Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
B-VG Art133 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens, Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer, Hofrat Mag. Feiel sowie die Hofrätinnen MMag. Ginthör und Dr. Koprivnikar als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision der Landespolizeidirektion Salzburg gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. März 2018, Zl. W122 2159062- 1/3E, betreffend pauschalierte Nebengebühren (mitbeteiligte Partei: B L in A, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Bund hat dem Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Der Mitbeteiligte steht als Exekutivbediensteter in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.
2 Aus Anlass einer Mitteilung der Dienstbehörde betreffend das Ruhen der "laufenden" Nebengebühren während eines (nach einem mehr als einen Monat dauernden Rehabilitationsaufenthalt gelegenen) Krankenstandes vom 9. November 2016 bis 22. November 2016 beantragte der Mitbeteiligte mit Schreiben vom 11. Jänner 2017 die bescheidmäßige Absprache über die "Einstellung" von pauschalierten Nebengebühren im betreffenden Zeitraum. Der Mitbeteiligte verwies auf die Bestimmung des § 15 Abs. 5 Gehaltsgesetz 1956 (GehG), BGBl. Nr. 54, sowie darauf, dass er sich seit dem Jahr 2014 auf Grund einer psychischen Belastungsreaktion in psychologischer Behandlung befinde und aus diesem Grund ein Rehabilitationsaufenthalt erforderlich geworden sei.
3 Im dienstbehördlichen Verfahren wurde dem Mitbeteiligten mitgeteilt, der Behörde seien keine Umstände bekannt, durch die die ins Treffen geführte psychische Belastungsreaktion ausgelöst worden sei. Es werde daher weiterhin beabsichtigt, die in Rede stehenden Nebengebühren für den Zeitraum des Krankenstandes des Mitbeteiligten ruhend zu stellen.
4 Mit Eingabe vom 31. Jänner 2017 führte der Mitbeteiligte aus, er habe sich in der Zeit vom 24. Februar 2014 bis 30. September 2014 wegen einer akuten psychischen Belastungsreaktion im Krankenstand befunden. Dieser Umstand sei durch den behandelnden Psychiater Dr. B festgestellt worden. In diesem Zeitraum sei der Mitbeteiligte erstmals zum Vertrauensarzt der Dienstbehörde vorgeladen und von diesem untersucht worden. Seit 1. Oktober 2014 sei der Mitbeteiligte nach entsprechender amtsärztlicher Untersuchung wieder dienstfähig und versehe seit diesem Zeitpunkt seinen Dienst im Kriminalreferat des Stadtpolizeikommandos S. Da sich die psychische Situation des Mitbeteiligten im Jahr 2016 verschlechtert habe, habe er einen Rehabilitationsaufenthalt angetreten. Als Grund für die psychische Belastungsreaktion seien vor allem die Leichenbearbeitung im Zusammenhang mit dem Seilbahnunglück in K und der im Zeitraum vom 13. November 2000 bis 17. November 2000 in der Gerichtsmedizin S versehene Dienst des Mitbeteiligten festgestellt worden.
5 Mit Bescheid vom 25. März 2017 wies die Dienstbehörde den Antrag des Mitbeteiligten vom 11. Jänner 2017 auf "Auszahlung" der pauschalierten Nebengebühren für den Zeitraum vom 9. November 2016 bis 22. November 2016 gemäß § 15 Abs. 5 GehG ab. Die Behörde verwies darauf, dass die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen im Bundesgesetzblatt I Nr. 64/2016 kundgemacht worden und am 31. Juli 2016 in Kraft getreten seien. Es sei unbestritten, dass es sich bei dem Großereignis in K um eine außergewöhnliche Belastungssituation gehandelt habe. Aus dem Datum des Unglücks ergebe sich jedoch, dass der Zeitpunkt des die psychische Belastungsreaktion auslösenden Ereignisses (November 2000) zeitlich lange vor dem Inkrafttreten der betreffenden Bestimmungen liege.
6 Gegen diesen Bescheid erhob der Mitbeteiligte Beschwerde, in der er der Rechtsansicht der Behörde entgegentrat, wonach erst jene Ereignisse im Sinne von § 15 Abs. 5 GehG rechtlich relevant seien, die nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 64/2016 eingetreten seien. Im vorliegenden Fall halte die psychische Belastungsreaktion seit dem auslösenden Moment, nämlich der Leichenbearbeitung im Zusammenhang mit der Seilbahnkatstrophe in K, an. Der Zweck der Norm bestehe darin, Beamte, die aufgrund psychischer Leiden vorübergehend dienstunfähig seien, nicht gegenüber jenen zu benachteiligen, die an physischen Verletzungen litten. Die im Zusammenhang mit dem Seilbahnunglück in K stehenden psychischen Beschwerden des Mitbeteiligten seien im Laufe der Zeit nicht verschwunden, sondern hätten sich verschlimmert.
7 Der Mitbeteiligte schloss seiner Beschwerde u.a. einen seinen Rehabilitationsaufenthalt im Jahr 2016 betreffenden ärztlichen Entlassungsbericht vom 3. November 2016 an, aus dem sich folgende Diagnosen ergaben: Posttraumatische Belastungsstörung (F43.1), leichte depressive Episode (F32.0), riskanter Gebrauch von Alkohol (F10.1), Schulterschmerz rechts (R52.2), Adipositas (E66.0), reine Hypercholesterinämie (E78.0) sowie Achillodynie links (M76.6). In dem genannten Bericht wurde u. a. darauf hingewiesen, dass sich diagnostisch das Bild einer leichtgradig ausgeprägten Depressivität gepaart mit einer "PTBS-Symptomatik" bei berufsbezogenen Traumatisierungen ergebe.
8 Mit dem angefochtenen Erkenntnis hob das Bundesverwaltungsgericht den Bescheid der Dienstbehörde vom 25. März 2017 auf und stellte fest, dass die pauschalierten Nebengebühren im Zeitraum vom 9. November 2016 bis 22. November 2016 gemäß § 15 Abs. 5 Z 3 GehG nicht ruhten. Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Bundesverwaltungsgericht für nicht zulässig.
9 Nach Darstellung des Verfahrensganges traf das Gericht die Feststellung, der Mitbeteiligte sei im Exekutivdienst mit der Bearbeitung von über 150 Leichen im Zeitraum vom 13. November 2000 bis 17. November 2000 befasst gewesen. Im Zusammenhang mit dieser Tätigkeit leide der Mitbeteiligte an einer posttraumatischen Belastungsstörung und sei deshalb im Zeitraum vom 9. November 2016 bis 22. November 2016 im Krankenstand gewesen. Die Dienstbehörde habe keine Anordnung erteilt, wonach sich der Mitbeteiligte einer ärztlichen Untersuchung zur Überprüfung des Gesundheitszustandes zu unterziehen habe.
10 Beweiswürdigend hielt das Gericht fest, die Feststellungen ergäben sich aus dem Antrag des Mitbeteiligten, der Beschwerde, dem dienstbehördlichen Bescheid sowie dem Verwaltungsakt. Weder der Gesundheitszustand des Mitbeteiligten noch die Kausalität des Seilbahnunglücks für die Belastungsstörung seien in Frage gestellt worden. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung habe abgesehen werden können, weil es unstrittig sei, dass der Mitbeteiligte in einer außergewöhnlichen Belastungssituation tätig gewesen sei und unter einer psychischen Belastungsreaktion leide, die für den Krankenstand im in Rede stehenden Zeitraum ursächlich sei.
11 In rechtlicher Hinsicht führte das Bundesverwaltungsgericht aus, es stehe auch bei Exekutivbediensteten außer Frage, dass die Bearbeitung von über 150 Leichen nicht typischerweise mit der Dienstausübung verbunden sei. Im vorliegenden Verfahren sei lediglich die Anwendbarkeit der maßgeblichen mit 31. Juli 2016 geänderten gesetzlichen Bestimmungen auf im November 2016 aufgetretene Belastungsreaktionen zu klären. Die Anwendbarkeit von § 15 Abs. 5 Z 3 GehG sei von der belangten Behörde deshalb verneint worden, weil das auslösende Ereignis bereits im Jahr 2000 eingetreten sei. Für die Anwendbarkeit der gegenständlichen Norm sei es jedoch nicht entscheidend, ob das auslösende Ereignis bereits vor deren Inkrafttreten stattgefunden habe. Ausschlaggebend sei das Vorliegen eines außergewöhnlichen Ereignisses im Zuge der Dienstausübung, welches im Zusammenhang mit einer akuten psychischen Belastungsreaktion stehe. Aufgrund des ärztlichen Entlassungsberichtes des Rehabilitationszentrums sei das Bestehen einer posttraumatischen Belastungsstörung "unstrittig" festzustellen gewesen. Der Zusammenhang dieser Belastungsstörung mit dem in Rede stehenden Seilbahnunglück sei nicht zu bezweifeln. Die aktuelle Rechtslage sei anzuwenden. Auch wenn nach dem Spruch des dienstbehördlichen Bescheides ein Antrag auf Auszahlung abgewiesen worden sei, sei nicht zu verkennen, dass der Mitbeteiligte nicht die Auszahlung pauschalierter Nebengebühren beantragt habe, sondern die Feststellung hinsichtlich der in Aussicht gestellten Einstellung der Nebengebühren.
Verfahrensgegenständlich sei im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht bloß ein Antrag auf Auszahlung, sondern der Antrag auf Feststellung der Gebührlichkeit der in Rede stehenden pauschalierten Nebengebühren, weshalb der Spruch des angefochtenen Erkenntnisses "in Verbindung mit der geltenden Rechtslage" habe gefasst werden können.
12 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Amtsrevision, in der inhaltliche Rechtswidrigkeit verbunden mit dem Antrag geltend gemacht wird, das angefochtene Erkenntnis aus diesem Grund aufzuheben.
13 Der Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der die kostenpflichtige Zurückweisung der Revision, hilfsweise deren Abweisung beantragt wird.
14 Zur Begründung ihrer Zulässigkeit macht die Revision geltend, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der Frage, ob ein außergewöhnliches Ereignis im Sinn von § 15 Abs. 5 Z 3 und Abs. 5a GehG auch dann zum fortlaufenden Anspruch des Beamten auf Bezug von pauschalierten Nebengebühren führe, wenn sich dieses Ereignis vor Inkrafttreten der in Rede stehenden Bestimmungen zugetragen habe. Darüber hinaus fehle Rechtsprechung zu der Frage, ob eine "psychische Belastungsreaktion" auch dann noch als "akut" und "im Zusammenhang mit einem außergewöhnlichen Ereignis" stehend im Sinne von § 15 Abs. 5 Z 3 GehG anzusehen sei, wenn diese erst eineinhalb Jahrzehnte danach eingetreten sei. Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:
15 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
16 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
17 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
18 § 15 Abs. 5 und Abs. 5a Gehaltsgesetz 1956, BGBl. Nr. 54 in der Fassung dieser Absätze BGBl. I Nr. 64/2016, lautet auszugweise:
"Nebengebühren
§ 15. ...
(5) Ist die Beamtin oder der Beamte länger als einen Monat
vom Dienst abwesend, ruht die pauschalierte Nebengebühr vom Beginn
des letzten Tages dieser Frist an bis zum Ablauf des letzten Tages
der Abwesenheit vom Dienst. Zeiträume
1. eines Urlaubs, während dessen die Beamtin oder der
Beamte den Anspruch auf Monatsbezüge behält, oder
2. einer Dienstverhinderung auf Grund eines Dienstunfalls oder
3. einer Dienstverhinderung auf Grund einer akuten
psychischen Belastungsreaktion im Zusammenhang mit einem außergewöhnlichen Ereignis im Zuge der Dienstausübung
einschließlich unmittelbar daran anschließender dienstfreier Tage bleiben außer Betracht. Fallen Zeiträume nach Z 1, 2 oder 3 in eine Abwesenheit im Sinne des ersten Satzes, verlängert sich die Monatsfrist oder verkürzt sich der Ruhenszeitraum im entsprechenden Ausmaß.
(5a) Eine Dienstverhinderung auf Grund einer akuten psychischen Belastungsreaktion gemäß Abs. 5 Z 3 wird durch ein außergewöhnliches Ereignis ausgelöst, dem die Beamtin oder der Beamte im Zuge der Dienstausübung ausgesetzt war und das nicht typischerweise mit der Dienstausübung verbunden ist. § 52 BDG 1979 findet mit der Maßgabe Anwendung, dass eine Anordnung der Dienstbehörde, sich einer ärztlichen Untersuchung zur Prüfung des Gesundheitszustandes zu unterziehen, innerhalb von drei Arbeitstagen nach Beginn der Abwesenheit vom Dienst und sodann in Abständen von längstens einer Woche zu erfolgen hat."
19 Zu den hier maßgeblichen Bestimmungen des § 15 Abs. 5 Z 3 und Abs. 5a GehG wird in den Gesetzesmaterialien Folgendes ausgeführt (ErläutRV 1188 BlgNR 25. GP 8):
"Für die Bemessung der Frist, ab wann eine pauschalierte Nebengebühr ruht, sind Zeiträume einer Dienstverhinderung auf Grund einer akuten psychischen Belastungsreaktion im Zusammenhang mit einem außergewöhnlichen Ereignis im Zuge der Dienstausübung irrelevant.
Mit dieser für alle Bundesbediensteten geltenden Regelung soll der Tatsache Rechnung getragen werden, dass auch ganz außergewöhnliche Ereignisse im dienstlichen Zusammenhang zu psychischen Belastungsstörungen führen können, die das Versehen des Dienstes vorübergehend nicht gestatten.
Hier wird auf gewissermaßen einzigartige Ereignisse im dienstlichen Kontext abgestellt, nicht jedoch auf jene Situationen, die beispielsweise der Beruf des Exekutivbediensteten grundsätzlich mit sich bringt, wie etwa das Aufnehmen von Todesfällen.
Die akute Belastungsreaktion ist aus medizinischer Sicht die Folge einer extremen psychischen Belastung, für die der oder die Betroffene keine geeignete Bewältigungsstrategie besitzt.
Häufige Auslöser einer akuten Belastungsreaktion sind u. a. das Erleben von Unfällen oder das Erfahren von Gewalt (wie z. B. das Öffnen eines Kühllastkraftwagens, in dem über 70 verwesende Flüchtlingsleichen, darunter auch Säuglingsleichen, aufgefunden werden; Seilbahnunglück Kaprun; Mord an Rechtspflegerin durch Partei in Hollabrunn in der gerichtlichen Einlaufstelle).
Der Beginn einer akuten Belastungsreaktion setzt üblicherweise mit dem Erleben der belastenden Situation ein. Die Reaktion dauert Stunden bis Tage, in seltenen Fällen Wochen. In der nachfolgenden Verarbeitungsphase verändern sich die Beschwerden, nehmen normalerweise im Verlauf der Verarbeitung ab und verschwinden üblicherweise völlig.
Der Verweis auf § 52 BDG 1979 soll eine amts- und fachärztliche Betreuung sicherstellen, die die Genesung der bzw. des Bediensteten befördern und damit letztlich die Dienstfähigkeit erhalten soll."
20 Das Bundesverwaltungsgericht ging fallbezogen vom Vorliegen der Voraussetzungen nach § 15 Abs. 5 Z 3 sowie Abs. 5a GehG aus und stellte aus diesem Grund in Abänderung des Spruchs des dienstbehördlichen Bescheides fest, dass während des in Rede stehenden Zeitraumes die dem Mitbeteiligten zustehenden pauschalierten Nebengebühren nicht ruhten. Es gelingt der Revision nicht aufzuzeigen, inwiefern im Zusammenhang mit dieser Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsgerichts eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen wäre.
21 Bei der Entscheidung über einen Anspruch auf pauschalierte Nebengebühren handelt es sich um einen zeitraumbezogenen Abspruch (VwGH 19.3.2003, 2002/12/0299). Für einen solchen ist grundsätzlich die Rechtslage im zu beurteilenden Zeitraum maßgeblich (vgl. hiezu etwa VwGH 9.9.2016, Ro 2015/12/0025, m. w.H.). § 15 Abs. 5 Z 3 GehG ist nach diesen Grundsätzen im hier strittigen Zeitraum anzuwenden, auch wenn das "außergewöhnliche Ereignis" vor seinem Inkrafttreten stattgefunden hat. Abweichender oder ergänzender Leitlinien zur vorzitierten Judikatur bedarf es vor dem Hintergrund der konkret zu beurteilenden Norm nicht.
22 Beizupflichten ist dem Gericht vielmehr insofern, als die Bestimmungen des § 15 Abs. 5 Z 3 und Abs. 5a GehG nach ihrem klaren Wortlaut keine Einschränkung des zeitlichen Bedingungsbereichs der Norm dahingehend enthalten, dass akute psychische Belastungsreaktionen, die auf vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 64/2016 eingetretene außergewöhnliche Ereignisse zurückzuführen sind, vom Anwendungsbereich des § 15 Abs. 5 Z 3 GehG nicht umfasst wären. Es ist vielmehr im Sinn der vorzitierten Rechtsprechung davon auszugehen, dass hinsichtlich des Beginns des zeitlichen Anwendungsbereichs der genannten Bestimmungen an das Vorliegen einer akuten psychischen Belastungsreaktion (und nicht auch - als zu dieser hinzutretendes Element - an das Eintreten eines außergewöhnlichen Ereignisses) angeknüpft wird und daher (unabhängig vom Zeitpunkt des Auftretens des außergewöhnlichen Ereignisses) jene akuten psychischen Belastungsreaktionen in den zeitlichen Bedingungsbereich des § 15 Abs. 5 Z 3 GehG fallen, die - wie im vorliegenden Fall - nach dem Inkrafttreten der maßgeblichen Bestimmungen vorgelegen bzw. nach diesem Zeitpunkt aufgetreten sind.
23 Dafür spricht auch der Gedanke der besonderen Fürsorge des Dienstgebers, der Hintergrund der in § 15 Abs. 5 Z 3 und Abs. 5a GehG mit dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 64/2016 neu geschaffenen Regelungen zu sein scheint (zur besonderen Fürsorge des Dienstgebers als Grund für die gesetzgeberische Entscheidung, in § 15 GehG eine für Dienstunfälle begünstigende Bestimmung zu schaffen, siehe VwGH 19.3.2003, 2002/12/0299). Es wäre nicht nachvollziehbar, weshalb der Gesetzgeber gezielt im Wege des zeitlichen Anwendungsbereiches gerade jene - notwendiger Weise vor Inkrafttreten der maßgeblichen Bestimmungen eingetretenen - konkreten Ereignisse vom Anwendungsbereich des § 15 Abs. 5 Z 3 GehG ausschließen sollte, die in den Materialien beispielhaft aufgezählt wurden (nämlich u.a. das in Rede stehende Seilbahnunglück). Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass es insbesondere die in den Gesetzesmaterialien angeführten Vorkommnisse waren, die Anlass für die Entscheidung des Gesetzgebers gaben, im Fall von (aus eben solchen Ereignissen resultierenden) akuten psychischen Belastungsreaktionen eine finanzielle "Abfederung" in Verbindung mit einer medizinischen Betreuung sicherzustellen.
24 Vor diesem Hintergrund ergibt sich daher aus der eindeutigen Rechtslage in Verbindung mit der dargestellten ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, dass bei Beurteilung des in Rede stehenden zeitraumbezogenen Anspruches nicht jene psychischen Belastungsstörungen vom Anwendungsbereich des § 15 Abs. 5 Z 3 GehG auszuschließen sind, die auf Ereignisse zurückzuführen sind, die bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 64/2016 eingetreten sind.
25 Nicht zutreffend ist zudem die in der Amtsrevision vertretene Ansicht, wonach sich aus den Wortfolgen "im Zusammenhang mit einem außergewöhnlichen Ereignis" sowie "akut" ergebe, dass notwendiger Weise ein mehr als ein Jahrzehnt zurückliegendes Ereignis nicht als außergewöhnliches Ereignis im Sinne von § 15 Abs. 5 Z 3 GehG zu qualifizieren sei. Dies folgt schon aus dem insofern eindeutigen Wortlaut der zuletzt zitierten Passagen des Gesetzestextes, aus denen für die in der Revision vertretene einschränkende Auslegung der Bestimmung nichts zu gewinnen ist.
26 Dass die Beurteilung des Verwaltungsgerichts, welches im Hinblick auf die festgestellte "posttraumatische Belastungsstörung" vom Vorliegen der Voraussetzungen nach § 15 Abs. 5 Z 3 GehG ausging, aus anderen Gründen unzutreffend wäre, legt die allein maßgebliche Zulassungsbegründung nicht dar.
27 Aus den dargelegten Erwägungen erweist sich die Revision mangels Vorliegens der Voraussetzungen nach Art. 133 Abs. 4 B-VG als nicht zur Behandlung geeignet. Sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 3 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht-öffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
28 Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013.
Wien, am 10. Dezember 2018
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018120024.L00Im RIS seit
25.01.2019Zuletzt aktualisiert am
01.02.2019