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L7200 Beschaffung, VergabeNorm
B-VG Art140 Abs7 zweiter SatzLeitsatz
Unmöglichkeit von Rechtsnachteilen wegen Anwendung einer als verfassungswidrig aufgehobenen Wortfolge im Krnt VergaberechtsschutzG; Abweisung im Anlassfall auf Grund Fehlens einer erforderlichen Rechtsgrundlage für eine positive Erledigung des NachprüfungsantragsSpruch
I. Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Beschluss weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
II. Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerdeführerin nahm als Bieterin an einem Verfahren zur Vergabe einer Dienstleistungskonzession im Wege eines offenen Vergabeverfahrens mit vorheriger Bekanntmachung nach den Bestimmungen des BVergG 2006 teil. Die Bekanntmachung des Verfahrens erfolgte am 31. August 2017.
Mit Nachprüfungsantrag vom 4. Dezember 2017 bekämpfte die Beschwerdeführerin eine Mitteilung der Auftraggeberin vom 22. November 2017, die Ausschreibungsunterlagen und den Pachtvertrag.
2. Mit Beschluss vom 23. Jänner 2018 wies das Landesverwaltungsgericht Kärnten die Anträge als unzulässig zurück (Spruchpunkt I.). Es bestimmte die Gebühren in näher bezifferter Höhe (Spruchpunkt II.) und wies den Antrag auf deren Ersatz ab (Spruchpunkt III.). Das Landesverwaltungsgericht Kärnten sprach weiters aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig sei (Spruchpunkt IV.).
Das Landesverwaltungsgericht Kärnten erachtete sich im Verfahren zur Nachprüfung der Vergabe einer Dienstleistungskonzession für zuständig. Der Kärntner Landesgesetzgeber habe durch §6 Abs2a K-VergRG 2014 einen vergaberechtlichen Rechtsschutz für Dienstleistungskonzessionen geschaffen. Die Mitteilung vom 22. November 2017 stelle keine gesondert anfechtbare Entscheidung im Sinne des §6 Abs2a K-VergRG 2014 dar. Soweit sich der Antrag auf Nachprüfung der Ausschreibungsunterlage und des Pachtvertrages richte, sei er verspätet. Der Nachprüfungsantrag sei daher insgesamt als unzulässig zurückzuweisen.
3. Der Verfassungsgerichtshof hat über die – zulässige – Beschwerde erwogen:
3.1. Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 11. Dezember 2018, G205/2018, die Wortfolge "und Abs2a" in §6 Abs2 Z2 und §6 Abs2a des Gesetzes über den Rechtsschutz bei der Vergabe von Aufträgen (Kärntner Vergaberechtsschutzgesetz 2014 – K-VergRG 2014), LGBl für Kärnten 95/2013 idF LGBl für Kärnten 18/2017, als verfassungswidrig aufgehoben.
Gemäß Art140 Abs7 B-VG wirkt die Aufhebung eines Gesetzes auf den Anlassfall zurück. Es ist daher hinsichtlich des Anlassfalles so vorzugehen, als ob die als verfassungswidrig erkannte Norm bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichtes zugrunde gelegten Tatbestandes nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte.
Dem in Art140 Abs7 B-VG genannten Anlassfall (im engeren Sinn), anlässlich dessen das Gesetzesprüfungsverfahren tatsächlich eingeleitet worden ist, sind all jene Beschwerdefälle gleichzuhalten, die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Gesetzesprüfungsverfahren (bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung) beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig waren (VfSlg 10.616/1985, 11.711/1988).
Die nichtöffentliche Beratung im Gesetzesprüfungsverfahren begann am 30. November 2018. Die vorliegende Beschwerde ist beim Verfassungsgerichtshof am 7. Februar 2018 eingelangt, war also zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung schon anhängig; der ihr zugrunde liegende Fall ist somit einem Anlassfall gleichzuhalten.
3.2. Nach Lage des vorliegenden Falles bewirkt die Aufhebung der in Prüfung gezogenen Bestimmungen als verfassungswidrig jedoch offenkundig nicht, dass eine für eine positive Erledigung des Nachprüfungsantrages der Beschwerdeführerin durch das Landesverwaltungsgericht Kärnten erforderliche Rechtsgrundlage im K-VergRG 2014 bestünde. Es ist daher von vornherein ausgeschlossen, dass sich die Anwendung der verfassungswidrigen Bestimmungen als nachteilig für die Rechtsstellung der Beschwerdeführerin erweist.
Die Beschwerdeführerin ist daher durch den angefochtenen Beschluss nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden (vgl VfSlg 9584/1982, 10.304/1984, 11.379/1987, 17.811/2006, 18.108/2007; VfGH 12.12.2016, E2383/2015).
3.3. Auch scheidet eine Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nach Art83 Abs2 B-VG durch den angefochtenen Beschluss aus. Eine im Ergebnis zu Recht (wenn auch allenfalls mit verfehlter Begründung) erfolgte Zurückweisung führt nicht dazu, dass die Beschwerdeführerin in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nach Art83 Abs2 B-VG verletzt wäre (vgl VfSlg 17.367/2004).
Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Beschluss im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz oder in weiteren, von ihr nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt worden wäre.
Ob der angefochtenen Entscheidung darüber hinaus eine in jeder Hinsicht rechtsrichtige Anwendung einschlägiger Gesetzes- bzw Verordnungsbestimmungen zugrunde liegt, hat der Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen. Auch sind für die Frage, ob vom Landesverwaltungsgericht Kärnten innerstaatliche einfachgesetzliche Normen oder unionsrechtliche Normen anzuwenden waren, spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht anzustellen (vgl VfSlg 14.886/1997).
4. Die Beschwerde ist daher abzuweisen.
5. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß §19 Abs4 VfGG abgesehen.
Schlagworte
VfGH / Anlassfall, VfGH / Aufhebung WirkungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2018:E416.2018Zuletzt aktualisiert am
11.02.2019