TE Bvwg Erkenntnis 2018/12/6 W153 2165456-1

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Veröffentlicht am 06.12.2018
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Entscheidungsdatum

06.12.2018

Norm

AsylG 2005 §5 Abs1
BFA-VG §21 Abs3 Satz1
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W153 2165456-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christoph KOROSEC als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Sierra Leone, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.07.2017, ZI. 112290309-160992968, zu Recht erkannt:

A) A) Der Beschwerde wird gemäß § 21 Abs. 3 erster Satz BFA-VG

stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Sierra Leone, stellte am 17.07.2016 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Eine EURODAC-Abfrage ergab, dass der Beschwerdeführer am 28.05.2016 in Italien erkennungsdienstlich behandelt wurde.

Im Zuge der Erstbefragung gab der Beschwerdeführer an, dass er am 02.02.1999 geboren und daher minderjährig sei. Zur Reiseroute führte er aus, über mehrere afrikanische Länder bis nach Libyen und dann über Italien nach Österreich gelangt zu sein.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) stellte am 06.09.2016 gestützt auf Art. 13 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin lll-VO) ein Aufnahmegesuch an Italien und teilte darin mit, dass noch eine medizinische Altersfeststellung durchgeführt werde.

Mit Schreiben vom 19.09.2016 lehnten die italienischen Behörden eine Aufnahme des Beschwerdeführers ab. Er werde gemäß Art. 8 Abs. 4 Dublin lll-VO als unbegleiteter Minderjähriger angesehen.

Mit Remonstrationsschreiben vom 06.10.2016 verwies Österreich nochmals auf das noch ausstehende medizinische Gutachten.

Mit rechtskräftigem Beschluss des Bezirksgerichtes Wien-Fünfhaus vom 31.10.2016, ZI. 33 PS 41/16s-2, wurde den Angaben des Beschwerdeführers gefolgt und der Magistrat Wien als Kinder- und Jugendwohlfahrtsträger des Landes Wien, Amt für Jugend und Familie, gemäß § 209 ABGB mit der Obsorge für den Beschwerdeführer betraut. Dieser Beschluss wurde dem BFA per E-Mail vom 18.11.2016 zur Kenntnis gebracht.

Aus einem vom BFA in Auftrag gegebenen Gutachten zur Altersfeststellung ergibt sich für den Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Untersuchung am 07.09.2016 ein absolutes Mindestalter von 21,4 Jahren. Als spätestmögliches fiktives Geburtsdatum wurde der XXXX errechnet.

Mit Schreiben vom 20.10.2016 wurde die medizinische Altersfeststellung den italienischen Behörden mit dem Ersuchen ihre Entscheidung nochmals zu überdenken, übermittelt.

Gestützt auf das medizinische Gutachten stellte das BFA mit Verfahrensanordnung vom 24.01.2017 die Volljährigkeit des Beschwerdeführers fest.

Nach einem weiteren Schreiben der österreichischen Behörden vom 04.01.2017 stimmte Italien am 22.03.2017 einer Übernahme des Beschwerdeführers gemäß Art. 13 Abs. 1 der Dublin lll-VO ausdrücklich zu.

Bei der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA vom 09.05.2017 sowie in seiner Stellungnahme vom 11.05.2017 legte der Beschwerdeführer im Wesentlichen dar, warum er nicht nach Italien überstellt werden wolle.

Mit Bescheid vom 05.07.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Italien gemäß Art. 13 Abs. 1 der Dublin lll-VO für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz zuständig sei (Spruchpunkt I,). Zudem wurde gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG gegen den Beschwerdeführer die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Italien zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Mit Schriftsatz vom 18.07.2017 erhob der Beschwerdeführer durch seinen Rechtsberater, die gegenständliche Beschwerde. Im Wesentlichen wurde vorgebracht, dass der Beschwerdeführer am 17.07.2016 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe. Eine EURODAC-Anfrage ergab, dass er bereits in Italien am 28.05.2016 erkennungsdienstlich behandelt worden sei und somit ein Treffer der Kategorie 2 vorliege. Gemäß Art. 21 Abs. 1 Dublin lll-VO habe ein Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird, innerhalb von drei Monaten nach Antragstellung im Sinne von Artikel 20 Absatz 2 diesen anderen Mitgliedstaat zu ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen, sollte er diesen für die Prüfung des Antrages für zuständig halten. Für den gegenständlichen Fall sei Unterabsatz 2 des Art. 21 Abs. 1 Dublin lll-VO relevant, der besage, dass sich die Frist für das Gesuch auf 2 Monate nach Erhalt der EURODAC-Treffermeldung verkürze. Für beide Fristen sehe die Dublin lll-VO - und zwar selbst im Einvernehmen mit dem ersuchten Mitgliedstaat - keine Möglichkeit der Verlängerung vor. Österreich sei folglich für die inhaltliche Prüfung des Asylantrages zuständig und der Beschwerdeführer zum Verfahren zuzulassen.

Mit Beschwerdeergänzung vom 31.07.2017 wurde u.a. wegen des Fristenablaufs im gegenständlichen Verfahren auf eine aktuelle Entscheidung des EuHG vom 26.07.2017, C- 670/16 verwiesen.

Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 02.08.2017 wurde der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsbürger aus Sierra Leone, stellte am 17.07.2016 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Ein ERODAC-Abgleich ergab, dass der Beschwerdeführer bereits am 28.05.2018 in Italien erkennungsdienstlich behandelt wurde.

Das BFA stellte am 06.09.2016 gestützt auf Art. 13 Abs. 1 Dublin lll-VO ein Aufnahmegesuch an Italien und teilte darin mit, dass noch eine medizinische Altersfeststellung durchgeführt werde.

Mit Schreiben vom 19.09.2016 lehnten die italienischen Behörden eine Aufnahme des Beschwerdeführers ab. Er werde gemäß Art. 8 Abs. 4 Dublin lll-VO als unbegleiteter Minderjähriger angesehen.

Mit Remonstrationsschreiben vom 06.10.2016 verwies Österreich nochmals auf das noch ausstehende medizinische Gutachten. Italien hat jedoch auf dieses nicht binnen der vorgesehenen Frist von zwei Wochen geantwortet.

Erst mit Schreiben vom 20.10.2016 wurde die medizinische Altersfeststellung den italienischen Behörden mit dem Ersuchen ihre Entscheidung nochmals zu überdenken, übermittelt.

Gestützt auf das medizinische Gutachten stellte das BFA mit Verfahrensanordnung vom 24.01.2017 die Volljährigkeit des Beschwerdeführers fest.

Nach einem weiteren Schreiben der österreichischen Behörden vom 04.01.2017 stimmte Italien am 22.03.2017 einer Übernahme des Beschwerdeführers gemäß Art. 13 Abs. 1 der Dublin lll-VO ausdrücklich zu.

Es wird jedoch festgestellt, dass die Zuständigkeit für die Prüfung des gegenständlichen Antrags auf internationalen Schutz auf Österreich übergegangen ist.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen hinsichtlich der Einreise des Beschwerdeführers in den Bereich der Mitgliedstaaten gründen sich insbesondere auf die EURODAC-Anfrage vom 17.07.2016 und auf die Feststellungen zum Ablauf des Konsultationsverfahrens.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Stattgebung der Beschwerde:

Die maßgebliche Bestimmung des Asylgesetzes 2005 {AsylG 2005) idgF lautet:

"§ 5. (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin - Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

(2) Gemäß Abs. 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin - Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet."

§ 21 Abs. 3 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF lautet:

„§ 21 (3) Ist der Beschwerde gegen die Entscheidung des Bundesamtes im Zulassungsverfahren stattzugeben, ist das Verfahren zugelassen. Der Beschwerde gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren ist auch stattzugeben, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint."

Die hier maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Rates (Dublin lll-VO) lauten:

"Art. 3 Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein

Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich

an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen

Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt

wird.

(2)-(3)...

Art. 7 Rangfolge der Kriterien

(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

(3)...

Art. 13 Einreise und/oder Aufenthalt

(1) Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 dieser Verordnung genannten Verzeichnissen, einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 festgestellt, dass ein Antragsteller aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Die Zuständigkeit endet zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts.

(2)...

Artikel 20 Einleitung des Verfahrens

(1)...

(2) Ein Antrag auf internationalen Schutz gilt als gestellt, wenn den zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedstaats ein vom Antragsteller eingereichtes Formblatt oder ein behördliches Protokoll zugegangen ist. Bei einem nicht in schriftlicher Form gestellten Antrag sollte die Frist zwischen der Abgabe der Willenserklärung und der Erstellung eines Protokolls so kurz wie möglich sein.

(3)-(5)...

Artikel 21 Aufnahmegesuch

(1) Hält der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, einen anderen Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags für zuständig, so kann er so bald wie möglich, auf jeden Fall aber innerhalb von drei Monaten nach Antragstellung im Sinne von Artikel 20 Absatz 2, diesen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen. Abweichend von Unterabsatz 1 wird im Fall einer Eurodac- Treffermeldung im Zusammenhang mit Daten gemäß Artikel 14 der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 dieses Gesuch innerhalb von zwei Monaten nach Erhalt der Treffermeldung gemäß Artikel 15 Absatz 2 jener Verordnung gestellt.

Wird das Gesuch um Aufnahme eines Antragstellers nicht innerhalb der in Unterabsätzen 1 und 2 niedergelegten Frist unterbreitet, so ist der Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für die Prüfung des Antrags zuständig.

(2)...

(3) In den Fällen im Sinne der Unterabsätze 1 und 2 ist für das Gesuch um Aufnahme durch einen anderen Mitgliedstaat ein Formblatt zu verwenden, das Beweismittel oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 genannten Verzeichnissen und/oder sachdienliche Angaben aus der Erklärung des Antragstellers enthalten muss, anhand deren die Behörden des ersuchten Mitgliedstaats prüfen können, ob ihr Staat gemäß den in dieser Verordnung definierten Kriterien zuständig ist.

Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten einheitliche Bedingungen für die Erstellung und Übermittlung von Aufnahmegesuchen fest. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

Artikel 22 Antwort auf ein Aufnahmegesuch

(1) Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt die erforderlichen Überprüfungen vor und entscheidet über das Gesuch um Aufnahme eines Antragstellers innerhalb von zwei Monaten, nach Erhalt des Gesuchs.

(2) In dem Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats werden Beweismittel und Indizien verwendet.

(3) Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten die Erstellung und regelmäßige Überprüfung zweier Verzeichnisse, in denen die sachdienlichen Beweismittel und Indizien gemäß den in den Buchstaben a und b dieses Artikels festgelegten Kriterien aufgeführt sind, fest. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

a) Beweismittel:

i) Hierunter fallen förmliche Beweismittel, die insoweit über die Zuständigkeit nach dieser Verordnung entscheiden, als sie nicht durch Gegenbeweise widerlegt werden;

ii) Die Mitgliedstaaten stellen dem in Artikel 44 vorgesehenen Ausschuss nach Maßgabe der im Verzeichnis der förmlichen Beweismittel festgelegten Klassifizierung Muster der verschiedenen Arten der von ihren Verwaltungen verwendeten Dokumente zur Verfügung;

b) Indizien:

i) Hierunter fallen einzelne Anhaltspunkte, die, obwohl sie anfechtbar sind, in einigen Fällen nach der ihnen zugebilligten Beweiskraft ausreichen können;

ii) Ihre Beweiskraft hinsichtlich der Zuständigkeit für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz wird von Fall zu Fall bewertet.

(4) Das Beweiserfordernis sollte nicht über das für die ordnungsgemäße Anwendung dieser Verordnung erforderliche Maß hinausgehen.

(5) Liegen keine förmlichen Beweismittel vor, erkennt der ersuchte Mitgliedstaat seine Zuständigkeit an, wenn die Indizien kohärent, nachprüfbar und hinreichend detailliert sind, um die Zuständigkeit zu begründen.

(6) Beruft sich der ersuchende Mitgliedstaat auf das Dringlichkeitsverfahren gemäß Artikel 21 Absatz 2, so unternimmt der ersuchte Mitgliedstaat alle Anstrengungen, um die vorgegebene Frist einzuhalten. In Ausnahmefällen, in denen nachgewiesen werden kann, dass die Prüfung eines Gesuchs um Aufnahme eines Antragstellers besonders kompliziert ist, kann der ersuchte Mitgliedstaat seine Antwort nach Ablauf der vorgegebenen Frist erteilen, auf jeden Fall ist die Antwort jedoch innerhalb eines Monats zu erteilen. In derartigen Fällen muss der ersuchte Mitgliedstaat seine Entscheidung, die Antwort zu einem späteren Zeitpunkt zu erteilen, dem ersuchenden Mitgliedstaat innerhalb der ursprünglich gesetzten Frist mitteilen.

(7) Wird innerhalb der Frist von zwei Monaten gemäß Absatz 1 bzw. der Frist von einem Monat gemäß Absatz 6 keine Antwort erteilt, ist davon auszugehen, dass dem Aufnahmegesuch stattgegeben wird, was die Verpflichtung nach sich zieht, die Person aufzunehmen und angemessene Vorkehrungen für die Ankunft zu treffen."

Die maßgebliche Bestimmung der Dublin-Ill-Durchführungsverordnung lautet:

"Artikel 5 Ablehnende Antwort

(1) Vertritt der ersuchte Mitgliedstaat nach Prüfung der Unterlagen die Auffassung, dass sich aus ihnen nicht seine Zuständigkeit ableiten lässt, erläutert er in seiner ablehnenden Antwort an den ersuchenden Mitgliedstaat ausführlich sämtliche Gründe, die zu der Ablehnung geführt haben.

(2) Vertritt der ersuchende Mitgliedstaat die Auffassung, dass die Ablehnung auf einem Irrtum beruht, oder kann er sich auf weitere Unterlagen berufen, ist er berechtigt, eine neuerliche Prüfung seines Gesuchs zu verlangen. Diese Möglichkeit muss binnen drei Wochen nach Erhalt der ablehnenden Antwort in Anspruch genommen werden. Der ersuchte Mitgliedstaat erteilt binnen zwei Wochen eine Antwort. Durch dieses zusätzliche Verfahren ändern sich in keinem Fall die in Artikel 18 Absätze 1 und 6 und Artikel 20 Absatz 1 Buchstabe b) der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 vorgesehenen Fristen."

Zur Frage der Unzuständigkeit Österreichs ist dem BFA darin beizupflichten, dass zur Person des Beschwerdeführers eine EURODAC-Treffermeldung der Kategorie "2" zu Italien vorliegt, zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass grundsätzlich Italien für die Aufnahme des Beschwerdeführers zuständig wäre.

In der Folge richtete das BFA am 06.09.2016 ein auf Art. 13 Abs. 1 der Dublin III-VO gestütztes Aufnahmegesuch an Italien. Österreich informierte Italien im Schreiben darüber, dass der Beschwerdeführer angab minderjährig zu sein.

Mit Schreiben vom 19.09.2016 teilte jedoch die italienische Dublin-Behörde der österreichischen Dublin-Behörde mit, dass sich Italien nicht für den Beschwerdeführer als zuständig erachte. Italien hatte somit auf das Aufnahmeersuchen Österreichs fristgerecht und abschlägig geantwortet.

Mit hierauf - innerhalb der dreiwöchigen Frist - erstatteter Remonstration vom 06.10.2016 verwies das BFA auf das noch ausstehende medizinische Gutachten zur Altersfeststellung.

Italien hat auf dieses Remonstrationsschreiben Österreichs jedoch nicht geantwortet. Zwar sieht Art. 5 der Durchführungsverordnung zur Dublin-Ill-Verordnung vor, dass der ersuchte Mitgliedstaat binnen zwei Wochen auf eine Remonstration antwortet, bleibt eine Antwort aus, stellt dies aber nur eine Verletzung des Unionsrechts dar. Mangels diesbezüglicher Rechtsgrundlage in der Dublin III-Verordnung hat dies aber keinen Zuständigkeitsübergang zur Folge (vgl. Filzwieser/Sprung, Dublin III-Verordnung, K4 zu Art. 5 Durchführungsverordnung). Im gegenständlichen Fall ist daher die Zuständigkeit hinsichtlich des Beschwerdeführers nicht auf Italien übergegangen.

Der Umstand, dass die italienische Dublin-Behörde nach Ablauf der zweiwöchigen Frist für die Beantwortung des Remonstrationsschreibens vom 06.10.2016 nach Erinnerung an die Remonstration der Aufnahme des Beschwerdeführers schließlich mit Schreiben vom 22.03.2017 doch zugestimmt hat, vermag an der Verspätung nichts zu ändern, da Österreich nicht innerhalb der in Art. 21 Abs. 1 der Dublin III-VO vorgesehenen zwingenden Fristen ein neues Gesuch um Aufnahme gestellt hat. Denn die Übersendung des medizinischen Altersgutachten, in dem die Volljährigkeit des Beschwerdeführers festgestellt wurde, erfolgte erst am 20.10.2016, also drei Monate nach Asylantragstellung und somit verspätet. Dadurch ist die Zuständigkeit hinsichtlich des Beschwerdeführers endgültig auf Österreich übergegangen.

Das Bundesverwaltungsgericht verweist in diesem Zusammenhang auf das jüngst ergangene Urteil des EuGH vom 13.11.2018 zu den Verfahren C-47/17 und C-48/17 in dem festgestellt wurde, dass, wenn der ersuchte Mitgliedstaat nicht innerhalb der Frist von zwei Wochen gem. Art. 5 Abs. 2 der Durchführungsverordnung auf dieses Ersuchen antwortet, das zusätzliche Verfahren der neuerlichen Prüfung endgültig abgeschlossen sei, sodass der ersuchende Mitgliedstaat nach Ablauf dieser Frist als für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig anzusehen sei, es sei denn, ihm würde noch die für die Stellung eines erneuten Gesuchs um Aufnahme oder Wiederaufnahme innerhalb der dazu in Art. 21 Abs. 1 bzw. Art. 23 Abs. 2 der Dublin III-VO vorgesehenen zwingenden Fristen erforderliche Zeit zur Verfügung stehen.

Da das BFA somit das Remonstrationsverfahren verfahrensgegenständlich zwar innerhalb der in Art. 5 Abs. 2 Durchführungsverordnung (EU) Nr. 118/2014 niedergelegten Frist von drei Wochen eingeleitet hat, jedoch Italien binnen der Frist von zwei Wochen hinsichtlich des Beschwerdeführers nicht antwortete und das weitere Aufnahmeersuchen erst verspätet erfolgte, ist die die Zuständigkeit für die Führung des materiellen Verfahrens auf Österreich übergegangen.

Der bekämpfte Bescheid ist daher zu beheben und das Verfahren in Österreich zuzulassen.

Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 6a und 7 BFA-VG unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Die entsprechende Judikatur wurde oben unter Punkt A) angeführt. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Fristablauf, Fristversäumung, Überstellungsfrist, Verfristung,
Zulassungsverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W153.2165456.1.00

Zuletzt aktualisiert am

28.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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