Entscheidungsdatum
10.12.2018Norm
B-VG Art.133 Abs4Spruch
W219 2128302-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Walter TOLAR als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX gegen den Bescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 19.05.2016, GZ BMVIT-555.900/0006-IV/W1/2016, im Zusammenhang mit der beantragten Ausstellung eines Internationalen Zertifikats für die Führung von Jachten auf See gemäß § 15 Seeschifffahrtsgesetz, zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird insoweit Folge gegeben, als der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben wird.
Der belangten Behörde wird die Fortsetzung des Verfahrens unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit einem am 04.03.2016 bei der belangten Behörde eingelangten Schreiben brachte der nunmehrige Beschwerdeführer vor, die "Via Donau - Österreichische Wasserstraßen GmbH" (in der Folge: Via Donau) verweigere ihm die Ausstellung eines internationalen Zertifikates für die Führung von Jachten. Die Via Donau begründe dies damit, dass als "Befähigungsausweis" nur "Befähigungsausweise von österreichischen Prüfungsorganisationen mit gültigem Feststellungsbescheid" anerkannt werden würden, nicht jedoch das "Kroatische Patent ‚Boot Skipper B'" des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer sei der Meinung, er erfülle die Mindestanforderungen bezüglich Kenntnissen und Fähigkeiten auf dem Gebiet selbstständiger Jachtführung auf See. Die Ausbildung und Prüfung in Verbindung mit der Ausstellung eines Befähigungszeugnisses durch das Seefahrtsministerium der Republik Kroatien sei als gleichwertig mit dem "im privaten Rechtsverhältnis ausgestellten österreichischen Befähigungsausweis" einzustufen. Der Beschwerdeführer beantragte die Erlassung eines Bescheides betreffend die Nichtanerkennung seines kroatischen Patentes "Boot Skipper B" als Basis für die Ausstellung des genannten internationalen Zertifikats.
2. Mit Schreiben vom 18.04.2016, dem Beschwerdeführer zugestellt am 22.04.2016, hielt die belangte Behörde dem Beschwerdeführer vor, mit seinem Antrag begehre er die Ausstellung eines internationalen Zertifikats für die Führung von Jachten auf See auf Grundlage eines von der Republik Kroatien ausgestellten Befähigungsausweises. Einen derartigen Antrag auf Ausstellung eines internationalen Zertifikats für die Führung von Jachten auf See auf Grundlage eines von einem anderen Staat ausgestellten Befähigungsausweises für die Führung von Jachten auf See sehe die Rechtsordnung allerdings nicht vor. Er wäre als unzulässig antragsgebührenpflichtig zurückzuweisen. In der Folge erläuterte die belangte Behörde in diesem Schreiben die Rechtslage, wonach aus ihrer Sicht die Ausstellung von Befähigungsausweisen zur selbstständigen Führung von Jachten auf See durch Österreich auf Basis von Ausweisen von Küstenstaaten schon aus Respekt vor den Souveränitätsansprüchen in maritimen Hoheitsgewässern dieser, vor allem aber der den betreffenden Ausweis nicht ausstellenden Staaten ausgeschlossen sei.
Dem Beschwerdeführer wurde die Möglichkeit eingeräumt, im Rahmen des Parteiengehörs binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens schriftlich Stellung zu nehmen.
Vom Beschwerdeführer langte daraufhin keine Stellungnahme oder sonstige Äußerung bei der belangten Behörde ein.
3. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers als unzulässig zurück (Spruchpunkt I.) und schrieb die Entrichtung einer Gebühr vor (Spruchpunkt II.).
In der Begründung wiederholt die belangte Behörde jene Umstände, die sie dem Beschwerdeführer mit dem Schreiben vom 18.04.2018 vorgehalten hatte: Er begehre die Ausstellung eines internationalen Zertifikats für die Führung von Jachten auf See auf Grundlage eines von der Republik Kroatien ausgestellten Befähigungsausweises. Einen derartigen Antrag sehe die Rechtsordnung allerdings nicht vor. Eine Stellungnahme oder sonstige Äußerung des Beschwerdeführers im Rahmen des Parteiengehörs zum Vorhalt, dass eine gebührenpflichtige Zurückweisung des Antrags zu erwarten sei, sei bis dato nicht eingelangt, weshalb spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.
Außerdem gibt die Behörde die frühere Korrespondenz mit dem Beschwerdeführer wörtlich wieder, in der sie ihre Rechtsansicht dargelegt hatte, wonach die Ausstellung von Befähigungsausweisen zur selbstständigen Führung von Jachten auf See durch Österreich auf Basis von Ausweisen von Küstenstaaten schon aus Respekt vor den Souveränitätsansprüchen in maritimen Hoheitsgewässern dieser, vor allem aber der den betreffenden Ausweis nicht ausstellenden Staaten ausgeschlossen sei.
4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer bringt vor, er sei durch den angefochtenen Bescheid "in [seinem] Recht bez. des Gleichheitsgrundsatzes (EU-Recht)" verletzt worden sei. Er sei der Meinung, dass die im Bescheid angeführten Rechtsvorschriften (gemeint wohl § 15 SeeSchFG) und die Verwaltungspraxis der belangten Behörde im Widerspruch zu "den EU-Vorschriften" stehe. In Kroatien würden die Prüfungen für die Führung von Jachten von einer staatlichen Behörde durchgeführt. Ein (internationales) Zertifikat bestätige lediglich, dass der Inhaber zum Führen von Jachten auf See berechtigt sei. Nach Ansicht des Beschwerdeführers könne die Berechtigung zum Führen von Jachten mit einer Berechtigung zum Lenken von Fahrzeugen (Führerschein) gleichgestellt werden. Eine in einem EU-Land ausgestellte Lenkberechtigung (Führerschein) werde in der ganzen EU anerkannt. Warum diese Anerkennung und Gültigkeit bei der Berechtigung zum Führen von Jachten nicht umgesetzt werden könne, sei nicht nachvollziehbar.
5. Mit Schriftsatz vom 09.06.2016 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt dazugehörigem Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor. Darin stellt sie den Antrag, das Bundesverwaltungsgericht möge die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid vom 19.05.2016 als unzulässig zurückweisen, in eventu als unbegründet abweisen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Mit E-mail vom 01.03.2016 wendete sich der Beschwerdeführer zunächst an die Via Donau. Er führte aus, dass er Inhaber des Patentes "Boot Skipper B", ausgestellt von der "Schifffahrtsbehörde Kroatien", sei. Die österreichische Schifffahrtsbehörde verweigere die Ausstellung eines "Internationalen Zertifikates", obwohl die Prüfung in Kroatien von einer Behörde und nicht wie in Österreich von Vereinen abgenommen werde. Er ersuche um Klärung des Sachverhalts und Nennung des Grundes für die Nichtausstellung eines "internationalen Zertifikates" sowie um die Ausstellung eines Bescheides, damit weitere Rechtsmittel zustehen.
Die Via Donau leitete dieses E-Mail mit E-Mail vom 02.03.2016 an die belangte Behörde weiter.
Nach einem Telefongespräch zwischen Mitarbeitern der belangten Behörde und dem Beschwerdeführer richtete der Beschwerdeführer am 04.03.2016 das unter Pkt. I.1 wiedergegebene Schreiben an die belangte Behörde.
Vgl. zum weiteren Sachverhalt die Ausführungen zum Verfahrensgang.
2. Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt beruht auf dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes. Der Sachverhalt ist in diesem Umfang auch nicht strittig.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Nach Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden in Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden.
Die belangte Behörde, ein Bundesminister, ist in einer Angelegenheit tätig geworden, die gemäß Art. 10 Abs. 1 Z 9 ("Verkehrswesen
bezüglich ... der Schifffahrt, soweit diese nicht unter Art. 11
fällt) iVm Art. 11 Abs. 1 Z 6 B-VG ("Binnenschifffahrt ... ; Strom-
und Schifffahrtspolizei auf Binnengewässern ...") in die Gesetzgebungs- und Vollziehungskompetenz des Bundes fällt und die gemäß Art. 102 Abs. 2 B-VG ("... Verkehrswesen; Strom- und Schifffahrtspolizei ...") unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden kann. Daher ist das Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung über die vorliegende Beschwerde zuständig (vgl. näher VwGH 20.03.2018, Ko 2018/03/0001).
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern - wie vorliegend - nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
3.2. § 15 und § 15a Seeschifffahrtsgesetz - SeeSchFG, BGBl. Nr. 174/1981, wurden mit der Novelle BGBl. I Nr. 46/2012 neu gefasst und lauten:
"Internationale Zertifikate für die Führung von Jachten
§ 15. (1) Die Bundesministerin bzw. der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hat unter den Voraussetzungen gemäß Abs. 2 über Antrag einer natürlichen, eigenberechtigten oder gemäß § 8 Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194/1994 in der jeweils geltenden Fassung, nicht eigenberechtigten Person, einer Personengesellschaft oder einer juristischen Person (im Folgenden: Prüfungsorganisation) mit Bescheid festzustellen, dass die von dieser im privaten Rechtsverhältnis ausgestellten Befähigungsausweise für die selbstständige Führung von Jachten auf See als Grundlage zur Ausstellung von Internationalen Zertifikaten für die Führung von Jachten gemäß den Empfehlungen der Europäischen Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen (UNECE) im Umfang der Resolution Nr. 40 vom 16. Oktober 1998 geeignet sind. Die Gültigkeit der Feststellung ist mit fünf Jahren zu befristen. Die wiederholte Feststellung bedarf eines neuerlichen Antrags.
(2) Eine Feststellung gemäß Abs. 1 hat zu erfolgen, wenn die Prüfungsorganisation die Beurteilung der Befähigung von die Voraussetzungen gemäß Abs. 3 Z 3 erfüllenden Bewerberinnen und Bewerbern um Befähigungsausweise zur Führung von Jachten auf See durch theoretische und praktische Prüfungen sicherstellen kann. Dies gilt als gegeben, wenn die Prüfungsorganisation
1. eine Regelung für die Bestellung von Prüferinnen und Prüfern nachweist, die deren fachliche Qualifikation, insbesondere hinsichtlich seemännischer Ausbildung und Praxis sowie Ausbildung für die Leistung Erster Hilfe gemäß Abs. 12, sicherstellt;
2. eine Regelung für die Einteilung von Prüferinnen und Prüfern nachweist, die eine objektive Beurteilung der Kenntnisse der Bewerberinnen und Bewerber sicherstellt und insbesondere gewährleistet, dass sich die Prüfungstätigkeit von Prüferinnen und Prüfern nicht auf von ihnen zuvor zur selbstständigen Führung von Jachten auf See maßgeblich ausgebildete Bewerberinnen und Bewerber bezieht;
3. eine administrative Infrastruktur für die Abwicklung der Prüfungszulassungen und der Prüfungen, für die Dokumentation und Evidenthaltung der ausgestellten Befähigungsausweise, für die Bestellung der Prüferinnen und Prüfer sowie für die Führung des Verzeichnisses der Prüferinnen und Prüfer nachweist;
4. das Vorhandensein einer Prüfungsordnung einschließlich eines Lernzielkatalogs nachweist.
Mit Aufnahme einer Tätigkeit zum Zwecke der Ausstellung von Befähigungsausweisen, auf deren Grundlage Internationale Zertifikate gemäß Abs. 1 ausgestellt werden sollen, hat die Prüfungsorganisation einen Sitz oder eine nicht nur vorübergehende Niederlassung in Österreich nachzuweisen.
(3) Die Bundesministerin bzw. der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hat durch Verordnung Vorschriften über die Erlangung und Ausstellung des Internationalen Zertifikats zu erlassen, insbesondere über
1. Form und Inhalt des Internationalen Zertifikats (Abs. 1);
2. Berechtigungsumfang der Zertifikate, insbesondere nach Motor- bzw. Segeljacht und nach Fahrtbereichen;
3. Alter, geistige und körperliche Eignung sowie Nachweis der seemännischen Praxis und Seefahrterfahrung der Bewerberinnen und Bewerber;
4. Mindestanforderungen an die Prüfungsordnung, insbesondere hinsichtlich Inhalt und Umfang der Prüfung betreffend Gesetzeskunde, Nautik und Seemannschaft, die praktische Anwendung dieser Kenntnisse sowie die Schiffsführung;
5. Mindestanforderungen an die fachliche Qualifikation der Prüferinnen und Prüfer, insbesondere hinsichtlich seemännischer Ausbildung und Praxis.
(4) Die Prüfungsorganisationen gemäß Abs. 1 haben jede Änderung der Prüfungsordnung gemäß Abs. 2 Z 4 der Bundesministerin bzw. dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie zur Genehmigung vorzulegen.
(5) Die Prüfungsorganisationen gemäß Abs. 1 haben in den von ihnen ausgestellten Befähigungsausweisen, auf deren Grundlage Internationale Zertifikate gemäß Abs. 1 ausgestellt werden sollen, unter Anführung der Geschäftszahl des Feststellungsbescheids gemäß Abs. 1 den Vermerk anzubringen, dass die genehmigte Prüfungsordnung, im Falle des Bestehens einer gemäß Abs. 8 mit Verordnung der Bundesministerin bzw. des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie erlassenen Prüfungsordnung diese, eingehalten wurde.
(6) Die Bundesministerin bzw. der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hat
1. das Verzeichnis der Prüfungsorganisationen gemäß Abs. 1 sowie
2. die gemäß Abs. 4 genehmigten Prüfungsordnungen der Prüfungsorganisationen gemäß Abs. 1 im Internet auf der Webseite des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie zu veröffentlichen. Mit der Einbringung eines Antrags auf Feststellung gemäß Abs. 1 gilt die Zustimmung der Prüfungsorganisationen gemäß Abs. 1 zu dieser Veröffentlichung als erteilt.
(7) Die Prüfungsorganisationen gemäß Abs. 1 haben das Verzeichnis der Prüferinnen und Prüfer für Befähigungsausweise, auf deren Grundlage Internationale Zertifikate gemäß Abs. 1 ausgestellt werden sollen, einschließlich des Berechtigungsumfangs im Internet zu veröffentlichen und im Fall von Änderungen umgehend zu aktualisieren.
(8) Die Prüfungsorganisationen gemäß Abs. 1 haben mit den anderen derartigen Prüfungsorganisationen im Interesse der Weiterentwicklung des Prüfungswesens sowie der weitestgehenden Vereinheitlichung der Prüfungsordnungen zusammenzuarbeiten und gemeinsam jährlich der Bundesministerin bzw. dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie zu berichten, widrigenfalls drei Monate nach erfolgloser Ermahnung durch die Bundesministerin bzw. den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie diese bzw. dieser durch Verordnung eine einheitliche Prüfungsordnung zu erlassen hat. Diesfalls haben die Prüfungsorganisationen gemäß Abs. 1 für Tätigkeiten zum Zwecke der Austellung von Befähigungsausweisen, auf deren Grundlage Internationale Zertifikate gemäß Abs. 1 ausgestellt werden sollen, die verordnete Prüfungsordnung anzuwenden.
(9) Die Prüfungsorganisationen gemäß Abs. 1 unterliegen hinsichtlich der Voraussetzungen gemäß Abs. 2 und der Erfüllung von mit der Feststellung verbundenen Pflichten gemäß Abs. 4, 5 und 7 der Kontrolle durch die Bundesministerin bzw. den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie. Zu diesem Zweck haben die Prüfungsorganisationen gemäß Abs. 1 für die Dauer von drei Jahren Dokumentationen über die abgehaltenen Prüfungen einschließlich der Prüfungsarbeiten der theoretischen Prüfungen und der Logbücher bzw. Aufzeichnungen der praktischen Prüfungen aufzubewahren und zur Einsicht bereitzuhalten.
(10) Die Feststellung gemäß Abs. 1 ist mit Bescheid zu widerrufen, wenn eine der Voraussetzungen gemäß Abs. 2, die Erfüllung von mit der Feststellung verbundenen Pflichten gemäß Abs. 4, 5 und 7 oder die Zustimmung gemäß Abs. 6 nicht mehr gegeben ist oder die betreffende Prüfungsorganisation bzw. eines ihrer Organe in Ausübung dieser Funktion wettbewerbsrechtliche Vorschriften wiederholt verletzt hat.
(11) Die "via donau - Österreichische Wasserstraßen-Gesellschaft m. b. H." (§ 4 Abs. 1 Wasserstraßengesetz, BGBl. I Nr. 177/2004) hat auf Grundlage von im privaten Rechtsverhältnis von Prüfungsorganisationen gemäß Abs. 1 ausgestellten Befähigungsausweisen, welche den Vermerk gemäß Abs. 5 enthalten, bei gleichzeitiger Vorlage eines Nachweises über die Ausbildung für die Leistung Erster Hilfe Internationale Zertifikate gemäß Abs. 1 auszustellen. Diese gelten als amtlich anerkannte Befähigungsausweise zur selbstständigen Führung von Jachten auf See.
(12) Der Nachweis über die Ausbildung für die Leistung Erster Hilfe gilt durch ein Kapitänspatent, das Schiffsführerpatent - 20 m oder das Schiffsführerpatent - 20 m - Seen und Flüsse gemäß 7. Teil des Schifffahrtsgesetzes - SchFG, BGBl. I Nr. 62/1997 in der jeweils geltenden Fassung, eine inländische, zu Recht bestehende Lenkberechtigung für Kraftfahrzeuge der Klasse D gemäß § 2 des Führerscheingesetzes - FSG, BGBl. I Nr. 120/1997 in der jeweils geltenden Fassung, eine gemäß § 1 Abs. 4 FSG gleichgestellte Lenkberechtigung oder durch eine entsprechende Bescheinigung einer der gemäß § 3 Abs. 3 FSG benannten Institutionen, bei der die Ausbildung vorgenommen wurde, als erbracht.
(13) Als Ersatz für die mit der Ausstellung Internationaler Zertifikate ursächlich im Zusammenhang stehenden Kosten haben Bewerberinnen und Bewerber vor Ausfolgung eines Internationalen Zertifikats einen pauschalierten Geldbetrag an die "via donau - Österreichische Wasserstraßen-Gesellschaft m. b. H." zu entrichten, welcher die Umsatzsteuer und die mit dem Antrag zur Ausstellung des Internationalen Zertifikats anfallenden Gebühren und Verwaltungsabgaben beinhaltet. Der Pauschalbetrag ist von der "via donau - Österreichische Wasserstraßen-Gesellschaft m. b. H." nach ihrem Aufwand unter Berücksichtigung steuer-, gebühren- und abgabenrechtlicher Vorschriften zu bemessen und von der Bundesministerin bzw. dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Verkehr zu genehmigen.
(14) Die Bundesministerin bzw. der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hat Internationale Zertifikate zu entziehen, wenn die geistige und körperliche Eignung gemäß Abs. 3 Z 3 nicht bzw. nicht mehr gegeben ist.
(15) Eine Verpflichtung zum Erwerb eines Internationalen Zertifikats gemäß Abs. 1 besteht nicht.
Aufsichtsrecht des Bundes
§ 15a. (1) In Erfüllung der Aufgaben gemäß § 15 Abs. 11 unterliegt die "via donau - Österreichische Wasserstraßen-Gesellschaft m. b. H." unbeschadet der Rechte der Generalversammlung und des Aufsichtsrates der Aufsicht und Weisung der Bundesministerin bzw. des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie, der bzw. dem von der Geschäftsführung alle zur Erfüllung ihrer bzw. seiner Aufgaben erforderlichen Auskünfte zu erteilen und alle entsprechenden Unterlagen zu übermitteln sind.
(2) Die Bundesministerin bzw. der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie kann der Gesellschaft in Erfüllung dieses Aufsichtsrechtes allgemeine Weisungen oder Weisungen im Einzelfall erteilen und die Bestellung zur Geschäftsführerin bzw. zum Geschäftsführer widerrufen, wenn diese bzw. dieser eine Weisung nicht befolgt oder eine Auskunft gemäß Abs. 1 nicht erteilt. § 16 GmbHG wird dadurch nicht berührt.
(3) In Erfüllung der Aufgaben gemäß § 15 Abs. 11 unterliegen die dafür eingesetzten Bediensteten der Gesellschaft der Aufsicht der Bundesministerin bzw. des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie. Sie sind an ihre bzw. seine Weisung gebunden."
3.3. Die Erläuterungen der Regierungsvorlage der Novelle BGBl. I Nr. 46/2012, mit der die geltende Fassung der §§ 15 und 15a SeeSchFG geschaffen wurde, nachdem der Verfassungsgerichtshof mit dem Erkenntnis VfSlg. 19.270/2010 die Vorgängerregelung als verfassungswidrig aufgehoben hatte, lauten auszugsweise (1730 Blg. XXIV. GP):
"... Ausgangspunkt ist nun nicht mehr ein amtlicher Befähigungsausweis; sondern es sollen die von angemessen geeigneten Prüfungsorganisationen ausgestellten (Ausbildungsnachweise) unter der Voraussetzung, dass sie bestimmte qualitative Ansprüche an eine im privaten Rechtsverhältnis vermittelte bzw. überprüfte Ausbildung zum Ausdruck bringen, als Grundlage zur Ausstellung Internationaler Zertifikate für die Führung von Jachten herangezogen werden. Diese Zertifikate basieren auf Empfehlungen der Europäischen Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen (UNECE), derzeit in Form der Resolution Nr. 40, deren Anwendung neben Österreich folgende Staaten gemeldet haben: Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Kroatien, Litauen, Luxemburg, Niederlande, Polen, Slowakei, Tschechien, Ungarn. ...
Zu Z 12 (§ 15):
Die Vorgabe von Mindestanforderungen an Qualität und Organisation der angebotenen Überprüfung von Kenntnissen und Fähigkeiten auf dem Gebiet selbstständiger Jachtführung auf See ermöglicht es Prüfungsorganisationen, dass ihre Prüfungen und die darüber ausgestellten - grundsätzlich privatrechtlichen - Nachweise Grundlage für die Feststellung der Eignung zur Ausstellung Internationaler Zertifikate für die Führung von Jachten auf See gemäß den diesbezüglichen Empfehlungen der Europäischen Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen (derzeit Resolution Nr. 40) sein können.
...
Die Beauftragung der "via donau - Österreichische Wasserstraßen-Gesellschaft m. b. H." als neutrale Einrichtung öffentlichen Rechts mit der formalisierten Ausstellung Internationaler Zertifikate für die Führung von Jachten auf Grundlage privatrechtlicher Befähigungsnachweise und der darin enthaltenen Vermerke (eidesstattlichen Erklärungen), dass die öffentlichrechtlich genehmigten, in privatrechtlicher Selbstbindung angewendeten Prüfungsordnungen eingehalten wurden, vermeidet einerseits Interessenskonflikte, andererseits das Erfordernis eines Rechtsmittelverfahrens (Abs. 11).
... Zu verlangen ist mindestens eine nach den Bestimmungen des Binnenschifffahrts- und Kraftfahrrechts anerkannte Ausbildung in der
Leistung von Erster Hilfe ... . Dass die Kontrolle des
Vorhandenseins dieses Nachweises nicht dem vorgelagerten privatrechtlichen Bereich des Prüfungswesens zugeordnet ist, sondern der neutralen, staatsnahen Einrichtung unmittelbar vor Ausstellung Internationaler Zertifikate vorbehalten bleibt, entspricht der hohen Bedeutung dieses Erfordernisses (Abs. 12). ...
Zu Z 13 (§ 15a):
Gleich den Rahmenbedingungen betreffend die bisherigen Aufgaben der "via donau - Österreichische Wasserstraßen-Gesellschaft m. b. H." im Bereich reiner Privatwirtschaftsverwaltung gemäß Wasserstraßengesetz, BGBl. I Nr. 177/2004, ist die Möglichkeit zur Erteilung von Aufträgen vorzusehen."
Zu A)
3.4. Wenn die belangte Behörde einen Antrag bescheidmäßig zurückgewiesen hat, ist es dem Verwaltungsgericht im Beschwerdeverfahren verwehrt, über den Antrag in der Sache zu entscheiden. In einem solchen Fall ist Sache des Beschwerdeverfahrens lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung (vgl. VwGH 31.05.2017, Ra 2016/22/0107; 12.10.2015, Ra 2015/22/0115; 18.12.2014, Ra 2014/07/0002).
Für die vorliegende Beschwerde ist daher allein entscheidungswesentlich, ob die Zurückweisung des Antrags des Beschwerdeführers durch die belangte Behörde zu Recht erfolgt ist.
3.5. Die belangte Behörde begründet die Zurückweisung des verfahrenseinleitenden Antrags des Beschwerdeführers damit, dass er die Ausstellung eines internationalen Zertifikats für die Führung von Jachten auf See auf Grundlage eines von der Republik Kroatien ausgestellten Befähigungsausweises begehre, die Rechtsordnung jedoch einen derartigen Antrag nicht vorsehe.
Nach der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer damit zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigert:
Gemäß § 15 Abs. 11 SeeSchFG hat die Via Donau auf Grundlage von im privaten Rechtsverhältnis von Prüfungsorganisationen gemäß Abs. 1 ausgestellten Befähigungsausweisen, welche den Vermerk gemäß Abs. 5 enthalten, bei gleichzeitiger Vorlage eines Nachweises über die Ausbildung für die Leistung Erster Hilfe Internationale Zertifikate gemäß Abs. 1 (Anm: das sind "Internationale Zertifikate für die Führung von Jachten gemäß den Empfehlungen der Europäischen Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen - UNECE - im Umfang der Resolution Nr. 40 vom 16.Oktober 1998") auszustellen. Diese gelten als amtlich anerkannte Befähigungsausweise zur selbstständigen Führung von Jachten auf See.
Nach der Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts handelt es sich bei einem solchen Zertifikat um eine öffentliche Urkunde. Bernhard Raschauer, Realakte, schlicht hoheitliches Handeln und Säumnisschutz, in: Holoubek/Lang [Hrsg.], Rechtsschutz gegen staatliche Untätigkeit, 271, nennt als Beispiele für solche öffentliche Urkunden Geburtsurkunden, Staatsbürgerschaftsnachweise, Meldebestätigungen und Reisepässe. Die Ausstellung einer solchen öffentlichen Urkunde stelle einen nicht normativen Hoheitsakt (Realakt) dar. Auch die Materialien jener Novelle des SeeSchFG, mit der § 15 und § 15a die hier anzuwendende Fassung erhielten (vgl. Pkt. 3.3.), unterscheiden die Ausstellung des Zertifikats durch die Via Donau von den "Prüfungen und [den] darüber ausgestellten - grundsätzlich privatrechtlichen - Nachweisen" bzw. sprechen von einem "vorgelagerten privatrechtlichen Bereich des Prüfungswesens", was eine Deutung der Zertifikatsausstellung als öffentlich-rechtlichen Hoheitsakt implizieren dürfte. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich einer solchen Deutung der Zertifikatsausstellung als Realakt der schlichten Hoheitsverwaltung an.
Das Bundesverwaltungsgericht folgt überdies der Ansicht Raschauers aaO, dass - auch wenn der Gesetzestext lautet: "Die Behörde hat .... [solche Urkunden] auszustellen" - keine bloße Amtspflicht, sondern ein Anspruch, also ein subjektiv-öffentliches Recht auf Ausstellung solcher Urkunden auf Antrag besteht. Liegen die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausstellung der Urkunde nicht vor, ist der Antrag - auch wenn dies im Gesetz nicht ausdrücklich angeordnet ist - mit Bescheid abzuweisen (vgl. wiederum Raschauer, aaO, 272, mwN).
Umgelegt auf den vorliegenden Fall bedeutet das, dass der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines internationalen Zertifikates für die Führung von Jachten auf See - sollten die gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 15 SeeSchFG nicht vorliegen, etwa kein genügender Befähigungsausweis vorhanden sein - mit Bescheid (des zuständigen Bundesministers vgl. dazu unten Pkt. 3.6.) abzuweisen wäre.
Dass in einem solchen Fall der Antrag nicht zurück-, sondern abzuweisen wäre, ergibt sich auch aus VwGH 18.12.2017, Ro 2016/15/0042. Im dortigen Fall hatte ein Antragsteller um Befreiung von den Rundfunkgebühren nicht den vom Gesetzeswortlaut geforderten Bezug österreichischer Studienförderung, sondern den Bezug von BAFÖG nach deutschem Recht nachgewiesen und meinte, dies würde aufgrund Anwendungsvorrangs des Unionsrechts einen Anspruch auf Gebührenbefreiung begründen. Der Verwaltungsgerichtshof sprach aus, in einem solchen Fall liege keine Unvollständigkeit des Anbringens vor, die eine Zurückweisung erlauben würde, sondern es sei - in Auseinandersetzung mit der unionsrechtlichen Argumentation des Antragstellers - in der Sache selbst zu entscheiden. Die Verweigerung der Sachentscheidung und Zurückweisung des Antrags sei unter solchen Umständen jedenfalls verfehlt.
3.6. Nach der Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts hat diese bescheidmäßige Erledigung (im Fall der Nichtausstellung des Zertifikats durch die Via Donau) nicht durch die Via Donau selbst, sondern durch den zuständigen Bundesminister zu erfolgen. Eine Erlassung eines Bescheides durch einen beliehenen Rechtsträger würde eine ausdrückliche gesetzliche Einräumung der Befugnis zur Bescheiderlassung erfordern. Das SeeSchFG sieht dergleichen im Hinblick auf die Via Donau nicht vor. Vielmehr beruft § 15 Abs. 14 SeeSchFG die Bundesministerin bzw. den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie dazu, internationale Zertifikate (nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts: mit Bescheid) zu entziehen, wenn die geistige und körperliche Eignung nicht bzw. nicht mehr gegeben ist. Der vorliegende Fall einer rechtsstaatlich gebotenen bescheidmäßigen Abweisung eines Antrags um Ausstellung einer öffentlichen Urkunde ist dem gesetzlich ausdrücklich geregelten Fall einer Entziehung dieser Urkunde derart wesensähnlich, dass das Bundesverwaltungsgericht auch hier von der Zuständigkeit des genannten Bundesministers ausgeht.
3.7. Da die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers somit zu Unrecht zurückgewiesen hat, war der angefochtene Bescheid aufzuheben.
Als Folge der Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in den Zustand vor Bescheiderlassung zurück; der Antrag des Beschwerdeführers ist (wieder) unerledigt (vgl. zur Parallelbestimmung des § 66 AVG Hengstschläger/Leeb, AVG III, § 66 Rz 97 am Ende sowie Rz 108 f).
3.8. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte im
vorliegenden Fall gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG ("wenn ... bereits
aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde
angefochtene Bescheid aufzuheben ... ist") entfallen.
Zu B) Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Ist die Rechtslage eindeutig, liegt keine die Zulässigkeit einer Revision begründende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor (VwGH 28.05.2014, Zl Ro 2014/07/0053).
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, da Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur Frage der gebotenen Art der (bescheidmäßigen) Erledigung eines Antrags auf Ausstellung eines Internationalen Zertifikates für die Führung von Jachten gemäß § 15 Seeschifffahrtsgesetz, wenn dieser nicht auf einen Befähigungsausweis gestützt wird, der von einer Prüfungsorganisation iSd Abs. 1 leg.cit. ausgestellt wurde, fehlt. Die Rechtslage ist diesbezüglich auch nicht eindeutig.
Schlagworte
Befähigungsnachweis, Behebung der Entscheidung, Bundesminister,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W219.2128302.1.00Zuletzt aktualisiert am
31.01.2019