Index
E6J;Norm
62017CJ0240 E VORAB;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Eraslan, über die Revision des Y M in H, vertreten durch Dr. Astrid Wagner, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Himmelpfortgasse 10, gegen das am 29. Jänner 2018 mündlich verkündete und mit 15. Juni 2018 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes, G311 2181140-1/10E, betreffend (insbesondere) Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines befristeten Einreiseverbotes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber ist kosovarischer Staatsangehöriger. Im April 2017 wurde er wegen eines 2009 in Österreich begangenen schweren Raubes aus der Schweiz, wo er zuletzt mit seiner Ehefrau und dem gemeinsamen, 2016 geborenen Sohn gelebt hatte, nach Österreich ausgeliefert. Hier wurde er dann mit Urteil des Landesgerichtes Leoben vom 7. August 2017 rechtskräftig nach den §§ 142 Abs. 1 und 143 Abs. 1 zweiter Fall StGB zu einer sechsjährigen Freiheitsstrafe verurteilt, die er derzeit in der Justizanstalt Hirtenberg verbüßt.
2 Mit Bescheid vom 28. November 2017 sprach das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) in der Folge aus, dass dem Revisionswerber ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt werde. Unter einem erließ das BFA gegen den Revisionswerber eine Rückkehrentscheidung sowie gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein zehnjähriges Einreiseverbot und stellte fest, dass die Abschiebung des Revisionswerbers in den Kosovo zulässig sei; schließlich wurde "einer allfälligen Beschwerde" die aufschiebende Wirkung aberkannt.
3 Mit am 29. Jänner 2018 mündlich verkündetem und mit 15. Juni 2018 schriftlich ausgefertigtem Erkenntnis gab das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) der gegen den genannten Bescheid erhobenen Beschwerde nur insoweit Folge, als es die Dauer des Einreiseverbotes auf sechs Jahre reduzierte; im Übrigen wurde die Beschwerde abgewiesen. Außerdem sprach das BVwG aus, dass eine Revision gemäß Abs. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
4 Nach der genannten Verfassungsbestimmung ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision unter dem genannten Gesichtspunkt nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).
6 In dieser Hinsicht macht der Revisionswerber in der nach Ablehnung der Behandlung seiner an den Verfassungsgerichtshof erhobenen und von diesem an den Verwaltungsgerichtshof abgetretenen Beschwerde (VfGH 24.9.2018, E 2913/2018-6) ausgeführten gegenständlichen außerordentlichen Revision geltend, es fehle Rechtsprechung "zur Anwendung eines Einreiseverbotes für den gesamten Schengenraum bei Vorliegen von humanitären Gründen in der Schweiz". Dazu führt er aus, es lägen massive familiäre private Bezugspunkte in die Schweiz und in die Mitgliedstaaten der EU vor, sodass "eine Abschiebung in den Kosovo" unter dem Blickwinkel des damit verbundenen Eingriffs in sein Privat- und Familienleben gemäß § 9 BFA-VG unzulässig sei.
7 Dem ist zu entgegnen, dass Bindungen in einen anderen "Schengen-Staat" der Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbotes durch Österreich nicht grundsätzlich im Wege stehen. Das gilt insbesondere auch aus unionsrechtlichem Blickwinkel, und zwar sogar dann, wenn der Fremde über einen Aufenthaltstitel des anderen "Schengen-Staates" verfügt (siehe zu einer derartigen Konstellation und den sich aus Art. 25 SDÜ ergebenden Implikationen EuGH 16.1.2018, E, C-240/17). Den erwähnten familiären Bindungen ist freilich dadurch Rechnung zu tragen, dass die bei Erlassung einer Rückkehrentscheidung sowie eines Einreiseverbotes zu beantwortende Frage nach einem - zulässigen - Eingriff in das Privat- oder Familienleben des Drittstaatsangehörigen nicht allein im Hinblick auf seine Verhältnisse in Österreich beurteilt werden darf, sondern dass auch die Situation in dem anderen "Schengen-Staat" in den Blick zu nehmen ist (siehe aus jüngerer Zeit VwGH 3.7.2018, Ro 2018/21/0007, Rn. 10, mit Hinweis auf das grundlegende Erkenntnis VwGH 15.12.2011, 2011/21/0237, VwSlg. 18.295 A, Punkt 3. der Entscheidungsgründe).
8 Der eben erwähnten Anforderung hat das BVwG im angefochtenen Erkenntnis Rechnung getragen; es berücksichtigte die auch in der Revision angesprochenen familiären und privaten Bindungen des Revisionswerbers, insbesondere den Umstand, dass er seit 2009, zuletzt auf Basis eines bis Juni 2017 gültigen Aufenthaltstitels, mit seiner Ehefrau (Eheschließung 29. Mai 2015) und dem (2016 geborenen) gemeinsamen Sohn, beide Schweizer Staatsangehörige, in der Schweiz lebte. Es räumte ein, dass davon ausgehend mit den erlassenen aufenthaltsbeendenden Maßnahmen ein erheblicher Eingriff in das Privat- und Familienleben des Revisionswerbers verbunden sei, ging jedoch davon aus, dass angesichts der - näher dargestellten - Tatumstände und Schwere der vom Revisionswerber begangenen Straftat die öffentlichen Interessen an der Erlassung von Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot überwögen.
9 Diese Beurteilung erfolgte auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage und wurde in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen, sodass sie sich als nicht revisibel erweist (vgl. für viele etwa VwGH 3.7.2018, Ra 2018/21/0050, Rn. 8, mwN).
10 Die Revision war daher mangels Aufzeigens einer grundsätzlichen Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Wien, am 20. Dezember 2018
Gerichtsentscheidung
EuGH 62017CJ0240 E VORABEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018210236.L00Im RIS seit
25.01.2019Zuletzt aktualisiert am
04.02.2019