Entscheidungsdatum
05.12.2018Norm
AsylG 2005 §55 Abs1Spruch
I409 1424993-3/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Florian Schiffkorn als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, Staatsangehörigkeit Ghana, vertreten durch den "Verein Menschenrechte Österreich" in 1090 Wien, Alser Straße 20, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24. August 2018, Zl. "IFA 820016702/180549708", zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Ghana, reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 4. Jänner 2012 einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30. November 2016 im Beschwerdewege als unbegründet abgewiesen wurde; zugleich wurde das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 75 Abs. 20 Asylgesetz 2005 an die belangte Behörde zurückverwiesen.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 15. Jänner 2018 wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Ghana zulässig ist.
Eine gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10. April 2018 als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer kam seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach und verblieb rechtswidrig im Bundesgebiet.
Am 13. Juni 2018 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK, den er mit seinen Deutschkenntnissen auf A2-Niveau, seinen Integrationsbemühungen sowie einer ehrenamtlichen Tätigkeit begründete. Darüber hinaus habe der Beschwerdeführer bereits einen Arbeitsvorvertrag mit einem Restaurant abgeschlossen.
Am 26. Juni 2018 wurde der Beschwerdeführer durch ein Organ der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen, wobei er Folgendes angab:
"F: Haben Sie Angehörige in Österreich?
A: Nein
F: Haben Sie Angehörige in Ghana?
A: 5 Geschwister, meine Eltern sind verstorben.
...
F: Hat sich etwas geändert seit dem Erkenntnis des BVwG vom 10. April 2018?
A: Seit dem ich weiß, dass ich nicht hier bleiben darf, kann ich nicht mehr schlafen."
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 24. August 2018 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK vom 13. Juni 2018 gemäß "§ 58 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF" zurück.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 17. September 2018 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.
In einer schriftlichen Stellungnahme vom 2. Oktober 2018 an die belangte Behörde gab der Beschwerdeführer ergänzend an, in Wien eine "Lebensabschnittspartnerin" zu haben.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Zu A) Entscheidung über die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid
A) 1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer ist volljährig, ledig, gesund und erwerbsfähig, Staatsangehöriger von Ghana, Angehöriger der Volksgruppe der Ika und christlichen Glaubens. Seit (mindestens) 4. Jänner 2012 hält sich der Beschwerdeführer in Österreich auf; er verfügt in Österreich - bis auf seine "Lebensabschnittspartnerin" - über keine familiären Anknüpfungspunkte. Seine fünf Geschwister leben in Ghana.
Feststellungen zu seiner Identität - vor allem zu seinem Namen und seinem Geburtsdatum - können nicht getroffen werden.
Der Beschwerdeführer bezieht in Österreich Leistungen aus der Grundversorgung und hat ein Deutsch-Zertifikat auf A2-Niveau erlangt. Er hat einen Arbeitsvorvertrag abgeschlossen und betätigte sich temporär, vom 6. März 2018 bis zum 12. Juni 2018, ehrenamtlich bei der XXXX. Überdies ist er Mitglied in der Pfingstgemeinde "XXXX" in Wien.
Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 6. Juli 2012 wurde der Beschwerdeführer wegen des gewerbsmäßigen, unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 erster, zweiter und achter Fall, Abs. 2 und Abs. 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sieben Monaten, davon fünf Monate bedingt, verurteilt.
A) 2. Beweiswürdigung:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde sowie in den Beschwerdeschriftsatz Beweis erhoben.
Die Feststellungen zu seiner Staatsangehörigkeit, seinen Lebensumständen, seinen Familienverhältnissen sowie zu seinem Gesundheitszustand gründen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde. Es ist im Verfahren nichts hervorgekommen, das Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufkommen lässt.
Da der Beschwerdeführer entweder nicht imstande oder nicht willens war, den österreichischen Behörden identitätsbezeugende Dokumente vorzulegen, steht seine Identität nicht fest.
Der Umstand, dass der Beschwerdeführer Deutsch auf A2-Niveau spricht, ergibt sich aufgrund eines vorgelegten ÖSD-Zertifikats vom 20. Oktober 2016.
Der Abschluss eines Arbeitsvorvertrages, das ehrenamtliche Engagement des Beschwerdeführers und seine Mitgliedschaft in einer afrikanischen Kirchengemeinde ergeben sich aus den von ihm vorgelegten Dokumenten.
Die rechtskräftige Verurteilung des Beschwerdeführers wegen unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften ergibt sich aus dem im Akt der belangten Behörde befindlichen Strafurteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 6. Juli 2012.
Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer in Österreich seinen Lebensunterhalt über die Grundversorgung bestreitet, fußt auf einer Abfrage in der Applikation Betreuungsinformation (GVS) vom 24. Oktober 2018.
A) 3. Rechtliche Beurteilung:
A) 3.1. Zur anzuwendenden Rechtslage:
§ 55 und § 58 Abs. 10 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, lauten:
"Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK
§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn
1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und
2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.
(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.
Antragstellung und amtswegiges Verfahren
§ 58. (1) ...
(10) Anträge gemäß § 55 sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Anträge gemäß §§ 56 und 57, die einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag (Folgeantrag) oder einer rechtskräftigen Entscheidung nachfolgen, sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn aus dem begründeten Antragsvorbringen ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.
(11) ...".
A) 3.2. Zur Zurückweisung des Antrages:
1.1. Die belangte Behörde stützt die Zurückweisung des Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 Asylgesetz 2005 auf § 58 Abs. 10 leg.cit., da aus dem Antragsvorbringen des Beschwerdeführers seit Eintritt der Rechtskraft der gegen ihn erlassenen Rückkehrentscheidung mit 16. April 2018 kein geänderter Sachverhalt im Hinblick auf die Berücksichtigung seines Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG hervorgeht, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich machen würde.
Der Beschwerdeführer begründete seinen Antrag insbesondere mit seinen Deutsch-Kenntnissen auf A2-Niveau, seinem Arbeitsvorvertrag, seinem temporären, ehrenamtlichen Engagement bei der XXXX sowie seiner Mitgliedschaft in der Pfingstgemeinde "XXXX" in XXXX.
1.2. Mit diesem Antragsvorbringen hat der Beschwerdeführer allerdings keine maßgebliche Sachverhaltsänderung dargetan:
Zunächst verleiht der bestehende Arbeitsvorvertrag seinen persönlichen Interessen kein entscheidendes Gewicht (zur Gewichtung von Einstellungszusagen vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Oktober 2011, 2011/22/0065, mwN). Aus seiner ehrenamtlichen Tätigkeit über einen Zeitraum von knapp drei Monaten resultiert ebenfalls keine relevante Aufenthaltsverfestigung, zumal dieser Integrationsaspekt überhaupt erst durch die Missachtung der gegen den Beschwerdeführer ergangenen Rückkehrentscheidung erreicht werden konnte (vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Juni 2016, Ra 2016/21/0165, Rn 24). Überdies ist nicht ersichtlich, warum der Beschwerdeführer sein kirchliches Engagement nicht auch nach seiner Ausreise aus dem Bundesgebiet fortführen können sollte, zumal seine Pfingstgemeinde nicht nur in Österreich, sondern u.a. auch in Ghana beheimatet ist (XXXX, Abrufdatum 1. Dezember 2018).
Soweit der Beschwerdeführer erstmals in seiner schriftlichen Stellungnahme an die belangte Behörde vom 2. Oktober 2018, also erst nach Beschwerdeerhebung, erklärte, eine "Lebensabschnittspartnerin" in Wien zu haben, ist ihm zu erwidern, dass - hat die Behörde einen Antrag zurückgewiesen - "Sache" eines Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht ausschließlich die "Rechtmäßigkeit der Zurückweisung" ist (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Dezember 2014, Ra 2014/07/0002).
2. Aus dem Gesagten hat die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 Asylgesetz 2005 zurecht unter Berufung auf § 58 Abs. 10 leg.cit. als unzulässig zurückgewiesen.
Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
A) 4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-Verfahrensgesetz kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.
Im vorliegenden Beschwerdefall ist der Sachverhalt iSd § 21 Abs. 7 erster Fall BFA-Verfahrensgesetz aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt, sodass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben konnte.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Abschiebung, Aufenthaltstitel, Aufenthaltstitel aus Gründen des Art.European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:I409.1424993.3.00Zuletzt aktualisiert am
31.01.2019