Entscheidungsdatum
27.11.2018Norm
B-VG Art.133 Abs4Spruch
W208 2199666-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Mag. Günter PETZELBAUER, Rechtsanwalt, Rabensteig 8/3a, 1010 Wien, gegen den Bescheid der Präsidentin des Landesgerichts für Zivilrechtssachen WIEN vom 18.05.2018, Zl 100 Jv 2353/18y -33a (003 Rev 5948/18d), betreffend Gerichtsgebühren zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 2 VwGVG als unbegründet
abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die beschwerdeführende Partei (bP) brachte am 18.01.2018 eine Klage auf Zahlung von € 10.384,09 samt Zinsen und Räumung eines Geschäftslokals beim Bezirksgericht XXXX ein und entrichtete die dafür vorgesehene Pauschalgebühr TP 1 Gerichtsgebührengesetz (GGG) in der Höhe von € 743,-- durch Gebühreneinzug.
In der Tagsatzung vom 27.02.2018 schlossen die Parteien einen Vergleich, Zl XXXX mit folgendem Inhalt (auszugsweise):
"1. Die Beklagte verpflichtet sich der klagenden Partei zu Handen des Klagevertreters den Betrag von € 9.374,- sowie die Kosten von €
2.468,62 sohin insgesamt € 11.842,62 wie folgt zu bezahlen:
Die 1. Rate a € 4.000.- bis 15.3.2018 sowie die Folgeraten a €
1.000,- fällig zum jeweiligen Monatsfünfzehnten beginnend mit 15.4.2018. 5 Tage Respiro, Terminverlust bei Verzug auch nur mit 1 Rate.
2. Die Beklagte verpflichtet sich der klagenden Partei das Geschäftslokal in [...] bis längstens 30.6.2018 geräumt von eigenen Fahrnissen zu übergeben.
3. Die klagende Partei verzichtet auf die Räumungsverpflichtung gemäß Punkt 2. bei Bezahlung der Raten gemäß Punkt 1. und der jeweils laufenden Mietzinse."
2. Mit dem beschwerdegegenständlichen Bescheid der Präsidentin des Landesgerichts für Zivilrechtssachen WIEN wurde (nachdem ein davor erlassener Mandatsbescheid ex lege außer Kraft getreten war) ein neuer Zahlungsauftrag erlassen. Mit diesem wurden der bP eine restliche Pauschalgebühr gemäß TP 1 GGG iVm § 58 JN, § 14 GGG, § 18 Abs 2 Z 2, 2a und 3 GGG (Bemessungsgrundlage: € 131.898,--) von €
2.919,-- abzüglich des durch Gebühreneinzug bezahlten Betrags von €
743,--, somit € 2.176,--, zuzüglich einer Einhebungsgebühr von €
8,-- gemäß § 6a Abs 1 GEG vorgeschrieben, somit in Summe € 2.184,--.
In der Begründung wurde zusammengefasst ausgeführt, gemäß § 18 Abs 2 Z 2a GGG sei aufgrund des Vergleiches eine restliche Pauschalgebühr nach TP 1 GGG zu entrichten.
Aus der Klage und dem Vergleich ergäben sich folgende gebührenrechtlich relevante Bewertungsgrundlagen:
"zu zahlender Betrag laut Klage ON 1 § 14 GGG iVm § 54 JN und § 18 Abs 3 GGG (eine Klagseinschränkung ist nicht zu berücksichtigen) €
10.384,09
Räumungsbegehren gem. § 16 Abs 1 Z 1 lit c GGG € 750,--
Zahlung der laufenden monatlichen Mietzinse von € 1.006,36 (Vergleich Punkt 3) § 18 Abs 2 Z 2 und 2a GGG iVm § 58 Abs 1 JN monatliche Miete laut Klage ON 1: € 1.006.36 x 12 x 10 € 120.763,20
Bemessungsgrundlage gesamt € 131.897,29
Bemessungsgrundlage gerundet gemäß § 6 Abs 2 GGG € 131.898,--"
Die Pauschalgebühr nach TP 1 GGG betrage bei einer Bemessungsgrundlage von € 131.898,--insgesamt € 2.919,--, wobei der bereits bezahlte Betrag von € 743,-- einzurechnen sei. Für die bP ergebe sich somit eine restliche Gebührenschuld in der Höhe von €
2.176,--. Gegenüber dem Bund sei die bP zur Zahlung verpflichtet.
3. Gegen diesen Bescheid (zugestellt am 23.05.2018) richtet sich die am 20.06.2018 eingelangte Beschwerde.
Darin wurde im Wesentlichen vorgebracht, in dem Vergleich werde mittels des Wortes "jeweils" hinreichend darauf hingewiesen, dass auf die Räumungsverpflichtung dann verzichtet werde, wenn während der Dauer der Ratenvereinbarung auch der laufende Mietzins bezahlt werde.
Der Verfassungsgerichtshof habe in einem nahezu identen Sachverhalt die Vorschreibung von Gebühren als weitere Bedingung für den Räumungsverzicht erachtet und festgehalten, dass das Gesetz in denkunmöglicher Weise angewendet und somit das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt worden sei (Hinweis auf VfGH 05.06.2014, Zl B145/2014). Die belangte Behörde habe im vorliegenden Fall § 18 Abs 2 Z 2 und § 14 GGG iVm § 58 Abs 1 JN in denkunmöglicher Weise angewendet.
4. Mit Schreiben vom 27.06.2018 legte die belangte Behörde die Beschwerde und den gegenständlichen Verwaltungsakt - ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen - dem BVwG zu Entscheidung vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der im Punkt I.1. angeführte Verfahrensgang und Sachverhalt wird festgestellt.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum Verfahrensgang und zum rechtserheblichen Sachverhalt konnten unmittelbar aufgrund der Aktenlage erfolgen und sind unbestritten.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zulässigkeit und Verfahren
Die Beschwerde wurde gemäß § 7 Abs 4 VwGVG (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz) innerhalb der Frist von vier Wochen bei der belangten Behörde eingebracht. Es liegen auch sonst keine Anhaltspunkte für eine Unzulässigkeit der Beschwerde vor.
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels entsprechender Sonderregelung im GEG bzw im GGG liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht - soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet - den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Das Verwaltungsgericht hat gemäß § 28 Abs 2 VwGVG über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht.
Gemäß § 24 Abs 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrags - der hier ohnehin nicht vorliegt - von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 EMRK noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen. Im gegenständlichen Fall geht der Sachverhalt eindeutig aus den Akten hervor. Wie der Verwaltungsgerichtshof ausführte ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Verfahren zur Vorschreibung und Einbringung von Gerichtsgebühren mangels Vorliegens von "civil rights" unter dem Blickwinkel des Art 6 EMRK nicht erforderlich (VwGH 26.06.2003, 2000/16/0305; 11.01.2016, Ra 2015/16/0132). Auch ist nicht ersichtlich, warum nach Art 47 der EU Grundrechte-Charta eine Verhandlung erforderlich sein soll. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs 4 VwGVG entfallen und ist auch die Rechtsfrage nicht derart komplex, dass es zu deren Erörterung einer mündlichen Verhandlung bedürfte.
Zu A)
3.2. Gesetzliche Grundlagen
3.2.1. § 14 GGG lautet:
"Bemessungsgrundlage ist, soweit nicht im Folgenden etwas anderes bestimmt wird, der Wert des Streitgegenstandes nach den Bestimmungen der §§ 54 bis 60 JN."
§ 58 Abs 1 JN lautet:
"Als Wert des Rechtes auf den Bezug von Zinsen, Renten, Früchten oder anderen wiederkehrenden Nutzungen und Leistungen ist bei immerwährender Dauer das Zwanzigfache, bei unbestimmter oder auf Lebenszeit beschränkter Dauer das Zehnfache, sofern es sich um Ansprüche auf Unterhalts- oder Versorgungsbeträge und auf Zahlung von Renten wegen Körperbeschädigung oder Tötung eines Menschen handelt, das Dreifache der Jahresleistung, bei bestimmter Dauer aber der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge, jedoch in keinem Fall mehr als das Zwanzigfache der Jahresleistung anzunehmen."
3.2.2. § 16 GGG steht unter der Überschrift "Bewertung einzelner Streitigkeiten" und lautet:
(1) Die Bemessungsgrundlage beträgt:
1. 750 Euro bei
a) Streitigkeiten über die Dienstbarkeit der Wohnung und über das Ausgedinge sowie bei arbeitsrechtlichen Streitigkeiten, soweit in diesen Fällen nicht ein Geldbetrag - sei es in einem Leistungs- oder in einem sonstigen Begehren, etwa einem Feststellungs- oder Unterlassungsbegehren - Gegenstand der Klage ist;
b) gerichtlichen Kündigungen von Bestandverträgen und Aufträgen zur Übergabe oder Übernahme von Bestandgegenständen;
c) Bestandstreitigkeiten, soweit nicht ein Geldbetrag - sei es in einem Leistungs- oder in einem sonstigen Begehren, etwa einem Feststellungs- oder Unterlassungsbegehren - Gegenstand der Klage ist, sowie Streitigkeiten über Räumungs- und Besitzstörungsklagen;
d) Streitigkeiten über Oppositions- (§ 35 EO), Impugnations- (§ 36 EO) und Exszindierungsklagen (§ 37 EO);
[...]"
3.2.3. § 18 GGG lautet:
"(1) Die Bemessungsgrundlage bleibt für das ganze Verfahren gleich.
(2) Hievon treten folgende Ausnahmen ein:
[...]
2. Wird der Wert des Streitgegenstandes infolge einer Erweiterung des Klagebegehrens geändert oder ist Gegenstand des Vergleiches eine Leistung, deren Wert das Klagebegehren übersteigt, so ist die Pauschalgebühr unter Zugrundelegung des höheren Streitwertes zu berechnen; die bereits entrichtete Pauschalgebühr ist einzurechnen.
2a. Ist Gegenstand des Vergleichs eine Räumungsverpflichtung, die auch der Sicherung einer Forderung auf wiederkehrende Leistungen dient (etwa wenn auf die Räumung verzichtet wird oder von dieser kein Gebrauch gemacht werden soll, solange die Leistungsverpflichtung fristgerecht erfüllt wird), so ist in die Bemessungsgrundlage des Vergleiches neben dem Streitwert für die Räumung auch der Streitwert für die wiederkehrenden Leistungen einzurechnen.
[...]"
Diese Gestalt erhielt § 18 GGG durch Art 23 Z 8 Budgetbegleitgesetz 2011, durch den in Abs 2 die Z 2a eingefügt wurde. Gemäß Art. VI Z 39 GGG idF des Art. 23 Z 24 lit. b Budgetbegleitgesetz 2011 trat § 18 Abs 2 Z 2a GGG mit 1.1.2011 in Kraft. Er ist in dieser Fassung auf Vergleiche anzuwenden, die nach dem 31.12.2010 geschlossen werden. - Der Rest des § 18 GGG gilt in der Stammfassung.
3.3. Beurteilung des konkreten Sachverhaltes
3.3.1. Die bP vertritt zusammengefasst die Meinung, in dem Vergleich werde mittels des Wortes "jeweils" hinreichend darauf hingewiesen, dass auf die Räumungsverpflichtung dann verzichtet werde, wenn während der Dauer der Ratenvereinbarung auch der laufende Mietzins bezahlt werde. Der Verfassungsgerichtshof habe in einem nahezu identen Sachverhalt die Vorschreibung von Gebühren, als weitere Bedingung für den Räumungsverzicht erachtet und festgehalten, dass das Gesetz in denkunmöglicher Weise angewendet und somit das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt worden sei (Hinweis auf VfGH 05.06.2014, Zl B145/2014). Die belangte Behörde habe im vorliegenden Fall § 18 Abs 2 Z 2 und § 14 GGG iVm § 58 Abs 1 JN in denkunmöglicher Weise angewendet.
3.3.2. Dem steht die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (zu § 18 Abs 2 Z 2 GGG) entgegen, nach der bei derartigen Formulierungen davon auszugehen ist, dass der Streitwert in der geschilderten Weise erhöht worden ist. Das Bundesverwaltungsgericht verweist dazu beispielhaft auf das Erkenntnis vom 18.3.2013, 2010/16/0066, in dem es wörtlich auszugsweise heißt:
"Im Rahmen des Räumungsverfahrens schlossen die Beschwerdeführerin und die beklagte Partei [...] einen zivilgerichtlichen Vergleich, nach dessen Punkt 1) die beklagte Partei sich verpflichtete, den Mietgegenstand bis längstens 31. Juli 2008 geräumt von eigenen Fahrnissen und unter Verzicht auf jeglichen Räumungsaufschub zu übergeben.
Die Punkte 2) und 3) des Vergleiches lauteten:
‚2) Die beklagte Partei verpflichtet sich weiters, der klagenden Partei zusätzlich zu den laufenden Mietzinsen EUR 1.708,58 zuzüglich EUR 13,62 an kapitalisierten Zinsen an rückständigen Mietzins für den Zeitraum 1/08 bis 6/08 und die mit EUR 533,25 berechneten Prozesskosten, insgesamt daher EUR 2.255,45 zu Handen des Klagevertreters zu bezahlen; die Bezahlung hat in vier monatlichen Raten a EUR 563,85 beginnend mit 15. Juni 2008, die weiteren Raten am 15. der Folgemonate zu erfolgen.
Bei Verzug mit nur einer Rate wird der dann noch aushaftende Gesamtbetrag sofort fällig. ...
3) Bei rechtzeitiger und vollständiger Erfüllung der Zahlungsverpflichtung gem. Punkt 2) dieses Vergleiches verpflichtet sich die klagende Partei, vom Räumungstitel gemäß Punkt 1) dieses Vergleiches keinen Gebrauch zu machen, sodass die entsprechende Räumungsverpflichtung entfällt.' [...]
Nach ständiger hg. Rechtsprechung richtet sich in Anwendung des § 58 Abs 1 JN die Gerichtsgebühr im Falle gerichtlicher Räumungsvergleiche dann, wenn eine zeitlich nicht genau begrenzte Verpflichtung zur Zahlung eines Betrages übernommen wird, nach dem Zehnfachen des Jahreswertes. In Fällen, in denen einerseits ein Räumungstermin und andererseits ein bestimmter, regelmäßig zu zahlender Mietzins ohne zeitliche Begrenzung vereinbart wird, wird eine Verpflichtung auf unbestimmte Zeit begründet, weil in solchen Fällen dem Vergleich selbst nicht entnommen werden kann, dass die Leistungsverpflichtung für den Fall der nicht fristgerechten Räumung mit dem in Aussicht genommenen Räumungstermin erlöschen soll [...]. Dabei ist zu beachten, dass das Wort ‚Verpflichtung' im Vergleichstext nicht ausdrücklich genannt sein muss [...].
Im Beschwerdefall ist Gegenstand des Vergleiches, dass neben der Räumung und der Zahlung des bis zum Vergleichszeitpunkt aufgelaufenen Rückstandes (in Monatsraten) auch die ‚laufenden Mietzinsen' entrichtet werden. Der Beschwerdefall gleicht insoweit dem dem hg. Erkenntnis vom 22. Februar 2012, 2009/16/0248, zugrunde liegenden Sachverhalt, in dem die Verpflichtung zur pünktlichen Begleichung der ‚laufenden Mietzinsvorschreibungen' bis zur (tatsächlichen) Rückgabe - und damit nicht bis zum bestimmten, vertraglich vorgesehenen Zeitpunkt der Rückgabe - des Bestandgegenstandes vereinbart wurde [...].
Auch die im Beschwerdefall von den Parteien des Vergleichs gewählte Formulierung, dass der ausstehende Rückstand zusätzlich zu den laufenden Mietzinsen zu entrichten sei, vermag zu keiner anderen Beurteilung zu führen. Es ergibt sich nämlich daraus auch die Verpflichtung zur Zahlung der laufenden Mietzinse. Eine zeitliche Begrenzung dieser wiederkehrenden Leistungen wurde hingegen nicht vereinbart, sodass diese Beträge bis zur tatsächlichen Räumung zu zahlen sind. Der tatsächliche Endtermin für die Bezahlung des Mietzinses im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses blieb unbestimmt. Dass im gerichtlichen Vergleich auch die Entrichtung des Rückstandes in Form von Ratenzahlungen vereinbart wurde, vermag nichts daran zu ändern, dass Gegenstand des Vergleiches eben auch eine auf unbestimmte Dauer vereinbarte Leistung war, die im Klagebegehren nicht enthalten war.
Die belangte Behörde konnte daher zutreffend davon ausgehen, dass sich im Beschwerdefall aus dem Vergleichstext eine zeitlich unbeschränkte Verpflichtung zur Entrichtung des Mietzinses ergibt. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin waren somit auch die ‚laufenden Mietzinsen' in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen."
Dass diese Entscheidung noch zu § 18 GGG idF vor dem Budgetbegleitgesetz 2011 - also bevor in Abs 2 die Z 2a eingefügt wurde - ergangen ist, hat weiters keine Bedeutung, da mit dieser Einfügung nur beabsichtigt war, der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine sichere Rechtsgrundlage zu bieten. So heißt es in den parlamentarischen Materialien (Erläut. zur RV, 981 BlgNR 24. GP, 60):
"Mit dem vorgeschlagenen § 18 Abs 2 Z 2a soll für die ständige Rechtsprechung des VwGH (siehe Stabentheiner, Gerichtsgebühren9 [2010] E 53 ff, vgl. etwa zuletzt VwGH 8.9.2010 Zl. 2010/16/0117) nunmehr auch eine explizite gesetzliche Grundlage geschaffen werden. Durch die solcherart bewirkte Transparenz im Gesetz soll der Justizverwaltung eine Vielzahl von Rechtsmittelverfahren erspart und so der Aufwand hiefür gesenkt werden. Nebenbei wird auch Rechtsklarheit für die Vergleichsparteien geschaffen und es ihnen so erleichtert, eine gebührenschonende Gestaltung ihrer Vereinbarung zu wählen, und z.B., soweit die Sicherung der wiederkehrenden Leistung nicht bezweckt sein sollte, auf deren Erwähnung im Vergleich zu verzichten. Damit sollen die doch immer wieder aufgetretenen, stereotypen negativen Überraschungseffekte im Gerichtsgebührenbestimmungsverfahren vermieden und Rechtsklarheit auch für alle Rechtsanwender geschaffen werden, denen die Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts in Gebührensachen nicht immer geläufig ist.
Wiederkehrende Leistungen (z.B. der Mietzins) sind immer dann in die Bemessungsgrundlage eines Vergleichs, der eine Räumungsverpflichtung (egal ob zeitlich fixiert oder nicht) enthält oder darauf Bezug nimmt, einzurechnen, wenn die Räumungsverpflichtung (auch) der Sicherung der wiederkehrenden Leistungen dient (z.B. weil Monat für Monat auf die Durchsetzung der Räumungsverpflichtung nur insofern jeweils verzichtet wird, als die wiederkehrende Leistung erfolgt)."
3.3.3. Wie erwähnt, ist die zitierte Rechtsprechung zur Rechtslage vor Einfügung der Z 2a in § 18 Abs 2 GGG ergangen. Wie gleichfalls erwähnt, war mit dieser Einfügung nur beabsichtigt, der bis dahin ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine sichere Rechtsgrundlage zu bieten, die - was die Materialien verschweigen - vom Verfassungsgerichtshof in Frage gestellt worden war (VfSlg. 16.701/2002, 17.004/2003, 17.634/2005, 18.990/2010, 19.062/2010, 19.339/2011; VfGH 5.6.2014, B 145/2014; vgl. auch VfSlg. 19.241/2010). Dementsprechend ist der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung, die seither zu § 18 Abs 2 Z 2a GGG ergangen ist, bei den Aussagen geblieben, die seine Rechtsprechung zu § 18 Abs 2 Z 2 GGG geprägt haben. Überdies hat er im Fall eines Vergleiches, der am 19.10.2010 geschlossen worden war - auf den § 18 Abs 2 Z 2a GGG (gemäß Art VI Z 39 GGG idF des Art 23 Z 24 lit. b Budgetbegleitgesetz 2011) daher noch nicht anzuwenden war - § 18 Abs 2 Z 2a GGG angewandt (VwGH 21.11.2012, 2012/16/0190), umgekehrt im Fall eines Vergleiches, der am 3.8.2011 abgeschlossen worden war - und auf den § 18 Abs 2 Z 2a GGG somit anzuwenden war - gemeint, es sei noch die Stammfassung des § 18 Abs 2 GGG anzuwenden (VwGH 16.12.2014, 2013/16/0023). (Im zuletzt genannten Fall ging es darum, dass sich die dort klagende Partei verpflichtete, die monatlichen Mietzinse an die beklagte Partei zu zahlen [bzw. bei Zahlungsverzug binnen sieben Monaten zu räumen], und überdies dazu, das Bestandobjekt bis längstens 31.12.2014 zu räumen, somit mehr als drei Jahre nach Abschluss des Vergleiches. Der Verwaltungsgerichtshof war der Ansicht, dem "eindeutigen Vergleichstext" sei nicht zu entnehmen, dass die Verpflichtung zur Zahlung der Mietzinse mit dem vereinbarten Räumungstermin befristet gewesen wäre.) In einem weiteren Erkenntnis (24.10.2013, 2013/16/0149) wandte der Verwaltungsgerichtshof § 18 Abs 2 Z 2a GGG an, verwies aber auf "das einen insoweit wortgleichen Räumungsvergleich betreffende hg. Erkenntnis vom 27. September 2012, 2010/16/0046", in dem unzweifelhaft § 18 Abs 2 Z 2 GGG und nicht § 18 Abs 2 Z 2a GGG anzuwenden war. All dies zeigt, dass auch der Verwaltungsgerichtshof keinen materiellen Unterschied zwischen der Rechtslage vor und jener nach der Einfügung der Z 2a in § 18 Abs 2 GGG sehen dürfte.
Etwas ausführlicher beschäftigte er sich in seinem Erkenntnis vom 28.2.2014, 2013/16/0154, mit § 18 Abs 2 Z 2a GGG und mit der dort vorgesehenen Sicherungsfunktion des Vergleiches. Aber auch hier fand er, die dort im Vergleich gewählte Formulierung "zusätzlich zu den laufenden Mietzinsen" erfülle den Tatbestand des § 18 Abs 2 Z 2a
GGG:
"Nach dem eindeutigen Wortlaut übernahm der beklagte Mieter in Punkt 2. des Vergleiches die Verpflichtung, der Beschwerdeführerin ‚zusätzlich' zu laufenden Mietzinsen den rückständigen Mietzins samt Prozesskosten in monatlichen Raten bei Terminsverlust zu bezahlen. Die Beschwerdeführerin erzielte durch Punkt 3. des Vergleiches, wonach sie nur bei rechtzeitiger und vollständiger Erfüllung aller Zahlungsverpflichtungen gemäß Punkt 2. des Vergleiches von der Gebrauchnahme des Räumungstitels Abstand nehmen sollte, die Sicherung all ihrer Forderungen an rückständigen Mieten, Ersatz der Prozesskosten sowie an laufenden Mieten, weshalb die belangte Behörde - unter Einrechnung der bereits entrichteten Pauschalgebühr - in die Bemessungsgrundlage zu Recht auch den Streitwert für die ‚laufenden Mietzinse' miteinbezog."
Ergänzend weist das Bundesverwaltungsgericht darauf hin, dass auch der Verfassungsgerichtshof keinen Anlass gefunden hat, § 18 Abs 2 Z 2a GGG auf seine Verfassungsmäßigkeit zu prüfen. Vielmehr hat er in jenem Verfahren, das dem soeben zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vorausging, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt (VfGH 27.06.2013, B 404/2012), und zwar ua mit der - im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes wiedergegebenen - Begründung: "Soweit die Beschwerde aber insofern verfassungsrechtliche Fragen berührt, als die Verfassungswidrigkeit des § 18 Abs 2 Z 2a Gerichtsgebührengesetz behauptet wird, lässt ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der Zielsetzung der Neuregelung des § 18 Abs 2 Z 2a Gerichtsgebührengesetz, die auf das Sicherungsinteresse abstellt (siehe RV 981 BlgNR 24. GP, 60 f.), und der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur Nutzenäquivalenz im Gerichtsgebührenrecht (VfSlg. 18.070/2007, 19.487/2011) die behaupteten Rechtsverletzungen als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat" (vgl auch den bei Wais/Dokalik, Gerichtsgebühren12 [2016] E70 zu § 18 GGG zitierten Ablehnungsbeschluss VfGH 27.6.2013, B 403/2013). Das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 05.06.2014, B145/2014, auf welches die bP in ihrer Beschwerde hinweist, hatte hingegen einen vor Inkrafttreten des § 18 Abs 2 Z 2a GGG abgeschlossenen Vergleich zum Gegenstand.
3.3.4. Im Text des vorliegenden Vergleiches ist - in Punkt 3 - ausdrücklich von "Bezahlung [...] der jeweils laufenden Mietzinse" die Rede, die gemeinsam mit der Erfüllung der Zahlungsverpflichtung gemäß Punkt 1 des Vergleiches (betreffend rückständige Mieten und Kosten) dazu führen soll, dass die Räumungsverpflichtung (gemäß Punkt 2 dieses Vergleiches) entfalle. Überdies kann dem Wort "jeweils" in der Vergleichsformulierung entgegen der Ansicht der bP keine zeitliche Beschränkung des vergleichsgegenständlichen laufenden Mietzinses entnommen werden. Es ist daher davon auszugehen, dass die Bezahlung der laufenden Mieten zusätzlich zu jenen Mieten vereinbart wurde, die bis zum Abschluss des Vergleiches bereits fällig geworden waren. Darauf, ob damit ein Exekutionstitel geschaffen wird oder nicht, kommt es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht an (zB VwGH 28.02.2014, 2013/16/0154; 29.01.2015, 2013/16/0191). Einer ausdrücklichen Verpflichtung zur Bezahlung der laufenden Mieten bedarf es - wie sich aus dem Gesetzeswortlaut ergibt - nicht, kommt eine derartige Zahlungsverpflichtung hinzu, dann ist die Werterhöhung durch § 18 Abs 2 Z 2 und Z 2a GGG begründet (vgl VwGH 24.10.2013, 2013/16/0149; 06.02.2018, Ra 2016/16/0018).
Dementsprechend kann auch hier gesagt werden, dass die belangte Behörde - unter Einrechnung der bereits entrichteten Pauschalgebühr - in die Bemessungsgrundlage zu Recht auch den Streitwert für die laufenden Mietzinse miteinbezog.
3.3.5. Im Ergebnis kann das Bundesverwaltungsgericht daher die Ansicht der belangten Behörde, der Vergleich vom 27.02.2018 löse gemäß § 18 Abs 2 Z 2a GGG eine neue Gebührenpflicht nach TP 1 GGG in dem von ihr angenommenen Ausmaß aus, nicht als fehlerhaft erkennen.
Die bP behauptet nicht, dass die belangte Behörde - abgesehen von der ihrer Ansicht nach unzutreffenden Anwendung des § 18 Abs 2 Z 2a GGG - die Gebühr falsch berechnet, also etwa den Tarif falsch angewandt hätte. Dies trifft auch offenkundig nicht zu.
Das GGG knüpft bewusst an formale äußere Tatbestände an, um eine möglichst einfache Handhabung des Gesetzes zu gewährleisten. Eine ausdehnende oder einschränkende Auslegung des Gesetzes, die sich vom Wortlaut insoweit entfernt, als über das Fehlen eines Elementes des im Gesetz umschriebenen Formaltatbestandes, an den die Gebührenpflicht oder die Ausnahme geknüpft ist, hinweg sieht, würde diesem Prinzip nicht gerecht werden. Die das Gerichtsgebührengesetz und das gerichtliche Einbringungsgesetz vollziehenden Justizverwaltungsorgane sind an die Entscheidungen der Gerichte gebunden [vgl. die in Wais/Dokalik, Gerichtsgebühren10, in E 12.ff zu § 1 GGG, wiedergegebene hg. Rechtsprechung] (VwGH 29.04.2013, Zl. 2012/16/0131). Es geht auch nicht an, im Wege der Analogie einen vom Gesetzgeber nicht vorgesehenen Ausnahmetatbestand zu begründen (vgl VwGH 13.5.2004, 2003/16/0469 mwN).
Da dem angefochtenen Bescheid vor diesem Hintergrund keine Rechtswidrigkeit im Sinne des Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG anzulasten ist, ist die Beschwerde spruchgemäß abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf die oben dargestellte Judikatur des VwGH wird verwiesen.
Schlagworte
Bemessungsgrundlage, Einhebungsgebühr, Gerichtsgebührenpflicht,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W208.2199666.1.00Zuletzt aktualisiert am
31.01.2019