TE Bvwg Beschluss 2018/12/7 W146 2210278-1

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Veröffentlicht am 07.12.2018
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Entscheidungsdatum

07.12.2018

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W146 2210278-1/3Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Stefan HUBER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 25.10.2018, Zl.: 15-1098467008/151962067:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 09.12.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz und brachte anlässlich seiner Erstbefragung vor dem Stadtpolizeikommando Linz vor, dass seine Heimatstadt von den Taliban erobert worden und die Krankenhäuser abgebrannt seien. Es herrsche schlimmer Krieg.

Anlässlich seiner niederschriftlichen Befragung vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 24.07.2018 gab der Beschwerdeführer an, dass ihn seine Feinde in Afghanistan süchtig gemacht hätten. Fünf Jahre lang habe er in Afghanistan auf der Straße gelebt und sei dann nach Österreich gekommen. Er habe vor 13 Jahren, als seine Eltern verstorben seien, begonnen Haschisch zu rauchen. Dann sei er zu Heroin und Crystal Meth gekommen. In Österreich nehme er keine Drogen, hier sei er nur in Behandlung. Er sei auch in Afghanistan behandelt worden, aber sei wieder rückfällig geworden.

In Österreich sei es um ca. 50 bis 70 % besser geworden. Der Beschwerdeführer habe immer noch Schmerzen und Schlafstörungen, aber es gehe ihm schon viel besser. Er würde vielleicht als Patient im Krankenhaus aufgenommen.

Es sei für ihn in Afghanistan sehr gefährlich, weil er sich dort nicht behandeln lassen könne. Falls er nicht hierhergekommen wäre, dann wäre er schon in Afghanistan aufgrund seiner Drogensucht gestorben.

Er könne sich nicht mehr erinnern, was er bei der Erstbefragung gesagt habe, er könne nicht lügen. Nach Übersetzung dieser Fluchtgründe gab der Beschwerdeführer an, dass die Angaben stimmen würden und auch vollständig seien. Er habe aber seine Sucht nicht erwähnt, weil der Schlepper ihm gesagt habe, dass er das nicht sagen solle. Weitere Fluchtgründe gebe es nicht.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 25.10.2018 wurde dieser Antrag gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs 1 Z. 3 AsylG 2005 wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 13 Abs. 2 Z. 1 AsylG hat der Beschwerdeführer sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 27.11.2017 verloren (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 55 Abs. 1a besteht keine Frist für seine freiwillige Ausreise. (Spruchpunkt VII.). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z. 2 und 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VIII.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 6 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 4 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IX.).

Begründend wurde zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde ausgeführt, dass jedenfalls die individuellen Umstände des Einzelfalls, wie z.B. ethnischer Hintergrund, vorliegende Krankheiten, aber auch beim Asylgerichtshof (!) bzw. Verfassungsgerichtshof oder Verwaltungsgerichtshof anhängige Verfahren von Familienangehörigen, zu berücksichtigen und eine entsprechende Abwägung vorzunehmen seien. Der Beschwerdeführer gehöre keiner als kritisch zu bewertenden Gruppe in Afghanistan an. Er sei zudem weitestgehend gesund und habe in Österreich keine Familienangehörigen, zu welchen ein tatsächliches Familienleben bestehe. Weiters sei in seinem Fall keine wie auch immer geartete Gefährdungslage glaubhaft hervorgekommen. Für die Behörde stehe fest, dass für den Beschwerdeführer bei Rückkehr in seinem Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Menschrechtsverletzung gegeben sei. Er bedürfe daher nicht des Schutzes Österreichs. Es sei in seinem Fall davon auszugehen, dass die sofortige Umsetzung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme im Interesse eines geordneten Fremdenwesens geboten sei.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und beantragte der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aufgrund der drohenden Verletzung der durch Art. 2, 3 und 8 EMRK gewährleisteten Rechte zuerkennen.

Die Mangelhaftigkeit des behördlichen Ermittlungsverfahrens resultiere im vorliegenden Fall maßgeblich daraus, dass die Behörde im Hinblick auf den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers bzw. dessen Einvernahmefähigkeit jedwede Ermittlungstätigkeit unterlassen habe.

Aus einem in der Beschwerde angeführten Bericht gehe hervor, dass die Behandelbarkeit von Drogenproblemen - insbesondere in Städten wie Kabul - kaum gegeben sei. So gebe es in Kabul nur ein öffentliches Krankenhaus, welches Drogentherapien anbiete. Dieses habe aber zu wenig Betten und Personal, um eine anständige Therapie durchführen zu können. Ebenso seien die Behandlungsmethoden veraltet - die Ergebnisse daher unbefriedigend. Dementsprechend hoch (rund 40 %) sei auch die Rückfallquote. Ein Methadonprogramm, wie in westlichen Staaten, existiere nicht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG durch Beschluss.

Zu A)

Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung:

Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten; vielmehr handelt es sich dabei um eine der Sachentscheidung vorgelagerte (einstweilige) Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen. Es ist in diesem Zusammenhang daher lediglich darauf abzustellen, ob es - im Sinne einer Grobprüfung - von vornherein ausgeschlossen erscheint, dass die Angaben des Beschwerdeführers als "vertretbare Behauptungen" zu qualifizieren sind, die in den Schutzbereich der hier relevanten Bestimmungen des Art 3 EMRK reichen.

Im vorliegenden Fall kann eine Entscheidung über die dem Bundesverwaltungsgericht vorliegende Beschwerde innerhalb der relativ kurzen Frist des § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht getroffen werden. In seiner Entscheidung führte das Bundesamt aus, dass der Beschwerdeführer weitestgehend gesund sei.

Demgegenüber machte der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde geltend, dass die Behörde ihre umfassende Ermittlungspflicht im gegenständlichen Verfahren verletzt und damit das Verfahren mit wesentlichen Mängeln behaftet habe, es habe eine ausführliche Auseinandersetzung mit der vom Beschwerdeführer geltend gemachten Verfolgungsgefahr nicht stattgefunden, insbesondere habe es die Behörde verabsäumt Ermittlungen zum derzeitigen Gesundheitszustand und der Einvernahmefähigkeit des Beschwerdeführers zu treffen. Der Beschwerdeführer sei seit mehr als einem Jahrzehnt drogenabhängig und sei bereits in sehr jungen Jahren in Afghanistan mit diversen Suchtmitteln in Kontakt getreten. Die ins Treffen gebrachten Fluchtgründe würden in kausalem Zusammenhang zur langjährigen Drogenabhängigkeit und Drogenproblematik des Beschwerdeführers stehen, jedoch setze sich die erkennende Behörde lediglich in unzureichender Weise damit auseinander.

Der Beschwerdeführer sei krank. Er befinde sich in Österreich in einem Substitutionsprogramm für Opiatabhängigkeit und leide an einer schweren posttraumatischen Belastungsstörung nach Extrembelastung; damit verbundener Schlafstörung. Derzeit stehe der Beschwerdeführer unter Medikation und engmaschigen ärztlichen Kontrollterminen. Der Beschwerdeführer habe der erkennenden Behörde bereits ein Konvolut an ärztlichen Befunden hinsichtlich seines Gesundheitszustandes vorgelegt, doch nehme die Behörde eine umfassende inhaltliche Würdigung der Beweismittel nicht vor. Zwar stelle die Behörde fest, dass der Beschwerdeführer von Suchtmitteln abhängig sei, sich derzeit in Substitutionstherapie befinde und an psychischen Problemen leide, jedoch unterbleibe jedwede Beweiswürdigung hinsichtlich der Probleme, welche dem Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr nach Afghanistan im Sinne des Art. 3 EMRK mitunter erwarten würden.

Die Behandelbarkeit von Drogenproblemen - insbesondere in Städten wie Kabul - sei kaum gegeben. Die Behandlungsmethoden seien veraltet und unbefriedigend. Ein Methadonprogramm existiere nicht.

Der Beschwerdeführer machte damit ein reales Risiko einer Verletzung der hier zu berücksichtigenden Konventionsbestimmungen (Art. 3 EMRK) geltend.

Bei einer Grobprüfung dieses Vorbringens muss prima facie davon ausgegangen werden, dass für den Beschwerdeführer das Risiko der Verletzung von Art 3 EMRK besteht und es sich somit um "vertretbare Behauptungen" handelt.

Daher war der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG entfallen.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 122 Abs. 4 erster Satz B-VG ist die Revision gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall ist die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die bestehende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Darüber hinaus liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W146.2210278.1.00

Zuletzt aktualisiert am

28.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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