Entscheidungsdatum
03.12.2018Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
I403 2210364-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Marokko, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31.10.2018, Zl. 1208500310/180936315, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer, ein marokkanischer Staatsangehöriger, stellte am 02.10.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz und erklärte in der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 03.10.2018, dass er aus der Westsahara stamme und die dortige Bevölkerung von der marokkanischen Regierung unterdrückt werde. Im Falle seiner Rückkehr befürchte er, aufgrund seiner politischen Überzeugung festgenommen und eingesperrt zu werden.
Mit Verfahrensanordnung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA, belangte Behörde) wurde dem Beschwerdeführer ab dem 03.10.2018 die durchgehende Unterkunftnahme im Quartier "XXXX" angeordnet.
In seiner niederschriftlichen Einvernahme durch das BFA am 16.10.2018 gab der Beschwerdeführer hinsichtlich seiner Fluchtgründe an, das Problem aller in der Westsahara lebenden Personen zu teilen. Der marokkanische Staat würde entgegen der Entscheidung eines internationalen Gerichts aus dem Jahr 1973 weiterhin die Bodenschätze der Westsahara ausbeuten. Die Bevölkerung würde vom marokkanischen Staat unterdrückt und schlecht behandelt werden. Der Beschwerdeführer habe überdies an Demonstrationen für die Rechte der Westsahara teilgenommen sowie politische Diskussionen in Dörfern der Westsahara geführt, in welchen er Bauern Arabisch und Französisch beigebracht habe. Hierbei habe der Beschwerdeführer Fotos von staatlichen LKWs angefertigt, welche Bodenschätze von der Westsahara nach XXXX transportiert hätten und diese Fotos im Jahr 2014 seinem in Belgien lebenden Cousin, welcher Mitglied einer Organisation sei ("XXXX"), welche sich um die Lage in der Westsahara kümmere und diese publik mache, übermittelt. Im Jahr 2016 habe er seinem Cousin überdies einen Bericht hinsichtlich der Lage in der Westsahara übermittelt. Dies habe der marokkanische Geheimdienst im Jahr 2017 herausgefunden und hätte im Mai 2018 versucht, den Beschwerdeführer zu entführen. Dieser habe in weiterer Folge, am 11.07.2018, gemeinsam mit seinem Bruder die Flucht aus Marokko ergriffen und sei über den Flughafen Casablanca ausgereist.
Am 25.10.2018 wurde der Beschwerdeführer ein weiteres Mal niederschriftlich durch das BFA einvernommen. Hierbei brachte er ein angebliches Schreiben seines Cousins aus Belgien in Vorlage, in welchem vorgebracht wird, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner politischen Aktivitäten im "XXXX" polizeiliche Repressionen, Schikanen und sogar Folter seitens der marokkanischen Behörden erleiden hätte müssen. Überdies werde die gesamte Familie des Beschwerdeführers durch die marokkanischen Behörden angegriffen und hätten diese versucht, den Beschwerdeführer am 13.05.2018 zu entführen. Ergänzend legte der Beschwerdeführer noch allgemeine Länderberichte mit Bezug zur Westsahara vor.
Mit dem angefochtenen Bescheid des BFA vom 31.10.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 i. V.m. § 2 Abs.1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Marokko abgewiesen (Spruchpunkt II.). Mit Spruchpunkt III. wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz erlassen (Spruchpunkt IV.) und es wurde festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Marokko zulässig ist (Spruchpunkt V.). Eine Frist für eine freiwillige Ausreise wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 55 Abs. 1a FPG nicht gewährt (Spruchpunkt VI.). Überdies wurde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.) sowie dem Beschwerdeführer gemäß § 15b Abs. 1 AsylG aufgetragen, ab 03.10.2018 im Quartier "XXXX" Unterkunft zu nehmen (Spruchpunkt VIII.).
Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht mit Schriftsatz vom 27.11.2018 Beschwerde erhoben und eine Vollmacht für die Vertretung durch den Verein Menschenrechte Österreich vorgelegt. Es wurde ausgeführt, das BFA habe keine ausreichenden Ermittlungen im Heimatland des Beschwerdeführers durchgeführt und seinem Fluchtvorbringen zu Unrecht die Glaubhaftigkeit versagt. Der Entscheidung seien allgemein gehaltene Länderberichte zugrunde gelegt worden, welche größtenteils nichts mit der tatsächlichen Lage des Beschwerdeführers zu tun hätten. Entgegen der Auffassung der belangten Behörde sei der Beschwerdeführers bei einer Rückkehr nach Marokko aufgrund der in der Westsahara vorherrschenden Versorgungs- und Lebensbedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit der Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass dem Antrag auf internationalen Schutz Folge gegeben und dem Beschwerdeführer der Status eines Asylberechtigten zuerkannt wird; in eventu den angefochtenen Bescheid beheben und zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die erste Instanz zurückverweisen; in eventu den angefochtenen Bescheid der Erstbehörde dahingehend abändern, dass dem Beschwerdeführer der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Marokko zuerkannt wird; in eventu diesem einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilen; jedenfalls die ausgesprochene Rückkehrentscheidung aufheben sowie die Abschiebung nach Marokko für unzulässig erklären; der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkennen; eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht anberaumen.
Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 29.11.2018 vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person und zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:
Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Marokkos. Seine Identität steht nicht fest. Er ist ledig und kinderlos, Angehöriger der Volksgruppe der Araber und bekennt sich zum islamischen Glauben. Er stammt aus dem Gebiet der Westsahara und ist in der Stadt XXXX aufgewachsen.
Der Beschwerdeführer hat im Jahr 2014 einen Universitätsabschluss in Soziologie an der Universität XXXX erworben und im Anschluss begonnen allgemeines Recht, ebenfalls an der Universität XXXX, zu studieren. Überdies unterrichtete er von 22.12.2014 bis 15.06.2015 entgeltlich an einem Sprachinstitut in XXXX. Er ist gesund und erwerbsfähig.
Der Beschwerdeführer hat in Österreich, abgesehen von seinem Bruder (IFA-Zahl XXXX), dessen Antrag auf internationalen Schutz ebenfalls bereits erstinstanzlich als unbegründet abgewiesen wurde, keine maßgeblichen privaten sowie keine familiären Anknüpfungspunkte. Seine Familie, insbesondere seine Eltern und Geschwister, lebt nach wie vor in Marokko.
Der Beschwerdeführer bestreitet seinen Lebensunterhalt in Österreich durch die Grundversorgung. Er weist keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, gesellschaftlicher sowie kultureller Hinsicht auf. Er ist strafrechtlich unbescholten.
Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer aus Marokko geflüchtet ist, da er aufgrund seiner Herkunft oder seines politischen Aktivismus der Gefahr einer staatlichen Verfolgung ausgesetzt ist. Das entsprechende Vorbringen ist nicht glaubhaft. Sonstige Fluchtgründe wurden nicht vorgebracht.
1.2. Zur Situation in Marokko:
Hinsichtlich der aktuellen Sicherheitslage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 31.10.2018 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Im angefochtenen Bescheid wurde das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Marokko auszugsweise zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist auch keine Änderung bekannt geworden, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt.
Die wesentlichen Feststellungen lauten:
Politische Lage
Marokko ist ein zentralistisch geprägter Staat. Das Land ist eine Monarchie mit dem König als weltlichem und geistigem Staatsoberhaupt, Oberbefehlshaber der Streitkräfte und "Anführer der Gläubigen" (AA 10.2017a). Laut der Verfassung vom 1.7.2011 ist Marokko eine konstitutionelle, demokratische und soziale Erbmonarchie, mit direkter männlicher Erbfolge und dem Islam als Staatsreligion. Abweichend vom demokratischen Grundprinzip der Gewaltenteilung kontrolliert der König in letzter Instanz die Exekutive, die Judikative und teilweise die Legislative (GIZ 7.2018a; vgl. ÖB 9.2015). Im Zusammenhang mit den Protestbewegungen in Nordafrika im Frühjahr 2011 leitete der König im Jahr 2011 eine Verfassungsreform und vorgezogene Neuwahlen ein. Aktuelle Proteste im Norden des Landes sind vor allem Ausdruck der Unzufriedenheit mit der Umsetzung sozio-ökonomischer Reformen, die schleppend verläuft (AA 10.2017a). Die Verfassung vom 1.7.2011 brachte im Grundrechtsbereich einen deutlichen Fortschritt für das Land; in Bezug auf die Königsmacht jedoch nur eine Abschwächung der absolutistischen Stellung. Das Parlament wurde als Gesetzgebungsorgan durch die neue Verfassung aufgewertet und es ist eine spürbare Verlagerung des politischen Diskurses in die Volksvertretung hinein erkennbar. Die Judikative wird als unabhängige Staatsgewalt gleichberechtigt neben Legislative und Exekutive gestellt. Das System der checks und balances als Ergänzung zur Gewaltenteilung ist jedoch in der Verfassung vergleichsweise wenig ausgebildet (ÖB 9.2015).
Einige Schlüsselministerien sind in Marokko der Kontrolle des Parlamentes und des Premierministers entzogen. Dies betrifft folgenden vier Ressorts: Inneres, Äußeres, Verteidigung, Religiöse Angelegenheiten und Stiftungen. Soziale Reformen während der Regentschaft Mohamed VI sollten mehr Wohlstand für alle bringen - doch faktisch nahm die ohnehin starke Kontrolle der Königsfamilie und ihrer Entourage über die Reichtümer und Ressourcen des Landes weiter zu (GIZ 7.2018a). Hauptakteure der Exekutive sind die Minister, der Regierungschef und der König, der über einen Kreis hochrangiger Fachberater verfügt. Der König ist Vorsitzender des Ministerrates, hat Richtlinienkompetenz und ernennt nach Art. 47 der Verfassung von 2011 den Regierungschef aus der Partei, die bei den Wahlen als Sieger hervorgeht. Marokko verfügt seit der Unabhängigkeit über ein Mehrparteiensystem. Das Wahlrecht macht es schwierig für eine Partei, eine absolute Mehrheit zu erringen; Mehrparteienkoalitionen sind deshalb die Regel. In Marokko haben am 7.10.2016 Wahlen zum Repräsentantenhaus stattgefunden. Als stärkste Kraft ging die seit 2011 an der Spitze der Regierung stehende Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (PJD, "Parti de la Justice et du Développement") hervor. Am 5.4.2017 wurde Saad-Eddine El Othmani von König Mohammed VI zum Premier-Minister ernannt. (AA 10.2017a).
Das marokkanische Parlament besteht aus zwei Kammern, dem Unterhaus (Chambre des Représentants, Madschliss an-Nuwwab) und dem Oberhaus (Chambre des conseillers, Madschliss al-Mustascharin). Die Abgeordneten des Unterhauses werden alle fünf Jahre in direkten allgemeinen Wahlen neu gewählt. Das Unterhaus besteht aus 395 Abgeordneten. Entsprechend einer gesetzlich festgelegten Quote sind mindestens 12% der Abgeordneten Frauen. Das Oberhaus (Chambre des Conseillers) besteht aus mindestens 90 und maximal 120 Abgeordneten, die in indirekten Wahlen für einen Zeitraum von sechs Jahren bestimmt werden (GIZ 7.2018a). Bei den oben erwähnten Wahlen zum Repräsentantenhaus vom 7.10.2016 erreichte die PJD 125 Sitze (GIZ 7.2018a). Kritische politische Analysen weisen darauf hin, dass die faktische Macht der PJD bzw. des Regierungschefs Benkirane begrenzt ist und dass die Regierungsbeteiligung der Glaubwürdigkeit der PJD schaden könnte (GIZ 7.2018a). An zweiter Stelle rangiert mit 102 Sitzen die liberal-konservative Partei für Authentizität und Moderne (PAM - Parti Authenticité et Modernité) (GIZ 7.2018a), die auch die größte Oppositionspartei ist (AA 10.2017a). Sie konnte ihre Stimmengewinne mehr als verdoppeln und gilt daher als heimliche Siegerin. Dahinter gereiht ist mit 46 Sitzen die traditionsreiche Unabhängigkeitspartei (PI - Parti de l'Istiqlal), dahinter andere Parteien (GIZ 7.2018a).
Seit Anfang 2017 ist Marokko wieder offiziell Mitglied der Afrikanischen Union (GIZ 7.2018a).
Quellen:
-AA - Auswärtiges Amt (10.2017a): Marokko - Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/marokko-node/-/224120, Zugriff 31.7.2018
-GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (7.2018a), LIPortal - Marokko - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/marokko/geschichte-staat/, Zugriff 31.7.2018
-ÖB - Österreichische Botschaft Rabat (9.2015): Asylländerbericht Marokko
Sicherheitslage
Marokko kann grundsätzlich als stabiles Land betrachtet werden (EDA 8.8.2018; vgl. FD 8.8.2018). Das französische Außenministerium rät zu normaler Aufmerksamkeit im Land, dem einzigen in Nordafrika, das auf diese Weise bewertet wird (FD 8.8.2018), außer in den Grenzregionen zu Algerien, wo zu erhöhter Aufmerksamkeit geraten wird (AA 8.8.2018; vgl. FD 8.8.2018). Die Westsahara bildet natürlich eine Ausnahme, diese darf nur nach Genehmigung durch die marokkanischen Behörden und nur auf genehmigten Strecken bereist werden (FD 8.8.2018). Zusätzlich besteht für die Grenzregionen zu Mauretanien in der Westsahara eine Reisewarnung (AA 8.8.2018; vgl. FD 8.8.2018). Seitens des BMEIA besteht eine partielle Reisewarnung (Sicherheitsstufe 5) für Reisen in das Landesinnere des völkerrechtlich umstrittenen Territoriums der Westsahara und in entlegene Saharazonen Südmarokkos, insbesondere an der Grenze zu Algerien. Erhöhtes Sicherheitsrisiko (Sicherheitsstufe 2) gilt in den übrigen Landesteilen (BMEIA 8.8.2018).
Seit dem Anschlag in Marrakesch im April 2011, gab es keine weiteren Attentate (FD 8.8.2018). Trotz erhöhter Sicherheitsmaßnahmen besteht im ganzen Land das Risiko von terroristischen Akten (EDA 8.8.2018vgl. FD 8.8.2018; BMEIA 8.8.2018). In Teilen der Sahara und des Sahels besteht das Risiko von Entführungen. Bisher waren in Marokko keine Entführungen zu beklagen (EDA 8.8.2018; vgl. BMEIA 8.8.2018). Das Auswärtige Amt rät von Reisen in entlegene Gebiete der Sahara, in die Grenzregionen mit Algerien und Mauretanien und jenseits befestigter Straßen dringend ab (AA 8.8.2018).
Demonstrationen und Protestaktionen sind jederzeit im ganzen Land möglich. Vereinzelte gewalttätige Auseinandersetzungen können dabei nicht ausgeschlossen werden (EDA 8.8.2018). Demonstrationen können sich spontan und unerwartet entwickeln. Zuletzt kam es in verschiedenen Städten Marokkos zu nicht genehmigten Demonstrationen und vereinzelt auch zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften. Die Proteste entzünden sich meist an wirtschaftlichen und sozialen Missständen (AA 8.8.2018; vgl. BMEIA 8.8.2018). Aufgrund sozialer und politischer Spannungen kommt es seit Oktober 2016 in der Provinz Al Hoceima vermehrt zu Protestaktionen. Dabei kann es zu Zusammenstößen zwischen den Demonstranten und den Sicherheitskräfte kommen (EDA 8.8.2018).
Besondere Vorsicht ist auch in der Region Rif geboten. Die Ost-West-Achse Al Hoceima-Chefchaouen-Tetouan ist ruhig und weniger problematisch (FD 8.8.2018). Es kann zu Übergriffen durch Kriminelle kommen, die in die lokale Drogenproduktion und den Drogenhandel involviert sind (EDA 8.8.2018).
In großen Teilen der Sahara sind bewaffnete Banden und islamistische Terroristen aktiv, die vom Schmuggel und von Entführungen leben. Das Entführungsrisiko ist in einigen Gebieten der Sahara und der Sahelzone hoch und nimmt noch zu (EDA 8.8.2018).
Wegen des Entführungsrisikos wird von nicht dringenden Reisen ins Grenzgebiet zu Algerien abgeraten, bzw. gewarnt (AA 8.8.2018; vgl. EDA 8.8.2018; BMEIA 8.8.2018). Die Grenze zu Algerien ist geschlossen (AA 8.8.2018; vgl. EDA 8.8.2018).
Das völkerrechtlich umstrittene Gebiet der Westsahara, erstreckt sich südlich der marokkanischen Stadt Tarfaya bis zur mauretanischen Grenze. Seither wird es sowohl von Marokko als auch von der Unabhängigkeitsbewegung Frente Polisario beansprucht. Die United Nations Mission for the Referendum in Western Sahara MINURSO überwacht den Waffenstillstand zwischen den beiden Parteien. Auf beiden Seiten der Demarkationslinie (Sandwall) sind diverse Minenfelder vorhanden (EDA 8.8.2018; vgl. FD 8.8.2018). Das Risiko von Entführungen kann nicht ausgeschlossen werden (EDA 8.8.2018). Von Fahrten in und durch das völkerrechtlich umstrittene Gebiet der Westsahara wird dringend abgeraten (AA 8.8.2018; vgl. EDA 8.8.2018).
Quellen:
-AA - Auswärtiges Amt (8.8.2018): Marokko - Reise- und Sicherheitshinweise,
https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/marokko-node/marokkosicherheit/224080#content_0, Zugriff 8.8.2018
-BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (8.8.2018): Reiseinformation Marokko, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/marokko/, Zugriff 8.8.2018
-EDA - Eidgenössisches Departemenet für auswärtige Angelegenheiten (8.8.2018): Reisehinweise für Marokko, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/laender-reise-information/marokko/reisehinweise-marokko.html, Zugriff 8.8.2018
-FD - France Diplomatie (8.8.2018): Conseils aux Voyageurs - Maroc - Sécurité,
https://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays-destination/maroc/, Zugriff 8.8.2018
Westsahara
Der Konflikt in und um die Westsahara schwelt seit Jahrzehnten. Als sich nach dem Tod des Diktators Franco die Spanier 1975 aus ihrer damaligen Kolonie zurückzogen, marschierte Marokko im Rahmen des sogenannten Grünen Marsches in das Nachbarland ein. Seitdem hält Marokko große Teile des Territoriums besetzt und betrachtet das Gebiet seit der Annexion 1976 als Bestandteil seines Landes. Dagegen wehrt sich die Bewegung Frente Polisario, welche die Unabhängigkeit der Westsahara anstrebt. Ein rund 2.500 Kilometer langer Sandwall, dessen Baubeginn 1981 war, und der von der mauretanisch-marokkanischen Grenze durch die Sahara bis zum marokkanisch-algerisch-sahrauischen Dreiländereck verläuft, spaltet heute die Westsahara (GIZ 6.2017a). Auf der einen Seite liegt der von Marokko kontrollierte, größere Teil; er umfasst rund 80% des Territoriums. Auf der anderen Seite befinden sich die restlichen 20% in der Hand der Unabhängigkeitsbewegung Frente Polisario (CIA 12.7.2018). 1991 endeten die Kampfhandlungen zwischen der Frente Polisario und Marokko. Die UNO installierte an mehreren Orten in der Westsahara zur Friedenssicherung die MINURSO (CIA 11.7.2018; vgl. GIZ 7.2018a; AA 10.2017b). Die Frente Polisario hatte im Februar 1976 eine Exilregierung in Algerien, in der Nähe von Tindouf, gebildet, die bis zu seinem Tod im Mai 2016 von Präsident Mohamed Abdelaziz geführt wurde. Sein Nachfolger Brahim Ghali wurde im Juli 2016 gewählt (CIA 11.7.2018; CIA 12.7.2018; vgl. GIZ 6.2017a). Für Marokko hingegen ist die Sicherung der Zugehörigkeit der Westsahara zu Marokko Staatsräson und zentrales Anliegen der marokkanischen Politik (AA 10.2017b).
Seit dem Ende der Kampfhandlungen im Jahr 1991 gelang es nicht, ein Referendum bzgl. des Status der Westsahara durchzuführen bzw. scheiterten Anläufe für neue Gespräche zwischen Marokko und der Polisario immer wieder. Seit November 2010 gab es mehrere Anläufe für neue Gespräche zwischen Marokko und der Polisario, doch eine Lösung des Konfliktes ist zurzeit nicht in Sicht. Die Zahl der Staaten, die die sahrauische Exilregierung anerkennen, ist von 80 auf gut die Hälfte gesunken (GIZ 7.2018a). Der Status des Territoriums und die Frage der Unabhängigkeit sind daher weiterhin ungeklärt; das Territorium wird von Marokko sowie der Frente Polisario beansprucht (CIA 12.7.2018).
Als 1982 die Demokratische Arabische Republik Sahara (DARS) als offizielles Mitglied in die Organisation der Afrikanischen Union aufgenommen wurde, verließ Marokko diese als Reaktion darauf im Jahr 1984. Aufgrund des Westsahara-Konfliktes war Marokkos politische Position jedoch über Jahrzehnte schwach. In der Afrikanischen Union war Marokko mehr als 30 Jahre nicht Mitglied. In den vergangenen Jahren hat Marokko seine Beziehungen und Aktivitäten in Afrika jedoch intensiviert. In Westafrika gewinnt Marokko wirtschaftlich an Einfluss. Seit Anfang 2017 ist Marokko wieder offiziell Mitglied der Afrikanischen Union (GIZ 7.2018a).
Quellen:
-AA - Auswärtiges Amt (10.2017b): Marokko - Außenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/marokko-node/-/224118, Zugriff 8.8.2018
-CIA - Central Intelligence Agency (12.7.2018): The World Factbook - Morocco,
https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/mo.html, Zugriff 8.8.2018
-CIA - Central Intelligence Agency (11.7.2018): The World Factbook - Western Sahara,
https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/wi.html, Zugriff 8.8.2018
-GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH (7.2018a), LIPortal - Marokko - Geschichte & Staat, http://liportal.giz.de/marokko/geschichte-staat/, Zugriff 8.8.2018
Folter und unmenschliche Behandlung
Die Verfassung und das Gesetz verbieten menschenrechtsverletzende Praktiken, und die Regierung bestreitet, dass sie die Anwendung von Folter erlaubt (USDOS 20.4.2018).
Folter ist gemäß Verfassung unter Strafe gestellt (USDOS 20.4.2018; vgl. AA 14.2.2018). Marokko ist Vertragsstaat der Anti-Folter-Konvention der Vereinten Nationen und hat auch das Zusatzprotokoll unterzeichnet. Der CNDH soll künftig die Rolle des Nationalen Präventionsmechanismus gegen Folter übernehmen. Im Mai 2017 wurde ein entsprechender Entwurf in das Gesetzgebungsverfahren eingeleitet. Das Gesetz ist noch nicht verabschiedet (AA 14.2.2018). Ein Nationaler Präventionsmechanismus zum Schutz vor Folter ist allerdings noch immer nicht eingerichtet worden (AI 22.2.2017). Die marokkanische Regierung lehnt den Einsatz von Folter ab und bemüht sich um aktive Prävention. Systematische Folter findet nicht statt. Gleichwohl berichten NGOs über Fälle von nicht gesetzeskonformer Gewaltanwendung gegenüber Inhaftierten durch Sicherheitskräfte. Betroffen sind laut Bericht des VN-Menschenrechtsausschusses vom Oktober 2016 vor allem Terrorverdächtige und Personen, die Straftaten verdächtig sind, welche die Sicherheit oder die territoriale Integrität des Staats gefährden. Ein Einsatz von systematischer, staatlich angeordneter Folter wird auch von NGOs nicht bestätigt. Die marokkanische Menschenrechtsorganisation OMDH ("Organisation Marocaine des Droits de l'Homme") geht vom Fehlverhalten einzelner Personen aus (AA 14.2.2018). Berichte über Folter sind in den letzten Jahren zurückgegangen, aber dennoch langen immer wieder Berichte über Misshandlungen von Gefangenen durch Sicherheitskräfte bei Regierungsinstitutionen oder NGOs ein (USDOS 20.4.2018).
Der Staatsminister für Menschenrechte räumte auf einer nationalen Tagung zur Prävention von Folter ein, dass Folter immer noch in Einzelfällen auftritt, aber es sich nicht mehr um eine systematische Praxis handeln würde und dass die Regierung daran arbeite, diese auszurotten. Es besteht kein systematischer Mechanismus, Menschenrechtsverletzungen und Korruption wirksam zu untersuchen und zu bestrafen, was Straffreiheit bei Vergehen durch die Sicherheitskräfte begünstigt (USDOS 20.4.2018). Inhaftierte Islamisten werfen dem Sicherheitsapparat, insbesondere dem Inlandsgeheimdienst DGST, vor, Methoden anzuwenden, die rechtsstaatlichen Maßstäben nicht immer genügen (z.B. lange U-Haft unter schlechten Bedingungen, kein Anwaltszugang). Die zivilgesellschaftlichen Organisationen und Medien dokumentieren diese Vorwürfe nur bruchstückhaft (AA 14.2.2018).
Quellen:
-AA - Auswärtiges Amt (14.2.2018): AA-Bericht zu Marokko, https://www.ecoi.net/en/file/local/1424844/4598_1519120123_auswaertiges-amt-bericht-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-im-koenigreich-marokko-stand-november-2017-14-02-2018.pdf, Zugriff 1.8.2018
-AI -Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Morocco/Western Sahara, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425081.html, Zugriff 1.8.2018
-ÖB - Österreichische Botschaft Rabat (9.2015): Asylländerbericht Marokko
-USDOS - U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Morocco, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430366.html, Zugriff 1.8.2018
Bewegungsfreiheit
Gesetzlich sind innerhalb des Landes Bewegungsfreiheit, Auslandsreisen, Emigration und Wiedereinbürgerung gewährleistet. Die Behörden respektieren diese Rechte üblicherweise (USDOS 20.4.2018).
Sahrawis/Sahraouis genießen innerhalb Marokkos uneingeschränkte Bewegungsfreiheit (AA 14.2.2018). Die Regierung stellte Sahrawis weiterhin Reisedokumente zur Verfügung, und es wurden keine Fälle von Behörden gemeldet, die Sahrawis daran hinderten, das Land zu verlassen (USDOS 20.4.2018).
Wer nicht per Haftbefehl gesucht wird, kann unter Beachtung der jeweiligen Visavorschriften in der Regel problemlos das Land verlassen. Dies gilt auch für bekannte Oppositionelle oder Menschenrechtsaktivisten (AA 14.2.2018).
Quellen:
-AA - Auswärtiges Amt (14.2.2018): AA-Bericht zu Marokko, https://www.ecoi.net/en/file/local/1424844/4598_1519120123_auswaertiges-amt-bericht-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-im-koenigreich-marokko-stand-november-2017-14-02-2018.pdf, Zugriff 7.8.2018
-USDOS - U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Morocco, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430366.html, Zugriff 7.8.2018
Rückkehr
Das Stellen eines Asylantrags im Ausland ist nicht strafbar und wird nach Erkenntnissen des Auswärtigen Amts von den Behörden nicht als Ausdruck oppositioneller Gesinnung gewertet. Aus den letzten Jahren sind keine Fälle bekannt, in denen es zu einem Gerichtsurteil wegen der Stellung eines Asylantrags oder wegen des in einem Asylantrag enthaltenen Vorbringens gekommen wäre (AA 14.2.2018).
Eine Rückkehrhilfe für aus dem Ausland nach Marokko Heimkehrende durch staatliche Institutionen ist nicht bekannt. Auf institutioneller Basis wird Rückkehrhilfe von IOM organisiert, sofern der abschiebende Staat mit IOM eine diesbezügliche Vereinbarung (mit Kostenkomponente) eingeht; Österreich hat keine solche Abmachung getroffen. Rückkehrer ohne eigene finanzielle Mittel dürften primär den Beistand ihrer Familie ansprechen; gelegentlich bieten auch NGOs Unterstützung. Der Verband der Familie und Großfamilie ist primärer sozialer Ankerpunkt der Marokkaner. Dies gilt mehr noch für den ländlichen Raum, in welchem über 40% der Bevölkerung angesiedelt und beschäftigt sind. Rückkehrer würden in aller Regel im eigenen Familienverband Zuflucht suchen. Der Wohnungsmarkt ist über lokale Printmedien und das Internet in mit Europa vergleichbarer Weise zugänglich, jedenfalls für den städtischen Bereich (ÖB 9.2015).
Quellen:
-AA - Auswärtiges Amt (14.2.2018): AA-Bericht zu Marokko, https://www.ecoi.net/en/file/local/1424844/4598_1519120123_auswaertiges-amt-bericht-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-im-koenigreich-marokko-stand-november-2017-14-02-2018.pdf, Zugriff 7.8.2018
-ÖB - Österreichische Botschaft Rabat (9.2015): Asylländerbericht Marokko
2. Beweiswürdigung:
Die erkennende Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:
2.1. Zum Verfahrensgang:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.
2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:
Da der Beschwerdeführer den österreichischen Behörden keine identitätsbezeugenden Dokumente im Original vorlegen konnte, steht seine Identität nicht zweifelsfrei fest. Er konnte nur am Mobiltelefon das Foto eines Reisepasses vorzeigen.
Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seinem Gesundheitszustand, seiner Arbeitsfähigkeit sowie seiner Staatsangehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor dem BFA (Protokoll vom 16.10.2018).
Dass der Beschwerdeführer aus dem Gebiet der Westsahara stammt, ergibt sich überdies aufgrund eines vorgelegten Auszuges aus dem Familienregister seines Vaters vom 27.10.1999.
Der Universitätsabschluss des Beschwerdeführers in Soziologie von der Universität XXXX ergibt sich aus einem vorgelegten Universitätsdiplom vom 22.09.2014.
Die Feststellung hinsichtlich der beruflichen Tätigkeit des Beschwerdeführers im Rahmen eines Sprachkurses an einem Institut in XXXX ergibt sich aufgrund eines diesbezüglich vorgelegten Bestätigungsschreibens vom 16.06.2015.
Die Feststellung über die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 30.11.2018.
2.3. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer hatte im Verwaltungsverfahren vorgebracht, aus dem Gebiet der Westsahara zu stammen und aus Marokko geflüchtet zu sein. Er habe sich politisch engagiert, indem er an Demonstrationen teilgenommen habe sowie seinem Cousin, welcher in Belgien lebe und Mitglied einer Organisation sei ("XXXX"), welche sich um die Lage in der Westsahara kümmere und diese publik mache, Fotos sowie einen Bericht über die Ausbeutung der Bodenschätze der Westsahara durch den marokkanischen Staat übermittelt. Als dies der marokkanische Geheimdienst in Erfahrung gebracht habe, habe dieser im Mai 2018 versucht, den Beschwerdeführer zu entführen.
Dieses Vorbringen wurde vom BFA im angefochtenen Bescheid für nicht glaubhaft befunden und dies insbesondere mit den vagen, unplausiblen sowie teils widersprüchlichen Angaben des Beschwerdeführers begründet. So habe der Beschwerdeführer selbst auf konkrete Nachfragen der belangten Behörde stets allgemein gehaltene sowie stereotype Antworten gegeben, ohne jemals konkrete sowie nachvollziehbare Details darzulegen.
Als auffallend führt das BFA ins Treffen, dass der Beschwerdeführer sowohl in seiner Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 03.10.2018 als auch zunächst in seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 16.10.2018 lediglich die allgemeine Lage in Marokko sowie im Gebiet der Westsahara als Fluchtgrund ins Treffen führte. Erst auf weiteres Nachfragen durch das Organ der belangten Behörde im Rahmen der Einvernahme vom 16.10.2018 steigerte der Beschwerdeführer sein Fluchtvorbringen zusehends, ehe er zuletzt, nachdem die Einvernahme von 10:40 Uhr bis 13:20 Uhr unterbrochen worden war, im Zuge der Fortsetzung der Einvernahme angab, dass der marokkanische Geheimdienst sogar versucht hätte, ihn zu entführen, nachdem er seinem Cousin in Belgien den in Rede stehenden Bericht übermittelt hätte (2. Protokoll vom 16.10.2018, ab S 2). Selbst zu den Umständen seiner Entführung verharrte der Beschwerdeführer jedoch durchwegs in vagen sowie oberflächlichen Schilderungen und gab auf konkrete Nachfragen des BFA ausweichende Antworten. Auch konnte er nicht schlüssig darlegen, warum der Geheimdienst erst im Mai 2018 - und damit über ein Jahr, nachdem dieser herausgefunden habe, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2016 den angeblichen Bericht an seinen Cousin übermittelt hätte - den Versuch unternehmen hätte sollen, den Beschwerdeführer zu entführen (2. Protokoll vom 16.10.2018, S 2). Dem BFA ist dahingehend zuzustimmen, dass der Umstand, dass der Beschwerdeführer den wohl elementarsten und zentralsten Kern seines Fluchtvorbringens, nämlich den angeblichen Entführungsversuch durch den marokkanischen Geheimdienst, in seiner Erstbefragung gänzlich unerwähnt lässt und in seiner niederschriftlichen Einvernahme erst nachträglich, auf mehrfache Nachfrage ergänzend erwähnt, das gesamte Fluchtvorbringen unglaubhaft erscheinen lässt. Das Bundesverwaltungsgericht ist sich, bezugnehmend auf den Beschwerdeschriftsatz (S 3), bewusst, dass gemäß § 19 AsylG die Erstbefragung insbesondere der Ermittlung der Identität und der Reiseroute eines Fremden und nicht der Erörterung der näheren Fluchtgründe dient. Dennoch ist der Umstand, dass das später vorgebrachte, zentrale Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers in seiner Erstbefragung nicht einmal Erwähnung findet, nicht zugunsten der Glaubhaftigkeit der Angaben des Beschwerdeführers auszulegen.
Auch weitere seitens des Beschwerdeführers dargelegte Umstände, etwa dass dieser laut eigenen Angaben bis zum 06.04.2018 offenbar unbehelligt an der Universität XXXX studieren konnte (1. Protokoll vom 16.10.2018, ab S 4), am 14.12.2017 von den marokkanischen Behörden einen Reisepass ausgestellt bekam (1. Protokoll vom 16.10.2018, ab S 2) sowie am 11.07.2018 unter Verwendung seines Reisepasses vom Flughafen Casablanca aus unbehelligt aus Marokko ausreisen konnte (2. Protokoll vom 16.10.2018, ab S 3), lassen, wie ebenfalls bereits vom BFA aufgezeigt, eine staatliche Verfolgung der Person des Beschwerdeführers in Marokko nicht plausibel erscheinen. Das nunmehrige Beschwerdevorbringen, wonach der Beschwerdeführer am Flughafen Casablanca jemanden bestochen hätte, um ausreisen zu können (Beschwerdeschriftsatz, S 3), ist nicht mit seinen Angaben vor dem BFA vom 16.10.2018 in Einklang zu bringen, wo der Beschwerdeführer noch anführte, er sei "ganz normal" ausgereist und es habe "keinerlei Probleme" gegeben (2. Protokoll vom 16.10.2018, ab S 3).
Sofern der Beschwerdeführer in seiner Einvernahme vor der belangten Behörde vorbringt, dass er auch keine innerstaatliche Fluchtalternative in Marokko habe und dies damit begründet, überall in Marokko der Gefahr einer Verfolgung ausgesetzt zu sein, da er "aus der Wüste stamme" (2. Protokoll vom 16.10.2018, ab S 3), so wird diesbezüglich auf das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation verwiesen (siehe die Ausführungen unter Punkt A) 1.2.), welches explizit besagt, dass Sahrawis (Einwohner der Westsahara) innerhalb Marokkos uneingeschränkte Bewegungsfreiheit genießen.
Auch das seitens des Beschwerdeführers im Rahmen seiner zweiten Einvernahme vor dem BFA am 25.10.2018 vorgelegte angebliche Schreiben seines Cousins vermag sein Fluchtvorbringen nicht substantiiert zu untermauern. Abgesehen davon, dass die Authentizität und der Ursprung des Schreibens nicht zuverlässig festgestellt werden können, deckt sich auch dessen Inhalt nicht durchgehend mit dem Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers vor dem BFA und steigert dieses zum Teil noch zusätzlich. Weder brachte der Beschwerdeführer, wie in dem Schreiben dargelegt (S 1), vor dem BFA vor, in der Sahrawi Studentenbewegung aktiv gewesen zu sein, noch, zusammen mit einer Aktivistengruppe in einer speziellen Mission eingesetzt worden zu sein, um Informationen über die Plünderung der Westsahara durch den marokkanischen Staat zu sammeln (S 2 des Schreibens). Auch das Vorbringen in dem Schreiben, der Beschwerdeführer habe im Rahmen von Protesten in der Westsahara "in vielen Fällen polizeiliche Repressionen wie auch Folter" erleiden müssen (S 2 des Schreibens), wurde von diesem zu keinem Zeitpunkt vor der belangten Behörde (und auch nicht im Beschwerdeschriftsatz) erwähnt. Im Hinblick auf seine Demonstrationsteilnahmen brachte dieser lediglich rudimentär vor, "die Behörden haben uns geschlagen, damit sich die Demonstration auflöst" (2. Protokoll vom 16.10.2018, ab S 3). Aus diesen Ausführungen ist keine individuell gegen die Person des Beschwerdeführers gerichtete Verfolgungshandlung oder gar Folter abzuleiten, sondern vielmehr ein allgemeines polizeiliches Einschreiten im Rahmen einer Massenveranstaltung. Es ist davon auszugehen, dass ein Asylwerber, sollte dieser in seiner Heimat tatsächlich "Folter" durch staatliche Organe erfahren haben, dies in seiner behördlichen Einvernahme nicht unerwähnt lassen und stattdessen in den Mittelpunkt seines Fluchtvorbringens stellen würde. Auch die Ausführungen in dem Schreiben, wonach die gesamte Familie des Beschwerdeführers sich im Protestcamp XXXX aufgehalten habe und nun aufgrund ihres politischen Aktivismus von den marokkanischen Behörden "angegriffen" werde (S 1 des Schreibens; auch im Beschwerdeschriftsatz wird auf S 4 vorgebracht, die gesamte Familie des Beschwerdeführers werde verfolgt, da sein Vater an einem Referendum für die Unabhängigkeit der Westsahara teilgenommen hätte), sind nicht schlüssig mit den Angaben des Beschwerdeführers in Einklang zu bringen, wonach seine Eltern, 3 Brüder und 5 Schwestern nach wie vor in XXXX und der näheren Umgebung leben würden (1. Protokoll vom 16.10.2018, ab S 4), ohne dass der Beschwerdeführer auch nur im Ansatz konkrete, gegen seine Familie gerichtete, staatliche Verfolgungshandlungen dargelegt hatte.
Bei den übrigen seitens des Beschwerdeführers vorgelegten Dokumenten handelt es sich um allgemeine Länderberichte, welche keinerlei Bezug zum individuellen Vorbringen des Beschwerdeführers aufweisen, sodass auch diesen keinerlei Beweiskraft im Hinblick auf das Fluchtvorbringen zukommt.
Im Beschwerdeschriftsatz wird auf die seitens des BFA aufgezeigten Widersprüche nicht substantiiert eingegangen. Vielmehr wird lediglich auf die allgemeine Lage der Bevölkerung in der Westsahara sowie auf das bereits bekannte Vorbringen sowie die vorgelegten Beweismittel verwiesen, ohne auch nur rudimentär darzulegen, worauf die im angefochtenen Bescheid aufgezeigten Unstimmigkeiten beruhen.
Von einem Antragsteller ist ein Verfolgungsschicksal glaubhaft darzulegen. Einem Asylwerber obliegt es, bei den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere seinen persönlichen Erlebnissen und Verhältnissen, von sich aus eine Schilderung zu geben, die geeignet ist, seinen Asylanspruch lückenlos zu tragen und er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern. Die Behörde bzw. das Gericht muss somit die Überzeugung von der Wahrheit des von einem Asylwerber behaupteten individuellen Schicksals erlangen, aus dem er seine Furcht vor asylrelevanter Verfolgung herleitet. Es kann zwar durchaus dem Asylwerber nicht die Pflicht auferlegt werden, dass dieser hinsichtlich asylbegründeter Vorgänge einen Sachvortrag zu Protokoll geben muss, der auf Grund unumstößlicher Gewissheit als der Wirklichkeit entsprechend gewertet werden muss, die Verantwortung eines Antragstellers muss jedoch darin bestehen, dass er bei tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit die Ereignisse schildert.
Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass die marokkanischen Behörden gegen die Unabhängigkeitsbewegungen in der Westsahara vorgehen und eine staatliche Verfolgung von Aktivisten, etwa der Frente Polisario, nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann. Wie bereits das BFA kommt aber auch das Bundesverwaltungsgericht zu dem Schluss, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers den oben dargelegten Anforderungen zur Glaubhaftmachung nicht entsprach und dass nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer sich tatsächlich in der Unabhängigkeitsbewegung engagierte. Sein Vorbringen in Bezug auf eine erlittene staatliche Verfolgung (Entführung) ist nicht glaubhaft. Alleine aus der Herkunft aus der Westsahara ergibt sich noch keine Verfolgung.
Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich auch den tragenden Erwägungen des BFA zu den Voraussetzungen für den Status des subsidiär Schutzberechtigten an und geht davon aus, dass der gesunde Beschwerdeführer in erwerbsfähigem Alter und mit Universitätsabschluss sowie Berufserfahrung als Pädagoge durchaus in der Lage sein wird können, sich in seinem Herkunftsstaat Marokko eine Lebensgrundlage zu schaffen.
Es ist letztlich davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer als arbeitsfähiger und gesunder Mann im Falle einer Rückkehr nicht in eine existenzbedrohende Lage geraten würde. Er ist auch nicht von willkürlicher Gewalt infolge eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts bedroht.
2.4. Zu den Länderfeststellungen:
Bei den im oben auszugsweise zitierten Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, das auch dem angefochtenen Bescheid zugrundegelegt wurde, handelt es sich um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen, sowohl staatlichen als auch nicht-staatlichen Ursprungs handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.
Im Beschwerdeschriftsatz wurde zunächst vorgebracht, die seitens des BFA herangezogenen Länderberichte seien allgemein gehalten und hätten nichts mit der tatsächlichen Lage des Beschwerdeführers zu tun. Im Folgesatz wurde jedoch ergänzt, dass die Länderberichte das Vorbringen des Beschwerdeführers sogar bestätigen würden, sodass diesen inhaltlich nicht widersprochen wird. Auch die seitens des Beschwerdeführers im Administrativverfahren vorgelegten Länderberichte zur Situation in der Westsahara stehen nicht im Widerspruch zu den Länderberichten im angefochtenen Bescheid, weisen jedoch keinen Bezug zum individuellen Vorbringen des Beschwerdeführers auf.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Zum Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids):
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1, Abschnitt A, Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.
Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Im Hinblick auf eine behauptete staatliche Verfolgung des Beschwerdeführers aufgrund seiner Herkunft oder seines politischen Aktivismus ist festzustellen, dass dieses Vorbringen, wie in der Beweiswürdigung unter Punkt A) 2.3. dargelegt, nicht glaubhaft ist. Sonstige Fluchtgründe wurden nicht vorgebracht. Dem Beschwerdeführer ist es damit im gesamten Verfahren nicht gelungen, eine konkret und gezielt gegen seine Person gerichtete aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität, welche ihre Ursache in einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe hätte, glaubhaft zu machen.
Aus diesen Gründen ist festzustellen, dass dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat Marokko keine Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht und Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides zu bestätigen ist.
3.2. Zum Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids):
Gemäß § 8 Abs. 1 Ziffer 1 AsylG 2005 idgF ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Gemäß § 8 Abs. 2 leg. cit. ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.
Nach der früheren ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes war bei der Prüfung betreffend die Zuerkennung von subsidiärem Schutz eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen waren, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr ("real risk") einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht (VwGH, 21.02.2017, Ro 2017/18/005). Der Verwaltungsgerichtshof stellte daher für die Gewährung von subsidiärem Schutz insbesondere auf den Maßstab des Artikel 3 EMRK ab (vgl. etwa VwGH, 25.04.2017, Ra 2016/01/0307).
Allerdings hatte der EuGH in seinem Urteil vom 18.12.2014, M¿Bodj/Belgien, C-542/13, klargestellt, dass eine Verletzung des Art. 3 EMRK nicht automatisch zur Gewährung des Status von subsidiärem Schutz nach Art 15 der Status-Richtlinie (Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.04.2004) führt. Konkret führt er in Rz 40 aus: "Der Umstand, dass ein an einer schweren Krankheit leidender Drittstaatsangehöriger nach Art. 3 EMRK in der Auslegung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in absoluten Ausnahmefällen nicht in ein Land abgeschoben werden kann, in dem keine angemessene Behandlung vorhanden ist, bedeutet deswegen aber nicht, dass es ihm erlaubt werden muss, sich auf der Grundlage des subsidiären Schutzes nach der Richtlinie 2004/83 in einem Mitgliedstaat aufzuhalten." Subsidiärer Schutz nach Art. 15 lit. A und b der Statusrichtlinie verlangt nach dieser Auslegung durch den EuGH, dass der ernsthafte Schaden durch das Verhalten von Dritten verursacht werden muss und nicht bloß Folge allgemeiner Unzulänglichkeiten im Herkunftsland ist. Zugleich hielt der EuGH in dieser Entscheidung auch fest, dass es unionsrechtlich unzulässig ist, den in der Statusrichtlinie vorgesehenen Schutz Drittstaatsangehörigen zuzuerkennen, die sich in Situationen befinden, die keinen Zusammenhang mit dem Zweck dieses internationalen Schutzes aufweisen, etwa aus familiären oder humanitären Ermessensgründen.
Die in dem Urteil vom 18.12.2014, M¿Bodj/Belgien vom EuGH entwickelten Grundsätze wurde im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 06.11.2018, Ra 2018/01/0106 aufgenommen und festgestellt, dass der österreichische Gesetzgeber die unionsrechtlichen Vorgaben der Statusrichtlinie zur Gewährung des Status subsidiär Schutzberechtigter in § 8 Abs. 1 AsylG entgegen der oben angeführten Rechtsprechung des EuGH umgesetzt hat.
In seiner Entscheidung vom 21.11.2018, Ra 2018/01/0461 wiederholt der Verwaltungsgerichtshof, dass es der Statusrichtlinie widerspricht, einem Fremden den Status des subsidiär Schutzberechtigten unabhängig von einer Verursachung durch Akteure oder einer Bedrohung in einem bewaffneten Konflikt im Herkunftsstaat zuzuerkennen.
Zur Frage der unionsrechtskonformen Auslegung des innerstaatlichen Rechts hat der EuGH zuletzt in der Rechtssache C-384/17 vom 04.10.2018 (Dooel Uvoz-Izvoz Skopje Link Logistic M&N gegen Budapest Rendorfokapitanya) festgelegt, dass von Gerichten alles zu tun ist, um die volle Wirksamkeit des Unionsrechts zu gewährleisten, wobei dies seine Schranken in den allgemeinen Rechtsgrundsätzen findet und nicht als Grundlage einer Auslegung contra legem des nationalen Rechts dienen darf. Wenn eine konforme Auslegung nicht möglich ist, ist das nationale Gericht verpflichtet, das Unionsrecht in vollem Umfang anzuwenden und die Rechte, die dieses dem Einzelnen einräumt, zu schützen, indem es notfalls jede Bestimmung unangewendet lässt, deren Anwendung im konkreten Fall zu einem unionsrechtswidrigen Ergebnis führt.
Die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten ist daher nach den Kriterien des Art. 15 der Statusrichtlinie zu prüfen.
Artikel 15 der Statusrichtlinie, der die Voraussetzung für die Vergabe des Status eines subsidiär Schutzberechtigten festlegt, lautet:
Als ernsthafter Schaden gilt
a) die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe oder
b) Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung eines Antragstellers im Herkunftsland oder
c) eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
Im gegenständlichen Fall ist der Beschwerdeführer weder durch die Todesstrafe noch durch einen bewaffneten Konflikt bedroht. In Marokko, auch in der Westsahara, herrscht kein Bürgerkrieg. Der Beschwerdeführer bzw. dessen Leben und dessen Unversehrtheit sind nicht infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bedroht. Art 15a bzw. c der Statusrichtlinie sind nicht erfüllt.
Nach der oben zitierten Rechtsprechung des EuGH, der für die Auslegung des Unionsrechts zuständig ist, ist es für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des Art. 15 b der Statusrichtlinie erforderlich, dass der ernsthafte Schaden durch das Verhalten von Dritten (Akteuren) verursacht werden muss oder von einer Bedrohung in einem bewaffneten Konflikt ausgeht. Nicht umfasst ist dagegen die reale Gefahr jeglicher etwa auf allgemeine Unzulänglichkeiten im Heimatland zurückzuführenden Verletzung von Art. 3 EMRK.
Wie bereits im Zuge der Prüfung des Status des Asylberechtigten festgestellt wurde, ist nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer von den Behörden Marokkos bedroht wäre. Eine Gefahr einer Art. 3 EMRK Verletzung durch das konkrete Handeln (auch im Sinne von Unterlassungshandlungen) dritter Personen kann nicht festgestellt werden.
Die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides war daher abzuweisen.
3.3. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides, erster Spruchteil):
Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde unter Zitierung des § 57 AsylG 2005 zwar ausgesprochen hat, dass ein Aufenthaltstitel "aus berücksichtigungswürdigen Gründen" gemäß § 57 AslG 2005 nicht erteilt werde, dass sich aus der Begründung des angefochtenen Bescheides jedoch unzweifelhaft ergibt, dass die belangte Behörde tatsächlich rechtsrichtig über eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG 2005 abgesprochen und eine solche nicht erteilt hat.
Gemäß § 58 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird. Die formellen Voraussetzungen des § 57 AsylG 2005 sind allerdings nicht gegeben und werden in der Beschwerde auch nicht behauptet. Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz war dem Beschwerdeführer daher nicht zuzuerkennen.
Die Beschwerde war daher auch hinsichtlich des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen.
3.4. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):
Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig auf Dauer unzulässig erklärt wurde. Es ist daher zu prüfen, ob eine Rückkehrentscheidung auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für unzulässig zu erklären ist.
Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet wie folgt:
"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesonde