TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/15 W164 2139124-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.01.2019
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Entscheidungsdatum

15.01.2019

Norm

ASVG §245
ASVG §412
AVG §74
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §17
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W164 2139124-1/19E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Rotraut LEITNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, SVNr. XXXX, vertreten durch RA Dr. Martin Holzer, Bruck a.d. Mur, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (nun Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz) vom 29.09.2016, BMASK-525130/0002-II/A/2/2016, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 und Abs 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.

II. Dem Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz wird gemäß § 17 VwGVG in Verbindung mit 74 Abs 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) nicht stattgegeben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit Bescheid vom 29.09.2016, BMASK-525130/0002-II/A/2/2016, entschied das Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (im Folgenden belangte Behörde) aufgrund eines Antrags des Landesgerichts XXXX als Arbeits- und Sozialgericht auf Klärung der Leistungszugehörigkeit von Herrn XXXX, VSNR XXXX (im Folgenden Beschwerdeführer, =BF) gemäß § 412 Abs 1 und 3 ASVG, dass der BF gemäß § 245 Abs 7 ASVG nicht der Versicherungsanstalt für Eisenbahn und Bergbau leistungszugehörig sei und diese nicht der leistungszuständige Versicherungsträger sei.

Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, der BF habe von 01.12.2013 befristet bis 30.11.2014 eine Invaliditätspension von der Pensionsversicherungsanstalt (im Folgenden PVA) bezogen. Zur Abklärung der Leistungszuständigkeit habe die PVA eine Anfrage an die Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau (im Folgenden VAEB) gerichtet, die mit Schreiben vom 18.02.2016 dahingehend beantwortet worden sei, dass der BF nicht wegen Einschränkung oder Stilllegung eines knappschaftlichen Betriebes aus der knappschaftlichen Pensionsversicherung ausgeschieden sei.

Das Dienstverhältnis zum damaligen knappschaftlichen Betrieb, der XXXX AG XXXX/Werk XXXX, FN XXXX sei mit 14.08.1995 beendet worden. Als Abmeldegrund sei "einvernehmliche Lösung" vermerkt.

Die Rechtsnachfolgerin der XXXX AG XXXX/Werk XXXX, die XXXX GmbH Co OG, FN XXXX, habe mit Schreiben vom 15.03.2016 präzisiert, dass die Ursache für die einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses ein grobes Fehlverhalten seitens des BF am 13.08.1995 gewesen sei. Ein diesbezügliches Schreiben vom 14.08.1995 wurde vorgelegt, weiters die am 17.08.1995 (rückwirkend per 14.08.1995) geschlossene Auflösungsvereinbarung. Der BF habe diese Auflösungsvereinbarung eigenhändig unterschrieben. Nachträglich von ihm mit Schreiben vom 22.09.2016 vorgebrachte Aspekte (Anspruch auf Abfertigung, SUG-Bestimmungen, Verfristung der Entlassung) seien nicht Gegenstand des Verfahrens.

Die XXXX GmbH Co OG werde anders, als der BF behaupte, nach wie vor als knappschaftlicher Betrieb gemäß § 15 Abs 2 ASVG geführt. Der Betrieb sei weder eingestellt noch stillgelegt worden. Stukturbereinigungsmaßnahmen und Personalabbauaktivitäten, wie sie der rechtsfreundliche Vertreter des BF in seiner Äußerung vom 15.03.2016 (ON21 des Aktes 21Cgs76/15x des Landesgerichtes XXXX) vorbringe, würden keine Einstellung oder Stillegung des Betriebes bilden. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass zum Zeitpunkt der Auflösungsvereinbarung tatsächlich Teile des Betriebes geschlossen worden seien.

Die PVA habe den vom BF eingebrachten Weitergewährungsantrag vom 18.11.2014 mit Bescheid vom 13.01.2015 mangels Vorliegens von Invalidität abgelehnt. Der BF habe in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag überwiegend Versicherungsmonate nach dem ASVG erworben. Soweit der BF die Leistungszugehörigkeit zur knappschaftlichen Pensionsversicherung behaupte, sei auf die Beilagen XVIII.GP zur RV,BGBl.Nr 335/1993 in Bezug auf § 245 Abs 7 ASVG (auch Teschner-Widlar-Pöltner ASVG, E10 zu § 245 ASVG) zu verweisen, denenzufolge nur im Fall des Ausscheidens eines Versicherten aus der bergmännischen Tätigkeit bzw. aus der knappschaftlichen Pensionsversicherung ohne sein Verschulden, das heißt aus Gründen der Einschränkung oder Stilllegung eines knappschaftlichen oder diesem gleichgestellten Betriebs, die Leistungszugehörigkeit zur knappschaftlichen Pensionsversicherung gewahrt werden solle.

Gegen diesen Bescheid erhob der BF vertreten durch RA Dr. Martin Holzer, Bruck an der Mur, fristgerecht Beschwerde und führte aus, die einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses sei als Konsequenz einer von ihm zuvor bereits angekündigten Protestaktion gegen den laufenden Abbau von Dienstnehmern erfolgt. Der BF habe als Betriebsrat am 13.08.1995 im Rahmen einer Protestaktion, die er zuvor mit den Worten, man werde schon sehen, wie es ist, wenn am Sonntag keine Arbeiter im Betrieb arbeiten, angekündigt hatte, seinen Arbeitsplatz während der Dienstzeit verlassen: Am konkreten Anlasstag sei der BF mit einem zweiten Dienstnehmer auf einer Schicht gewesen. Während der zweite Dienstnehmer es sich nicht habe leisten können, eine Streikmaßnahme zu setzen, habe der BF seine Sonntagsschicht nach ca. 1 Stunde beendet und den Arbeitsplatz verlassen. Seitens des Dienstgebers sei daraufhin eine schriftliche Verwarnung ausgesprochen worden, jedoch seien keine weiteren Konsequenzen gesetzt worden. Da im damaligen Zeitraum Personalabbaumaßnahmen an der Tagesordnung gestanden seien, sei der Abbau des BF dem Dienstgeber entgegengekommen, insbesondere da der BF als Betriebsrat kündigungsgeschützt gewesen sei. Daher sei die einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses unter Zahlung eines Jahresentgelts sehr wohl als betriebliche Abbaumaßnahme zu sehen. Der BF habe keine vierwöchige Stehzeit des Arbeitslosengeldes zu absolvieren gehabt, was bei einer fristlosen Entlassung gesetzlich vorgesehen gewesen wäre. Damit habe das zuständige Arbeitsamt die präjudizielle Vorfrage mit Bindungswirkung geklärt, wonach zwar eine einvernehmliche Auflösung jedoch aus Arbeitgeberinitiative vorgelegen sei. Es habe sich also bei der Auflösung des Dienstverhältnisses des BF um eine kontinuierliche betriebliche Mitarbeiterabbaumaßnahme gehandelt. Entgegen den Ausführungen der belangten Behörde würde nicht bloß die Einstellung oder Stilllegung eines Betriebes, zum Erhalt der Pflichtversicherung in der Knappschaftsversicherung führen, sondern jede Form von Personalabbauaktivitäten. Die belangte Behörde habe zu Unrecht angenommen, dass der BF schuldhaft aus dem Dienstverhältnis ausgeschieden sei, da er in diesem Fall keine so hohe einmalige Zahlung als Abgeltung bekommen hätte. Der Dienstgeberin sei aufgrund der Personalabbaumaßnahmen jede Möglichkeit zur einvernehmlichen Beendigung eines Dienstverhältnisses willkommen gewesen. Die Initiative zur Auflösung sei also keinesfalls vom BF gekommen, sondern ausschließlich von der Dienstgeberseite. Der BF beantragte daher die Leistungszugehörigkeit zur VAEB, in eventu die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung an die belangte Behörde, sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Mit Schreiben vom 11.12.2017 stellte der BF durch seine rechtsfreundliche Vertretung außer Streit, dass Stichtag für eine Antragstellung auf vorzeitige Alterspension der 1.12.2013 sei. Für ihn gelte die zu diesem Stichtag relevante Pensionsregelung. Der BF habe die überwiegende Anzahl der Versicherungsmonate in seinem Versicherungsverlauf bei der Versicherungsanstalt des österreichischen Bergbaus zugebracht und dementsprechend höhere Pensionsbeiträge geleistet. Das Dienstverhältnis des BF habe durch eine von der Dienstgeberseite initiierte einvernehmliche Auflösung geendet. Der Dienstgeber habe den BF nicht zuletzt aufgrund des Umstandes, dass dieser ein gewählter und sehr aktiver Betriebsrat gewesen sei, aus seiner Vertretungstätigkeit entfernen wollen. Um den BF zu einer raschen Beendigung des Dienstverhältnisses zu bringen, habe er Verschuldenstatbestände gesucht. Eine Klage auf Zustimmung zur Kündigung/Entlassung habe der Dienstgeber nicht beim Arbeits- und Sozialgericht eingebracht. Die schriftlichen Äußerungen der Dienstgeberin im Auflösungsvertrag seien als sozialadäquate Unmutsäußerung über den BF aufzufassen. Eine schuldhafte Beendigung des Dienstverhältnisses habe jedoch nicht vorgelegen.

Mit einem persönlich verfassten Schreiben vom 13.12.2017 brachte der BF vor, er sei mehr als 10 Jahre bei derXXXX AG, Werk XXXX, beschäftigt gewesen. Die von seiner Dienstgeberin vorgelegte Vereinbarung einer einvernehmlichen Auflösung seines Dienstverhältnisses sei gem. § 120 ArbVG nichtig. Die ehemalige Dienstgeberin des BF habe den Datenschutz nicht beachtet.

Mit aufgetragener Stellungnahme vom 02.08.2018 brachte der BF ergänzend vor, die XXXX AG habe 1995 450 bis 500 Dienstnehmer beschäftigt. Der Betriebsrat habe aus insgesamt acht Mitgliedern bestanden. Die in der Beschwerde genannte Aktion vom 13.08.1995 habe auf einem Betriebsratsbeschluss beruht. Die betriebsrätliche Aktion habe sich dagegen gerichtet, dass der Betrieb neue Dienstnehmer aufgenommen habe, diese jedoch nicht zu den gleichen Lohnbedingungen beschäftigt habe, wie die bisherige Stammbelegschaft. Der Betriebsrat habe entsprechend seiner Aufgabe gleichen Lohn für gleiche Arbeit bezogen auf alle beschäftigten Dienstnehmer verlangt und auch danach getrachtet, diese Forderung durchzusetzen. Es sei dagegen protestiert worden, dass der Betrieb Personalabbaumaßnahmen vornahm, indem er Dienstnehmer nach den Bestimmungen des Sonderunterstützungsgesetzes vorzeitig in Pension bzw. Langzeitarbeitslosigkeit geschickt habe und diese vor Erreichung des jeweiligen Regelpensionsalters durchgeführten Abgänge personalmäßig rückaufgefüllt habe, indem er neue Dienstnehmer zu einem geringeren Lohn und geringere Zulagen aufgenommen habe. Ob diese Maßnahmen dem AMS bekannt gegeben wurden, entziehe sich seiner Kenntnis, jedoch sei dem BF bekannt, dass alljährlich dem AMS im Rahmen von Strukturmaßnahmen derartige Personalabbauaktivitäten bekannt gegeben worden seien. Einspruch nach dem Arbeitsverfassungsgesetz sei gegen die hier genannten Abbaumaßnahme nicht erhoben worden. Die vom BF gesetzte Protestaktion sei rechtlich durch das Arbeitsverfassungsgesetz gedeckt gewesen: Es gehöre zu den betriebsrätlichen Grundaufgaben, gleichen Lohn für gleiche Arbeit für sämtliche Dienstnehmer zu erzielen. Die genannte Protestaktion sei vorher rund ein Jahr lang gegenüber dem damaligen Werksleiter,XXXX, mündlich angekündigt worden. Dieser werde als Zeuge geltend gemacht. Er sei auch an den Gesprächen betreffend die einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses beteiligt gewesen. Ein förmlicher Antrag in Schriftform ( - das Protokoll vom 17.08.1995 über die einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses nennt einen Antrag des BF auf Bezahlung der gesetzlichen Abfertigung und Kündigungsentschädigung -) sei nie gestellt worden. Die gesamte Erörterung sei mündlich mit dem Werksleiter erfolgt.

Konfrontiert mit OGH 9ObS2/92 vom 18.03.1992 wonach der Grundsatz der Ehrenamtlichkeit und des Privilegierungsverbotes eines Betriebsrates zu beachten sei, was einen "Verkauf" der Unkündbarkeit verbiete, entgegnete der BF eine Kündigung des BF oder auch der Ausspruch der Entlassung wären aus einem verpönten Motiv erfolgt und gem. § 105 AVG bekämpfbar gewesen. Diese arbeitsrechtlichen Schutzmechanismen seien auch der Betriebsleitung bekannt gewesen. Ein arbeitsgerichtliches Klagsverfahren auf Zustimmung zur Kündigung des Betriebsrates sei seitens der Betriebsleitung nicht eingebracht worden. Die Betriebsleitung habe ihrerseits dem BF angeboten, das Dienstverhältnis unter Zahlung eines Jahresbezugs aufzulösen. Die konkrete Auflösungsvereinbarung vom 17.08.1995 mit Wirksamkeit zum 14.08.1995 habe die Dienstgeberin textiert. Dieser Auflösungsvereinbarung sei kein formaler Antrag auf Auflösung seitens des BF vorangegangen, sondern ein Schreiben der Werksdirektion XXXX vom 14.08.1995 an die Betriebsleitung. Darin habe die Werksdirektion XXXX die Meinung vertreten, zur Auflösung des Dienstverhältnisses zum BF gezwungen zu sein. Ein solches Ansinnen hätte jedoch dem Arbeitsverfassungsgesetz widersprochen. Die Betriebsleitung hätte zuvor die Klage auf Zustimmung zur Entlassung beim Arbeits- und Sozialgericht einzubringen gehabt. Jegliche Form der Kündigungserklärung oder auch der Entlassungserklärung wäre von Gesetzes wegen ex tunc nichtig gewesen. Das Dienstverhältnis sei unter Bezahlung einer Kündigungsentschädigung aufgelöst worden. Die Zeiten bezahlter Kündigungsentschädigung wären als Sozialversicherungszeiten zu berücksichtigen und als erworbene Anwartschaften zu bewerten. Gemäß Auflösungsvereinbarung sei auf eine gesetzliche Abfertigung ausdrücklich verzichtet worden. Sämtliche Zahlungen daher als Zahlungen aus dem Titel der Kündigungsentschädigung zu betrachten. Diese Zahlungen seien als aktive Sozialversicherungsbeiträge bei der Knappschaftlichen Pensionsversicherung zu werten.

Die PVA legte mit aufgetragener Stellungnahme vom 01.08.2018 bezüglich der vom BF erworbenen Versicherungsmonate Folgendes dar:

Der Beschwerdeführer habe vor dem Stichtag 1.12.2013 nachfolgend angeführte Versicherungsmonate erworben: Nach dem ASVG: 13

Beitragsmonate der Pflichtversicherung-Teilversicherung, 222

Beitragsmonate der Pflichtversicherung-Erwerbstätigkeit, 22 Monate Ersatzzeit, somit insgesamt 257 Versicherungsmonate. Nach dem GSVG:

75 Beitragsmonate der Pflichtversicherung-Erwerbstätigkeit. Insgesamt würden 332 Versicherungsmonate vorliegen. 172 Versicherungsmonate (152 Beitragsmonate aufgrund einer Erwerbstätigkeit, 13 Ersatzmonate und sieben Beitragsmonate einer Teilpflichtversicherung) seien in der knappschaftlichen Pensionsversicherung erworben worden. Der BF habe somit mehr als die Hälfte der Gesamt- Versicherungsmonate in der Knappschafts-Versicherung zugebracht. Jedoch sei er nach den bisherigen Verfahrensergebnissen nicht aufgrund einer Stilllegung oder Einschränkung des knappschaftlichen Betriebes aus der Knappschaftlichen Pensionsversicherung ausgeschieden. Die Voraussetzungen des § 245 Abs. 7 ASVG seien nicht erfüllt und die Leistungszugehörigkeit nach § 245 Abs. 1-3 ASVG zu prüfen. Danach sei die Pensionsversicherungsanstalt leistungszuständiger Versicherungsträger, zumal in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag 1.12.2013 überwiegend Versicherungsmonate aus dem Zweig der Pensionsversicherung der Arbeiter erworben worden seien.

Das Nachfolgeunternehmen der seinerzeitigen Dienstgeberin des BF führte mit aufgetragener Stellungnahme vom 01.08.2018 aus, es arbeite keine der damals involvierten Personen mehr im Werk. Auch Schriftverkehr zu den seinerzeitigen Vorkommnissen habe nicht aufgefunden werden können. Bekanntgegeben wurden der damalige Werksleiter XXXX und der damalige Arbeiterbetriebsratsvorsitzende,

XXXX.

Das Arbeitsmarktservice (im folgenden AMS) gab mit aufgetragener Stellungnahme vom 03.09.2018 bekannt, dass betreffend eines Verfahrens nach § 45a AMFG in der fraglichen Zeit keine Unterlagen mehr aufliegen würden. Das AMS bestätigt, dass der BF bereits ab 18.08.1995 Arbeitslosengeld erhalten hat und keine Sanktion gem. § 11 AlVG verhängt wurde. Weitere Unterlagen würden nicht mehr aufliegen.

Am 30.11.2018 wurde beim Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung abgehalten an der der BF im Beisein seines Rechtsvertreters teilnahm. Seitens des BMASK, der PVA, der VAEB und der ehemaligen Dienstgeberin des BF - diesen wurde die Teilnahme an der Verhandlung freigestellt - erschienen keine Vertreter. Als Zeugen geladen erschienen der damalige (Anm.: 1995) Werksleiter XXXX und der damalige Arbeiterbetriebsratsvorsitzende, XXXX.

Der BF machte die folgenden Angaben: Er sei etwa 1990 zum Betriebsrat gewählt worden und sei in der strittigen Zeit, 1995, Abteilungsbetriebsrat gewesen. Beruflich sei er im Schichtbetrieb tätig gewesen, damals als Arbeiter bei den Pressen. Dieser Bereich werde Steinfabrik genannt.

Befragt, aus welchen Erwägungen er sich - im Alter von 35 Jahren - bereits zu den teuren Dienstnehmer zählte, gab der BF an, etwa 1989 oder 1990 sei der Bergbaubetrieb der XXXX AG abgebaut worden. Der BF sei dann in die Steinfabrik gewechselt. Er habe noch einen "alten Vertrag" gehabt. Den habe er behalten können. Aus dem Grund behaupte er, dass er trotz seiner relativen Jugend ein teurer Arbeitnehmerwar. 1994 seien neue Mitarbeiter aufgenommen worden. Diese hätten weniger verdient. Der BF habe das als Betriebsrat nicht akzeptieren können. Der Vorfall vom 13.08.1995 sei aus der Sicht des BF eine Einzelaktion gewesen. Der Betriebsrat habe nichts dagegen unternommen, dass neue Mitarbeiter aufgenommen werden, obwohl alte Mitarbeiter in die Versorgung nach dem SUG geschickt worden seien. Der BF räumte auf Nachfrage ein, dass es keinen konkreten Beschluss des Betriebsrates über die Aktion des 13.08.1995 gegeben habe. Befragt, ob der BF mit den anderen Mitgliedern des Betriebsrats in Erwägung gezogen habe, Einspruch nach dem Arbeitsverfassungsgesetz zu erheben, gab der BF an, die höher gestellten Betriebsräte, damit meine er die vom ganzen Konzern, hätten die eben geschilderten Maßnahmen der Betriebsleitung stillschweigend hinnehmen wollen. Der BF habe aber nicht hinnehmen können, dass ein Arbeiter, der die gleiche Arbeit mache, weniger verdiene als er. Der BF sei der Meinung gewesen, eine Aktion setzen zu müssen und seiner Forderung nach Gleichbehandlung Ausdruck verleihen zu müssen. Ihm sei bewusst gewesen, dass er eine Kündigung mit Zustimmung des Arbeit- und Sozialgerichtes riskiere.

Befragt zu seiner schriftlichen Äußerung, er hätte die Aktion des 13.08.1995 bereits ein Jahr lang der Betriebsleitung bekannt gegeben, gab der BF an, die Bekanntgabe habe seinem Cousin gegenüber - der Werksleiter und Ansprechpartner des BF auf Dienstgeberseite war - stattgefunden. Dieser habe dem BF einen besseren Posten angeboten mit der Auflage, dass dieser ihm zu berichten habe, wer unter den Arbeitern während der Schicht Alkohol trinke. Der BF habe dies als unmoralisches Angebot aufgefasst, er sei nicht daran interessiert gewesen. Die Bekanntgabe der Aktion vom 13.08.1995 sei in der Weise erfolgt, dass der BF zum Werksleiter gesagt habe, dass das so nicht gehe. Befragt, ob er konkrete Arbeitskampfmaßnahmen angedroht habe gab der BF an, er habe angedroht, dass gewisse Leute die Arbeit nicht machen würden. Der Werksleiter habe darauf nicht reagiert. Die Aktion vom 13.08.1995 sei in diesem Sinn seine erste Arbeitskampfmaßnahme gewesen. Davor sei 1990 oder 1991 gestreikt worden, weil der Standort XXXX hätte zugesperrt werden sollen. dieser Streik sei von allen Betriebsräten in XXXX unterstützt worden.

Eine Absprache mit den anderen Betriebsräten über die Aktion vom 13.08.1995 habe der BF nicht vorgenommen. Sein Arbeitskollege am 13.08.1995 sei nicht Betriebsrat gewesen. Der BF habe mit ihm nicht über seine Aktion gesprochen. Er sei einfach gegangen. Sein Kollege habe dann die Maschine, mit der der BF gearbeitet hatte, abgeschaltet. Der Meister habe von Zeit zu Zeit hereingeschaut und habe die Abwesenheit des BF bemerkt und gemeldet. Der BF habe bewusst ein Gasthaus in dem Ort besucht, wo der Meister und der Werksleiter wohnten. Diese hätten sehen sollen, dass der BF nicht arbeitet. An diesem Tag - es habe sich um einen Sonntag gehandelt - habe von einem Tag auf den anderen eine Umstellung des Schichtbetriebs auf "kontinuierlich" (21 Tage durchgehend an Wochentagen 8 Stunden, am Sonntag 12 Stunden und dann eine Woche frei) stattgefunden. Der Betrieb sei dann anders als bis dahin auch am Wochenende geöffnet gewesen. Der BF habe sich zwar freiwillig gemeldet für den Dienst am 13.08.1995, aber er habe diese Umstellung als nicht korrekt wahrgenommen. Es sei ihm um die Wochenendruhe gegangen.

Das Schreiben der Werksleitung vom 14.08.1995 habe der BF erhalten. Dieses habe für den BF ein Hausverbot, eine Kündigung -ohne rechtliche Grundlage- bedeutet. Er habe daraufhin mit dem in Wien beschäftigten Personalchef telefoniert und habe gesagt, dass er zum Sozialgericht gehen werde, wenn die Dienstgeberseite dies nicht tue. Der BF habe auch gesagt, dass er nichts dagegen habe, wenn die Sache nicht zu Gericht gehe und er die Firma verlassen würde. Dann sei ihm die einvernehmliche Lösung vorgeschlagen worden. Der Personalchef sei in Wien gesessen. Der BF gehe davon aus, dass dieser den Werksleiter informiert habe.

Bereits am 16.08.1995 sei es zu einer Vereinbarung gekommen. Darin habe der Werksleiter festgehalten, dass der BF keine Abfertigung bekommen solle. Dem BF wäre jedoch eine Abfertigung zugestanden. Der BF habe dann darauf verzichtet. Am 17.08.1995 habe er unterschrieben, dass er eine einmalige Zahlung erhalte und weder er noch die Firma weitere Forderungen stellen würden.

Befragt zu dem in der Vereinbarung vom 17.08.1995 enthaltenen Passus, wonach der BF um die einvernehmliche Auflösung ersucht habe, gab dieser an, er habe den Personalchef in Wien angerufen und gesagt, dass er nichts dagegen hätte, wenn die Sache nicht zu Gericht gehe und er die Firma verlasse, denn er habe mit diesen Aktionen nichts mehr zu tun haben wollen. Der Personalchef habe dann vermutlich den Werksleiter angerufen und eine einverständliche Lösung vorgeschlagen.

Befragt, warum er nicht einfach Dienstnehmer blieb, gab der BF an, er habe sich mit seinem Mandat nicht mehr identifizieren können. Es habe auch nicht gepasst, dass ein Verwandter Betriebsleiter war.

Die Abschlagszahlung sei ihm unaufgefordert angeboten worden. Diese habe ein Jahresgehalt gebildet. Damit konfrontiert, dass beim Hauptverband keine Versicherungszeiten während einer Kündigungsfrist aufscheinen, gab der BF an, das sei ihm damals nicht wichtig gewesen. Er habe geplant, selbstständig zu sein bis ins Pensionsalter hinein. Leider sei ein Unfall dazwischen gekommen. Damals sei nichts bezüglich einer Kündigungsentschädigung gesprochen worden. Der BF stehe jedoch auf dem Standpunkt dass es egal sei, wie die Bezahlung tituliert sei, die ihm angeboten wurde. Daher stehe er auf dem Standpunkt, dass die Abschlagszahlung als Kündigungsentschädigung zu gelten habe.

Dass die Auflösungsvereinbarung ausdrücklich als Personalabbaumaßnahme deklariert würde, sei dem BF damals nicht wichtig gewesen. Ihm sei auch nicht wichtig gewesen, dass sein Streben nach Gleichbehandlung der jungen Arbeiter in der Vereinbarung zur Sprache komme. Er habe mit der Firma nichts mehr zu tun haben wollen. Er habe resigniert. Er sei ziemlich alleine dagestanden. Was mit den jungen Mitarbeitern passiert, habe niemanden interessiert. Die älteren Betriebsräte seien dafür gewesen, dass die Arbeitnehmer mit den alten Verträgen in die Versorgung nach dem SUG wechseln.

Der Vertreter des Beschwerdeführers ergänzte, er sei der Meinung, dass hier steuerrechtliche Überlegungen eine Rolle gespielt hätten, denn die einmalige Zahlung wäre günstiger besteuert gewesen als eine Kündigungsentschädigung. Auf nachfolgende Befragung durch seinen Vertreter gab der BF an, er habe nicht den vollen Betrag von 264.000 Schilling bekommen sondern weniger, etwa 220.000 Schilling, genau wisse er es nicht mehr. Der Vertreter des Beschwerdeführers führte dazu an, dies entspreche dem Abzug der 17,22% der Sozialversicherung. Dann wäre keine Lohnsteuer abgezogen.

Befragt ob und aus welchen Erwägungen der Beschwerdeführer auf dem Standpunkt stehe, dass sein Arbeitgeber eine Personalabbaumaßnahme verschleiern wollte, führte dieser aus, das SUG bezwecke nicht, dass junge Arbeitnehmer schlechter bezahlt würden. Das verlange auch der Sozialstaat nicht. Der BF betrachte dies als Missbrauch eines Sozialgesetzes. Der BF stehe auf dem Standpunkt, dass sein Arbeitgeber eine Personalabbaumaßnahme verschleiern wollte.

Bei seiner anschließenden Vorsprache beim AMS sei nicht viel gesprochen worden. Der BF habe den Antrag gestellt. Das AMS hat damals das SUG verwaltet. Der BFhabe sich gar nicht rechtfertigen müssen wegen der einvernehmlichen Lösung. Der Rechtsvertreter des BF ergänzte, dass es in der damaligen Zeit laufend zu Auflösungsvereinbarungen gekommen sei. Mit einvernehmlichen Auflösungen habe man den DienstnehmerInnen steuerbegünstigt hohe Beträge zukommen lassen können. Man habe ein damals bestehendes Steuerschlupfloch genützt.

Auf Befragen seines Vertreters gab der BF ergänzend an, er glaube, dass er bei seinem Telefonat mit dem Personalleiter in Wien erwähnt habe, dass er als Betriebsrat nicht gekündigt werden könne. Dieser habe dann in Abwesenheit des BF mit dem Werksleiter telefoniert. Der BF gehe davon aus, dass der Werksleiter ihn entlassen wollte. Sonst hätte dieser nicht das Schreiben vom 14.08.1995 herausgegeben. Der BF glaube schon, dass der Personalleiter das Jahresgehalt von sich aus angeboten habe. Mit Sicherheit könne er dies aber nicht sagen. Auf Befragen des Rechtsvertreters, von wem die Initiative der einvernehmlichen Auflösung gekommen sei, gab der BF an, er habe den Personalchef in Wien angerufen und dann sei auf einmal eine einvernehmliche Lösung gekommen. Der Werksleiter habe den BF dann angerufen, dass es eine einvernehmliche Lösung gebe und ob er damit zufrieden sei. Andernfalls wäre die Sache zum Arbeits- und Sozialgericht gegangen. Der Text der Auflösungsvereinbarung stamme vom Werksleiter. Dieser habe ihn der Sekretärin diktiert. Vom Rechtsvertreter befragt, ob der Text noch zwischen dem BF und dem Werksleiter verhandelt wurde, gab dieser an, der zweite Text sei fix und fertig gewesen. Den ersten Text vom 16.08.95 habe der Werksleiter in Anwesenheit des BF diktiert. Dazwischen sei der Passus bezüglich des Fehlens eines Anspruches auf Abfertigung hinausgenommen worden. Dem BF sei wichtig gewesen, dass die Firma gegen ihn keine Ansprüche mehr habe. Umgekehrt habe er auch keine Ansprüche gegen die Firma erhoben. Darüber, dass er sozialversicherungsrechtliche Nachtteile aufgrund der Auflösung haben könnte, sei er nicht aufgeklärt worden. Von der Richterin ergänzend befragt, ob er dies als Betriebsrat nicht ohnedies gewusst habe, gab der BF an, die Frage habe sich ihm aufgrund seiner Jugend damals nicht gestellt. Von der Richterin ergänzend befragt, ob der befürchtet habe, dass sie Sache zum Arbeits- und Sozialgericht gehe, gab der BF an, dies habe er zunächst gehofft. Dann habe er erkannt, dass es nichts bringen würde.

Der seinerzeitige (1995) Werksleiter des Werks XXXX gab als Zeuge (im Folgenden Z1) vernommen an: 1995 sei es zu keiner Schließung von Teilen der XXXXAG gekommen. 1991,1992 sei es notwendig gewesen, den Bergbau zu schließen, was gewisse Personalreduzierungen mit sich gebracht habe. Danach seien sukzessive über die Jahre Einsparungsmaßnahmen im gesamten Betriebsbereich eingeleitet worden:

Organisationsänderungen verbunden mit Personaleinsparungen und Bereinigungen im Produktportfolio. Man habe etwa die Produktion zB auf einen Standort konzentriert. Dies sei ein laufender Prozess gewesen, der auch 1995 stattgefunden habe. Im Werk XXXX seien keine Teile geschlossen worden. Der Bergbau in XXXX sei geschlossen worden.

Soweit die Anzahl der abgebauten AN so groß war, dass man es dem AMS melden musste, sei diese Meldung in die Zuständigkeit des Z1 gefallen. Das sei 1991/1992 der Fall gewesen. Laufende Anpassungen des Personals seien nicht dem AMS zu melden gewesen. Der Z1 könne ausschließen, dass der BF jemals auf einer solchen Liste stand. Der BF sei ein erfahrener Mitarbeiter und von seinen fachlichen Kenntnissen her sehr gut gewesen. Wenn neue Mitarbeiter aufgenommen wurden, hätten diese aufgrund ihrer geringeren Erfahrungen einen geringeren Lohn bekommen, als ältere Mitarbeiter. Über viele Jahre hätten sie jedoch die gleichen Chancen gehabt wie ältere Mitarbeiter. So etwas wie eine Strategie, alte Arbeitnehmer loszuwerden und vermehrt junge hereinzubekommen habe es im Werk nicht gegeben, denn in der Branche habe die Erfahrung gezählt, die einen langen Lernprozess bedinge.

Der BF sei 1995 Abteilungsbetriebsrat gewesen. Er sei ein kämpferischer Betriebsrat gewesen, aber Maßnahmen gegenüber, die den Betrieb weiterbringen, durchaus aufgeschlossen. Feinde habe der BF in der Betriebsleitung nicht gehabt. Im Leitungsteam habe man über den BF gesprochen. Das habe zum laufenden Geschäft gehört. Der Z1 habe informiert werden müssen, wenn es Probleme oder Verfehlungen von bestimmten Mitarbeitern gab. Über den BF sei jedoch nicht explizit schlecht gesprochen worden. Der BF sei auch (unter Berücksichtigung seiner langen Betriebsangehörigkeit und seiner Fähigkeiten) kein herausstechend teurer Dienstnehmer gewesen.

Einvernehmliche Lösungen des Dienstverhältnisses habe man seitens der Werksleitung dann geschlossen, wenn es notwendig gewesen sei, den Personalstand zu verringern. 1995 habe eine hohe Produktion bestanden. In dieser Zeit wäre ein Personalabbau nicht sinnvoll gewese.: In den Jahren davor sei Personal reduziert worden und dann habe sich ein guter Auftragsstand eingestellt. Das Werk sei ein exportierendes Unternehmen gewesen. Daher habe es laufend einmal mehr und einmal weniger Einnahmen gegeben.

Von dem Vorfall am 13.08.1995 habe der Z1 vom zuständigen Betriebsleiter erfahren, der wiederrum vom Meister informiert worden sei. Davon, dass der BF eine Protestaktion starten wollte, habe der Z1 nichts gewusst. Er habe mit dem BF auch nicht über derartiges gesprochen. Dass über die Situation der jungen Arbeitnehmer diskutiert wurde, könne sein, dafür sei ein Betriebsrat ja da, dass er sich für seine Leute einsetzt. Unmittelbar nachdem der Z1 von dem Vorfall vom 13.08.1995 erfahren habe, habe er mit dem BF gesprochen und diesem gesagt, dass es notwendig sei, aufgrund der Tragweite seiner Handlung eine fristlose Entlassung auszusprechen. Was dieser darauf gesagt hat, wisse der Z1 nicht mehr. Ob das Schreiben vom 14.08.1995 nach dem Gespräch mit dem BF verfasst wurde, wisse der Z1 nicht mehr. Es sei aber jedenfalls so gewesen, dass der Z1 aufgrund diesen Vorfalls entschieden habe, dass eine Weiterbeschäftigung des BF nicht mehr in Frage komme. Der Z1 habe dies mit seinem Team besprochen. Der Z1 vertrete die Ansicht dass in einem derart groben Fall eine Bestätigung der Entlassung durch das Arbeits- und Sozialgerichts nicht notwendig gewesen wäre. Es habe dann ein zweites Gespräch gegeben, das zu der einvernehmlichen Lösung geführt habe. Die Einvernehmliche Lösung habe der Z1 und der örtliche Personalleiter unterschrieben.

Befragt, ob der BF um die einvernehmliche Lösung ersucht habe, wie im Schreiben festgehalten, gab der Z1 an, ja, das was besprochen wurde, sei niedergeschrieben worden. Der BF habe gewusst, dass eine fristlose Entlassung ins Auge gefasst worden war, deshalb sei ihm eine solche Lösung angeboten worden. Das Schreiben sei das Ergebnis eines Gespräches gewesen, dass aufgrund des Vorfalles eine Entlassung gerechtfertigt wäre, aber auch die Möglichkeit bestehe, hier eine einvernehmliche Lösung herbeizuführen um sich nicht zuletzt unnötige, langwierige arbeitsgerichtliche Konfrontationen zu ersparen, die damals für den Betrieb nicht sinnvoll gewesen wären. Mit der angebotenen Zahlung habe man dem BF der fachlich und arbeitsmäßig gut gewesen sei, nicht von heute auf morgen seine Lebensgrundlage entziehen wollen. Es sei ein "good-deal" gewesen.

Auf dem Arbeitsplatz des BF sei unmittelbar danach sicher niemand neuer eingesetzt worden. Seine Arbeit sei im Mitarbeiterpool erledigt worden. Aufgrund der Komplexität des Arbeitsplatzes wäre es nicht möglich gewesen gleich jemand von draußen hereinzuholen. Der Arbeitsplatz des BF sei ein qualifizierter Arbeitsplatz gewesen. Da werde gleichsam von unten nachgeschoben. Weniger qualifizierte Arbeitnehmer würden die Möglichkeit erhalten aufzusteigen. Wie das im Fall des BF ganz genau war, wisse der Z1 nicht mehr.

Befragt vom Vertreter des BF gab der Z1 weiter an, Im Zuge des kontinuierlichen Personalabbaus habe man keineswegs im Auge gehabt, alte, teure Dienstverhältnisse aufzulösen, um billige Arbeitskräfte einzustellen. Der 13.08.1995, sei ein Sonntag gewesen. Ob an diesem Tag vom "drei-Schichtbetrieb" auf "Konti-Betrieb" umgestellt wurde könne der Z1 nicht mehr sagen. Es habe einen Zeitraum gegeben, wo dass der Fall war. Der Z1 könne dies aber nicht mit dem genannten Datum in Verbindung bringen. Gemäß seiner Erinnerung sei der BF für die Einführung des kontinuierlichen Betriebs gewesen, weil er dessen Notwendigkeit anerkannt habe. Wie bei jeder Änderung der Arbeitspläne in dieser Größenordnung habe der Betriebsrat seine Wünsche und Forderungen über Zuschläge für die Sonntagsschicht angemeldet. Der Z1 könne sich im Detail aber nicht erinnern, ob und was besprochen wurde. Gespräche mit dem BF darüber, wer während der Schicht Alkohol konsumiert, könne es gegeben haben. Alkohol sei immer ein Thema gewesen. Befragt, warum bei Unterzeichnung des Schreibens vom 17.08.1995 kein Betriebsrat dabei gewesen sei, gab der Z1 an, in den Verhandlungen über die Auflösung des Arbeitsverhältnisses, sei sehr wohl ein Betriebsrat dabei gewesen, nämlich der Vertreter des Betriebsratsobmanns. Möglicherweise habe der Z1 auch alleine mit diesem gesprochen. Es könne auch sein, dass es mit dem BF drei Gespräche gegeben habe. Befragt, ob es bereits für den 16.08.95 eine Auflösungsvereinbarung gegeben habe, welche korrigiert werden musste gab der Z1 an, daran könne er sich im Detail nicht erinnern. Dies sei aber durchaus möglich. Befragt, von wem die Initiative für die einvernehmliche Lösung ausging, gab der Z1 an, es sei damals im gemeinsamen Gespräch über die Entlassung die Möglichkeit einer einvernehmlichen Lösung entstanden. Es sei ein Zusammenspiel gewesen. Wer die Initiative ergriffen hat, könne der Z1 nicht mehr sagen. Diese Anregung sei nicht aus Wien gekommen. Der Z1 habe schlussendlich trotz dieser fristlosen Entlassung im Hintergrund, die einvernehmliche Lösung ins Auge gefasst und sich von der Zentrale die Zustimmung geholt. Eine Klage auf Zustimmung zur Entlassung habe das Unternehmen nicht eingebracht. Der Z1 sei auf dem Standpunkt gestanden, dass eine Monate oder Jahre dauernde gerichtliche Konfrontation für die Betriebsleitung wie auch für den BF nicht sinnvoll gewesen wäre. Auch schon vor dem 13.08. 95 sei es zu schriftlichen Verweisen an den BF gekommen.

Wie der Betrag von 264.000 Schilling steuerrechtlich behandelt wurde, könne der Z1 nicht sagen, dies sei nicht seine Aufgabe gewesen. Der Betrag sei das Ergebnis einer gemeinsamen Besprechung dieser Dienstauflösung gewesen, eine freiwillige Abgangsentschädigung. Eine Kündigungsentschädigung wäre aufgrund der Situation, dass der BF hätte entlassen werden müssen nicht gerechtfertigt gewesen. Darüber, dass es zu sozialversicherungsrechtlichen Konsequenzen kommen könne, sei nicht gesprochen worden.

Der Arbeiterbetriebsratsvorsitzende gab als Zeuge (im Folgenden Z2) vernommen an, er sei als Betriebsrat über dem BF gestanden. Im Jahr 1995 sei in der XXXX AG Normalbetrieb gewesen. Ende 1991 sei der Bergbaubetrieb in XXXX geschlossen worden. Danach habe es Reduzierungen gegeben: Mitarbeiter seien in das SUG-System gegangen, in die Invaliditätspension oder sie hätten selber gekündigt. Befragt warum Mitarbeiter selber gekündigt haben, gab der Z2 an, es habe zum damaligen Zeitpunkt eine Stiftung gegeben. Junge Leute vom Werk XXXX seien zur Stiftung gegangen, um sich weiterzubilden, etwa die Matura zu machen. Befragt, ob er im Werk XXXX die Tendenz beobachtet habe, junge Arbeitnehmer aufzunehmen und alte Mitarbeiter loszuwerden gab der Z2 an, es sei so gewesen, dass dann, wenn die alten Mitarbeiter ersetzt wurden, die jungen nicht mehr dieselben Stunden bekamen, wie die alten. Das sei gang und gebe gewesen. Dass ältere Arbeitnehmer von der Betriebsleitung unter Druck gesetzt worden wären, zu gehen, sei dem Z2 aber nicht bekannt gewesen. Zeitweise habe der Z2 mit dem BF als Betriebsrat zusammengearbeitet. Er habe ihn als kämpferischen Betriebsrat in Erinnerung. Dieser habe einiges kritisiert. Der Z2 selbst sei mit dieser Kritik nicht immer einverstanden gewesen. Der Z2 selbst habe mehr über das Unternehmen gewusst, er sei an erster Stelle bei der Information gewesen, habe Kontakt zur Betriebsleitung gehabt. Ihm sei die Rolle zugekommen, dann, wenn der BF wieder mit einer Kritik kam, zu sagen, das gehe so nicht, der Z2 kenne die Notwendigkeiten. Dass der BF in der Betriebsleitung Feinde gehabt hätte, könne man aber nicht sagen. Der BF habe gut verdient und habe seine Leistung erbracht. 1995 habe es nicht das Bestreben gegeben, Personal zu reduzieren. Befragt, ob es in der Betriebsleitung das Bestreben gegeben habe, dann, wenn jemand gekündigt wurde oder ein Arbeitsverhältnis einvernehmlich gelöst wurde, nicht den Anschein erwecken zu wollen, dass es sich um Personalabbaumaßnahmen handle, gab der Z2 an, in einem Betrieb gebe es von der Auftragslage her immer Wellentäler. Denen sei man von der Betriebsleitung so begegnet - mit dem Vorschlag des Betriebsrates- dass man alles ausschöpft bevor man kündigt, dass man also Urlaub konsumiert, Arbeitsverkürzung einführt und bei den Arbeitnehmer, die über 52 Jahre alt waren und die Möglichkeit hatten in das SUG-System zu wechseln, diese Lösung ins Auge fasste.

Dem Zeugen sei nicht bekannt gewesen, dass der BF eine Protestaktion setzten wollte. Rund um den Vorfall vom 13.08.1995 sei der Z2 auf Urlaub gewesen. Er wisse noch dass er vom Urlaub aus im Werk angerufen habe. Da habe ihm sein Vertreter von der einvernehmlichen Lösung berichtet. Der Z2 habe diesem gesagt, "okay, das ist erledigt, du brauchst nichts tun." Als er zurückkam, sei der Akt mit der einvernehmlichen Lösung auf seinen Tisch gelegen. Damit sei die Sache für ihn erledigt gewesen. Befragt, ob er sich keine Sorge um den BF gemacht habe, gab der Z2 an, das sei eine Sache gewesen, die zwischen diesen beiden Personen (der BF und der Werksleiter) ausverhandelt wurde. Der Z2 sei der Auffassung gewesen, dass dies außerhalb seines Einflussbereichs passiere. Der Z2 habe auch den Eindruck gehabt, dass sowohl der BF als auch der Werksleiter zufrieden waren.

Auf Befragen des Rechtsvertreters des BF nannte der Z2 den Namen des damaligen Personalchefs in Wien. Ob dieser in die einvernehmliche Auflösung eingebunden war wisse der Z2 nicht mehr. Eine Umstellung von "Drei-Schicht" zu "Konti-Betrieb" habe es in der Urlaubszeit sicher gegeben, auch wegen dem Auftragsstand, allerdings nicht in allen Abteilungen.

Der Rechtsvertreter fasste abschließend zusammen: "Aus den abgeführten Beweisverfahren resultiert, das keine gesetzlichen Voraussetzungen für den Ausspruch einer fristlosen Entlassung vorgelegen haben. Der im Akt erliegende Versicherungszeitenauszug bestätigt, dass der BF ab September 1995 im Bezug von Arbeitslosengeld gestanden ist. Daraus ist wiederum objektiviert, dass durch den DG weder eine Urlaubsersatzleistung noch eine Kündigungsentschädigung ausbezahlt wurde, da dies dem Bezug von Arbeitslosenunterstützung zwangsläufig zeitlich nach hinten verschoben hätte. Somit ist die auch vom Zeugen XXXX bestätigte Titulierung des Auszahlungsbetrages als freiwillige Abgangsentschädigung objektiviert. Die vorliegende Auflösungsvereinbarung ist ausschließlich von DG-Seite textiert worden, ebenso wie die einvernehmliche Auflösung als solche ausschließlich durch Arbeitsgeberinitiative zustande gekommen ist. Auch durch das Nichtvorliegen einer Klage der Arbeitgeberin vor dem Arbeits- und Sozialgericht auf Zustimmung zur Kündigung oder Entlassung des Betriebsrates bestätigt neuerlich, dass eine Endigung des Dienstverhältnisses aus disziplinären Gründen nicht vorgelegen hat.

Ebenso ist durch das Beweisverfahren bestätigt, dass im Zuge der Auflösungsvereinbarung und der darüber geführten Gespräche keine Erörterungen über sozialversicherungsrechtliche Konsequenzen, insbesondere Langzeitfolgen wie die hier verfahrensgegenständliche, erörtert wurden. Derartiges hätte jedoch der DG aufgrund seiner allgemeinen Fürsorgeverpflichtung durchzuführen gehabt.

Weiters hat das Beweisverfahren ergeben, dass neu eintretende DN einen geringeren Stundenlohn hatten, als DN der sogenannten Alt-Mannschaft. Ebenso wurde bestätigt, dass zwar keine Massenkündigungen mehr vorgelegen haben, die einer Voranmeldung beim AMS bedurft hätten, sehr wohl hat es aber laufende Bestrebungen des Unternehmens gegeben Personalkosten zu reduzieren, insbesondere durch Austausch von älterem Personal gegen jüngeres Personal. Dies sind langfristige Restrukturierungsmaßnahmen im Rahmen der Personalwirtschaft die wiederum einer Betriebsschließung oder Betriebsteilschließung gleichzusetzen sind, da es sich um langfristig geplante und langfristig durchgeführte Maßnahmen handelt. Aus diesem Grunde ist nach Ansicht des BF die Versicherungszugehörigkeit zur knappschaftlichen Versicherung objektiviert."

RV Dr. HOLZER legte eine Kostenrechnung vor, die er gegen die PVA geltend machen möchte unter Hinweis § 77 Abs. 1 Z2 lit B ASGG und beantragt Kostenzuspruch nach Billigkeit.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der 1959 geborene BF war ab XXXX1985 Dienstnehmer des knappschaftlichen Betriebes XXXX AG. Der Betrieb schloss Ende 1991 ein Werk. Auch in den Folgejahren wurde insbesondere durch das Anbieten von Stiftungen zur Weiterbildung, sowie durch das Anbieten eines Wechsels in das vom Sonderunterstützungsgesetz vorgesehene Auffangmodell Personal abgebaut. 1995 war ein gutes Auftragsjahr.

Der BF wurde im Jahr 1990 Betriebsrat. In dieser Funktion setzte sich der BF dagegen ein, dass junge neu eintretende Mitarbeiter zu schlechteren Bedingungen beschäftigt wurden, als Mitarbeiter mit sog. "alten Verträgen". Darüber hatte der BF auch mit dem Werksleiter, der gleichzeitig sein Cousin war, diskutiert. Innerhalb des Betriebsrats abgestimmte und im ArbVG vorgesehene Maßnahmen wurden dagegen nicht erhoben.

Am 13.08.1995 hat der BF seine Sonntagsschicht nach etwa einer Stunde beendet und den Arbeitsplatz verlassen. Der BF betrachtete diese Aktion als Protestaktion. Mit den anderen Betriebsräten abgesprochen war dies nicht. Dem Werksleiter konkret angekündigt hatte der BF die Aktion nicht. Sein Meister verständigte den Betriebsleiter. Am nächsten Tag richtete der Werksleiter ein Schreiben folgenden Inhalts an die Betriebsleitung Steinfabrik:

" Beendigung des Dienstverhältnisses von Herrn [BF]

Aufgrund eines groben Fehlverhaltens am 13.8.1995 sind wir gezwungen, das bestehende mit Herrn [BF] mit 14.8.1995 aufzulösen.

Herr [BF] darf aus diesem Grunde seine Arbeit nicht wieder aufnehmen und auch das Betreten des Betriebes ist ihm untersagt."

Der BF erhielt dieses Schreiben. Er telefonierte daraufhin mit dem in Wien beschäftigten Personalchef der genannten AG. In der Folge kam es erneut zu Gesprächen mit dem Werksleiter, der als Vertreter der genannten AG das aufgetretene Problem einer für das Unternehmen sinnvollen Lösung zuzuführen hatte. Beide Seiten wollten nun ein langes Gerichtsverfahren mit unsicherem Ausgang vermeiden. Die einvernehmliche Lösung des Dienstverhältnisses kam ins Gespräch. Der BF stimmte dieser Lösung zu, verlangte aber die Zahlung einer Abfertigung. Der Werksleiter, der gleichzeitig ein Cousin des BF war und dessen Arbeitsleistungen geschätzt hatte, wollte den BF auch nicht völlig unversorgt in eine ungewisse Zukunft schicken. Letztendlich einigte man sich über eine einvernehmliche Lösung des Dienstverhältnisses mit einer Abschlagszahlung in Höhe eines Jahresgehalts. Am 17.08.1995 unterzeichnete der BF eine Vereinbarung folgenden Inhalts.

1. "Herr [BF] ist Mitglied des Betriebsrats im Werk XXXX.

es gab bereits mehrfach Anstände bezüglich des Verhaltens von Herrn [BF] am Arbeitsplatz, es fanden bereits mehrfach Abmahnungen (auch schriftlicher Art) statt. Zuletzt gab es am 13.08.1995 ein grobes Missverhalten, welches an sich die Klage auf vorzeitige Auflösung des Dienstverhältnisses rechtfertigt.

Her [BF] ersucht aus persönlichen Gründen um die einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses zum 14.08.1995 gegen eine Bezahlung der gesetzlichen Abfertigung sowie einer Kündigungsentschädigung im Ausmaß der gesetzlichen Kündigungsfrist.

Herr [BF] erklärt ausdrücklich, sich mit dem Betriebsratsvorsitzenden und den weiteren Mitgliedern des Betriebsrates beraten zu haben, insbesondere über seinen Kündigungsschutz als Mitglied der Betriebsrates, damit also seine Rechts gemäß § 104a ArbVG bereits ausgenützt zu haben. Trotzdem wünscht er die nachstehend festgehaltene Auflösungsvereinbarung, sofern XXXX AG XXXX von dem Recht der vorzeitigen Auflösung des Dienstverhältnisses keinen Gebrauch macht.

2. Sohin wird das seit XXXX1985 bestehende Dienstverhältnis zum 14,08,1995 einvernehmlich aufgelöst. Herr [BF] erhält neben den mit der Beendigung des Dienstverhältnisses entstehenden Ansprüchen, wie aliquoter Sonderzahlungen, Abgeltung des offenen Resturlaubs sowie Urlaubsabfindung, eine einmalige Zahlung im Ausmaß von S 264.000,-- [Anm.:ca. € 19.260.--]. Auf die gesetzliche Abfertigung verzichtet Herr [BF] im Hinblick darauf ausdrücklich, dass die einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses bereits ein Entgegenkommen von

XXXX AG darstellt.

3. Hiermit sind sämtliche wechselseitigen Ansprüche aus dem bestandenen Dienstverhältnis endgültig bereinigt und verglichen."

Die Vereinbarung wurde durch den BF, den Werksleiter und den örtlichen Personalleiter unterzeichnet. Der Stellvertreter des im Urlaub befindlichen Arbeiterbetriebsratsvorsitzenden war von diese Vereinbarung informiert und hatte sich mit den Arbeiterbetriebsratsvorsitzenden telefonisch beraten. Der Arbeiterbetriebsratsvorsitzende war zu dem Schluss gekommen, dass hier eine für beide Vertragsteile zufriedenstellende Vereinbarung getroffen wurde und intervenierte nicht. In der Folge erhielt der BF tatsächlich eine Abschlagszahlung.

In den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag 01.12.2013 erwarb der BF überwiegend Versicherungsmonate aus dem Zweig der Pensionsversicherung der Arbeiter.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde, weiters durch Einsichtnahme in die Beschwerde, in die schriftliche Stellungnahme des BF vom 13.12.2017 sowie seines Vertreters vom 11.12.2017 und 02.08.2018, durch Einholung einer schriftlichen Stellungnahme des Nachfolgeunternehmens der ehemaligen Dienstgeberin des BF vom 01.08.2018 sowie der PVA vom 01.08.2018, durch Einholung einer schriftlichen Auskunft des AMS vom 03.09.2018 und durch Abhaltung der mündlichen Verhandlung vom 30.11.2018. Sämtliche wesentliche Beweismittel wurden allen Parteien des Verfahrens bekannt gemacht.

Dass das vom BF gesetzte Verhalten (Verlassen des Arbeitsplatzes in der Dienstzeit) nicht auf einem gemeinsamen Beschluss der Betriebsräte basierte hat der BF selbst in der mündlichen Verhandlung vom 3011.2018 eingeräumt, ebenso, dass er in der danach auch für ihn rechtlich ungeklärten und daher unsicheren Situation mit einer einvernehmlichen Auflösung seines Dienstverhältnisses einverstanden war. Dafür, dass die genannte Vereinbarung vom 17.08.1995 sowohl vom BF als auch von seinem Werksleiter als Vertreter der Dienstgeberin ernstlich gewollt war spricht auch, dass der Arbeiterbetriebsratsvorsitzende, wie dieser in der mündlichen Verhandlung in unbedenklicher Weise angab, von dieser Vereinbarung informiert war und keinen Anlass sah, für den BF zu intervenieren. Die Vereinbarung wurde weiters unbestritten tatsächlich ausgeführt, wenngleich der BF in der mündlichen Verhandlung behauptet, dass die Höhe der netto ausbezahlten Abschlagszahlung um etwa 17 % geringer ausgefallen sei, als schriftlich vereinbart worden war.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 414 Abs. 2 ASVG nur in den Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 auf Antrag einer Partei durch einen Senat entscheidet, liegt gegenständlich somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A I.)

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die von der belangten Behörde verneinte Leistungszugehörigkeit des BF zur VAEB und Leistungszuständigkeit der VAEB sowie die von der belangten Behörde implizit bejahte Leistungszugehörigkeit des BF zur PVA und Leistungszuständigkeit der PVA (vgl. VwGH 98/08/0127, 20.10.1998; Ra2016/02/0015, 14.02.2017).

Maßgebliche Rechtsgrundlagen:

Entscheidungen über die Versicherungs(Leistungs)zugehörigkeit und -zuständigkeit

§ 412. (1) Der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz entscheidet über die Versicherungszugehörigkeit oder Versicherungszuständigkeit, in der Pensionsversicherung auch über die Leistungszugehörigkeit oder Leistungszuständigkeit, auf Antrag eines beteiligten Versicherungsträgers, einer anderen Partei oder eines Gerichtes, wenn Zweifel oder Streit darüber bestehen, welcher Versicherung eine Person versicherungs- oder leistungszugehörig ist oder welcher Versicherungsträger für sie versicherungs- oder leistungszuständig ist.

[...]

Leistungszugehörigkeit des Versicherten in der Pensionsversicherung

§ 245. (1) Hat der Versicherte Versicherungsmonate in mehreren Zweigen der Pensionsversicherung erworben, so kommen für ihn die Leistungen des Zweiges in Betracht, dem er leistungszugehörig ist. Die Leistungszugehörigkeit des Versicherten richtet sich für Leistungen aus den im § 221 angeführten Versicherungsfällen und für Maßnahmen der Rehabilitation in Fällen des § 361 Abs. 1 letzter Satz nach den Abs. 2 bis 5, für sonstige Fälle der Rehabilitation und für Maßnahmen der Gesundheitsvorsorge nach dem Abs. 6.

(2) Liegen in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag (§ 223 Abs. 2) nur Versicherungsmonate eines Zweiges der Pensionsversicherung vor, so ist der Versicherte diesem Zweige leistungszugehörig.

(3) Liegen in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag (§ 223 Abs. 2) Versicherungsmonate aus mehreren Zweigen der Pensionsversicherung vor, so ist der Versicherte dem Zweig, in dem die größere oder größte Zahl von Versicherungsmonaten vorliegt, wenn aber die gleiche Zahl von Versicherungsmonaten vorliegt, dem Zweige leistungszugehörig, in dem der letzte Versicherungsmonat vorliegt. Liegen in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag keine Versicherungsmonate, so ist der Versicherte dem Zweig leistungszugehörig, bei dem der letzte Versicherungsmonat vorliegt.

(4) Für die Anwendung der Abs. 2 und 3 zählen neutrale Monate, während derer ein Leistungsanspruch aus einem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit gegeben war, als Versicherungsmonate des Zweiges der Pensionsversicherung, der von dem die Leistung (Gesamtleistung) auszahlenden Versicherungsträger durchgeführt wird. Trifft hiebei jedoch ein Leistungsanspruch aus einem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit aus der knappschaftlichen Pensionsversicherung mit Versicherungszeiten aus einem anderen Zweig der Pensionsversicherung zusammen, gelten die vollen Kalendermonate dieses Leistungsanspruches wie Beitragsmonate der Pflichtversicherung in der knappschaftlichen Pensionsversicherung.

(5) Ein Versicherter, der aus der Pensionsversicherung der Arbeiter zur Pensionsversicherung der Angestellten oder zur knappschaftlichen Pensionsversicherung oder aus der Pensionsversicherung der Angestellten zur knappschaftlichen Pensionsversicherung übergetreten war, ist für eine Leistung aus einem Versicherungsfalle der geminderten Arbeitsfähigkeit oder des Todes, wenn der Versicherungsfall durch einen Arbeitsunfall (§§ 175 und 176) oder eine Berufskrankheit (§ 177) herbeigeführt ist, der (die) nach dem Übertritt eingetreten ist, jedenfalls dem Zweige leistungszugehörig, dem er bei Eintritt des Versicherungsfalles für die Unfallversicherung versicherungszugehörig war.

(6) Für die Maßnahmen der Rehabilitation und die Maßnahmen der Gesundheitsvorsorge sind Versicherte dem Zweig der Pensionsversicherung, in dem sie zuletzt versichert waren, Pensionisten dem Zweig leistungszugehörig, aus dem ihnen der Pensionsanspruch zusteht. Ist ein Pensionist gleichzeitig Versicherter, so gilt er für die Feststellung der Leistungszugehörigkeit für Maßnahmen der Gesundheitsvorsorge als Versicherter. Die Leistungszugehörigkeit der Angehörigen für die Maßnahmen der Rehabilitation und die Maßnahmen der Gesundheitsvorsorge richtet sich nach der Leistungszugehörigkeit des Versicherten bzw. des Pensionisten für derartige Leistungen.

(7) Abweichend von den Abs. 1 bis 6 bleibt ein Versicherter, der

1. mehr als die Hälfte aller Versicherungsmonate nach diesem Bundesgesetz vor dem Stichtag (§ 223 Abs. 2) in der knappschaftlichen Pensionsversicherung erworben hat und

2. wegen Einschränkung oder Stillegung eines knappschaftlichen Betriebes (Zeche, Grube, Revier) oder eines einem solchen gleichgestellten Betriebes (§ 15) nach dem 31. Oktober 1975 aus der knappschaftlichen Pensionsversicherung ausgeschieden ist,

jedenfalls der knappschaftlichen Pensionsversicherung leistungszugehörig.

[...]

Aus den (ErläutRV 932 BlgNR 18.GP) zu § 245 Abs 7 ASVG geht hervor:

"Die in Rede stehende Sonderregelung zur Aufrechterhaltung der Leistungszugehörigkeit zur knappschaftlichen Pensionsversicherung für umgeschulte Bergleute wurde in den Jahren 1976 und 1977 nach langen Beratungen mit den Betroffenen (Interessenvertretung der Dienstnehmer, Versicherungsanstalt des österreichischen Bergbaues) erarbeitet.

Seit dem Jahr 1975 bis heute wurden im Bereich des Bergbaues fortwährend Personal(Struktur)-Anpassungsmaßnahmen vorgenommen, die zu einem deutlichen Absinken der Beschäftigtenanzahl bzw. zu Schließungen von Bergbaubetrieben führten.

[...]

Dazu kommen noch die auf Grund umfangreicher Rationalisierungsmaßnahmen notwendigen Betriebseinschränkungen bei der RADEX AUSTRIA AG mit den Standorten in Radenthein, Hochfilzen, Trieben, Veitsch und in der Breitenau sowie die Personalreduzierungen im Bereich der VOEST-Alpine Erzberg GmbH in Eisenerz.

Aus sozialpolitischen Erwägungen sollte die schwierige Situation im Bergbau - so wie schon im Rahmen der eingangs erwähnten 33. Novelle zum ASVG - im Bereich der Sozialversicherung Berücksichtigung finden.

Nach der vorgeschlagenen Änderung des § 245 Abs. 7 ASVG soll im Falle des Ausscheidens eines Versicherten aus der bergmännischen Tätigkeit bzw. aus der knappschaftlichen Pensionsversicherung ohne sein Verschulden, das heißt aus Gründen der Einschränkung oder Stillegung eines knappschaftlichen oder diesem gleichgestellten Betriebes, die Leistungszugehörigkeit zur knappschaftlichen Pensionsversicherung unter der Voraussetzung gewahrt bleiben, daß der Versicherte im Rahmen der gesamten Versicherungskarriere mehr als die Hälfte Versicherungsmonate der knappschaftlichen Pensionsversicherung erworben hat. [...]"

Zum konkreten Sachverhalt:

In den letzten 15 Jahren vor dem hier zu betrachtenden Stichtag 1.12.2013 hat der BF überwiegend Versicherungsmonate aus dem Zweig der Pensionsversicherung der Arbeiter erworben (§ 245 Abs 2 ASVG).

Zwar hat der BF insgesamt mehr als die Hälfte aller Versicherungsmonate vor dem Stichtag (§ 223 Abs. 2) in der knappschaftlichen Pensionsversicherung erworben. (§ 245 Abs 7 Z 1 ASVG), die Anwendung des § 245 Abs 7 (Leistungszugehörigkeit zur knappschaftlichen Pensionsversicherung jedenfalls und abweichend vom obigen Grundsatz) erfordert aber zusätzlich, dass der Versicherte wegen Einschränkung oder Stille

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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