TE Vwgh Beschluss 2018/12/19 Ra 2016/06/0143

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.12.2018
beobachten
merken

Index

L80008 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Vorarlberg;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

B-VG Art133 Abs4;
RPG Vlbg 1996 §16;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Dr. Bayjones und Mag.a Merl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber, BA, über die Revision der A GmbH in L, vertreten durch Dr. Karl Schelling, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, Schulgasse 22, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 3. Oktober 2016, Zl. LVwG-302-8/2016-R9, betreffend Bewilligungen von Ferienwohnungen (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeindevertretung der Gemeinde Schröcken; weitere Partei: Vorarlberger Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die Revisionswerberin ist Alleineigentümerin der Gst. Nr. .X, Y/1, Y/2 und Z, alle GB S. Auf dem Gst. Nr. .X befindet sich ein Hotel, auf den übrigen Liegenschaften soll eine Ferienappartementanlage mit 70 Wohnungen errichtet werden.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg (LVwG) der Beschwerde gegen den im innergemeindlichen Instanzenzug ergangenen Bescheid, mit dem der Antrag der Revisionswerberin auf Erteilung einer Ferienwohnungsbewilligung gemäß § 16 Abs. 1 oder 4 RPG als unzulässig zurückgewiesen worden war, keine Folge und bestätigte den Bescheid der Behörde mit der Maßgabe, dass die Anträge der Revisionswerberin gemäß § 16 Abs. 1 erster und zweiter Satz, Abs. 4 und 4a (Vorarlberger) Raumplanungsgesetz, RPG, LGBl. Nr. 39/1996 in der Fassung LGBl. Nr. 43/1999 und Nr. 33/2005, als unzulässig zurückgewiesen wurden.

3 In der Begründung führte das LVwG nach Darstellung des Verfahrensganges und von Rechtsvorschriften aus, die beiden verfahrenseinleitenden Anträge der Revisionswerberin seien nicht nach jener Rechtslage zu beurteilen, die im Zeitpunkt ihrer Einbringung gegolten hätten, sondern nach der neuen, seit 13. Mai 2015 geltenden Rechtslage (Hinweis auf VwGH 27.7.2016, Ra 2016/06/0003, zur RPG-Novelle LGBl. Nr. 22/2015). Eine andere Betrachtungsweise wäre nur geboten, wenn der Gesetzgeber der RPG-Novelle LGBl. Nr. 22/2015 in einer Übergangsbestimmung zum Ausdruck gebracht hätte, dass auf anhängige Verfahren noch das bisher geltende Gesetz anzuwenden sei. Dies sei jedoch nicht der Fall (wird näher ausgeführt). Aufgrund der vom LVwG anzuwendenden neuen Rechtslage sei daher auf die von der Revisionswerberin zur alten Rechtslage eingewendeten Widersprüche zum Unionsrecht und deren Konsequenzen für die Anwendung der betreffenden Bestimmungen nicht näher einzugehen.

4 Es sei nicht zu erkennen, dass das LVwG vom Grundsatz, es habe seine Entscheidung an der zu diesem Zeitpunkt maßgeblichen Rechtslage auszurichten, im vorliegenden Fall aus europarechtlichen Erwägungen abweichen müsse (wird näher ausgeführt).

5 Mit den Änderungen des § 16 RPG durch die RPG-Novelle LGBl. Nr. 22/2015 seien die Bewilligungstatbestände nach § 16 Abs. 1 erster und zweiter Satz, Abs. 4 und 4a RPG (alt), auf die sich die verfahrenseinleitenden Anträge stützten, ersatzlos entfallen. Die neuen Bewilligungstatbestände nach § 16 Abs. 4 RPG in der Fassung LGBl. Nr. 22/2015 enthielten keine mit § 16 Abs. 1 erster und zweiter Satz, Abs. 4 und 4a RPG (alt) vergleichbaren Tatbestände.

Da die Rechtsgrundlagen für die ausdrücklich auf § 16 Abs. 1, 4 und 4a RPG (alt) gestützten Bewilligungsanträge weggefallen seien, seien die Anträge im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aus diesem Grund unzulässig (geworden) und demnach zurückzuweisen (Hinweis auf VwGH 31.10.2014, Ra 2014/08/0036).

6 Das LVwG habe nach § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der Sachverhalt feststehe. Somit sei unerheblich, dass die Behörde ihre Entscheidung lediglich auf § 16 Abs. 1 zweiter Satz RPG und nicht auch auf § 16 Abs. 1 erster Satz, Abs. 4 und 4a RPG (jeweils alte Rechtslage) gestützt habe (Hinweis auf die im Spruch enthaltene Maßgaberegelung sowie auf VwGH 21.10.2014, Ro 2014/03/0076).

7 Dem Beschwerdevorbringen, die Anträge hätten auch bei Anwendung der neuen Rechtslage (§ 16 Abs. 4 lit. c RPG) bewilligt werden müssen, sei entgegen zu halten, dass sich die Anträge explizit - siehe dazu den jeweiligen Hinweis auf § 16 Abs. 1, 4 und 4a RPG (alt) - auf die alte Rechtslage stützten und die neuen Bewilligungstatbestände keine vergleichbaren Tatbestände enthielten.

8 Eine ordentliche Revision wurde für nicht zulässig erklärt. 9 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende

außerordentliche Revision mit dem Antrag ein "Vorabentscheidungsersuchen beim EuGH in Luxemburg" zu näher dargestellten Fragen einzuleiten bzw. in Stattgebung der Revision das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts im Sinne der Erteilung einer Ferienwohnungsberechtigung für das gesamte Gebäude auf Gst. Nr. .X, GB S, insbesondere nach § 16 Abs. 4 RPG, und für die geplanten Gebäude auf den Gst. Nr. Y/1, Y/2 und Z, alle GB S, insbesondere nach § 16 Abs. 1 erster Satz oder aber nach § 16 Abs. 4 RPG, abzuändern, in eventu aufzuheben.

10 Die Vorarlberger Landesregierung erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die Zurück-, in eventu Abweisung der Revision beantragte.

11 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

12 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

13 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

14 In der Zulässigkeitsbegründung macht die Revisionswerberin geltend, dass das LVwG unzutreffender Weise vom Fehlen eines Auslandsbezugs, der zur Anwendung des Unionsrechts führen müsste, ausgegangen sei, zu Unrecht das RPG in seiner im Zeitpunkt der Entscheidung des LVwG geltenden Fassung LGBl. Nr. 22/2015 angewendet habe und überdies selbst für den Fall der Anwendbarkeit des RPG in dieser Fassung die Frage der Unionsrechtskonformität falsch gelöst habe.

15 Mit diesem Vorbringen wird keine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt:

Zu der Frage, welche Rechtslage anzuwenden ist, ist gemäß § 43 Abs. 2 und 9 VwGG auf die Beschlüsse VwGH 27.7.2016, Ra 2016/06/0003, und 25.1.2018, Ra 2017/06/0251, zu verweisen. Soweit in der Zulässigkeitsbegründung ein Abgehen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes insofern behauptet wird, als das LVwG von der Entscheidung VwGH 27.7.2016, Ra 2016/03/0003, abgewichen sei, ist darauf zu verweisen, dass in der genannten Entscheidung im Hinblick auf den fehlenden Auslandsbezug nicht auf die geltend gemachten unionsrechtlichen Bedenken einzugehen war.

Im vorliegenden Fall kann aber dahingestellt bleiben, ob die in der Zulässigkeitsbegründung zugrunde gelegte Annahme, dass im Hinblick auf "mittlerweile eingetretene" Änderungen in den Eigentumsverhältnissen der revisionswerbenden GmbH Unionsrecht anwendbar sei, tatsächlich fallbezogen relevant ist (oder im Hinblick darauf, dass sich das Vorbringen damit von dem vom LVwG festgestellten Sachverhalt entfernt, gegebenenfalls dem Neuerungsverbot unterläge).

Soweit die Revisionswerberin nämlich das Fehlen einer Rechtsprechung zu der behaupteten Unionsrechtswidrigkeit der Beschränkungen für Ferienwohnungsnutzungen ins Treffen führt, deckt sich dieses Zulässigkeitsvorbringen inhaltlich mit jenem, das in der mit hg. Beschluss VwGH 25.1.2018, Ra 2017/06/0251, zurückgewiesenen Revision vorgetragen wurde. Auch insofern ist gemäß § 43 Abs. 2 und 9 VwGG auf die Begründung für die Zurückweisung mit dem genannten Beschluss (vgl. insbesondere Rn 7) zu verweisen. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 18.6.2014, Ra 2014/20/0002, ausgeführt hat, ist für die Beurteilung der Zulässigkeit einer Revision der Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes maßgeblich. In dem zitierten Beschluss vom 25.1.2018 ist der Verwaltungsgerichtshof auch schon auf die in der Revision behauptete "rückwirkende Anwendung" der geltenden Rechtslage eingegangen. Es erübrigt sich aus den dort genannten Gründen eine Antragstellung an den EuGH unter diesem Aspekt.

Mit dem Vorbringen betreffend das Unionsrecht wird somit ebenfalls keine grundsätzliche Rechtsfrage aufgezeigt.

16 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 19. Dezember 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2016060143.L00

Im RIS seit

25.01.2019

Zuletzt aktualisiert am

01.02.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten