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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
BFA-VG 2014 §21 Abs7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie den Hofrat Mag. Nedwed und die Hofrätin MMag. Ginthör als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Wuketich, über die Revision des L T, vertreten durch Dr. Farid Rifaat, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schmerlingplatz 3, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 31. Oktober 2018, Zl. W192 1436011- 2/6E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger von Georgien, stellte am 25. Oktober 2012 einen Antrag auf internationalen Schutz, der rechtskräftig abgewiesen wurde.
2 Am 15. Februar 2017 stellte der Revisionswerber den gegenständlichen Folgeantrag. Er brachte vor, der im Erstverfahren angegebene Fluchtgrund habe nicht der Wahrheit entsprochen. Die Wahrheit sei, dass er in seinem Herkunftsstaat Zeuge eines Mordes geworden sei und von der Polizei zu Unrecht der (Mit-)Täterschaft beschuldigt werde. Im Falle der Rückkehr habe er (vor allem) Angst vor den Angehörigen des Ermordeten und befürchte, entweder getötet zu werden oder in eine Situation zu kommen, jemanden zu töten.
3 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wies diesen Antrag mit Bescheid vom 24. April 2017 ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel gemäß
4 § 57 Asylgesetz 2005, erließ eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass die Abschiebung des Revisionswerbers nach Georgien zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.
5 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab und erklärte die Revision für nicht zulässig.
6 Begründend folgte es der Einschätzung des BFA, wonach das Fluchtvorbringen des Revisionswerbers nicht glaubhaft sei und im Übrigen keinen Konnex zu einem Konventionsgrund aufweise. Zum subsidiären Schutz führte das BVwG aus, der Heimatort des Revisionswerbers liege zwar im Grenzgebiet zu dem
7 unter der Kontrolle der Russischen Föderation stehenden Territorium von Südossetien. Soweit der Revisionswerber deshalb Sicherheitsbedenken habe, finde er - unabhängig von einer abschließenden Beurteilung der Sicherheits- und Versorgungssituation in seinem Heimatort - jedenfalls in der georgischen Hauptstadt Tiflis eine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative vor.
8 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die sich in der Zulassungsbegründung gegen die Beweiswürdigung des BVwG wendet und die Auffassung vertritt, die Glaubwürdigkeit des Revisionswerbers "sei nicht in Frage zu stellen". Auch sei dem BVwG eine Verletzung der Verhandlungspflicht anzulasten. Das BFA habe keine ordnungsgemäße Vernehmung durchgeführt und nur sehr allgemein gehaltene Fragen an den Revisionswerber gestellt. Somit habe das BVwG auch nicht davon ausgehen dürfen, dass das BFA den entscheidungswesentlichen Sachverhalt vollständig ermittelt habe, womit die Voraussetzungen für ein Absehen von der mündlichen Verhandlung nicht gegeben gewesen seien. Das BVwG sei auch insoweit von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, als es sich auf veraltete Länderfeststellungen stütze. Der Revisionswerber fürchte, im Falle der Rückkehr den Übergriffen der georgischen Sicherheitsbehörden ausgesetzt zu sein. Die relevanten Passagen der Länderfeststellungen des BVwG zum Verhalten der georgischen Sicherheitsbehörden stammten jedoch vom März 2016. Wenn das BVwG den Revisionswerber auf eine innerstaatliche Fluchtalternative in Tiflis verweise, sei zu beachten, dass der Revisionswerber den fälschlichen Anschuldigungen der Sicherheitsbehörden auch in Tiflis ausgesetzt sei und die Verwandten des Getöteten ihn auch dort finden könnten.
9 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:
Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Hat das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Fall - im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht zulässig ist, muss die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.
Der Verwaltungsgerichtshof ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden. Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß § 34 Abs. 1a VwGG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe zu überprüfen. Liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG danach nicht vor, ist die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
10 Im vorliegenden Fall gelingt es der Revision nicht aufzuzeigen, dass das BVwG unter Bedachtnahme auf § 21 Abs. 7 BFA-VG und die dazu ergangene ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu grundlegend VwGH 28.5.2014, Ra 2014/20/0017, 0018) eine mündliche Verhandlung hätte durchführen müssen. Die Revision führt zwar richtig aus, dass ein Absehen von der mündlichen Verhandlung unter anderem voraussetzt, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt vom BFA vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden ist. Der Revision vermag aber nicht darzulegen, dass diesem Erfordernis im gegenständlichen Fall nicht entsprochen worden wäre, zumal ihre Behauptung, das BFA habe eine mangelhafte Einvernahme durchgeführt, weder näher präzisiert wird noch in den vorliegenden Akten Deckung findet.
11 Soweit die Revision die Beweiswürdigung des BVwG bekämpft, reicht es darauf hinzuweisen, dass eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung in diesem Zusammenhang nur dann vorliegen könnte, wenn das BVwG die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. dazu aus jüngerer Zeit etwa VwGH 06.09.2018, Ra 2018/18/0202, mwN). Derartiges zeigt die Revision nicht auf.
12 Angesichts der mangelnden Glaubhaftmachung des behaupteten Fluchtgrundes kommt es auf die Aktualität der Länderberichte "zum Verhalten der georgischen Sicherheitsbehörden" im Falle der Rückkehr des Revisionswerbers in seinen Herkunftsstaat nicht an, weshalb auf dieses Revisionsvorbringen nicht weiter eingegangen werden muss. Auch die Revisionsausführungen zur fehlenden innerstaatlichen Fluchtalternative entfernen sich vom festgestellten Sachverhalt, wonach die Verfolgung des Revisionswerbers sowohl durch die georgischen Sicherheitsbehörden als auch durch die Angehörigen des Ermordeten nicht glaubhaft sei.
13 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 11. Jänner 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019180001.L00Im RIS seit
29.01.2019Zuletzt aktualisiert am
19.02.2019