Entscheidungsdatum
11.12.2018Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
I414 1434317-4/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian EGGER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, Staatsangehörigkeit Nigeria, vertreten durch RA Edward W. DAIGNEAULT, Lerchenfelder Gürtel 45/11 in 1160 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.11.2018, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet ein und stellte am 20.03.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz. Begründend brachte er im Wesentlichen zusammengefasst vor, dass er sein Heimatland verlassen hätte, da es einerseits ein generelles Problem zwischen Moslems und Christen gebe und andererseits dass er von dem Sohn des Mannes, bei dem er nach seinem Verlassen des Waisenhauses gelebt habe im Schlaf vergewaltigt worden sei.
Mit Urteil des LG XXXX vom 17.08.2012, XXXX, wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 27 Abs. 1 Z1 (8. Fall) u. Abs. 3 SMG, zu einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten, davon sechs Monate bedingt mit einer Probezeit von drei Jahren rechtskräftig verurteilt.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 08.03.2013, Zahl: XXXX, wurde der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 AsylG iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 abgewiesen und ihm der Status eines Asylberechtigten sowie gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria nicht zuerkannt. Unter einem wurde er gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen.
Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Wien vom 08.03.2013, Zl. XXXX wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Rückkehrverbot erlassen. Die gegen den Bescheid erhobene Berufung wurde mit Berufungsbescheid des unabhängigen Verwaltungssenat Wien vom 02.08.2013, Zl. XXXX insofern Folge gegeben als die Dauer des Rückkehrverbots 8 (acht) Jahre beträgt.
Die gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 08.03.2013, Zahl:
XXXX, fristgerecht an den Asylgerichtshof erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 23.09.2013, Zl: XXXX als unbegründet abgewiesen.
Mit Urteil des LG XXXX vom 04.02.2015, XXXX, wurde der Beschwerdeführer wegen § 83 Abs. 1, § 84 Abs. 1, § 84 Abs. 2 Z 1 und § 297 Abs. 1 1. Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von 14 Monaten bedingt rechtskräftig verurteilt und die Probezeit der bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe zu LG XXXX vom 17.08.2012, XXXX auf insgesamt fünf Jahre verlängert.
Am 19.04.2017 stellte der Beschwerdeführer einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz (Folgeantrag) und brachte im Rahmen der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes vor, dass er den neuerlichen Asylantrag stelle, da er in Österreich arbeiten würde und auch sein Kind mit Namen XXXX, geb. am XXXX2015 in Österreich sei.
Mit Bescheid Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.09.2017, Zl. XXXX, wurde der Antrag auf internationalen Schutz vom 19.04.2017 gemäß § 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I.). Zugleich wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen "gemäß § 57 AsylG" nicht erteilt. "Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF" wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung "gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (FPG) idgF" erlassen und wurde "gemäß § 52 Absatz 9 FPG" festgestellt, dass seine Abschiebung "gemäß § 46 FPG" nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt II.). Eine Frist für eine freiwillige Ausreise "gemäß § 55 Absatz 1a FPG" wurde nicht eingeräumt (Spruchpunkt III.).
Gegen den Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 06.10.2017, Zl. I416 1434317-2/3E wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung erwuchs am 13.10.2017 in Rechtskraft.
Am 24.01.2018 stellte der Beschwerdeführer seinen dritten Antrag auf internationalen Schutz und brachte im Rahmen der Erstbefragung im Wesentlichen vor, dass sich die Situation in seiner Heimat seit seiner Ausreise verschlimmert habe und er seit 2015 Vater eines Sohnes sei.
Mit Bescheid Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.05.2018, Zl. XXXX, wurde der Antrag auf internationalen Schutz vom 24.01.2018 hinsichtlich des Staus des Asylberechtigten sowie des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I. und II.).
Gegen den Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16.08.2018, Zl. I409 1434317-3/4E wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung erwuchs am 17.08.2018 in Rechtskraft.
Am 12.09.2018 stellte der Beschwerdeführer seinen gegenständlichen vierten Antrag auf internationalen Schutz und brachte im Rahmen der Erstbefragung im Wesentlichen vor, dass die ursprünglich vorgebrachten Fluchtgründe weiterhin bestehen würden. Zudem habe er einen Sohn, welcher am 27.04.2015 geboren sei. Ferner habe er nun eine neue Lebensgefährtin die er in Kürze heiraten wolle.
Am 05.11.2018 wurde der Beschwerdeführer von der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er im Wesentlichen an, dass er aus Angst abgeschoben zu werden behauptet habe aus dem Sudan zu stammen. Befragt nach seinem Fluchtgrund gab er wörtlich an: "Ich hatte ein politisches Problem in Nigeria. Es ging um "Boku Haram" und um die "Fulani Axeman". Es gab keine Arbeit. Ich hatte ein politisches Problem wegen meiner Gemeinschaft. Es gab ein großes Problem wegen des Öls dort. Ich hatte auch ein Problem mit der "Obome Youth" Jugend. Ich war Mitglied dieser Gruppe. Wegen dieses Problems wurde ich von dort weggejagt. Es gab eben Probleme wegen des Öls und wegen der Gemeinschaft dort. Die wollten mich tot sehen. Aus diesem Grund bin ich weggelaufen. Es gab keine Hilfe und keine Unterstützung für mich. Die Dinge sind für mich nicht gut gelaufen. Die Leute wollten mich tot sehen und deswegen bin ich geflüchtet. Meine Familie konnte nichts für mich tun".
Mit Bescheid Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.11.2018, Zl. 5XXXX, wurde der Antrag auf internationalen Schutz vom 24.01.2018 hinsichtlich des Staus des Asylberechtigten sowie des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I. und II.). Zugleich wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.).
Mit Verfahrensanordnung vom 12.11.2018 wurde dem Beschwerdeführer der Verein Menschenrechte Österreich als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.
Mit fristgerecht eingebrachtem Beschwerdeschriftsatz erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch RA Edward W. DAIGNEAULT Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.
Mit Schriftsatz 28.11.2018 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Zunächst wird der Punkt I. dargestellte Verfahrensgang festgestellt.
Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Nigerias. Der Beschwerdeführer ist somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 20b AsylG 2005.
Die Identität des Beschwerdeführers steht in Ermangelung entsprechender Dokumente nicht fest.
Der Beschwerdeführer ist volljährig, bekennt sich zum christlichen Glauben, leidet weder an einer schweren Krankheit noch ist er längerfristig pflege- oder rehabilitationsbedürftig und ist daher auch erwerbsfähig.
Der Beschwerdeführer spricht I(g)bo und Englisch.
Das Familienleben zu seinem 2015 in Österreich geborenen Sohn, das der Beschwerdeführer in seinem dritten und vierten Asylantrag vorbrachte, bestand schon vor dem Zeitpunkt, in dem das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 06.10.2017 in Rechtskraft erwuchs.
Der Beschwerdeführer weist nachstehende strafgerichtliche Verurteilungen auf:
01) LG XXXX </nichtanonym><anonym>XXXX</anonym></person>XXXX vom 17.08.2012 RK 17.08.2012
§§ 27 (1) Z 1 8. Fall, 27 (3) SMG
Freiheitsstrafe 7 Monate, davon Freiheitsstrafe 6 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre
zu LG XXXX XXXX RK 17.08.2012
Probezeit des bedingten Strafteils verlängert auf insgesamt 5 Jahre
LG XXXX </nichtanonym><anonym>XXXX</anonym></person>XXXX vom 04.02.2015
02) LG XXXX XXXX vom 04.02.2015 RK 10.02.2015
§§ 83 (1), 84 (1), 84 (2) Z 1 StGB
§ 297 (1) 1. Fall StGB
Freiheitsstrafe 14 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre
Es besteht ein aufrechtes Rückkehrverbot gegen den Beschwerdeführer.
Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer in seinem gegenständlichen vierten Antrag auf internationalen Schutz keine neu entstandenen Fluchtgründe vorgebracht hat.
1.2. Zu den Feststellungen zur Lage in Nigeria:
Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 08.11.2018 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Im angefochtenen Bescheid wurde das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria vollständig zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist auch keine Änderung eingetreten, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt.
Die belangte Behörde traf folgende Feststellungen zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers:
Politische Lage
Nigeria ist in 36 Bundesstaaten und einen Bundeshauptstadtbezirk sowie 774 Local Government Areas (LGA/Bezirke) untergliedert. Die Bundesstaaten werden von direkt gewählten Gouverneuren regiert (AA 21.11.2016; vgl. AA 4.2017a; vgl. GIZ 7.2017a). Die Bundesstaaten verfügen auch über direkt gewählte Parlamente (AA 4.2017a).
Nigeria verfügt über ein Mehrparteiensystem. Die Verfassung vom 29.5.1999 enthält alle Attribute eines demokratischen Rechtsstaates (inkl. Grundrechtskatalog), und orientiert sich insgesamt am System der USA. Einem starken Präsidenten, der zugleich Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist, und einem Vizepräsidenten stehen ein aus Senat und Repräsentantenhaus bestehendes Parlament und eine unabhängige Justiz gegenüber (AA 21.11.2016; vgl. AA 4.2017a). In der Verfassungswirklichkeit dominiert die Exekutive in Gestalt des direkt gewählten Präsidenten und die direkt gewählten Gouverneure. Der Kampf um politische Ämter wird mit großer Intensität und häufig auch mit undemokratischen, gewaltsamen Mitteln geführt. Polizei und Justiz werden ebenfalls vom Bund kontrolliert (AA 21.11.2016).
Die Parteienzugehörigkeit orientiert sich bei den meisten der ca. 50 kleineren Parteien an Führungspersonen. Loyalitäten gegenüber der eigenen ethnischen Gruppe bzw. gegenüber Personen gehen anderen Loyalitäten vor; entsprechend repräsentiert keine der Parteien eine eindeutige politische Richtung (AA 21.11.2016).
Die Wahlen von Präsident und Nationalversammlung 2015 und die seitdem stattgefundenen Wahlen der Gouverneur- und Landesparlamente in 31 von 36 Bundesstaaten haben die politische Landschaft in Nigeria grundlegend verändert. Die seit 2013 im All Progressives' Congress (APC) vereinigte Opposition gewann neben der Präsidentschaftswahl eine klare Mehrheit in beiden Häusern des Parlaments und regiert nun auch in 23 der 36 Bundesstaaten. Die seit 1999 dominierende People-s Democratic Party (PDP) musste zum ersten Mal in die Opposition und ist durch Streitigkeiten um die Parteiführung stark geschwächt. Lediglich in den südöstlichen Bundesstaaten des ölreichen Niger-Deltas konnte sie sich als Regierungspartei behaupten (AA 21.11.2016).
Bei den Präsidentschaftswahlen am 28.3.2015 besiegte der frühere Militärmachthaber und Kandidat der Opposition, Muhammadu Buhari, den bisherigen Amtsinhaber Goodluck Jonathan mit 54,9 Prozent der abgegebenen Stimmen. Bei diesen Wahlen, die von der internationalen Öffentlichkeit als beispielhaft für die Demokratie Afrikas gelobt wurden, kam es zum ersten Mal seit der Unabhängigkeit Nigerias zu einem demokratischen Machtwechsel (GIZ 7.2017a). Der APC gewann die Gouverneurswahlen in 20 von 29 Bundesstaaten. Er stellt in den 36 Bundesstaaten derzeit 24 Gouverneure, die PDP 11 und All Progress Grand Alliance (APGA) einen Gouverneur. Unter den 36 Gouverneuren ist weiterhin keine Frau. Die Wahlen vom März/April 2015 wurden sowohl in Nigeria als auch von internationalen Wahlbeobachtern trotz organisatorischer Mängel als im Großen und Ganzen frei und fair bezeichnet. Die Spitzenkandidaten Jonathan und Buhari hatten sich in einer Vereinbarung (Abuja Accord) zur Gewaltlosigkeit verpflichtet. Dies und die Tatsache, dass Präsident Jonathan seine Wahlniederlage sofort anerkannte, dürfte größere gewalttätige Auseinandersetzungen verhindert haben. Die Minister der Regierung Buhari wurden nach einem längeren Sondierungsprozess am 11.11.2015 vereidigt (AA 4.2017a).
Neben der modernen Staatsgewalt haben auch die traditionellen Führer immer noch einen nicht zu unterschätzenden, wenn auch weitgehend informellen Einfluss. Sie gelten als Kommunikationszentrum und moralische Instanz und können wichtige Vermittler in kommunalen und in religiös gefärbten Konflikten sein (AA 4.2017a).
Fast im ganzen Norden Nigerias ist das System der LGA kollabiert. Große Teile kamen unter Kontrolle von Milizen und lokalen "Strongmen", die den politischen und sozio-ökonomischen Raum ausfüllen. Dies führte zur Vertiefung lokaler und regionaler Missstände (BS 2016).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (21.11.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria
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AA - Auswärtiges Amt (4.2017a): Nigeria - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Innenpolitik_node.html, Zugriff 6.7.2017
-
BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Nigeria Country Report,
https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Nigeria.pdf, Zugriff 6.7.2017
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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (7.2017a): Nigeria - Geschichte und Staat, http://liportal.giz.de/nigeria/geschichte-staat.html, Zugriff 2.8.2017
Sicherheitslage
Es gibt in Nigeria keine klassischen Bürgerkriegsgebiete und keine Bürgerkriegsparteien (AA 21.11.2016). In drei Gebieten herrschen Unsicherheit und Spannungen: im Nordosten (islamistische Gruppe Boko Haram); im Middle Belt (v.a. im Bundesstaat Plateau); und im Nigerdelta (SBM 17.1.2017). Laut SBM Intel war Boko Haram im Jahr 2016 für 71 Vorfälle mit 1.240 Toten verantwortlich. Den Fulani-Hirten werden für das Jahr 2016 47 Vorfälle mit 1425 Toten zugeschrieben. Viehdiebstahl, welcher für viele Jahre an Bedeutung verloren hat, ist inzwischen für Hirten, die hauptsächlich von Fulani abstammen, ein Grund für Konflikte und Angriffe geworden. Bei zwölf Vorfällen von Viehdiebstahl sind 470 Menschen getötet worden. Die Ölkonflikte, die sich im Jahr 2016 im Nigerdelta zugetragen haben, haben sich auf die ölproduzierenden Bundesstaaten im Südwesten und Südosten verbreitet. Bei 32 Vorfällen wurden 97 Menschen getötet (SBM 17.1.2017).
Es besteht aufgrund wiederholter Angriffe und Sprengstoffanschläge militanter Gruppen (Boko Haram, Ansaru) derzeit ein sehr hohes Anschlagsrisiko insbesondere für Nord- und Nordostnigeria, einschließlich für die Hauptstadt Abuja. In mehreren Städten Nord- und Nordostnigerias finden immer wieder Gefechte zwischen Sicherheitskräften und militanten Gruppen statt. Angehörige der Sicherheitskräfte, Regierungsstellen, christliche Einrichtungen - aber auch Einrichtungen gemäßigter Moslems - sowie Märkte, Wohnviertel und internationale Organisationen sind Anschlagsziele der militanten Gruppen. Drohungen bestehen gegen moslemische Einrichtungen im Süden (BMEIA 24.7.2017).
Das deutsche Auswärtige Amt warnt vor Reisen in die nördlichen Bundesstaaten Borno, Yobe, Adamawa, Bauchi und Gombe. Darüber hinaus wird auch von nicht notwendigen Reisen in die übrigen Landesteile Nordnigerias abgeraten. Wegen des besonders hohen Entführungsrisikos wird außerdem von Reisen in die Bundesstaaten Delta, Bayelsa, Rivers, Imo (insb. Hauptstadt Owerri), Abia, Anambra, Ebonyi, Edo, Enugu, Delta, Kogi, den südlichen Teil von Cross Rivers, Ogun und Akwa Ibom abgeraten (AA 24.7.2017). Auch das österreichische Außenministerium warnt vor Reisen in die Bundesstaaten Borno, Yobe, Adamawa, Plateau sowie den südlichen Landesteil von Bauchi und Kano. Mit Gewaltausbrüchen in allen zwölf nördlichen Bundestaaten ist jederzeit zu rechnen (BMEIA 24.7.2017). Das britische Außenministerium warnt zusätzlich noch vor Reisen in die Flussgegenden der Bundesstaaten Delta, Bayelsa, Rivers, Akwa Ibom und Cross River States sowie an die Grenze zu Niger im Bundesstaat Zamfara (UKFCO 24.7.2017).
Das österreichische Außenministerium hat für folgende Bundesstaaten eine partielle Reisewarnung ausgesprochen: Abia, Akwa Ibom, Anambra, Bayelsa, Delta, Ebonyi, Edo, Ekiti, Enugu, Imo, Kaduna, Kano, Oyo, Ondo, Rivers, einschließlich Port Harcourt und die vorgelagerten Küstengewässer (BMEIA 24.7.2017). Das britische Außenministerium warnt vor unnötigen Reisen nach: Bauchi, Zamfara, Kano, Kaduna, Jigawa, Katsina, Kogi, Abia sowie an die Grenze zu Niger in Sokoto und Kebbi und die Trockengebiete von Delta, Bayelesa und Rivers (UKFCO 24.7.2017). In Nigeria können in allen Regionen meist kaum vorhersehbar lokale Konflikte aufbrechen. Ursachen und Anlässe dafür sind meist politischer, wirtschaftlicher, religiöser oder ethnischer Art. Meist sind diese Auseinandersetzungen von kurzer Dauer (wenige Tage) und örtlich begrenzt (meist nur einzelne Orte, in größeren Städten nur einzelne Stadtteile) (AA 24.7.2017).
In Lagos kommt es zu gewalttätigen Zusammenstößen zwischen verschiedenen Ethnien, politischen Gruppierungen aber auch zwischen Militär und Polizeikräften (BMEIA 24.7.2017) bzw. zu Problemen (u.a. Mobs, Plünderungen) durch die sogenannten "Area Boys". Der Einsatz von Schlägertruppen und privaten Milizen zur Erreichung politischer oder wirtschaftlicher Ziele ist weit verbreitet (AA 21.11.2016).
Gemäß den Zahlen des Council on Foreign Relations für die Zeitspanne Jänner 2016 bis Juni 2017 stechen folgende nigerianische Bundesstaaten mit einer hohen Anzahl an Toten durch Gewaltakte besonders hervor: Borno (3.097), Benue (754), Rivers (360), Zamfara (308) und Adamawa (201). Folgende Bundesstaaten stechen mit einer relativ niedrigen Zahl hervor: Jigawa (2), Gombe (3), Kebbi (7) und Sokoto (8) (CFR 2017). Laut OSAC besteht eine erhebliche terroristische Bedrohung vor allem in Nordnigeria. Boko Haram hat für die meisten terroristischen Aktivitäten die Verantwortung übernommen. In der gesamten Nigerdelta-Region greifen mehrere aufständische Gruppen gezielt die Infrastruktur und Mitarbeiter von internationalen Ölgesellschaften an. Viele Gebiete im südlichen Nigeria erleben aufgrund großer Armut, mangelnder Bildung, Jugendarbeitslosigkeit und bedeutender Inflation Unruhen verursacht durch Zivilisten (OSAC 4.7.2017).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (21.11.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria
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AA - Auswärtiges Amt (24.7.2017): Nigeria - Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung), http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/NigeriaSicherheit.html, Zugriff 24.7.2017
-
BMEIA - Außenministerium (24.7.2017): Reiseinformationen - Nigeria,
http://www.bmeia.gv.at/aussenministerium/buergerservice/reiseinformation/a-z-laender/nigeria-de.html, Zugriff 24.7.2017
-
CFR - Council on Foreign Relations (2017): Nigeria Security Tracker, http://www.cfr.org/nigeria/nigeria-security-tracker/p29483, Zugriff 25.7.2017
-
OSAC - Overseas Security Advisory Council (4.7.2017): Nigeria 2017 Crime and Safety Report - Abuja, https://www.osac.gov/pages/ContentReportDetails.aspx?cid=21604, Zugriff 25.7.2017
-
SBM - SBM Intel (7.1.2017): A Look at Nigeria's Security Situation,
http://sbmintel.com/wp-content/uploads/2016/03/201701_Security-report.pdf, Zugriff 24.7.2017
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UKFCO - United Kingdom Foreign and Commonwealth Office (24.7.2017): Foreign Travel Advice - Nigeria, https://www.gov.uk/foreign-travel-advice/nigeria, Zugriff 24.7.2017
Rechtsschutz/Justizwesen
Die Verfassung sieht Gewaltenteilung und die Unabhängigkeit der Justiz vor (AA 21.11.2016; vgl. FH 2.6.2017). Sie unterscheidet zwischen Bundesgerichten, Gerichten des Hauptstadtbezirks sowie Gerichten der 36 Bundesstaaten. Letztere haben die Befugnis, per Gesetz erstinstanzliche Gerichte einzusetzen. Mit Einführung der erweiterten Scharia-Gesetzgebung in neun nördlichen Bundesstaaten sowie den überwiegend muslimischen Teilen dreier weiterer Bundesstaaten 2000/2001 haben die staatlichen Schariagerichte strafrechtliche Befugnisse erhalten, während sie zuvor auf das islamische Personenstandsrecht beschränkt waren. Bundesgerichte, die nur staatlich kodifiziertes Recht anwenden, sind der Federal High Court (Gesetzgebungsmaterie des Bundes, Steuer-, Körperschafts- und auch Verwaltungssachen), der Court of Appeal (Berufungssachen u.a. der State Court of Appeal und der State Sharia and Customary Court of Appeal) sowie der Supreme Court (Revisionssachen, Organklagen). Der Rechtsweg von der ersten Instanz (Magistrate Court) bis zum Supreme Court ist grundsätzlich eröffnet (AA 21.11.2016). Für Militärangehörige gibt es eigene Militärgerichte (USDOS 3.3.2017).
Laut Bundesverfassung wird die Verfassung und Zuständigkeit der Gerichte seit 1999 im Hinblick auf die Entscheidung über das anzuwendende Rechtssystem "Common Law" oder des "Customary Court Law"-Systems durch Gesetze der Gliedstaaten festgestellt. Einzelne Bundesstaaten haben "Sharia Courts" neben "Common Law" und "Customary Courts" geschaffen. Mehrere Bundesstaaten, einschließlich die gemischt konfessionellen Bundesstaaten Benue und Plateau, haben Scharia-Berufungsgerichte eingerichtet. Bedingt durch die drei einander mitunter widersprechenden Rechtssysteme und aufgrund der schlechten Bezahlung, Überlastung und fehlenden Infrastruktur ist Korruption im Justizbereich verbreitet (ÖBA 7.2014).
Die Justiz hat ein gewisses Maß an Unabhängigkeit und Professionalität erreicht, doch bleibt sie politischem Einfluss, Korruption und einem Mangel an Ressourcen ausgesetzt (FH 2.6.2017). In der Realität ist die Justiz der Einflussnahme von Exekutive und Legislative sowie einzelner politischer Führungspersonen und der Wirtschaft ausgesetzt. Unterbesetzung, Unterfinanzierung und Ineffizienz verhindern, dass die Justiz ausreichend funktionieren kann. Außerdem fehlt es den Gerichten oftmals an Ausrüstung und Ausbildung, um den eigenen Aufgaben nachzukommen. Vor allem auf Bundesstaats- und Bezirksebene (LGA) versuchen Politiker die Justiz zu beeinflussen. Zusätzlich ist die Justiz von endemischer Korruption geprägt. Wohl gibt es auf Bundesebene strikte Voraussetzungen und Ansprüche für Richter. Allerdings fehlt es auf Bundesstaats- und Bezirksebene an Aufsichtsmöglichkeiten, und dies führt zu Korruption und Misswirtschaft in der Justiz (USDOS 3.3.2017).
Eine willkürliche Strafverfolgung bzw. Strafzumessungspraxis durch Polizei und Justiz, die nach Rasse, Nationalität o.ä. diskriminiert, ist nicht erkennbar. Das bestehende System benachteiligt jedoch tendenziell Ungebildete und Arme, die sich weder von Beschuldigungen freikaufen noch eine Freilassung auf Kaution erwirken können. Zudem ist vielen eine angemessene Wahrung ihrer Rechte auf Grund von fehlenden Kenntnissen selbst elementarster Grund- und Verfahrensrechte nicht möglich. Auch der Zugang zu staatlicher Prozesskostenhilfe ist in Nigeria beschränkt: Das Institut der Pflichtverteidigung wurde erst vor kurzem in einigen Bundesstaaten eingeführt. Lediglich in den Landeshauptstädten existieren NGOs, die sich zum Teil mit staatlicher Förderung der rechtlichen Beratung von Beschuldigten bzw. Angeklagten annehmen (AA 21.11.2016). Rechtsberatungen und Rechtsbeistand bieten u.a. die folgenden Organisationen: Legal Aid Council; die Nationale Menschenrechtskommission (NHRC); Legal Defence and Assistance Project (LEDAP) (IOM 8.2013). Gerade in den ländlichen Gebieten gibt es jedoch zahlreiche Verfahren, bei denen Beschuldigte und Angeklagte ohne rechtlichen Beistand mangels Kenntnis ihrer Rechte schutzlos bleiben (AA 21.11.2016).
Das Recht auf ein zügiges Verfahren wird zwar von der Verfassung garantiert, ist jedoch kaum gewährleistet. Auch der gesetzlich garantierte Zugang zu einem Rechtsbeistand oder zu Familienangehörigen wird nicht immer ermöglicht (AA 21.11.2016). Dauerinhaftierungen ohne Anklage oder Urteil, die sich teils über mehrere Jahre hinziehen, sind weit verbreitet. 66-72 Prozent der in nigerianischen Gefängnissen inhaftierten Personen sind Untersuchungshäftlinge, die auf ihren Prozess warten (AA 21.11.2016; vgl. USDOS 3.3.2017). Die Untersuchungshaft ist oftmals länger als die maximal zu erwartende gesetzliche Höchststrafe des jeweils in Frage stehenden Delikts (AA 21.11.2016). Darüber hinaus bleiben zahlreiche Häftlinge auch nach Verbüßung ihrer Freiheitsstrafen in Haft, weil ihre Vollzugsakten unauffindbar sind (AA 21.11.2016; vgl. USDOS 3.3.2017). Mehrmals kündigte die Regierung an, Aktionen zur Überprüfung der Inhaftierten durchzuführen und Gefängnisinsassen ohne ersichtlichen Inhaftierungsgrund freizulassen, allerdings ohne messbaren Erfolg (AA 21.11.2016).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (21.11.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria
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FH - Freedom House (2.6.2017): Freedom in the World 2017 - Nigeria, http://www.refworld.org/docid/5936a4663.html, Zugriff 8.6.2017
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IOM - International Organization for Migration (8.2013): Nigeria - Country Fact Sheet,
https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/8628861/16296710/16800759/Nigeria_-_Country_Fact_Sheet_2013%2C_deutsch.pdf?nodeid=16801531&vernum=-2, Zugriff 8.6.2017
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ÖBA - Österreichische Botschaft Abuja (7.2014): Asylländerbericht Nigeria
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USDOS - U.S. Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Nigeria, http://www.ecoi.net/local_link/337224/479988_de.html, Zugriff 8.6.2017
Sicherheitsbehörden
Die allgemeinen Polizei- und Ordnungsaufgaben obliegen der rund 360.000 Mann starken (Bundes-) Polizei, die dem Generalinspekteur der Polizei in Abuja untersteht (AA 21.11.2016). Der Generalinspekteur ist für die Durchsetzung der Gesetze verantwortlich. Zusätzlich zu der üblichen polizeilichen Verantwortung der Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung in den Bundesstaaten und Federal Capital Territory (FCT), überwacht der Generalinspekteur die Strafverfolgungsbehörden im ganzen Land, die mit Grenzschutz, Marineangelegenheiten (Navigation) und Terrorismusbekämpfung involviert sind. Der Generalinspekteur nominiert einen Polizeikommissar, der die National Police Force (NPF) in jedem Bundesstaat und FCT befehligt (USDOS 3.3.2017). Etwa 100.000 Polizisten sollen als Sicherheitskräfte bei Personen des öffentlichen Lebens und einflussreichen Privatpersonen tätig sein (AA 21.11.2016).
Neben der Polizei werden im Inneren auch Militär, Staatsschutz sowie paramilitärische Einheiten (sogenannte Rapid Response Squads) eingesetzt (AA 21.11.2016). Die Innere Sicherheit liegt also auch im Zuständigkeitsbereich des Department of State Service (DSS), das dem Präsidenten via nationalen Sicherheitsberater unterstellt ist. Die Polizei, das DSS und das Militär sind zivilen Autoritäten unterstellt, sie operieren jedoch regelmäßig außerhalb ziviler Kontrolle (USDOS 3.3.2017). Die National Drug Law Enforcement Agency (NDLEA) ist für alle Straftaten in Zusammenhang mit Drogen zuständig. Der NDLEA, in deren Zuständigkeit Dekret 33 fällt, wird Professionalität konstatiert (ÖBA 9.2016).
Die NPF und die Mobile Police (MOPOL) zeichnen sich hingegen durch geringe Professionalität, mangelnde Disziplin, Willkür und geringen Diensteifer aus (ÖBA 9.2016). Die Polizei ist durch niedrige Besoldung sowie schlechte Ausrüstung, Ausbildung und Unterbringung gekennzeichnet. Die staatlichen Ordnungskräfte sind personell, technisch und finanziell nicht in der Lage, die Gewaltkriminalität zu kontrollieren bzw. einzudämmen. Zudem sind nach allgemeiner Auffassung die Sicherheitskräfte teilweise selbst für die Kriminalität verantwortlich (AA 21.11.2016). Da die Polizei oft nicht in der Lage ist, durch gesellschaftliche Konflikte verursachte Gewalt zu unterbinden, verlässt sich die Regierung in vielen Fällen auf die Unterstützung durch die Armee (USDOS 3.3.2017). Jedoch sind im Allgemeinen die nigerianischen Behörden gewillt und fähig, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten (UKHO 8.2016b).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (21.11.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria
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ÖBA - Österreichische Botschaft Abuja (9.2016): Asylländerbericht Nigeria
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UKHO - United Kingdom Home Office (8.2016b): Country Information and Guidance Nigeria: Women fearing gender-based harm or violence, https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/595734/CIG_-_Nigeria_-_Women.pdf, Zugriff 12.6.2017
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USDOS - U.S. Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Nigeria, http://www.ecoi.net/local_link/337224/479988_de.html, Zugriff 8.6.2017
NGOs und Menschenrechtsaktivisten
Neben der Nationalen Menschenrechtskommission (NHRC) gibt es eine Vielzahl von Menschenrechtsorganisationen, die sich grundsätzlich frei betätigen können (AA 21.11.2016; vgl. USDOS 3.3.2017). Rund 42.000 nationale und internationale NGOs sind in Nigeria registriert; sie sind keinen gesetzlichen Beschränkungen unterworfen (ÖBA 9.2016).
Sie beobachten die Menschenrechtslage, untersuchen Vorfälle und veröffentlichen ihre Erkenntnisse. Regierungsvertreter reagieren vereinzelt auf Vorwürfe (ÖBA 9.2017; vgl. USDOS 3.3.2017). Sie sind nach Art, Größe und Zielrichtung sehr unterschiedlich und reichen von landesweit verbreiteten Organisationen wie der CLO (Civil Liberties Organization), CD (Campaign for Democracy) und LEDAP (Legal Defense Aid Project), die sich in erster Linie in der Aufklärungsarbeit betätigen, über Organisationen, die sich vorrangig für die Rechte bestimmter ethnischer Gruppen einsetzen, und Frauenrechtsgruppen bis hin zu Gruppen, die vor allem konkrete Entwicklungsanliegen bestimmter Gemeinden vertreten. Auch kirchliche und andere religiös motivierte Gruppierungen sind in der Menschenrechtsarbeit aktiv (AA 21.11.2016).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (21.11.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria
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ÖBA - Österreichische Botschaft Abuja (9.2016): Asylländerbericht Nigeria
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USDOS - U.S. Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Nigeria, http://www.ecoi.net/local_link/337224/479988_de.html, Zugriff 8.6.2017
Ombudsmann
Die Aufgaben der National Human Rights Commission (NHRC) sind Förderung und Schutz der Menschenrechte sowie Menschenrechtserziehung; und die Beobachtung der Menschenrechtslage (AA 21.11.2016; vgl. USDOS 3.3.2017). Derzeit konzentriert sie sich u. a. auf Gewalt der Sicherheitskräfte, Diskriminierung im Wirtschaftsleben, Gewalt gegen Frauen sowie Menschenrechtsbildung und -aufklärung (AA 21.11.2016). Die NHRC verfügt über Niederlassungen in den sechs politischen Zonen des Landes. Sie veröffentlicht periodische Berichte über spezifische Menschenrechtsverletzungen (u.a. Folter oder Haftbedingungen) (USDOS 3.3.2017). Die Kommission hat ihre Arbeit in den letzten Jahren intensiviert und verbessert und mit eigenen Berichten z.B. zu Menschenrechtsverletzungen im Nordosten oder zu Gewalttätigkeiten während der Wahlkampfzeit 2015 wachsende Unabhängigkeit und steigendes Selbstbewusstsein bewiesen (AA 21.11.2016). Die Kommission ist mit einem eigenen Gesetz legitimiert und ihre Unabhängigkeit gesetzlich festgeschrieben. Nigeria verfügt über keinen Ombudsmann, der die Interessen der Häftlinge vertritt. Diese Rolle sollen die Oberrichter der Bundesstaaten oder damit beauftragte Bezirksrichter übernehmen und den Gefängnissen offizielle Besuche abstatten (USDOS 3.3.2017).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (21.11.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria
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USDOS - U.S. Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Nigeria, http://www.ecoi.net/local_link/337224/479988_de.html, Zugriff 8.6.2017
Allgemeine Menschenrechtslage
Die Menschenrechtssituation hat sich seit Amtsantritt einer zivilen Regierung 1999 zum Teil erheblich verbessert (AA 4.2017a; vgl. GIZ 7.2017a). Schwierig bleiben die allgemeinen Lebensbedingungen, die durch Armut, Analphabetentum, Gewaltkriminalität, ethnische Spannungen, ein ineffektives Justizwesen und die Scharia-Rechtspraxis im Norden des Landes beeinflusst werden (AA 4.2017a). Es gibt viele Fragezeichen hinsichtlich der Einhaltung der Menschenrechte, wie z.B. die Praxis des Scharia-Rechts (Tod durch Steinigung), Entführungen und Geiselnahmen im Nigerdelta, Misshandlungen und Verletzungen durch Angehörige der nigerianischen Polizisten und Soldaten sowie Verhaftungen von Angehörigen militanter ethnischer Organisationen (GIZ 7.2017a).
Die am 29.5.1999 in Kraft getretene Verfassung Nigerias enthält einen umfassenden Grundrechtskatalog. Dieser ist zum Teil jedoch weitreichenden Einschränkungen unterworfen. Das in Art. 33 der Verfassung gewährte Recht auf körperliche Unversehrtheit wird z.B. unter den Vorbehalt gestellt, dass die betroffene Person nicht bei der Anwendung legal ausgeübter staatlicher Gewalt zur "Unterdrückung von Aufruhr oder Meuterei" ihr Leben verloren hat (AA 21.11.2016).
Die nigerianische Armee beging bei ihrem Kampf gegen Boko Haram Kriegsverbrechen und mögliche Verbrechen gegen die Menschlichkeit (AI 22.2.2017). Trotz der wiederholten Versprechungen des Präsidenten, gab es keine unabhängige und unparteiische Untersuchung zu den Verbrechen, die vom Militär ausgeübt wurden (AI 22.2.2017). Auch das hohe Maß an Korruption wirkt sich negativ auf die Wahrung der Menschenrechte aus (AA 4.2017a).
Nigeria hat folgende internationale Menschenrechtsübereinkommen ratifiziert: Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte; Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte; Internationales Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung; Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (einschließlich Fakultativprotokoll); Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe;
Fakultativprotokoll zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe;
Übereinkommen über die Rechte des Kindes (einschl.
Fakultativprotokolle zu Kindern in bewaffneten Konflikten und zu Kinderhandel, -prostitution und -pornografie); ILO-Übereinkommen über die schlimmsten Formen von Kinderarbeit; (Afrikanische) Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker; Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Flüchtlingskonvention);
Römisches Statut des Internationalen Strafgerichtshofs; Konvention vom 9.12.1948 über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes;
Internationales Übereinkommen zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen; Internationales Übereinkommen zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen (AA 21.11.2016; vgl. ÖBA 9.2016).
Diese völkerrechtlichen Verpflichtungen wurden zum Teil nur lückenhaft in nationales Recht umgesetzt. Einige Bundesstaaten haben Vorbehalte gegen einige internationale Vereinbarungen geltend gemacht und verhindern regional eine Umsetzung. Selbst in Staaten, die grundsätzlich eine Umsetzung befürworten, ist häufig die Durchsetzung der garantierten Rechte nicht gewährleistet. In vielen Bereichen bleibt die Umsetzung der eingegangenen menschenrechtlichen Verpflichtungen deutlich hinter internationalen Standards zurück (AA 21.11.2016).
Die in den Jahren 2000/2001 eingeführten strengen strafrechtlichen Bestimmungen der Scharia haben zu keinem starken Anstieg von Menschenrechtsverletzungen geführt, die wenigen Steinigungsurteile wurden jeweils von einer höheren Instanz aufgehoben, auch Amputationsstrafen wurden in den letzten Jahren nicht vollstreckt (AA 21.11.2016).
Es setzten sich nigerianische Organisationen wie z.B. Civil Rights Congress of Nigeria (CRC), Centre for Environment, Human Rights and Development (CEHRD), Human Rights Monitor (HRM) und Human Rights Law Services (HURILAWS) für die Einhaltung der Menschenrechte in Nigeria ein. Auch die Gewerkschaftsbewegung Nigeria Labour Congress (NLC) ist im Bereich von Menschenrechtsfragen aktiv (GIZ 7.2017a).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (21.11.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria
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AA - Auswärtiges Amt (4.2017a): Nigeria - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Innenpolitik_node.html, Zugriff 12.6.2017
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AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Nigeria, http://www.ecoi.net/local_link/336585/479262_de.html, Zugriff 12.6.2017
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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (7.2017a): Nigeria - Geschichte und Staat, http://liportal.giz.de/nigeria/geschichte-staat.html, Zugriff 2.8.2017
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ÖBA - Österreichische Botschaft Abuja (9.2016): Asylländerbericht Nigeria
Meinungs- und Pressefreiheit
Meinungs- und Pressefreiheit sind durch die Verfassung von 1999 garantiert und finden sich auch in der Verfassungswirklichkeit grundsätzlich wieder (AA 21.11.2016). Diese Rechte werden von Gesetzen gegen Aufruhr, kriminelle Diffamierung und Veröffentlichung von falschen Nachrichten eingeschränkt (FH 2.6.2017).
Die nigerianische Medienlandschaft ist vielfältig und äußerst aktiv (AA 4.2017b). Die Medienlandschaft Nigerias ist durch eine Fülle privater Tageszeitungen und Wochenmagazine, Radiostationen und auch Fernsehsender geprägt, die insgesamt breit und relativ frei zu politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Themen berichten (AA 21.11.2016; vgl. ÖBA 9.2017). Sie tragen wesentlich dazu bei, dass alle politischen Fragen des Landes offen und kritisch diskutiert werden können. Das Radio ist das wichtigste Medium in Nigeria, da es auch in den ländlichen Regionen empfangen werden kann. Qualität und Wirkungskreis von Presse und Medien werden allerdings durch schwierige Rahmenbedingungen beeinträchtigt (AA 4.2017b).
Es kam auch zu Fällen der Einschränkung von Meinungs- und Pressefreiheit durch die Regierung (USDOS 3.3.2017). Einige Journalisten wurden wegen strafrechtlicher "Diffamierung" angeklagt, jedoch wurden in den meisten Fällen die Anklagen schlussendlich zurückgezogen (FH 28.9.2016). Gelegentlich wurden Journalisten von Sicherheitsdiensten inhaftiert und schikaniert, wenn sie über sensible Themen wie Korruption und Sicherheit berichteten (USDOS 3.3.2017). Das Gesetz zur Informationsfreiheit garantiert jeder Person das Recht, auf Antrag Zugang zu amtlichen Informationen durch die Behörden zu erhalten. Die mit diesem Gesetz verbundenen Hoffnungen auf eine offenere Informationspolitik der Regierung haben sich aber bisher nicht erfüllt (AA 21.11.2016).
Journalisten praktizieren Selbstzensur (USDOS 3.3.2017). Auch Bestechung und Korruption, häufig in der Form von kleineren Geldbeträgen, die Quellen ihren Journalisten geben, bleiben in der Medienindustrie ein Problem. Eine Studie aus dem Jahr 2009 in Lagos hatte ergeben, dass 61 Prozent der 184 befragten Journalisten regelmäßig im Dienst "bra