TE Vwgh Erkenntnis 2018/12/21 Ra 2018/12/0051

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Veröffentlicht am 21.12.2018
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;
64/05 Sonstiges besonderes Dienstrecht und Besoldungsrecht;

Norm

AVG §56;
AVG §8 impl;
BDG 1979 §38;
BDG 1979 §40 Abs2;
RStDG §188;
RStDG §205 Abs1;
RStDG §205 Abs3;
VwGG §42 Abs4;
VwGVG 2014 §17;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens, Hofrat Dr. Thoma, sowie die Hofrätinnen Mag.a Nussbaumer-Hinterauer, MMag. Ginthör und Dr. Koprivnikar als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz, vertreten durch die Finanzprokuratur, in 1011 Wien, Singerstraße 17-19, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 2. August 2018, W129 2159261-1/28E, betreffend eine Personalmaßnahme gemäß § 40 Abs. 2 iVm. § 38 BDG 1979 (mitbeteiligte Partei: Dr. W K in W, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5),

Spruch

I. zu Recht erkannt:

Gemäß § 42 Abs. 4 VwGG wird das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes dahin abgeändert, dass die Beschwerde des Mitbeteiligten gegen den vierten Spruchpunkt des Bescheides des Bundesministers für Justiz vom 4. April 2017 gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG abgewiesen wird.

II. den

Beschluss

gefasst:

Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

III. Ein Aufwandersatz findet nicht statt.

Begründung

1 Der Mitbeteiligte steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er wurde mit Entschließung des Bundespräsidenten vom 25. Mai 2010 mit Wirkung vom 1. Juni 2010 auf die mit der Funktion der Leitung der Abteilung Pr 1 des (damaligen) Bundesministeriums für Justiz verbundene Planstelle eines Leitenden Staatsanwaltes im (damaligen) Bundesministerium für Justiz ernannt.

2 Mit Bescheid des (damaligen) Bundesministers für Justiz vom 4. April 2017 wurde mit Spruchpunkt 1. verfügt, dass der Mitbeteiligte gemäß § 40 Abs. 2 iVm. § 38 Beamtendienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979) von der Funktion des Leiters der Abteilung Pr 1 alt abberufen und mit der Funktion eines Referenten in der Abteilung III 8 neu (Arbeitsplatz ..., Arbeitsplatzwertigkeit A1/2, aufgrund ad-personam-Bewertung durch das Bundeskanzleramt jedoch A1/6) betraut werde. Zudem wurde festgestellt, dass der Mitbeteiligte die maßgebenden Gründe für seine qualifizierte Verwendungsänderung nicht selbst zu vertreten habe (Spruchpunkt 2.) und dass die Verwendungsänderung keine Auswirkungen auf die besoldungsrechtliche Stellung des Mitbeteiligten habe (Spruchpunkt 3.). Der Antrag des Mitbeteiligten auf Feststellung der (Un-)Rechtmäßigkeit der Nichtbetrauung seiner Person mit der Leitung der Abteilung III 1 neu wurde zurückgewiesen (Spruchpunkt 4.).

3 Der gegen Spruchpunkt 1. und 4. vom Mitbeteiligten erhobenen Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht (BVwG) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung Folge gegeben und der gesamte Bescheid gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

4 Das BVwG stellte fest, dass durch das Strafvollzugsreorganisationsgesetz 2014 mit Wirksamkeit vom 1. Juli 2015 die Generaldirektion für den Strafvollzug und den Vollzug freiheitsentziehender Maßnahmen als Sektion II (neu) im Bundesministerium für Justiz eingerichtet worden sei. Die Abteilung Pr 1 (alt) habe die Zuständigkeit für die Personalangelegenheiten der Sektion II neu erhalten. Mit Wirksamkeit 1. Dezember 2015 sei eine Reorganisation der Zentralstelle erfolgt sowie in der neuen Geschäfts- und Personaleinteilung der Zentralstelle die bisherige Präsidialsektion sowie die Sektion III alt (Personal) zu einer neuen Sektion III (Präsidialsektion) zusammengeführt worden. Dabei habe die Abteilung III 1 (neu) sämtliche Aufgabenbereiche der Abteilung Pr 1 (alt) übernommen, ein Teil der Agenden der aufgelösten Abteilung Pr 3 alt (Öffentlichkeitsarbeit, Bürgerservice und Statistik) seien von der Abt. III 1 neu übernommen worden. In Umsetzung der Reorganisationsmaßnahmen seien die Leitung der Sektion III neu (Präsidialsektion) ausgeschrieben worden, ebenso die Leitungen der Abteilungen III 1 neu, III 3 neu, III 5 neu, III 6 neu, III 7 neu und III 8 neu sowie die Leitung der Stabstelle für Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit. Um die mit der Funktion der Leitung der Abteilung III 1 neu verbundene Planstelle eines Leitenden Staatsanwaltes hätten sich insgesamt vier Personen beworben, darunter der Mitbeteiligte. Am 30. Oktober 2015 habe die ständige Personalkommission beim Bundesministerium für Justiz hinsichtlich der genannten Planstelle einen gereihten Besetzungsvorschlag an den Bundesminister erstattet, wobei der Mitbeteiligte an erster Stelle gereiht und ihm ein "wesentlicher Eignungsvorsprung" attestiert worden sei. Aus diesem Gutachten der Personalkommission wurden in der Folge die den Mitbeteiligten betreffenden Passagen wörtlich wiedergegeben. Am 27. November 2015 habe der Bundesminister auf eigenen Wunsch ein kommissionelles Hearing mit den Bewerbern um die Planstelle durchgeführt. Als Kommissionsmitglieder habe der Bundesminister für Justiz - neben seiner eigenen Person - seinen Chauffeur, den Leiter der Amtswirtschaftsstelle, den Vertreter des Leiters der Amtswirtschaftsstelle, den Sektionsleiter der Sektion III neu, eine Vertreterin des Dienststellenausschusses, die Kontaktfrau (Frauenbeauftragte) des Ministeriums sowie ein Mitglied des Kabinetts eingesetzt. Die vom Minister gewählte Zusammensetzung der Kommission sei im Bundesministerium für Justiz in personeller Sicht "überraschend, unüblich, seltsam und somit auffällig". Dieses Hearing sei das einzige gewesen, welches vom Bundesminister im Zusammenhang mit zehn im Herbst 2015 ausgeschriebenen Leitungsfunktionen durchgeführt worden sei. Bei diesem Hearing habe es eine "merkwürdige, nicht freundliche bzw. an eine Prüfungssituation gemahnende Stimmung zu Lasten des" Mitbeteiligten gegeben. Es seien bereits länger andauernde Probleme der zur Abteilung Pr 1 (alt) ressortierenden Amtswirtschaftsstelle erörtert worden, wobei der Mitbeteiligte die offenen Fragen und Probleme sachlich darlegen und Lösungswege habe aufzeigen können. Es habe keine Diskussion oder Beratung in Bezug auf das abgelaufene Hearing stattgefunden; in weiterer Folge sei es zur Ernennung der zweitgereihten Kandidatin des Besetzungsvorschlages gekommen.

Die Leitung der Amtswirtschaftsstelle sei nach der Ruhestandsversetzung des Leiters interimistisch vom stellvertretenden Leiter übernommen worden. Dieser sei damit überfordert gewesen, was zu Schwierigkeiten (z.B. Zahlungsausfälle an Lieferanten) geführt habe. Die Situation habe sich auch nach der Neubesetzung der Leitung der Abteilung III 1 mit der Zweitgereihten nicht verbessert. Der Bundesminister habe nicht den Kontakt zur Abteilungsleitung gesucht, um Lösungen für die bestehenden Probleme zu finden. Der Mitbeteiligte und sein Stellvertreter hätten klare und "argumentativ bestens durchdachte" Konzepte zur Lösung entwickelt und vorgelegt. Der Bundesminister habe gegen den Rat des Mitbeteiligten die Weisung erteilt, den überforderten interimistischen Leiter mit der Leitung der Amtswirtschaftsstelle zu betrauen.

Der Mitbeteiligte habe mit der am 1. Dezember 2015 in Kraft getretenen neuen Geschäfts- und Personalabteilung erfahren, dass er in der Abteilung III 8 als Referent eingeteilt werde. Eine formelle Abberufung sei vorerst nicht erfolgt; mit Schreiben vom 8. Jänner 2016 sei ihm mitgeteilt worden, dass das Bewerbungsverfahren um die Leitung der Abteilung III 1 zugunsten der Mitbewerberin ausgegangen sei. Auf Antrag des Bundesministers für Justiz sei dem Mitbeteiligten in Bezug auf den ihm inoffiziell zugewiesenen Arbeitsplatz eine "ad personam" Bewertung A1/6 zuerkannt worden. Eine formelle Zuteilung dieses Arbeitsplatzes sei vorerst nicht erfolgt, im Verlauf des Jahres 2016 seien informelle Gespräche mit dem Mitbeteiligten über seine weitere Verwendung geführt worden; ein konkretes Angebot, einen vergleichbar adäquaten Arbeitsplatz zu übernehmen, sei nicht erfolgt. Erst mit Mitteilungen der Dienstbehörde vom 26. Jänner 2017 und 2. März 2017 sei der Mitbeteiligte über die Absicht informiert worden, ihn gemäß §§ 38 Abs. 3 iVm. 40 Abs. 2 BDG 1979 nicht nur vorübergehend in der Abteilung III 8 neu zu verwenden und ihm die mit einem bestimmten Arbeitsplatz verbundenen Aufgaben zu übertragen. Gegen die beabsichtigte Maßnahme habe der Mitbeteiligte Einwendungen erhoben und vorgebracht, es bestehe Identität der Arbeitsplätze der Abteilungsleitung Pr 1 alt sowie III 1 neu.

Weiters wurde die prozentuelle Bemessung der Zuständigkeiten der Leitung der Abteilung Pr 1 alt und III 1 neu nach der jeweiligen Arbeitsplatzbeschreibung bzw. in näher begründeter Abweichung davon näher festgestellt; ebenso wurden die Aufgaben der Abteilung Pr 1 alt ab dem 1. Juli 2015 sowie der Abteilung III 1 neu ab dem 1. Dezember 2015 und der am 14. September 2015 genehmigte Ausschreibungstext der Leitung der Abteilung III 1 neu näher festgestellt.

Das BVwG begründete in seiner Beweiswürdigung jeweils detailliert, aus welchen Zeugenaussagen bzw. Aktenstücken sich diese Feststellungen ergäben.

Rechtlich folgerte das BVwG aus diesem Sachverhalt, dass der Schutzzweck der §§ 38 BDG 1979 darin gelegen sei, den Beamten vor sachlich nicht gerechtfertigten Personalmaßnahmen zu bewahren. Sachliche Organisationsänderungen müssten in ihren Grundzügen auch konkrete Auswirkungen auf den Arbeitsplatz des Betroffenen darstellen. Nach Wiedergabe der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kam das BVwG zu dem Schluss, dass zwar von der prinzipiellen Sachlichkeit der Organisationsänderung ausgegangen werde, das Ausmaß der Änderung der Aufgaben des alten Arbeitsplatzes des Mitbeteiligten betrage jedoch aus näher dargestellten Gründen höchstens 15 % und erreiche keinesfalls 25 %. Darüber hinaus folge aus dem Beweisverfahren "zweifelsfrei", dass die belangte Dienstbehörde insbesondere bei der Frage der Abberufung, aber auch bei der Neuzuweisung des Arbeitsplatzes primär von unsachlichen Motiven geleitet gewesen sei und keine sachliche Prüfung des Sachverhaltes vorgenommen habe; dafür spreche insbesondere die Zusammensetzung der Kommission des unüblichen Hearings vor dem Bundesminister. Erst nach über einem Jahr sei ein formelles Verfahren zur Abberufung und Neuzuteilung einer Verwendung durchgeführt worden.

Aus näheren Gründen gelangte das BVwG zu dem Ergebnis, dass sowohl die Abberufung als auch die Zuteilung eines neuen Arbeitsplatzes seitens des Bundesministers in erheblich unsachlicher und somit willkürlicher Weise erfolgt sei, sodass die Abberufung des Mitbeteiligten sowohl aus diesem Grund als auch aufgrund der festgestellten weitestgehenden Arbeitsplatzidentität rechtswidrig sei.

Die Revision wurde vom BVwG nicht zugelassen.

5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Amtsrevision des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz.

6 Zu ihrer Zulässigkeit wird vorgebracht, dass zwar Rechtsprechung zu diversen Fragen der Organisationsänderung und Arbeitsplatzabberufung in Folge Abänderung des Arbeitsplatzes bestehe, es fehle aber an Judikatur, ob es beim Vergleich der Arbeitsplätze im Fall einer Organisationsänderung auf eine ex-ante oder ex-post Betrachtungsweise der Arbeitsplatzinhalte ankomme. Eine Klarstellung erscheine hier geboten. Das BVwG habe geprüft, ob die neu bestellte Abteilungsleiterin veränderte Aufgabenstellungen als der Mitbeteiligte verrichte, statt zu prüfen, wie der Plan der Dienstbehörde gelautet habe. Für die Dienstbehörde bestehe in der Planungsphase noch nicht die Möglichkeit der ex-post Beurteilung. Sofern bei einer Umstrukturierung wesentliche Änderungen geplant seien, müssten die offenen Planstellen ausgeschrieben werden. Prüfungsmaßstab seien die jeweiligen Arbeitsplatzbeschreibungen, nicht die individuellen Dienstleistungserbringungen von Organwaltern. Das BVwG habe jedoch nicht die Arbeitsplatzbeschreibungen zum Ausgangspunkt seiner Überlegungen gemacht; aus deren Vergleich ergebe sich die mehr als 25%ige Arbeitsplatzveränderung und damit die Richtigkeit der Abberufung des Mitbeteiligten. Bei Organisationsänderungen ordne § 4a Ausschreibungsgesetz eine Ausschreibungspflicht an. Weiters habe das BVwG den angefochtenen Bescheid in seinem Spruch undifferenziert aufgehoben und zwar auch hinsichtlich des trennbaren Spruchpunktes 4.; Feststellungsbescheide stellten jedoch nur subsidiäre Rechtsbehelfe dar und seien unzulässig, wenn mit Leistungsbescheid abgesprochen werde. Das BVwG habe den Verfahrensgegenstand nicht berücksichtigt, indem es Erhebungen durchgeführt habe, welche nicht den Gegenstand des vorliegenden Verfahrens beträfen: Nach näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes spiele die Frage der Neubesetzung des Arbeitsplatzes keine Rolle für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Abberufung.

Darüber hinaus habe das BVwG eine Überraschungsentscheidung gefällt und die Entscheidung mit einem Stoffsammlungsmangel behaftet: Der damalige Bundesminister sowie die anderen Mitglieder der Hearingkommission seien nicht von Amts wegen einvernommen worden, vielmehr habe das BVwG Feststellungen "im Wesentlichen" auf die Behauptungen des Mitbeteiligten gestützt. Das BVwG habe dadurch seine Verpflichtung zur Erforschung der materiellen Wahrheit verletzt. Das BVwG habe diesen Umstand selbst erkannt und trotz Schlusses der Verhandlung noch weitere Erhebungen angeordnet (ersichtlich durch den erteilten Urkundenauftrag an die Revisionswerberin). Die Frage der Verpflichtung der revisionswerbenden Partei zur Urkundenvorlage sei jedoch nicht erörtert worden, sowohl das Fragerecht als auch die Unmittelbarkeit der Beweisaufnahmen bildeten jedoch einen Bestandteil des Rechts auf ein faires Verfahren. Durch die Einvernahme des Bundesministers hätten dessen Motive für das Besetzungsverfahren und die letztlich getroffene Entscheidung ermittelt werden können. Das BVwG habe daher keine ausreichenden Feststellungsgrundlagen getroffen.

Die bisherige Judikatur zur Thematik der Vorlage sensibler Unterlagen betreffe zwar nicht die vorliegende Fallkonstellation, zeige aber das Risiko unberechtigter Vorlage, nämlich z.B. die bescheidmäßige Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Geheimhaltung durch das belangte Organ. Das BVwG habe der belangten Behörde trotz dieser Judikatur die Urkundenvorlage aufgetragen und die teilweise unterlassene aufgetragene Vorlage bei der Beweiswürdigung gegen die belangte Behörde verwertet. Es müsse daher die Rechtsfrage beantwortet werden, ob Urkundenvorlagenaufträge rechtlich zulässig seien und von der belangten Behörde ohne die Befürchtung strafbzw. verwaltungsstrafrechtlicher oder zivilrechtlicher Konsequenzen befolgt werden dürften; verneinendenfalls dürfe die Beweiswürdigung nicht gegen die belangte Behörde vorgenommen werden. Die unrichtige Lösung der Rechtsfrage habe zum fehlerhaften Spruch geführt; der Arbeitsplatz des Mitbeteiligten habe sich sehr wohl um mehr als 25 % verändert, weshalb die Abberufung des Mitbeteiligten von seinem alten Arbeitsplatz als Abteilungsleiter habe erfolgen müssen.

7 Der Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der er die kostenpflichtige Zurück- in eventu die Abweisung der Revision beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

8 Der vom BVwG ersatzlos behobene Bescheid der belangten Dienstbehörde war jedenfalls betreffend die Spruchpunkte 1.-3. und 4. trennbar (vgl. dazu VwGH 25.1.2017, Ra 2016/12/0119). Durch die Aufhebung aller Spruchpunkte hat auch das BVwG insoweit getrennte Absprüche getroffen.

9 Liegen somit - wie hier - trennbare Absprüche vor, so ist die Zulässigkeit einer dagegen erhobenen Revision auch getrennt zu prüfen (vgl. z.B. 19.2.2018, Ra 2017/12/0022).

10 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

11 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

12 Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

13 Die Zulässigkeit der Revision hinsichtlich der Spruchpunkte 1. bis 3. wird nicht dargetan:

14 Soweit die revisionswerbende Partei vorbringt, es fehle Judikatur zur Frage, ob es beim Vergleich der Arbeitsplätze im Fall einer Organisationsänderung auf eine ex ante oder ex post Betrachtungsweise der Arbeitsplatzinhalte ankomme, ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Personalmaßnahme - wie die Abberufung von einem Arbeitsplatz - nach Maßgabe der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zu beurteilen ist (vgl. näher VwGH 16.11.2015, Ra 2015/12/0044). Insofern ist auch das im Wesentlichen unveränderte organisationsrechtliche "Wiedererstehen" des Abberufungsarbeitsplatzes, verstanden als die Summe der dem Arbeitsplatzinhaber nach der aktuellen Weisungslage zugewiesenen Aufgaben (vgl. etwa VwGH 22.6.2016, 2013/12/0245, 30.4.2014, 2013/12/0149), während der Dauer des Versetzungsverfahrens ein Abberufungshindernis (vgl. VwGH 20.3.2014, 2013/12/0093). Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung stellt sich daher im vorliegenden Fall keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung.

15 Es ist auch nicht zu erkennen, dass die für die Beurteilung der Frage einer fortbestehenden Identität des Arbeitsplatzes entscheidungswesentlichen Gesichtspunkte durch das BVwG in nicht vertretbarer Weise gewichtet worden wären. Insbesondere hat das BVwG ausführliche Feststellungen zu der prozentuellen Bemessung der Zuständigkeiten der Leitung der Abteilung Pr 1 alt sowie III 1 neu getroffen und seine Beweiswürdigung näher begründet. Die diesbezüglich einzelfallbezogene Einschätzung des BVwG beruht auf einem umfassend geführten Ermittlungsverfahren sowie auf schlüssigen beweiswürdigenden Überlegungen.

16 Dass die vom BVwG getroffene Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden Weise grob unrichtig bzw. unter Außerachtlassung tragender Verfahrensgrundsätze nicht mit dem Akteninhalt übereinstimmte, vermag die Revision nicht aufzuzeigen (vgl. VwGH 2.7.2018, Ra 2017/12/0128):

17 Soweit die revisionswerbenden Partei Verfahrensmängel im Zusammenhang mit den Feststellungen der unsachlichen Behandlung des Mitbeteiligten rügt, ist sie darauf hinzuweisen, dass das angefochtene Erkenntnis im Hinblick auf die Aufhebung der Abberufung des Mitbeteiligten von seinem bisherigen Arbeitsplatz auf zwei voneinander unabhängigen Begründungen beruht: So hat das BVwG nicht nur Feststellungen zur unsachlichen Vorgangsweise der Dienstbehörde getroffen, sondern auch dazu, dass eine weitestgehende Arbeitsplatzidentität bestehe: das Ausmaß der Änderungen liege bei höchstens 15 % und erreiche somit keinesfalls 25%.

18 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es bei Verwendungsänderungen innerhalb ein und derselben Dienststelle deshalb darauf an, ob noch auf einem der im Zuge einer Organisationsänderung neu gebildeten Arbeitsplätze mehr als 75 % der bisherigen Arbeitsplatzaufgaben des Beamten zusammengefasst erhalten geblieben sind, weil diesfalls jedenfalls ein Entzug dieser verbleibenden 75 % durch eine Personalmaßnahme nicht zulässig wäre (vgl. näher dazu: VwGH 20.3.2014, 2013/12/0093).

19 Das Erkenntnis des BVwG beruht daher im Hinblick auf die Aufhebung der Abberufung nicht nur auf den Feststellungen zur Unsachlichkeit und Willkür der Vorgangsweise der Dienstbehörde, sondern auf dieser tragfähigen Alternativbegründung, zu der keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt wurde. Aus diesem Grund liegt auch bezüglich der im Zusammenhang mit den erstgenannten Feststellungen behaupteten Überraschungsentscheidung bzw. des Stoffsammlungsmangels keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG vor (VwGH 15.12.2016, Ra 2016/02/0144, mwN).

20 Weiters bringt die revisionswerbende Partei vor, es seien unzulässiger Weise von der Dienstbehörde geheime Unterlagen abverlangt und deren unterlassene Vorlage bei der Beweiswürdigung gegen die Dienstbehörde verwendet worden. Als Rechtsinstanz ist der VwGH jedoch zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. für viele VwGH 27.4.2017, Ra 2017/12/0030, mwN). Da die Beweiswürdigung des BVwG keine Ausführungen zu von der revisionswerbenden Partei nicht vorgelegten Unterlagen enthält, ist dieses Vorbringen nicht nachvollziehbar. Eine relevante Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung stellt sich in diesem Zusammenhang daher nicht.

21 Aus den dargelegten Erwägungen erweist sich die Revision hinsichtlich der Spruchpunkte 1. bis 3. mangels Vorliegens der Voraussetzungen nach Art. 133 Abs. 4 B-VG als nicht zur Behandlung geeignet, weshalb sie in diesem Umfang gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen war.

22 Mit dem oben unter Rn. 6 2. Absatz wiedergegebenen Vorbringen wird jedoch die Zulässigkeit der Revision zu Spruchpunkt 4. aufgezeigt. Die Revision ist in diesem Umfang auch berechtigt:

23 Mit Spruchpunkt 4. des Bescheides der Dienstbehörde hat diese den Antrag des Mitbeteiligten auf Feststellung der (Un-)Rechtmäßigkeit der Nichtbetrauung seiner Person mit der Leitung der Abteilung III 1 neu als unzulässig zurückgewiesen. Begründend führte die Dienstbehörde aus, eine Überprüfung der Ernennung einer anderen Person könne nicht zum Gegenstand des Verwaltungsverfahrens gemacht werden. Die Erlassung eines Feststellungsbescheides sei nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Im vorliegenden Fall bestehe ein Bescheid über die Personalmaßnahme. In seiner gegen diesen Spruchpunkt erhobenen Beschwerde brachte der Mitbeteiligte vor, es bestehe ein Feststellungsinteresse und er sei auf den subsidiären Rechtsbehelf angewiesen, weil er im Besetzungsverfahren keine Parteistellung habe.

24 Das BVwG hat die Zurückweisung dieses Feststellungsantrages ohne nähere Begründung behoben. Dies erweist sich als rechtswidrig:

25 § 205 Abs. 1 und 3, § 188 RStDG normiert keinen Rechtsanspruch des Bewerbers auf Ernennung auf die von ihm angestrebte Planstelle; er hat keine Parteistellung (vgl. zum Nichtbestehen einer Parteistellung im Verfahren zur Besetzung einer staatsanwaltschaftlichen Planstelle: VwGH 10.9.2004, 2004/12/0089).

26 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Erlassung eines Feststellungsbescheides nur dann zulässig, wenn sie entweder im Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist oder wenn eine gesetzliche Regelung zwar nicht besteht, die Erlassung eines solchen Bescheides aber im öffentlichen Interesse liegt oder wenn sie insofern im Interesse einer Partei liegt, als sie für die Partei ein notwendiges Mittel zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung darstellt. Dieses rechtliche Interesse ist nur dann gegeben, wenn dem Feststellungsbescheid im konkreten Fall die Eignung zukommt, ein Recht oder Rechtsverhältnis für die Zukunft klarzustellen und dadurch eine Rechtsgefährdung des Antragstellers zu beseitigen. Ein wirtschaftliches, politisches oder wissenschaftliches Interesse rechtfertigt nicht die Erlassung eines Feststellungsbescheides. Ein Feststellungsbescheid als subsidiärer Rechtsbehelf ist jedenfalls dann nicht zulässig, wenn die strittige Rechtsfrage im Rahmen eines anderen gesetzlich vorgezeichneten Verwaltungsverfahrens entschieden werden kann. Die bescheidförmige Feststellung rechtserheblicher Tatsachen ist weiters auf Grund einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung zulässig (vgl. etwa VwGH 20.5.2009, 2008/12/0144).

27 Im vorliegenden Fall erweist sich die Erlassung eines Feststellungsbescheides hinsichtlich der (Un-)Rechtmäßigkeit der Nichtbetrauung des Mitbeteiligten mit der Leitung einer näher bestimmten Abteilung als unzulässig:

28 In dem von der Dienstbehörde initiierten (Verwaltungs-)Verfahren der Abberufung des Mitbeteiligten von seiner Funktion als Leiter der Abteilung Pr 1 alt waren die vom Mitbeteiligten gegen seine Abberufung vorgebrachten Argumente zu prüfen. Insofern fehlt es im vorliegenden Fall nicht an einer Rechtsschutzmöglichkeit. Für den subsidiären Rechtsbehelf eines Feststellungsbescheides bleibt daher kein Raum. Der vom Mitbeteiligten gestellte Antrag auf Feststellung der (Un-)Rechtmäßigkeit der Nichtbetrauung seiner Person mit der Leitung der Abteilung liefe zudem auf eine nicht im Rahmen eines Feststellungsverfahrens zulässige Überprüfung der Ernennung einer anderen Person hinaus (vgl. VwGH 17.4.2013, 2012/12/0125).

29 Das BVwG hat die Abberufung des Mitbeteiligten u.a. aus dem Grund behoben, dass eine weitgehende Arbeitsplatzidentität bestehe. Der Mitbeteiligte ist daher weiterhin mit den Aufgaben seines Arbeitsplatzes betraut (vgl. zur Möglichkeit rechtswidriger Doppelbetrauungen infolge rechtswidrigen Behördenverhaltens und die daraus resultierenden Konsequenzen neuerlich VwGH 20.3.2014, 2013/12/0093).

30 Dem Beamten kommt dabei kein subjektives Recht auf die tatsächliche Erbringung der ihm an seinem Arbeitsplatz zugewiesenen Aufgaben zu (vgl. näher VwGH 27.9.2011, 2010/12/0125).

31 Die Zurückweisung des vom Mitbeteiligten gestellten Feststellungsantrages durch die Dienstbehörde erweist sich daher nicht als rechtswidrig.

32 Soweit das BVwG der vom Mitbeteiligten erhobenen Beschwerde - ohne nähere Begründung - gegen diese Zurückweisung jedoch Folge gab und den Zurückweisungsbescheid behob, war dieser Ausspruch gemäß § 42 Abs. 4 VwGG insofern abzuändern und in der Sache selbst zu entscheiden, als die gegen die Zurückweisung des Antrags erhobene Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG abgewiesen wird.

33 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 50 VwGG.

Wien, am 21. Dezember 2018

Schlagworte

Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltParteibegriff Parteistellung strittige Rechtsnachfolger ZustellungAnspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung FeststellungsbescheideIndividuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018120051.L00

Im RIS seit

25.01.2019

Zuletzt aktualisiert am

01.02.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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