrelevante materiellrechtliche Bestimmungen:

Die Bezug habende Bestimmung des ASVG lautet:

§ 4. Abs. 4: Den Dienstnehmern stehen im Sinne dieses Bundesgesetzes Personen gleich, die sich auf Grund freier Dienstverträge auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichten, und zwar für 1. einen Dienstgeber im Rahmen seines Geschäftsbetriebes, seiner Gewerbeberechtigung, seiner berufsrechtlichen Befugnis (Unternehmen, Betrieb usw.) oder seines statutenmäßigen Wirkungsbereiches (Vereinsziel usw.), mit Ausnahme der bäuerlichen Nachbarschaftshilfe,

2. eine Gebietskörperschaft oder eine sonstige juristische Person des öffentlichen Rechts bzw. die von ihnen verwalteten Betriebe, Anstalten, Stiftungen oder Fonds (im Rahmen einer Teilrechtsfähigkeit),

wenn sie aus dieser Tätigkeit ein Entgelt beziehen, die Dienstleistungen im wesentlichen persönlich erbringen und über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügen; es sei denn,

a) dass sie auf Grund dieser Tätigkeit bereits nach § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 GSVG oder § 2 Abs. 1 BSVG oder nach § 2 Abs. 1 und 2 FSVG versichert sind oder

b) dass es sich bei dieser Tätigkeit um eine (Neben-)Tätigkeit nach § 19 Abs. 1 Z 1 lit. f B-KUVG handelt oder

c) dass eine selbständige Tätigkeit, die die Zugehörigkeit zu einer der Kammern der freien Berufe begründet, ausgeübt wird oder

d) dass es sich um eine Tätigkeit als Kunstschaffender, insbesondere als Künstler im Sinne des § 2 Abs. 1 des Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetzes, handelt.

(Anm.: Abs. 5 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 39/1997)

(6) Eine Pflichtversicherung gemäß Abs. 1 schließt für dieselbe Tätigkeit (Leistung) eine Pflichtversicherung gemäß Abs. 4 aus.

(Anm.: Abs. 7 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 39/1997)

Gemäß § 1151 Abs. 1 ABGB entsteht ein Werkvertrag, wenn jemand die Herstellung eines Werkes gegen Entgelt übernimmt, ein Werkvertrag.

Zu A) Stattgebung der Beschwerden:

Die Beschwerden wenden sich gegen die von der belangten Behörde mit dem angefochtenen Bescheid festgestellte Pflichtversicherung der mbP nach § 4 Abs. 4 ASVG. Es wird vorgebracht, dass ein Werkvertrag und daher kein Dienstvertrag vorgelegen sei.

Über die Tätigkeiten der mbP wurde ein schriftlicher Vertrag abgeschlossen. Prinzipiell ist daher von jenem Inhalt auszugehen, der schriftlich vereinbart wurde. Gibt es keine schriftliche Vereinbarung, so ist gemäß § 539a Abs. 1 ASVG für die Beurteilung von Sachverhalten in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (zB Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend. Nach der jüngerem Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (zB VwGH 26.05.2004, 2001/08/0045) zur Abgrenzung der einzelnen Rechtsformen von Beschäftigungsverhältnissen voneinander, insbesondere von jener des § 4 Abs. 2 ASVG, ist bei Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses die vertragliche Gestaltung der Beschäftigung Ausgangspunkt der Betrachtung, weil sie (sofern keine Anhaltspunkt für ein Scheinverhältnis bestehen) die von dessen Parteien in Aussicht genommenen Konturen des Beschäftigungsverhältnisses sichtbar werden lässt, die wiederum bei der Deutung von Einzelmerkmalen der Beschäftigung relevant sein können; die vertragliche Vereinbarung hat die Vermutung der Richtigkeit (im Sinne einer Übereinstimmung mit der Lebenswirklichkeit) für sich (vgl. das Erkenntnis vom 8. Oktober 1991, 90/08/0057). Dabei kommt es auf die Bezeichnung des Verhältnisses als "Werkvertrag" zwischen einer Person und dem von ihr Beschäftigten durch die Vertragspartner grundsätzlich nicht an (vgl. das Erkenntnis vom 19. März 1984, Slg. Nr. 11361/A).

Gemäß Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29.02.2012, Zl. 2008/13/0087, besteht ein Werk im Sinne des § 1165 ABGB nicht allein in der Herstellung einer körperlichen Sache, sondern können auch ideelle, unkörperliche und somit auch geistige Werke darunter subsumiert werden.

Für die Erbringung bestimmter Tätigkeiten wird man einen Werkvertrag grundsätzlich ausschließen können, weil es sich um klassische Dienstleistungen handelt und ein gewährleistungstauglicher Erfolg nicht sinnvoll definiert werden kann. (.....)

Wird der Vertrag auf unbestimmte Zeit geschlossen und endet er nicht mit dem Abschluss eines Werks, spricht das gegen einen Werkvertrag (VwGH 2002/08/0264, infas 2006, S 11; 2007/08/0153, infas 2011, S 24; 2012/08/0303, infas 2013, S 15). Erst recht spricht bei einer immer wiederkehrenden oder kontinuierlichen Leistungserbringung die Typizität im Zweifel für einen freien DV oder Arbeitsvertrag (vgl auch Mosler, DRdA 2007/29, 288 [295]), Mosler in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 4 Rz 186 (Stand: 1.3.2015, rdb.at).

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich mehrmals mit der Unterscheidung zwischen (freien) Dienstverträgen und Werkverträgen auseinandergesetzt. So hat er etwa in seinem Erkenntnis vom 3. Juli 2002, Zl. 2000/08/0161, Folgendes ausgeführt:

"Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 20. Mai 1980, Slg. Nr. 10.140/A (= Arb. 9876) grundlegend mit der Abgrenzung des Dienstvertrages vom freien Dienstvertrag einerseits und vom Werkvertrag andererseits beschäftigt und hat - in Übereinstimmung mit der in diesem Erkenntnis zitierten Lehre - ausgeführt, dass es entscheidend darauf ankommt, ob sich jemand auf gewisse Zeit zur Dienstleistung für einen anderen (den Dienstgeber) verpflichtet (diesfalls liege ein Dienstvertrag vor) oder ob er die Herstellung eines Werkes gegen Entgelt übernimmt (in diesem Fall liege ein Werkvertrag vor), wobei es sich im zuletzt genannten Fall um eine im Vertrag individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine in sich geschlossene Einheit handelt, während es im Dienstvertrag primär auf die rechtlich begründete Verfügungsmacht des Dienstgebers über die Arbeitskraft des Dienstnehmers, also auf seine Bereitschaft zu Dienstleistungen für eine bestimmte Zeit (in Eingliederung in den Betrieb des Leistungsempfängers sowie in persönlicher und regelmäßig damit verbundener wirtschaftlicher Abhängigkeit von ihm) ankommt.

Durch die Verpflichtung zu Dienstleistungen für eine bestimmte oder unbestimmte Zeit begründet der freie Dienstvertrag ein Dauerschuldverhältnis. Demgegenüber verpflichtet sich der Werkunternehmer zur Herstellung eines Werkes gegen Entgelt, wobei es sich um eine im Vertrag individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine in sich geschlossene Einheit handelt (vgl. das zitierte Erkenntnis vom 20. Mai 1980). Diese Rechtsauffassung wurde - wie unten gezeigt wird - in der Lehre und Judikatur geteilt. Der Werkvertrag begründet in der Regel ein Zielschuldverhältnis (Koziol/Welser, Grundriss, Band I, 10. Auflage, 410), die Verpflichtung besteht darin, die genau umrissene Leistung - in der Regel bis zu einem bestimmten Termin - zu erbringen. Mit der Erbringung der Leistung endet das Vertragsverhältnis (vgl. auch Krejci in Rummel, 2. Auflage, § 1151 RZ 93). Der 'freie Dienstnehmer' handelt - wie dargestellt - ebenso wie der Werkunternehmer persönlich selbstständig, diese Vertragsverhältnisse lassen sich daher nach dem Gegenstand der Leistung und deren Dauer abgrenzen. Nach Mazal (ecolex 1997, 277) kommt es darauf an, ob die Parteien eine bestimmte letztlich abgeschlossene Tätigkeit (Werkvertrag) vereinbaren oder ob sie eine zeitlich begrenzte oder unbegrenzte Verpflichtung zum Tun begründen wollen (freier Dienstvertrag). Wachter (DRdA 1984, 405) spricht in diesem Zusammenhang davon, dass das Interesse des Bestellers und die Vertragsverpflichtung des Werkunternehmers lediglich auf das Endprodukt als solches gerichtet sind. Auch nach der Judikatur (OGH 9 ObA 225/91) liegt ein Werkvertrag dann vor, wenn Gegenstand der vereinbarten Leistung ein bestimmtes Projekt ist. Die Herstellung eines Werkes als eine in sich geschlossene Einheit hat der Verwaltungsgerichtshof bei der Erbringung einzelner manueller Beiträge zu einem Werk nicht angenommen (Montagearbeiten an einer Lüftungsanlage, Erkenntnis vom 17. Jänner 1995, 93/08/0092; Arbeiten auf einer Baustelle, Erkenntnis vom 19. Jänner 1999, 96/08/0350; zu einer vergleichbaren Tätigkeit siehe auch OGH 9 ObA 54/97z). Ebenso wurde ein Werkvertrag verneint, wenn die zu erbringende Leistung nicht schon im Vertrag selbst konkretisiert und individualisiert wurde (Erkenntnis vom 30. Mai 2001, 98/08/0388). Schrank/Grabner (Werkverträge und freie Dienstverträge, 2. Auflage, 26 f) führen unter Berufung auf Tomandl (auf den sich auch der Verwaltungsgerichtshof im genannten Erkenntnis vom 20. Mai 1980 sowie Mazal und Wachter stützen) aus, die Vertragspflicht beim freien Dienstvertrag auf Seiten des Auftragnehmers müsse Dienstleistungen umfassen, müsse sich also auf bloß der Art nach umschriebene Tätigkeiten (Arbeiten, Tun, Wirken) beziehen, bei welchen 'die Einräumung eines Gestaltungsrechtes an den Besteller (bzw. eine Unterwerfung auf Seiten des freien Dienstnehmers) wesentlicher Bestandteil des Vertrages ist, der noch nach Vertragsabschluss, also bei der Vertragserfüllung, einer Konkretisierung durch den Auftraggeber dahin bedarf, welche Einzelleistungen er im Rahmen des Vertrages verrichtet sehen möchte'(VwGH vom 05.08.2008, 2007/08/0003).

Bei der Abgrenzung zwischen (freiem) Dienstvertrag und Werkvertrag kommt es also entscheidend darauf an, ob sich jemand auf gewisse Zeit zur Dienstleistung für einen anderen (den Dienstgeber) verpflichtet (diesfalls liege ein Dienstvertrag vor) oder ob er die Herstellung eines Werkes gegen Entgelt übernimmt (in diesem Fall liege ein Werkvertrag vor), wobei es sich im zuletzt genannten Fall um eine im Vertrag individualisierte und konkretisierte Leistung, also ein in sich geschlossene Einheit handelt, während es im Dienstvertrag primär auf die rechtlich begründete Verfügungsmacht des Dienstgebers über die Arbeitskraft des Dienstnehmers, also auf seine Bereitschaft zu Dienstleistungen für eine bestimmte Zeit (in Eingliederung in den Betrieb des Leistungsempfängers sowie in persönlicher und regelmäßig damit verbundener wirtschaftlicher Abhängigkeit von ihm) ankommt.

Auf den gegenständlichen Fall bezogen bedeutet dies:

Unstrittig wurde die mbP gegen Entgelt tätig.

Die Tätigkeit der mbP für die BF1 umfasste Bemalung von 225 Blütenblätter im Rahmen des Auftrages zur Restaurierung von Leuchtern der chinesischen Kabinette des Schlosses Schönbrunn. Zwischen der mbP und der BF1 wurde eine Gesamtleistung vereinbart, die im Sinne der obzitierten Judikatur bereits im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses eine im Vorhinein individualisierte und konkretisierte Leistung beinhaltete und der BF1 bei der Vertragserfüllung auch keine weitere Konkretisierung, welche Einzelleistungen im Rahmen des Vertrages zu verrichten sind, mehr zustand.

Nach Abschluss der Bemalung von 225 Blättern oder mit Leistungsende 31.07.2017 endete die vertragliche Verpflichtung der mbP ohne weiteres Zutun.

Es ist von einer in sich geschlossenen Einheit auszugehen und nicht von bloß der Art nach umschriebenen Tätigkeiten, die der BF1 ein Gestaltungsrecht noch nach Abschluss des Vertrages einräumten.

Die mbP war in Ausübung ihrer Tätigkeit auch an keinen von der BF1 vorgegebenen Arbeitsort oder eine vorgegebene Arbeitszeit gebunden.

In diesem Zusammenhang darf jedoch auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hingewiesen werden, wonach die Bindung an die Arbeitszeit oder den Arbeitsort dann hinsichtlich des Vorliegens einer abhängigen Beschäftigung nicht unterscheidungskräftig seien, wenn sie sich gleichsam aus der Natur der Sache ergeben, ein selbständig Erwerbstätiger also ebensolchen Sachzwängen bei einer bestimmten Tätigkeit unterläge wie ein unselbständig Beschäftigter (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 21. September 1993, Zl. 92/08/0186, mwN).

Eine Weisungsbefugnis der BF1 hinsichtlich des arbeitsbezogenen Verhaltens der mbP lag nicht vor. Einfluss auf die Bemalung wurde nicht genommen. Die mbP war in der Gestaltung ihrer Arbeitsweise frei, sie konnte die Intensität ihrer Tätigkeit selber bestimmen und organisatorisch einteilen.

Eine organisatorische Einbindung in den Betrieb der BF1 oder eine die persönliche Bestimmungsfreiheit einschränkende Kontrollmöglichkeit der mbP kann im gegenständlichen Fall nicht erkannt werden.

Da die mPb im Rahmen eines Werkvertrages tätig wurde, war daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden und der Beschwerde stattzugeben.

Ob es sich bei der mbP um eine Kunstschaffende handelt und die mbP somit der Ausnahmeregelung des § 4 Abs4 Z2 litd ASVG unterliegt, war im gegenständlichen Verfahren nicht mehr von Entscheidungsrelevanz.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Konkretisierung, Pflichtversicherung, Werkvertrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W156.2186219.1.00

Zuletzt aktualisiert am

29.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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