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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AVG §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Julcher, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Dr. Peter Ringhofer, Dr. Martin Riedl und Dr. Georg Riedl, Rechtsanwälte in Wien I, Franz-Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 26. Mai 1998, Zl. 18.317/35-II/2/98, betreffend Erschwerniszulage, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Revierinspektor bei der Bundespolizeidirektion Wien (seit 1. Jänner 1995 im Funktionszulagenschema) in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er versieht seit 1992 seinen Dienst bei der Funkstelle/Informationsdienst, wo er an einem Computer (PC mit Bildschirm) im Rahmen des auf elektronischer Datenverarbeitung beruhenden Einsatzleitsystems (ELS) arbeitet.
Mit Eingabe vom 31. Juli 1994 beantragte er die "Zuerkennung" einer Erschwerniszulage gemäß § 19a GG 1956. Zur Vorgeschichte wird im Übrigen auf das im ersten Rechtsgang ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. September 1997, Zl. 95/12/0199, verwiesen, mit dem der Bescheid der belangten Behörde vom 6. Juni 1995 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben wurde. Der Verwaltungsgerichtshof führte dazu insbesondere aus, dass die Frage, ob dem Beschwerdeführer durch das Einsatzleisystem (ELS) eine besonders belastende Arbeitsweise aufgezwungen werde, durch die Einholung eines arbeitsmedizinischen (arbeitspsychologischen) Sachverständigengutachtens in einer der nachprüfenden Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes zugänglichen Weise zu klären gewesen wäre.
Im fortgesetzten Verfahren trug die belangte Behörde der Bundespolizeidirektion Wien mit Schreiben vom 23. Oktober 1997 die Einholung eines arbeitsmedizinischen (arbeitspsychologischen) Sachverständigengutachtens auf. Der Beschwerdeführer wurde daraufhin der arbeitsmedizinischen Abteilung des Allgemeinen Krankenhauses zugewiesen. Mit Schreiben vom 24. November 1997 teilte der Beschwerdeführer dem Chefarzt der Bundespolizeidirektion Wien mit, Universitätsdozent Dr. W. (Abteilung für Arbeitsmedizin) sei in einem ersten Gespräch zur Auffassung gelangt, dass im gegenständlichen Fall primär eine arbeitspsychologische Untersuchung am Platz wäre, die auch die Stressbelastung durch die Arbeit mit dem Einsatzleitsystem berücksichtige. Universitätsdozent Dr. W. habe erklärt, dass eine derartige Studie vermutlich sehr lange dauern würde und entsprechend kostspielig wäre (von Seiten des Polizeichefarztes findet sich im Akt der Hinweis auf Kosten in der Höhe von S 500.000,--). Die Bundespolizeidirektion Wien legte der belangten Behörde dieses Schreiben des Beschwerdeführers mit der Bitte um Weisung zur weiteren Vorgehensweise vor.
Die belangte Behörde ersuchte in der Folge den Bundesminister für Finanzen (siehe § 19a Abs. 2 letzter Satz GG 1956) um eine Stellungnahme. Dieser antwortete mit Schreiben vom 13. Februar 1998, in dem im Wesentlichen Folgendes ausgeführt wurde: Bei der Funkstelle/Informationsdienst der Bundespolizeidirektion Wien handle es sich um eine Organisationseinheit des Exekutivdienstes. Tatsächlich gehöre der Beschwerdeführer auch der Besoldungsgruppe "Exekutivdienst" (Wachebeamte) an. Die gesamte Tätigkeit des Beschwerdeführers werde von Bildschirmen des Einsatzleitsystems beherrscht. Somit sei davon auszugehen, dass er in der Funkstelle/Informationsdienst ausschließlich Exekutivdienst leiste, und dass die daraus resultierenden Belastungen nur wachespezifischer Natur sein könnten. Als Äquivalent für die mit dem Exekutivdienst verbundene Beanspruchung beziehe der Beamte einerseits die Wachdienstzulage gemäß § 81 GG 1956, insbesondere aber die allen Beamten des Exekutivdienstes gebührende Vergütung gemäß § 83 leg. cit. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollten nämlich "wachespezifische Belastungen" durch eine monatliche Vergütung abgegolten werden (Hinweis auf die Erläuterungen zur 53. Gehaltsgesetznovelle). Da andere als "wachespezifische" Belastungen im vorliegenden Fall nicht zur Diskussion stünden, gälten alle aus dem (Exekutiv-)Dienst des Beamten in der Funkstelle/Informationsdienst der Bundespolizeidirektion Wien resultierenden Belastungen als abgegolten. Die Frage des Anspruches auf eine Erschwerniszulage gemäß § 19a GG 1956 stelle sich im Lichte dieser Überlegungen daher nicht.
Diese Stellungnahme wurde dem Beschwerdeführer im Rahmen des Parteiengehörs vorgelegt. Durch seinen Rechtsvertreter wandte er sich mit Schreiben vom 4. Mai 1998 gegen die vom Bundesminister für Finanzen vertretene Rechtsansicht und brachte vor, dass der Gesetzgeber ein Nebeneinander von allgemeiner wachespezifischer Belastung und einer besonderen Erschwernis im Sinne außergewöhnlich belastender äußerer Arbeitsumstände im Sinne des § 19a GG 1956 nicht von Vornherein ausschließe (wurde näher ausgeführt).
Die belangte Behörde erließ in der Folge den nun angefochtenen Bescheid vom 26. Mai 1998, mit dem sie die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 19. Oktober 1994 neuerlich abwies. Zur Begründung wurde nach der Darstellung des Verwaltungsgeschehens und der Wiedergabe der Stellungnahmen des Bundesministers für Finanzen und des Beschwerdeführers ausgeführt, dass dem Beamten gemäß § 81 Abs. 1 GG 1956 eine Wachdienstzulage gebühre, solange er im Exekutivdienst verwendet werde, insbesondere aber die allen Beamten des Exekutivdienstes gebührende Vergütung gemäß § 83 leg. cit., womit "nach dem Willen des Gesetzgebers wachespezifische Belastungen auch durch eine Erschwerniszulage abgegolten" würden. Weiters gebühre dem exekutivdienstfähigen Beamten gemäß § 82 leg. cit. eine Vergütung für besondere Gefährdung. Alle diese "Zulagen und Nebengebühren" würden vom Beschwerdeführer tatsächlich bezogen. Durch diese Geldleistungen seien sämtliche sich aus der Tätigkeit des in der Funkstelle/Informationsdienst beschäftigten Beamten ergebenden Erschwernisse abgegolten. Im Fall der wachespezifischen Belastungen sei ein Nebeneinander von allgemeiner wachespezifischer Belastung und einer besonderen Erschwernis zwar nicht von Vornherein auszuschließen, im gegenständlichen Fall jedoch in keiner Weise zu rechtfertigen. Die vom Beschwerdeführer ausgeübte Tätigkeit entspreche einer Tätigkeit im so genannten Innendienst; dieses Faktum werde noch dadurch untermauert, dass er lediglich im Bezug des niedrigsten Satzes der Gefahrenzulage stehe, die vor allem für die nicht Außendienst leistenden Beamten vorgesehen sei. Der Beschwerdeführer sei sicher keiner größeren Erschwernis ausgesetzt als jener Beamte, der während eines zwölfstündigen Dienstes bis zu acht Stunden Außendienst (Straßendienst) versehe. Der Bezug der Wachdienstzulage sei an und für sich an den Außendienst geknüpft, weil es im § 81 GG 1956 ausdrücklich heiße:
"... solange er im Exekutivdienst verwendet wird". Noch deutlicher komme diese Voraussetzung im § 143 GG 1956 (für jene Beamte, die nicht "ins neue Besoldungssystem" optiert hätten) zum Ausdruck, weil es dort heiße: "... solange er im Wachexekutivdienst verwendet wird". Im konkreten Fall bedeute dies, dass der Beschwerdeführer im Bezug einer Leistung stehe, die eine allenfalls mögliche Erschwernis seiner Arbeit berücksichtige, obwohl diese Leistung an den Außendienst geknüpft sei und ein solcher während seiner Plandienstleistung nicht vorgesehen sei.
Zur Bindungswirkung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. September 1997 führte die belangte Behörde aus, dass es im ersten Verfahren sowohl von der Bundespolizeidirektion Wien als auch vom Bundesminister für Inneres verabsäumt worden sei, Erwägungen hinsichtlich der dem Beschwerdeführer zustehenden Geldleistungen anzustellen. Daher sei es dem Verwaltungsgerichtshof auch nicht möglich gewesen, Erwägungen bezüglich der Leistungen, wie sie sich aus der Wachdienstzulage und der Vergütung wachespezifischer Belastungen ergäben, in sein Erkenntnis mit einfließen zu lassen. Im Hinblick darauf und nicht zuletzt auch auf die der belangten Behörde bindend nicht erteilte Zustimmung des Bundesministers für Finanzen, sei von der Einholung des aufgetragenen Gutachtens Abstand genommen worden. Die belangte Behörde habe sich bei dieser Überlegung auch von den in § 39 Abs. 2 AVG verankerten Grundsätzen der Zweckmäßigkeit und Kostenersparnis leiten lassen, zumal die Einholung eines entsprechenden Gutachtens vermutlich sehr lange dauern, entsprechend kostspielig (ca. S 500.000,--) sein würde und allenfalls eine Gegenstudie notwendig machen könnte. Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens
vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 19a Abs. 1 GG 1956 gebührt dem Beamten, der seinen Dienst unter besonderen körperlichen Anstrengungen oder sonstigen besonders erschwerten Umständen verrichten muss, eine Erschwerniszulage. Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung ist bei der Bemessung der Erschwerniszulage auf die Art und das Ausmaß der Erschwernis angemessen Rücksicht zu nehmen. Die Bemessung der Erschwerniszulage und ihre Pauschalierung bedürfen der Zustimmung des Bundesministers für Finanzen.
Gemäß § 81 Abs. 1 GG 1956 in der Fassung BGBl. Nr. 550/1994 gebührt dem Beamten des Exekutivdienstes, solange er im Exekutivdienst verwendet wird oder wenn er infolge eines im Exekutivdienst erlittenen Dienstunfalles nicht mehr in diesem Dienst verwendet werden kann, eine Wachdienstzulage.
Gemäß § 82 Abs. 1 GG 1956 in der Fassung BGBl. Nr. 550/1994 gebührt dem exekutivdienstfähigen Beamten des Exekutivdienstes für die mit seiner dienstplanmäßigen Tätigkeit verbundene besondere Gefährdung an Stelle der im § 19b vorgesehene Nebengebühr eine monatliche Vergütung von 7,30 % des Gehaltes der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V, soweit nicht für seine Verwendung gemäß Abs. 3 ein höheres Ausmaß festgesetzt ist.
Gemäß § 83 Abs. 1 GG 1956 in der Fassung BGBl. Nr. 550/1994 gebührt dem Beamten des Exekutivdienstes für wachespezifische Belastungen eine monatliche Vergütung.
Für den Zeitraum vor dem 1. Jänner 1995 sind im Beschwerdefall die, soweit hier erheblich, im Wesentlichen inhaltsgleichen Bestimmungen über die Wachdienstzulage (§ 74 GG 1956), die Vergütung für besondere Gefährdung (§ 74a GG 1956) und die Vergütung für Wachebeamte (§ 74b GG 1956) in der Fassung vor dem Besoldungsreformgesetz, BGBl. Nr. 550/1994, anzuwenden.
Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Erschwerniszulage nach § 19a GG 1956 durch unrichtige Anwendung dieser Norm sowie der Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung verletzt.
Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bringt er insbesondere vor, dass die belangte Behörde es unterlassen habe, ein arbeitsmedizinisches (arbeitspsychologisches) Sachverständigengutachten einzuholen. Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Beschwerdeführer bereits eine Wachdienstzulage beziehe, müsse untersucht werden, in welchem Ausmaß die Wachdienstzulage Erschwernisse von welcher Art abgelte, ob diese abgegoltenen Erschwernisse entweder die gleichen seien, wie er sie in seiner Arbeit zu bewältigen habe, oder ob sie für ihn weggefallen seien und der damit frei werdende Teil der Wachdienstzulage auf solche Erschwernisse angerechnet werden könne, die spezifisch für seine Arbeit (und nicht für den sonstigen Exekutivdienst) seien. Ohne eine solche detaillierte Untersuchung lasse sich nicht sagen, ob ihm nicht wenigstens für irgendein Differenzausmaß eine Erschwerniszulage gebühre. Es könne nicht unterstellt werden, dass der Gesetzgeber bei Schaffung der Wachdienstzulage schon genau auf die gegenständliche Verwendung (die es damals noch gar nicht gegeben habe) Rücksicht genommen habe. Die Gutachtenseinholung sei absolut unentbehrlich gewesen; dass sie nicht durchgeführt worden sei, bedeute einen wesentlichen Mangel des Ermittlungsverfahrens. Die behördliche Behauptung, dass der Beschwerdeführer "sicher" keiner größeren Erschwernis ausgesetzt sei als jene Beamten, die während eines zwölfstündigen Dienstes bis zu acht Stunden Außendienst (Straßendienst) versehen, erweise sich als eine bloße Behauptung, für die die nachvollziehbare Begründung fehle.
Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes macht der Beschwerdeführer zunächst geltend, dass die Behörde nicht berechtigt sei, von einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes wegen einer Rechtsansicht abzuweichen, die dieser Entscheidung nicht entspreche, unabhängig davon, ob sie explizit darin zum Ausdruck gelangt oder in ihr schlüssig inkludiert sei. Der angefochtene Bescheid verstoße gegen die Bindungswirkung des im ersten Rechtsgang ergangenen Erkenntnisses. Auch die Rechtsansicht der belangten Behörde selbst sei eindeutig verfehlt. Der behördliche Standpunkt würde voraussetzen, dass im Gesetz ausdrücklich angeordnet sei, dass die Wachdienstzulage "an Stelle (auch) der Erschwerniszulage" gebühre. Schon das Fehlen einer derartigen Gesetzesbestimmung führe daher zum eindeutigen Schluss, dass die behördliche Rechtsansicht gesetzwidrig sei. Teleologische Überlegungen bestätigten dies. Der Exekutivdienst im Allgemeinen und der Außendienst im Besonderen stellten spezifische Anforderungen (der Beschwerdeführer verweist hier auf die in Bezug auf das Verwendungsgruppenniveau außerordentlich lange und intensive Ausbildung sowie auf die belastende Arbeitszeitverteilung). Dies erkläre und rechtfertige die Wachdienstzulage, ohne dass angenommen werden könne, durch sie würden irgendwelche Nebengebührenansprüche einschließlich desjenigen auf die Erschwerniszulage annulliert. Die belangte Behörde habe auch nicht klar ausgesprochen, ob die Wachdienstzulage generell jeden Anspruch auf Erschwerniszulage verhindere oder ob das nur für den vom Beschwerdeführer geltend gemachten Anspruch auf Erschwerniszulage gelten solle. Ersteres sei aus den vorgenannten Gründen völlig ausgeschlossen, letzteres wäre besonders zu bekunden, wobei aber eine schlüssige Begründung dieser Art im angefochtenen Bescheid fehle. Allein aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer Exekutivdienst versehe, könne nicht gefolgert werden, dass ihn nur wachespezifische Belastungen treffen könnten. Vielmehr sei aus der Tatsache des Dienstes zu erschließen, welche Anforderungen (Erschwernisse) daraus resultierten. Im Übrigen könnten auch wachespezifische Belastungen gewöhnlicher oder außergewöhnlicher Art sein und damit ungeeignet oder geeignet für die Begründung eines Anspruches auf Erschwerniszulage. Im Fall des Beschwerdeführers handle es sich jedenfalls um besondere Erschwernisse, die einen Zulagenanspruch nach § 19a GG 1956 begründeten. Der Beschwerdeführer verweist dazu auf sein Vorbringen im Verwaltungsverfahren und führt ergänzend dazu aus, seit der Antragstellung habe sich die Situation noch dadurch weiter verschärft, dass der Arbeitsbildschirm nun drei grundsätzlich verschiedenen Computeranwendungen diene. Der Arbeits- und Wartestress habe sich dadurch weiter erhöht. Abschließend merkt der Beschwerdeführer an, dass auch die Frage der Gefahrenzulage keinerlei Relevanz für den gegenständlichen Anspruch auf Erschwerniszulage habe. Die Gefahrenmomente würden gesondert abgegolten, sowohl für die im Außendienst tätigen Kollegen als auch für seine dienstliche Tätigkeit.
Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Ergebnis im Recht.
Die Erschwerniszulage einerseits und die Wachdienstzulage sowie die Wachdienstvergütung (§ 83 Abs. 1 bzw. § 74b GG 1956) andererseits können nebeneinander gebühren. Während die letztgenannten besoldungsrechtlichen Leistungen nämlich Belastungen abgelten sollen, von denen im Exekutivdienst tätige Beamte typischerweise betroffen sind, ist die Erschwerniszulage eine Entschädigung für "besondere", also in Art oder Umfang darüber hinaus gehende Erschwernisse. Was die Vergütung für besondere Gefährdung nach § 82 (bzw. zuvor § 74a) GG 1956 betrifft, so ersetzt diese zwar gemäß Abs. 1 leg. cit. die in § 19b GG 1956 normierte Gefahrenzulage, nicht aber einen allfälligen Anspruch auf Erschwerniszulage. Im Beschwerdefall war also ungeachtet der für den Exekutivdienst zusätzlich vorgesehenen besoldungsrechtlichen Leistungen zu klären, ob die Voraussetzungen des § 19a GG 1956 vorliegen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat z.B. in seinem Erkenntnis vom 11. Mai 1994, Zl. 90/12/0009, aber auch im Vorerkenntnis vom 24. September 1997, Zl. 95/12/0199, ausgesprochen, dass die Behörde bei Prüfung der Voraussetzungen des § 19a GG 1956 zu ermitteln hat, worin die dienstlichen Verrichtungen des Beamten konkret bestehen, welche äußeren, seine Arbeitsverrichtung beeinflussenden Faktoren gegeben sind (objektive, auf den Arbeitsplatz bezogene Betrachtung ohne Berücksichtigung der spezifisch subjektiven Verfassung des Bediensteten) und ob diese geeignet sind, als besondere Erschwernis (im Sinne der beiden alternativen Anspruchsvoraussetzungen nach § 19a GG 1956) gewertet zu werden. Als Vergleichsmaßstab sind dabei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes jene Umstände heranzuziehen, unter welchen Beamte der gleichen Besoldungsgruppe typischerweise Dienst zu versehen haben (vgl. dazu das Erkenntnis vom 24. Jänner 1996, Zl. 92/12/0227). Im Beschwerdefall beschränkt sich die Vergleichbarkeit allerdings auf jene Beamten des Exekutivdienstes, die wie der Beschwerdeführer zur Entschädigung für wachespezifische Belastungen bereits die Wachdienstzulage und die Wachdienstvergütung erhalten. Sollte sich aber herausstellen, dass der Beschwerdeführer diese Leistungen zu Unrecht bezieht, weil er keinen Exekutivdienst versieht, so müsste das Vorliegen besonders erschwerender Umstände aufgrund eines Vergleichs mit anderen derartigen Exekutivdienstbeamten (denen solche Leistungen ebenfalls nicht gebühren) ermittelt werden. In keinem Fall kann aber von der Einholung eines arbeitsmedizinischen bzw. arbeitspsychologischen Sachverständigengutachtens abgesehen werden, in dem die Frage, ob mit der Tätigkeit des Beschwerdeführers besondere Belastungen verbunden sind, in einer der nachprüfenden Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes zugänglichen Weise zu klären ist.
Auch die mangelnde Zustimmung des Bundesministers für Finanzen enthob die belangte Behörde nicht von der Verpflichtung, den maßgeblichen Sachverhalt vollständig zu erheben und ihre Entscheidung entsprechend zu begründen. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 13. Jänner 1993, Zl. 91/12/0249), macht die Versagung der gesetzlich notwendigen Zustimmung zum Begehren des Beamten allein einen negativen Bescheid noch nicht rechtmäßig. Vielmehr unterliegt die Verweigerung der Zustimmung als ein der stattgebenden Entscheidung der Dienstbehörde entgegenstehendes Tatbestandsmerkmal der Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof, und es ist der Bescheid dann rechtswidrig, wenn die Gründe, aus denen die Zustimmung verweigert wurde, rechtsirrig sind.
Da also die belangte Behörde - ausgehend von einer unrichtigen Rechtsansicht - keine ausreichenden Erhebungen und Feststellungen über das Vorliegen besonderer Belastungen im Sinne des § 19a GG 1956 getroffen hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416 /1994.
Wien, am 22. Juli 1999
Schlagworte
Sachverhalt Sachverständiger GutachtenSachverständiger Erfordernis der Beiziehung Besonderes FachgebietZustimmungserfordernisErmessen besondere RechtsgebieteBegründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher VerfahrensmangelEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1998120178.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
26.03.2014