TE Bvwg Beschluss 2018/11/30 L526 1430850-3

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Veröffentlicht am 30.11.2018
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Entscheidungsdatum

30.11.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §18 Abs1 Z2
BFA-VG §18 Abs5
BFA-VG §18 Abs6
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs1a
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

L526 1430850-3/10Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Petra Martina Schrey, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXXX, StA. Türkei, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH - ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXXX, XXXXX beschlossen:

A)

Der Beschwerde wird gem. § 18 Abs. 5 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I. Nr. 87/2012 idgF, die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

I.1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge kurz "BF" genannt) brachte am 9.9.2013 bei der belangten Behörde einen Antrag auf internationalen Schutz ein und wurde sowohl im Jahr 2014 als auch im Jahr 2018 einer Befragung durch die belangte Behörde (in weiterer Folge kurz "bB" genannt) unterzogen.

I.2 Mit dem im Spruch genannten Bescheid wurde der Antrag Hinblick auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, idgF, abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Türkei nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung in die Türkei gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI.). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 und 6 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG wurde gegen den BF ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot verhängt (Spruchpunkt VIII.).

1.3. Gegen den angefochtenen Bescheid wurden innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben und beantragt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

1.4. Am 27.11.2018 langte in Ergänzung zu der zuvor genannten Beschwerde ein Foto eines türkischsprachigen Dokumentes sowie eine "Arbeitsübersetzung" dazu ein. Dieser Übersetzung zufolge handelt es sich um eine Anklageschrift der "Generalanwaltschaft der Republik" wegen öffentlicher Beleidigung des Präsidenten. Als Beschuldigter wird der BF geführt.

I.4. Hinsichtlich des Verfahrensganges im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes der Verwaltungsbehörde und der eingebrachten Beschwerde.

1. Feststellungen:

Es kann derzeit nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des BF in seinen Herkunftsstaat eine reelle Gefahr einer Verletzung von Art. 2, Art. 3, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention bedeuten würde.

2. Beweiswürdigung:

Der für die gegenständliche Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung relevante Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage zweifelsfrei.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gem. § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reelle Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A)

Der BF legte im Rechtsmittelverfahren ein bei der bB bereits angekündigtes Beweismittel vor.

Ohne tiefergehende Auseinandersetzung bzw. weitergehende Ermittlungen dazu kann im vorliegenden Fall innerhalb der gesetzlichen Frist nicht mit hinreichender Sicherheit prognostiziert werden, dass die Effektuierung der Rückkehrentscheidung in den in Aussicht genommenen Zielstaat keine reale Gefahr einer Verletzung von Bestimmungen der EMRK bedeuten würde.

Darüber hinaus lassen sich weder aus der angeführten Begründung des Bescheides zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung noch aus der Aktenlage konkrete Umstände entnehmen, welche die sofortige Ausreise des Beschwerdeführers zum gegebenen Zeitpunkt im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich machen würden. Die bB hat nicht nachvollziehbar begründet, inwieweit der Aufenthalt des Beschwerdeführers bis zum Abschluss des Beschwerdeverfahrens nunmehr die öffentliche Ordnung oder Sicherheit konkret gefährdet, zumal der Beschwerdeführer bereits im Jahr 2013 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat und das Asylverfahren mit einigen Verzögerungen geführt wurde (zwischen den einzelnen Verfahrensschritten liegen Jahre!), wobei die Verzögerungen offensichtlich nicht überwiegend auf das Verschulden des Beschwerdeführers zurückzuführen sind. Die belangte Behörde hat im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens offenbar keine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit festgestellt, da sie sonst das Verfahren zügiger durchgeführt hätte. In diesem Zusammenhang sei auch angemerkt, dass die letzte von insgesamt drei Verurteilungen des BF einem aktuellen Strafregisterauszug zufolge im Jahr 2013 vollzogen wurde. Inwieweit die Dringlichkeit einer Abschiebung nun für das Beschwerdeverfahren gegeben sein soll, ist aus der Aktenlage nicht erschließbar.

Im Übrigen setzt sich die bB auch nicht mit dem Privat- und Familienleben des BF - dieser lebt seit 1993 in Österreich und auch sein Sohn lebt hier; zu den weiteren Lebensumständen lassen sich der Aktenlage keine stichhaltigen Angaben entnehmen - auseinander.

Die Feststellungen der bB zur Behandelbarkeit der vom BF angegebenen Herzprobleme in der Türkei basieren offensichtlich auf einer Anfragebeantwortung aus dem Jahr 2010, welche auch nicht dem Parteiengehör unterzogen wurde.

Insgesamt ist eine Gefährdung des Beschwerdeführers im Sinne des § 18 Abs. 5 BFA-VG derzeit nicht mit der in diesem Zusammenhang erforderlichen Sicherheit von vornherein auszuschließen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Der Beschwerde war daher die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

3.4. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. beispielshaft Erk. d. VwGH v. 16.12.2009, GZ. 2007/20/0482; Erk. d. VwGH vom 19.11.2009, 2008/07/0167) auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Asylverfahren, aufschiebende Wirkung, Nachvollziehbarkeit, Privat-
und Familienleben, reale Gefahr

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:L526.1430850.3.00

Zuletzt aktualisiert am

30.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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