TE OGH 2018/12/19 13Os132/18p

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Veröffentlicht am 19.12.2018
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Der Oberste Gerichtshof hat am 19. Dezember 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Sischka als Schriftführer in der Strafsache gegen Daniel W***** und einen anderen Angeklagten wegen Vergehen der mittelbaren unrichtigen Beurkundung oder Beglaubigung nach § 228 Abs 1 StGB, AZ 78 Hv 38/17p des Landesgerichts Klagenfurt, über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil dieses Gerichts vom 21. März 2017 (ON 33) erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Leitner, und des Verteidigers Mag. Sommer zu Recht erkannt:

Spruch

In der Strafsache AZ 78 Hv 38/17p des Landesgerichts Klagenfurt verletzt das Urteil vom 21. März 2017 (ON 33) § 228 Abs 1 StGB.

Dieses Urteil wird aufgehoben und es wird in der Sache selbst erkannt:

Martin S***** wird gemäß § 259 Z 3 StPO von dem wider ihn erhobenen Vorwurf freigesprochen, er habe durch Verschweigen, dass der Vorbesitzer Ing. Egon E***** (nach wie vor) im Besitz des Typenscheins eines streitverfangenen Baggers der Marke Takeuchi, Type TB 175 W, Seriennummer *****, ist, bewirkt, dass gutgläubig Tatsachen in inländischen öffentlichen Urkunden unrichtig beurkundet wurden, wobei er mit dem Vorsatz handelte, dass die Urkunden im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechts, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden, und zwar

1) am 23. September 2014 in S***** im Zuge der Ausstellung einer Verlustbescheinigung über den genannten Typenschein durch den Bürgermeister der Gemeinde S*****, Wolfgang K*****, sowie

2) am 24. September 2014 in S***** im Zuge der Ausstellung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung für die Neuausstellung eines Einzelgenehmigungs-Duplikats für die genannte Arbeitsmaschine durch den Mitarbeiter der Bezirkshauptmannschaft S***** N. C*****.

Text

Gründe:

Mit sogleich in Rechtskraft erwachsenem Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 21. März 2017 (ON 33) wurde Martin S***** wegen der aus dem Spruch ersichtlichen Taten mehrerer Vergehen der mittelbaren unrichtigen Beurkundung oder Beglaubigung nach § 228 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Rechtliche Beurteilung

Wie die Generalprokuratur in ihrer gemäß § 23 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend ausführt, stehen die Schuldsprüche mit dem Gesetz nicht im Einklang:

§ 228 StGB dient dem Schutz inländischer öffentlicher Urkunden sowie inländischer öffentlicher Beglaubigungszeichen vor unrichtiger Beurkundung. Beurkundet werden die den Zweck der Errichtung bildenden Tatsachen, die den jeweils maßgebenden Vorschriften zu entnehmen sind („errichtungsbezogener Wahrheitsschutz“; vgl RIS-Justiz RS0129941, RS0112902, RS0119212; Leukauf/Steininger/Tipold, StGB4 § 228 Rz 5a; Kienapfel/Schroll in WK2 StGB § 228 Rz 16; Kienapfel/Schmoller StudB BT III2 § 228 Rz 2, 14, 16, 18 ff).

Demnach muss der Täter im ersten Fall des § 228 Abs 1 StGB bewirken, dass eine im Errichtungszweck der Urkunde gelegene Tatsache gutgläubig unrichtig beurkundet wird. Keine mittelbare unrichtige Beurkundung liegt dagegen vor, wenn die (richtige) Tatsache einer vor einer Behörde abgegebenen, inhaltlich falschen Erklärung beurkundet wird, außer es kommt auf die inhaltliche Richtigkeit der in der Urkunde verkörperten Erklärung an (Fabrizy, StGB4 § 228 Rz 4; Leukauf/Steininger/Tipold, StGB4 § 228 Rz 5a; Kienapfel/Schroll WK2 StGB § 228 Rz 17 ff).

Davon ausgehend hätte keiner der Sachverhalte § 228 Abs 1 StGB unterstellt werden dürfen.

Im Fall der Verlustbescheinigung wurde durch den Bürgermeister keine unrichtige, sondern die (richtige) Tatsache der Erklärung des Martin S***** beurkundet, der im Schuldspruch näher bezeichnete Typenschein sei in Verlust geraten (vgl dazu S 33 in ON 5 in ON 8).

Entsprechendes gilt für die Ausstellung der sogenannten Unbedenklichkeitsbestätigung (vgl dazu S 35 in ON 5 in ON 8) nach dem KFG:

§ 30 Abs 5 KFG regelt für den Fall der Glaubhaftmachung des Verlusts die Voraussetzungen zur Ausstellung eines neuen Typenscheins durch den zur Erzeugung der Type des Fahrzeugs Berechtigten, die in bestimmten Fällen auch die Zustimmung der Behörde voraussetzt, in deren Sprengel das Fahrzeug zugelassen ist oder zuletzt zugelassen war. Deren Prüfungskompetenz erschöpft sich aber in der Beurteilung, ob „keine Bedenken dagegen bestehen, dass nach dem Fahrzeug nicht als gestohlen gefahndet wird“ (vgl dazu den dritten Satz des § 30 Abs 5 KFG, „Diese hat die Zustimmung zu erteilen“ …).

Da sich der aufgezeigte Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auswirkte, sah sich der Oberste Gerichtshof veranlasst, die Feststellung der Gesetzesverletzung auf die im Spruch ersichtliche Weise mit konkreter Wirkung zu verknüpfen (§ 292 letzter Satz StPO).

Vom aufgehobenen Urteil rechtslogisch abhängige Entscheidungen und Verfügungen gelten damit gleichermaßen als beseitigt (RIS-Justiz RS0100444).

Textnummer

E123857

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:0130OS00132.18P.1219.000

Im RIS seit

30.01.2019

Zuletzt aktualisiert am

07.08.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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