Entscheidungsdatum
05.12.2018Norm
AsylG 2005 §12a Abs2Spruch
W267 2187808-2/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Essl in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.11.2018, Zahl XXXX, erfolgte Aufhebung des Abschiebeschutzes betreffend XXXX, geb. XXXX, Staatsangehörigkeit Afghanistan:
A)
Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 und § 22 Abs. 10 AsylG 2005 in Verbindung mit § 22 BFA-VG rechtmäßig.
B)
Die Revision ist nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
Der Antragsteller ist illegal in die Republik Österreich eingereist und hat am 29.06.2015 internationalen Schutz beantragt.
Am 01.07.2015 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes eine niederschriftliche Erstbefragung statt, bei der der Antragsteller, zu seinem Fluchtgrund befragt, im Wesentlichen vorbrachte, in Afghanistan Polizist gewesen zu sein und das Land aufgrund von Drohungen durch die Taliban verlassen zu haben.
Am 02.10.2017 wurde der Antragsteller vor dem BFA, Regionaldirektion Oberösterreich, Außenstelle Linz, im Asylverfahren niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er zunächst an, Angehöriger der Volksgruppe der Tadschiken und sunnitischer Moslem zu sein. Er sei in Mazar-e Sharif geboren und aufgewachsen. Von seinen noch in Afghanistan lebenden Familienmitgliedern würden insbesondere seine Mutter und ein Bruder (in einer gemeinsamen Wohnung) in Kabul leben, ebenso ein Onkel und eine Tante. Ein weiterer Onkel würde in Mazar-e Sharif leben.
Zu seinen Fluchtgründen befragt, gab der Antragsteller beim BFA damals zusammenfassend an, dass er als Polizist in Afghanistan tätig gewesen sei. Im Rahmen seiner Tätigkeit hätte er mit seinen Kollegen eine Gruppe von Taliban verhaftet. Seither sei er ständig bedroht worden. Es habe geheißen, dass man ihn umbringen würde. An der Festnahme der Talibangruppe hätten acht bis neun Polizisten teilgenommen. Die Taliban wären zu dritt gewesen. Sie wären festgenommen und in die Zentrale gebracht worden. Zwei der Freunde des Antragstellers, die an der Verhaftung beteiligt gewesen wären, hätten aufgrund solcher Drohungen Afghanistan ebenfalls verlassen. Auch sein Chef und andere Kollegen wären geflohen, sodass insgesamt alle außer einem Afghanistan verlassen hätten. Es wäre eine große Bande der Taliban gewesen, die zudem sehr gefährlich war.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 02.02.2018, Zl. XXXX, wurde der Antrag des Antragstellers auf internationalen Schutz vom 29.06.2015 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gemäß § 57 AsylG 2005 wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Weiters wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Antragstellers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.) sowie gemäß § 18 Abs. 1 Z 3 BFA-VG, einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.). Es wurde zudem ausgesprochen, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise des Antragstellers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG bestehe (Spruchpunkt VII).
Begründend führte das BFA aus, dass der Antragsteller keine asylrelevanten Ausreisegründe habe glaubhaft machen können. Es würden auch keine individuellen Umstände für die Annahme vorliegen, dass der Antragsteller bei einer Rückkehr nach Afghanistan in eine derart extreme Notlage geriete, die eine unmenschliche Behandlung im Sinne des Artikels 3 EMRK darstellen würde. Es sei davon auszugehen, dass der gesunde und arbeitsfähige, zudem über eine überdurchschnittliche Schulbildung und mehrjährige Berufserfahrungen bei der Polizei verfügende Antragsteller auch zukünftig in der Lage sein würde, seinen Lebensunterhalt - erforderlichenfalls unter Inanspruchnahme des Familienverbandes - zu bestreiten. Der Antragsteller lebe bisher ausschließlich von Geldern der öffentlichen Hand. Ein schützenswertes Privatleben in Österreich sei nicht entstanden. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung begründete das BFA damit, dass der Antragsteller die Behörde trotz entsprechender Belehrung über die Folgen wissentlich mit einem gefälschten Führerschein zu täuschen versucht hätte.
Gegen den oben erwähnten Bescheid des BFA vom 02.02.2018 wurde vom Antragsteller Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben.
Nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 08.03.2018, an der das BFA nicht teilnahm und in deren Rahmen der Antragsteller im Beisein seiner Vertreterin und einer Dolmetscherin für die Sprache Dari zu seinen Fluchtgründen und zu seiner Situation in Österreich befragt wurde, wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde mit mündlich in derselben Verhandlung in Anwesenheit des Antragstellers verkündetem Erkenntnis, GZ W267 2187808-1/5Z, als unbegründet ab, wobei unter einem auch dessen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zurückgewiesen wurde.
In der Begründung wurde vom Bundesverwaltungsgericht insbesondere ausgeführt, dass der ledige und kinderlose nunmehrige Antragsteller eigenen Angaben zufolge am XXXX in der afghanischen Provinz Balkh geboren wurde und afghanischer Staatsangehöriger sei. Er gehöre der Volksgruppe der Tadschiken an und bekenne sich zum Islam sunnitischer Ausrichtung. Sein Bruder Mohammad Reshad und seine Schwester Roya lebten in Wien, der Rest der Kernfamilie, insbesondere die oben angeführten Familienmitglieder, lebten nach wie vor in Afghanistan. Den Onkeln und der Tante gehörten eigene Häuser, in denen sie lebten. Der Tante in Kabul gehöre ferner ein Autohaus. Die in Afghanistan lebenden Familienmitglieder führten ein für afghanische Verhältnisse finanziell gutes Leben. Sie wären nach Angaben des Antragstellers bislang auch keinen Bedrohungen ausgesetzt.
Der Antragsteller hätte der afghanischen Polizei angehört. Trotz seiner vor dem Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Behauptungen könne jedoch nicht festgestellt werden, dass er für die afghanische Kriminalpolizei oder den Nachrichtendienst gearbeitet hätte. Der Antragsteller sei strafrechtlich unbescholten, jung, gesund und arbeitsfähig.
Der Antragsteller führe den Namen XXXX (= XXXX, trans.). Es könne vom Bundesverwaltungsgericht jedoch nicht festgestellt werden, dass der Antragsteller der Sohn jenes XXXX (= Dschamil, trans.) wäre, da in dem in der Verhandlung vom 08.03.2018 vorgelegten Lichtbildausweis kein Bezug auf ihn genommen werde. Es könne ferner auch nicht festgestellt werden, dass der Nachname des Antragstellers tatsächlich XXXX wäre. Aufgrund des von der BPD Oberösterreich als echt angesehenen Polizeiausweises (AS 165f) gehe das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass der tatsächliche Nachname des Antragstellers XXXX (= XXXX, trans.) laute. Der bisher als Alias-Name geführte Nachname XXXX stelle laut Dolmetscherin eine schlecht gelungene Transkription des im Polizeiausweis abgedruckten Nachnamens XXXX dar.
Der Antragsteller habe im Rahmen seiner bisherigen Einvernahmen vor dem BFA und insbesondere auch im Verlauf der oben erwähnten mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht den Eindruck vermitteln können, dass es sich bei der angeblich allein fluchtauslösenden Verhaftung von Taliban um ein tatsachenbasiertes Ereignis gehandelt habe. Insbesondere sein häufiges und unnötiges Ausweichen bei der Befragung durch das Gericht machten seine Schilderungen wenig glaubhaft. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung habe er zudem eine Bedrohung durch eine Gruppe von Taliban nicht einmal erwähnt. Er habe die von ihm und seinen Kollegen verhafteten Personen lediglich als Verbrechergruppe bezeichnet und ihnen zahlreiche Vergehen zur Last gelegt, die mit den gerichtsbekannten üblichen, meist religiös motivierten Vorgehensweisen der Taliban kaum in Einklang zu bringen sind. Im Übrigen sei in der Gemeinde der aus Afghanistan Geflohenen eine Bezugnahme auf "die Taliban" als Fluchtgrund so oft der Fall, dass dieses Schlagwort dem nunmehrigen Antragsteller mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit über die Lippen kommen hätte müssen, als er in der Verhandlung von der Beobachtung und der Verhaftung der Gruppe berichtet hat. Zu guter Letzt divergiere auch die Zahl der Personen, die der Gruppe angehört hätten sollen bzw. die festgenommen wurden, zwischen den Aussagen des Antragstellers vor dem BFA und der Verhandlung (drei Taliban in der Erzählung vor dem BFA und eine Gruppe von fünf Personen in seinen Angaben vor Gericht). Das sich alleine auf die Verhaftung der erwähnten Gruppe und eine angeblichen Bedrohung durch deren Mitglieder gründende Fluchtvorbringen des Antragstellers sei daher nicht glaubhaft.
Der Antragsteller sei bei bester Gesundheit, habe nach Absolvieren der Polizeiakademie eine solide Ausbildung. Er habe darüber hinaus Anrecht auf eine Lenkerberechtigung in Afghanistan und besitze auch mehr als bloß grundlegende Kenntnisse und Fertigkeiten im Zusammenhang mit den in einer Autowerkstatt angebotenen Leistungen. Der Antragsteller verfüge zudem sowohl in Kabul als auch in Mazar-e Sharif über familiären (auch finanziellen) Rückhalt, sodass es ihm leicht möglich wäre, innerhalb kürzester Zeit seinen Lebensunterhalt zu erwirtschaften. Bezüglich seiner Unterkunft werde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Möglichkeit bestehen, dass er in einem der Eigenheime seiner Verwandten in Kabul bzw. Mazar-e Sharif wohnen kann.
Hinsichtlich der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass der Antragsteller im Rahmen der Einvernahme durch das BFA am 20.10.2017 ausdrücklich darüber belehrt worden wäre, dass unter anderem eine Täuschung über die Identität oder die Echtheit von Dokumenten zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer rechtzeitig eingebrachten Beschwerde führen könne. Dennoch hätte er einen Polizeiausweis und einen Führerschein vorgelegt, wobei festgestellt wurde, dass der Polizeiausweis auf einen anderen Nachnamen lautete und es sich beim Führerschein überhaupt um eine Totalfälschung gehandelt hat. Der Antragsteller hätte durch diese Urkunden versucht, die Behörde über seine Identität, insbesondere die Zugehörigkeit zur afghanischen Polizei, zu täuschen. Der Versuch, sich mittels eines gefälschten Ausweises den Aufenthalt in Österreich zu sichern, zeigt eine kriminelle Energie beim Antragsteller, die von diesem ohne äußere Not aufgewendet wurde und die den rechtstaatlichen Interessen dieser Republik zuwider liefe. Das Vorgehen des BFA, aufgrund des Einsatzes falscher bzw. gefälschter öffentlicher Dokumente einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung abzuerkennen, sei daher nicht zu beanstanden.
Der Antragsteller befindet sich nunmehr seit 08.11.2018 in Schubhaft.
Am 20.11.2018 stellte der Antragsteller neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der Erstbefragung am selben Tag gab der Antragsteller an, er habe Österreich seit der Entscheidung über seinen letzten Asylantrag nicht verlassen. Er stelle den nunmehrigen Antrag, weil das, was er zu sagen hätte, trotz seiner Aussagen nicht protokolliert worden wäre und er es daher nochmals angeben würde. Der Antragsteller hätte Zertifikate und einen Ausweis gehabt und diese seien ebenfalls nicht protokolliert worden. Zuhause wäre der Antragsteller durch die Taliban bedroht worden, da er Polizist gewesen sei. Aufgrund dieser Gefährdungslage hätte er Afghanistan verlassen und sei nach Österreich gekommen. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan fürchte der Antragsteller, nicht zu wissen, wo er arbeiten und leben könne. Zudem hätte er Angst, dass die Taliban ihn töten könnten. Falls er zurückkehre, würde jeder wissen, dass er wieder hier wäre, und es würde in Afghanistan keinen sicheren Platz für ihn geben. Diese Änderung der Situation bzw. der Fluchtgründe wäre ihm nach dem Interview beim BFA in Traiskirchen bekannt gewesen, er hätte den Dolmetscher damals jedoch nicht verstanden.
Am 23.11.2018 wurde der Antragsteller beim BFA erneut einvernommen, wobei er im Wesentlichen zunächst angab, seinen am 20.11.2018 gemachten Angaben nichts hinzuzufügen zu haben. Er stelle den neuerlichen Antrag, weil er nicht nach Afghanistan zurück wolle. Es gebe auch keine neuen Fluchtgründe, die Fluchtgründe für den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz wären dieselben, die der Antragsteller bereits in seinem ersten Asylverfahren angegeben hätte.
Der Antragsteller gab weiters an, in Österreich weder Kurse besucht zu noch eine ehrenamtliche Tätigkeit übernommen zu haben, da er bereits vier Mal transferiert worden wäre. Er könne sich auf Deutsch in Grundzügen verständigen, einen entsprechenden Kurs hätte er jedoch nicht besucht. Unterstützung bekäme der Antragsteller derzeit von der Caritas und der Asylunterkunft, in der er untergebracht war.
Nunmehr gab der Antragsteller an, dass er seit rund einem Jahr eine slowakische Freundin hätte, die in Wien wohne und arbeite. In der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht hätte er sie jedoch nicht erwähnt, weil er gedacht habe, die Frage des Gerichts nach einer Lebensgemeinschaft bzw. einer Beziehung bezöge sich auf Österreicherinnen.
Dem Antragsteller wurde im Rahmen dieser Einvernahme mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Asylantrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, eine Rückentscheidung in Verbindung mit dem Einreiseverbot zu erlassen sowie seinen faktischen Abschiebeschutz abzuerkennen. Seine Antwort darauf war, dass er, wenn er nach Afghanistan abgeschoben würde, nach kurzer Zeit wieder nach Österreich zurückkehren werde, weil er hierbleiben wolle.
Am 23.11.2018 wurde auch versucht, dem Antragsteller eine Verfahrensanordnung gemäß § 49 Abs. 3 Z 4 und 6 Asylgesetz zu übergeben, wobei dieser die Übernahme verweigerte.
Am 29.11.2018 wurde der Antragsteller beim BFA in Anwesenheit eines Rechtsberaters im Zulassungsverfahren einvernommen. Er gab in diesem Zusammenhang im Wesentlichen an, dass er nunmehr Dokumente von seinem Dienst in Afghanistan vorlegen könne, die ihm seine Mutter vor vier oder fünf Monaten per Post geschickt hätte. Bei der ersten Einvernahme hätte er diese nicht erwähnt, da er nur nach einem Ausweis gefragt worden sei. Das Kuvert könne er nicht vorlegen, dieses liege bei seiner Schwester in Wien. Dort läge auch sein Dienstausweis.
Der Antragsteller legte nunmehr auch Arbeitsbestätigungen aus Afghanistan vor, die angeblich bei seiner Mutter gewesen wären. Er hätte sie sich erst jetzt schicken lassen, weil die Behörde das verlangt habe. Allerdings gestand der Antragsteller über entsprechenden Vorhalt ein, dass er eine dieser Arbeitsbestätigungen bereits im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt habe, er wisse jedoch nicht, welche. Mit diesen Arbeitsbestätigungen wolle er beweisen, dass er in verschiedenen Teilen Afghanistans gearbeitet hätte und dort nicht mehr leben könne.
Bezüglich seiner erstmals im Rahmen der Einvernahme vor dem BFA vom 23.11.2018 erwähnten Freundin gab der Antragsteller über Befragen an, dass diese Andrea heiße und "am Reumannplatz" lebe. Ihren Familiennamen könne er nicht nennen, da dieser sehr schwer für ihn sei. Er wisse auch nicht, wann seine Freundin geboren sei, er könne nur raten, dass sie etwa 22 Jahre alt wäre. Seine Freundin lebe seit ca. sieben Jahre in Österreich, er kenne sie in etwa seit 9 bis 10 Monaten. In welchem Monat der Antragsteller seine Freundin kennengelernt habe, könne er nicht sagen. In diesem Zusammenhang wurde ihm vom BFA vorgehalten, dass er sich im Rahmen der Einvernahme vom 23.11.2018 noch genau an die Zeit des ersten Kennenlernens erinnern habe können, was der Antragsteller nunmehr abstritt. Getroffen habe der Antragsteller seine Freundin meist an den Wochenenden am Reumannplatz. Er sei jedoch auch öfter in ihrer Wohnung gewesen. Die Adresse dieser Wohnung könne er allerdings genauso wenig angeben wie den Arbeitsort seiner Freundin. In einem gemeinsamen Haushalt mit seiner Freundin habe der Antragsteller nie gelebt.
Dem Antragsteller wurde nunmehr nochmals mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Asylantrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, eine Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot zu erlassen sowie den faktischen Abschiebeschutz abzuerkennen.
Nach einer Unterbrechung der Niederschrift wurde dem Antragsteller der mündliche Bescheid gemäß § 12a Abs. 2 iVm § 22 Abs. 10 Asylgesetz verkündet, wonach der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12 Asylgesetz gemäß § 12a Abs. 2 Asylgesetz aufgehoben wird.
Das BFA stellte in seiner Begründung fest, dass sich der maßgebliche Sachverhalt seit Rechtskraft des Vorverfahrens nicht geändert habe, zumal der Antragsteller lediglich auf seine bisher bereits vorgebrachten Gründe verwiesen und diese im Wesentlichen wiederholt habe. Der nunmehrige Antrag auf internationalen Schutz werde voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein. Nach einer Darstellung der jüngsten Ereignisse im Herkunftsstaat des Antragstellers wurde festgehalten, dass sich die allgemeine Lage in Afghanistan seit Rechtskraft des Erstverfahrens nicht geändert habe. Zum Privat- und Familienleben des Antragstellers führte das BFA aus, der Antragsteller habe in Österreich, abgesehen von einer volljährigen Schwester und einem volljährigen Bruder, keine Angehörigen oder sonstige Verwandten. Zu den beiden erwähnten Personen bestünde weder ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis noch eine besonders enge Beziehung. Zahlreiche Verwandte des Antragstellers, etwa die Mutter und weitere Geschwister, lebten nach wie vor in Afghanistan. Hinsichtlich des nunmehrigen, eher rudimentären Vorbringens des Antragstellers in Bezug auf die Existenz einer slowakischen Freundin in Österreich sei nicht davon auszugehen, dass eine Abhängigkeit oder auch nur eine besonders enge Beziehung zu dieser bestehe. Es sei daher auch nicht davon auszugehen, dass zwischen der Verkündung des Erkenntnisses im Vorverfahren am 08.03.2018 und der Verkündung des nunmehrigen Bescheides eine relevante Änderung der Situation des Antragstellers in Bezug auf sein Privat- und Familienleben eingetreten sei. Der Antragsteller habe hier daher keine besonderen sozialen Kontakte, die ihn an Österreich binden würden.
Da alle Voraussetzungen für eine Aufhebung des Abschiebeschutzes vorlägen, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl legte den Verwaltungsakt mit dem gemäß § 62 Abs. 2 AVG beurkundeten Bescheid vom 29.11.2018 dem Bundesverwaltungsgericht vor. Der Akt langte bei der zuständigen Gerichtsabteilung W127 am 03.12.2018 ein, worüber das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 22 Abs. 2 BFA-VG in Kenntnis gesetzt wurde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Antragsteller wurde am XXXXin der afghanischen Provinz Balkh geboren und ist afghanischer Staatsangehöriger. Er gehört der Volksgruppe der Tadschiken an und bekennt sich zum Islam sunnitischer Ausrichtung. Er ist ledig und kinderlos. Sein Bruder Mohammad Reshad und seine Schwester Roya leben in Wien, der Rest der Kernfamilie lebt nach wie vor in Afghanistan. Den Onkeln und der Tante des Antragstellers gehören eigene Häuser, in denen sie leben. Der Tante des Antragstellers in Kabul gehöre ferner ein Autohaus. Die in Afghanistan lebenden Familienmitglieder führen ein für afghanische Verhältnisse finanziell gutes Leben. Sie waren nach Angaben des Antragstellers bislang auch keinen Bedrohungen ausgesetzt.
Der Antragsteller führt den Namen XXXX (= XXXX, trans.). Es kann jedoch nicht festgestellt werden, dass der Antragsteller der Sohn jenes XXXX (= Dschamil, trans.) ist, da in dem in der Verhandlung vom 08.03.2018 vorgelegten Lichtbildausweis kein Bezug auf ihn genommen wird. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass der Nachname des Antragstellers tatsächlich XXXX wäre. Aufgrund des von der BPD Oberösterreich als echt angesehenen Polizeiausweises (AS 165f) ist davon auszugehen, dass der tatsächliche Nachname des Antragstellers XXXX(= XXXX, trans.) lautet. Der bisher als Alias-Name geführte Nachname XXXX stellte laut Dolmetscherin eine schlecht gelungene Transkription des im Polizeiausweis abgedruckten Nachnamens XXXX dar.
Der Antragsteller war Angehöriger der afghanischen Polizei. Es kann nicht festgestellt werden, dass er für die afghanische Kriminalpolizei oder den Nachrichtendienst gearbeitet hat.
Der Antragsteller ist jung, gesund und arbeitsfähig. Er wurde vom BG Linz am 24.08.2018 zu XXXX wegen eines Vergehens nach § 223 Abs. 2 StGB rechtskräftig verurteilt. Er ist nicht straffällig im Sinne des Asylgesetzes.
Es kann nicht festgestellt werden, dass der Antragsteller seinen Herkunftsstaat aufgrund einer Verfolgung durch die Taliban oder wegen einer anderen konkreten individuellen Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verlies oder dass er nach einer allfälligen Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Übergriffe zu befürchten hätte.
Der Antragsteller hat Afghanistan verlassen, ist in das Bundesgebiet eingereist und hat am 29.06.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt, der mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.02.2018 sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen wurde. Mit dieser Entscheidung wurde auch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen, wobei einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit mündlich in Anwesenheit des Antragstellers verkündetem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 08.03.2018, GZ. W267 2187808-1/5Z, rechtskräftig abgewiesen.
Der Antragsteller befindet sich seit 08.11.2018 in Schubhaft.
Am 20.11.2018 stellte der Antragsteller neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz. Er bezog sich dabei auf Gründe, die bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses des ersten Verfahrens bestanden haben und darüber hinaus bereits im Kern unglaubhaft bzw. nicht asylrelevant sind.
Der Antragsteller ist volljährig, ledig und hat keine Kinder. In Bezug auf den Antragsteller besteht kein hinreichend schützenswertes Privatleben und kein Familienleben im Bundesgebiet. Der Antragsteller ist nicht legal in das Bundesgebiet eingereist und hatte nie ein nicht auf das Asylverfahren gegründetes Aufenthaltsrecht in Österreich. Er hat das Bundesgebiet seit der Entscheidung vom 08.03.2018 nicht verlassen. Es bestehen keine Hinweise, dass beim Antragsteller etwaige physische bzw. psychische Erkrankungen vorliegen, die einer Rückkehr nach Afghanistan entgegenstehen würden.
Eine entscheidungswesentliche Änderung der Situation im Herkunftsstaat des Antragstellers ist zwischenzeitlich nicht eingetreten.
Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Antragsteller bei einer Rückkehr nach Afghanistan ernsthafter Schaden droht. Es kann insbesondere nicht festgestellt werden, dass der Antragsteller bei einer Rückkehr nach Kabul oder Mazar-e Sharif in eine ausweglose Lage bzw. existenzbedrohende Situation geraten würde.
Der Bescheid des BFA über die Aufhebung des Abschiebeschutzes wurde dem Antragsteller am 29.11.2018 mündlich verkündet und entsprechend beurkundet, wobei die Beurkundung dem Beschwerdeführer vollinhaltlich übersetzt wurde.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zur Person des Antragstellers, seiner Herkunft, Schulbildung und Berufserfahrung sowie zu seinen Familienangehörigen beruhen auf seinen (abgesehen vom Namen und er konkreten Verwendung im Polizeidienst) plausiblen, im Wesentlichen gleichbleibenden Angaben im Laufe des bereits abgeschlossenen Asylverfahrens.
Die Feststellungen hinsichtlich des Namens des Antragstellers ergeben sich aus der Einsichtnahme in die von ihm dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegten Ausweise und Urkunden. Seine Zugehörigkeit zur afghanischen Polizei ergibt sich aus den diesbezüglich glaubhaften Angeben des Antragstellers. Lediglich seine Angaben zur Zugehörigkeit zum Nachrichtendienst bzw. zur Kriminalpolizei sind aufgrund der Widersprüche in seinen Angaben im Erstverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht und der vorgelegten Urkunden, die diese Angaben nicht zu stützen vermögen, wenig glaubhaft.
Der Antragsteller hat im Rahmen seiner Einvernahmen im Erstverfahren und insbesondere auch im Verlauf der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht den Eindruck vermitteln können, dass es sich bei der angeblich fluchtauslösenden Verhaftung, auf die er sich noch immer als alleinigen Asylgrund bezieht, um ein tatsachenbasiertes Ereignis gehandelt hat. Sein häufiges und unnötiges Ausweichen bei der Befragung durch das Gericht machen seine Schilderungen wenig glaubhaft. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht hat er zudem eine Bedrohung durch eine Gruppe von Taliban nicht einmal erwähnt. Er hat die von ihm und seinen Kollegen verhafteten Personen lediglich als Verbrechergruppe bezeichnet und ihnen zahlreiche Vergehen zur Last gelegt, die mit den gerichtsbekannten üblichen, meist religiös motivierten Vorgehensweisen der Taliban kaum in Einklang zu bringen sind. Im Übrigen ist in der Gemeinde der aus Afghanistan Geflohenen eine Bezugnahme auf "die Taliban" als Fluchtgrund so oft der Fall, dass dieses Schlagwort dem BF mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit über die Lippen kommen hätte müssen, wenn er in der heutigen Verhandlung von der Beobachtung und der Verhaftung der Gruppe berichtet hat. Zu guter Letzt divergiert auch die Zahl der Personen, die der Gruppe angehört haben sollen bzw. die festgenommen wurden, zwischen den Aussagen des Antragstellers vor dem BFA und der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht (drei Taliban in der Erzählung vor dem BFA und eine Gruppe von fünf Personen in seinen Angaben beim BVwG). Das sich alleine auf die Verhaftung der erwähnten Gruppe und eine angeblichen Bedrohung durch deren Mitglieder gründende Fluchtvorbringen des Antragstellers ist daher nach wie vor nicht glaubhaft.
Dies gilt auch für die Existenz der angeblichen Freundin des Antragstellers. Bei Bestehen einer Beziehung von auch nur minimaler Qualität müsste der Antragsteller mehr Details über seine Freundin angeben können, als dies in seinen Einvernahmen beim BFA der Fall war. Man mag ihm glauben, dass er Schwierigkeiten bei der Aussprache ihres slowakischen Nachnamens hat, die Nennung eines (wenn auch nicht korrekt ausgesprochenen) Namens hätte ihm jedoch leicht möglich sein müssen. Es ist zudem wenig wahrscheinlich, dass er nicht einmal die Adresse ihrer Wohnung nennen kann, obwohl er sich mit seiner Freundin dort angeblich öfters getroffen hat. Selbst wenn es diese Freundin geben sollte, so ist aufgrund der Angaben des Antragstellers vor dem BFA nicht davon auszugehen, dass zu dieser eine allzu enge Beziehung, wie man sie bei einer normalen Partnerschaft erwarten dürfte, besteht.
Die Feststellungen zur Einreise, zu den Antragstellungen und zum Aufenthalt des Antragstellers in Österreich ergeben sich aus dem Inhalt des Verwaltungsaktes sowie dem damit in Einklang stehenden Vorbringen des Antragstellers.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand sowie zu der aktuellen privaten und familiären Situation des Antragstellers in Österreich gründen auf dessen Vorbringen in beiden Asylverfahren.
Die Feststellung der rechtskräftigen Verurteilung des Antragstellers ergibt sich aus einer aktuellen Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich.
Die vom Antragsteller im gegenständlichen Verfahren vorgebrachten Gründe für das Verlassen seines Herkunftsstaates, in den er zwischenzeitlich auch nicht zurückgekehrt ist, sind dieselben, die bereits im rechtskräftig entschiedenen Asylverfahren als unglaubhaft erkannt wurden. Darüber hinaus hat der Antragsteller am 20.11.2018 vor dem BFA selbst eingeräumt, dass sich an seinen Fluchtgründen zwischenzeitlich nichts geändert habe.
Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Antragstellers sind gegenüber den im rechtskräftig negativ abgeschlossenen Verfahren getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten, wovon sich das Bundesverwaltungsgericht durch Einsicht in das aktuelle, dem verfahrensgegenständlichen Bescheid zugrunde liegende Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Afghanistan vom 29.06.2018, aktualisiert am 11.09.2018, sowie in die EASO Guidance Note Afghanistan vom Juni 2018 überzeugen konnte. Auch ist der Antragsteller den Länderfeststellungen nicht entgegengetreten. Dass sich seit der Erlassung der Entscheidung im Vorverfahren in Afghanistan allgemein und für den gegenständlichen Fall relevant eine entscheidende Lageveränderung ergeben hätte, kann in diesem Fall somit verneint werden. Die Lage stellt sich diesbezüglich im Wesentlichen unverändert dar.
Auch wenn im Jahr 2018 vermehrt Anschläge in Kabul stattgefunden haben, so weisen diese keine solche Intensität auf, dass eine Rückkehr nach Kabul generell eine Verletzung der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) darstellt, zumal ein großer Teil der zivilen Opfer auf einzelne "high-profile" Angriffe zurückzuführen ist, die sich nicht in Wohngebieten, sondern insbesondere im Diplomaten- bzw. Regierungsviertel ereignet haben. Die Lage in Kabul wie auch in Mazar-e Sharif kann daher insgesamt als ausreichend sicher bewertet werden.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.
§ 22 Abs. 10 AsylG 2005 lautet:
"Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden."
Zu A)
Im Verfahren zur Aberkennung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist ein Ermittlungsverfahren durchzuführen (vgl. § 18 AsylG 2005), wobei auch der Grundsatz der Einräumung von rechtlichem Gehör (§§ 37, 45 Abs. 3 AVG) zu beachten ist. Ein solches Ermittlungsverfahren wurde ordnungsgemäß durchgeführt. Es wurde dem Antragsteller Parteiengehör eingeräumt, er wurde am 20.11.2018, am 23.11.2018 sowie am 29.11.2018 befragt und wurde ihm die Möglichkeit der Stellungnahme zu den maßgeblichen Länderfeststellungen zu seinem Herkunftsstaat eingeräumt. Dem Antragsteller wurde im Rahmen der Einvernahmen vom 23.11.2018 und 29.11.2018 mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, den Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache im Sinne des § 68 AVG zurückzuweisen und den faktischen Abschiebeschutz durch mündlichen Bescheid gemäß § 12 Abs. 2 AsylG 2005 aufzuheben.
Gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 kann das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, wenn der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt hat und kein Fall des Abs. 1 vorliegt, den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn
1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,
2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und
3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Ein Folgeantrag im Sinne von § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005 ist jeder einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag nachfolgender weiterer Antrag. Bereits die mündliche Verkündung eines Erkenntnisses bewirkt nach ständiger Rechtsprechung des VwGH dessen Erlassung und damit dessen rechtliche Existenz (vgl. etwa Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren2 (2018), Anm. 2 zu § 29 VwGVG, mwN; Winkler in Götzl/Gruber/Reisner/Winkler, Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte2, Rz 4 zu § 29 VwGVG mwN). Das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts war daher bereits mit 08.03.2018 rechtskräftig, zumal vom Gericht auch die ordentliche Revision ausgeschlossen wurde und sohin nur mehr außerordentliche Rechtsmittel zur Verfügung standen.
Gemäß § 2 Abs. 3 AsylG ist ein Fremder ist im Sinne dieses Bundesgesetzes straffällig geworden, wenn er entweder wegen einer vorsätzlich begangenen gerichtlich strafbaren Handlung, die in die Zuständigkeit des Landesgerichtes fällt, oder mehr als einmal wegen einer sonstigen vorsätzlich begangenen gerichtlich strafbaren Handlung, die von Amts wegen zu verfolgen ist, rechtskräftig verurteilt worden ist. Beim Antragsteller scheint jedoch lediglich eine rechtskräftige Verurteilung wegen Verstoßes gegen § 223 Abs. 2 StGB auf, sodass er als nicht straffällig im Sinne des Asylgesetzes anzusehen ist.
§ 22 BFA-VG lautet:
"(1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.
(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.
(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden."
Zu prüfen ist sohin, ob die Voraussetzungen für die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 im gegenständlichen Fall vorliegen.
Gegen den Antragsteller liegt eine rechtskräftige aufrechte Rückkehrentscheidung vor. Der Antragsteller hat das Bundesgebiet seit seiner ersten Antragsstellung nicht verlassen.
Wie bereits oben dargestellt hat der Antragsteller das Vorliegen eines neuen asylrelevanten Sachverhaltes nicht glaubhaft gemacht. Aus dem Vorbringen zum Folgeantrag ergibt sich daher, wie auch in der Sachverhaltsdarstellung und der Beweiswürdigung aufgezeigt, kein entscheidungswesentlicher neuer Sachverhalt.
Auch die für den Antragsteller hinsichtlich der Frage der Zuerkennung von Asyl bzw. subsidiären Schutz maßgebliche Ländersituation in Afghanistan ist seit dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 08.03.2018 im Wesentlichen gleich geblieben und wurde Gegenteiliges auch nicht substantiiert behauptet.
Eine neue Sachentscheidung ist im Fall desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des vorangegangenen Verfahrens bestanden haben, ausgeschlossen, sodass einem Asylfolgeantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, die Rechtskraft des über den Erstantrag absprechenden Bescheides entgegensteht (VwGH 17.09.2008, 2008/23/0684, mwH).
Der vorliegende Folgeantrag wird daher voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein.
Im ersten Verfahren wurde ausgesprochen, dass der Antragsteller bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keiner realen Gefahr einer Verletzung der Artikel 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bestehen würde (§ 50 FPG). Auch im nunmehr zweiten Asylverfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sind - im Lichte der eben getroffenen Erwägungen - keine Risiken für den Antragsteller im Sinne des § 12a Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 hervorgekommen oder substantiiert behauptet worden. Es sind auch keine erheblichen in der Person des Antragstellers liegenden neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden. Auch seitens des Antragstellers wurde kein entsprechendes konkretes Vorbringen hiezu getätigt. Die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Antragstellers in seinen Herkunftsstaat stellt für ihn somit keine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2 und 3 oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention dar bzw. ist ein Eingriff in allfällig bestehende Rechte nach Artikel 8 EMRK gerechtfertigt. Es besteht für ihn als Zivilperson auch keine ernsthafte Bedrohung seines Lebens und seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Gemäß § 22 Abs. 1 2. Satz BFA-VG war ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe die oben zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, aber auch des Verfassungsgerichtshofes und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
aufrechte Rückkehrentscheidung, faktischer Abschiebeschutz -European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W267.2187808.2.00Zuletzt aktualisiert am
28.01.2019