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41/04 Sprengmittel Waffen Munition;Norm
WaffG 1986 §6 Abs1 impl;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Baur, Dr. Nowakowski, Dr. Hinterwirth und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Grubner, über die Beschwerde des JB in G, vertreten durch Dr. Christian Függer, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Josefstraße 1, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 13. Jänner 1999, Zl. Wa-155/98, betreffend Entziehung eines Waffenpasses, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesministerium für Inneres) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung vom 28. Mai 1998, mit dem dem Beschwerdeführer der ihm am 1. März 1968 ausgestellte Waffenpass 016430 entzogen und zugleich sein Antrag auf Erweiterung des Berechtigungsumfanges des Waffenpasses auf zwei genehmigungspflichtige Schusswaffen abgewiesen worden war, keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. §§ 8 Abs. 1, 21 Abs. 2, 23 Abs. 2 und 25 Abs. 2 und 3 des Waffengesetzes 1996 (im Folgenden: WaffG) bestätigt.
Begründend führte die belangte Behörde zusammengefasst aus, der Beschwerdeführer sei mit Strafverfügung des Bezirksgerichtes Purkersdorf vom 19. März 1998 wegen unbefugten Besitzes einer genehmigungspflichtigen Schusswaffe nach § 50 Abs. 1 WaffG zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen verurteilt worden. Dem liege zu Grunde, dass er am 24. September 1997 zusätzlich zu seiner Pistole Shul 44 eine weitere genehmigungspflichtige Schusswaffe (die Pistole Walter PPK) erworben habe, obwohl sein Waffenpass ihn (lediglich) zum Führen einer genehmigungspflichtigen Schusswaffe berechtigt habe. Anlässlich einer auf Grund der Meldung des Ankaufes der Waffe durch den betreffenden Händler am 9. Oktober 1997 beim Beschwerdeführer von der Behörde erster Instanz durchgeführten Überprüfung sei festgestellt worden, dass der Beschwerdeführer die Pistole der Marke Shul ungeladen im unversperrten Nachtkästchen im Schlafzimmer verwahrt gehabt habe. Auf die Aufforderung hin, die nach Meldung des Waffenhändlers erworbene zweite Faustfeuerwaffe vorzuweisen, habe der Beschwerdeführer in seinem Wohnzimmer unter einen Sitzpolster eines Wohnzimmersessels gegriffen, wo sich die zweite, ungeladene Faustfeuerwaffe der Marke Walter PPK befunden habe. Am 10. Oktober 1997 habe der Beschwerdeführer bei der Behörde erster Instanz einen Antrag auf Erweiterung seines Waffenpasses auf zwei genehmigungspflichtige Schusswaffen gestellt.
Davon ausgehend sei der Beschwerdeführer (waffenrechtlich) als nicht mehr verlässlich anzusehen. Nach ständiger Rechtsprechung sei angesichts des mit dem Waffenbesitz von Privatpersonen verbundenen Sicherheitsbedürfnisses nach Sinn und Zweck der Regelung des Waffengesetzes bei der Beurteilung, ob Tatsachen die Annahme rechtfertigen, der Betroffene werde Waffen leichtfertig verwenden oder unvorsichtig mit diesen umgehen oder diese nicht sorgfältig verwahren, ein strenger Maßstab anzulegen. Auch ein nur einmal gesetztes Verhalten könne den Umständen nach die Folgerung rechtfertigen, der Inhaber der waffenrechtlichen Urkunde sei (waffenrechtlich) nicht mehr verlässlich. Dem Beschwerdeführer sei nicht nur vorzuwerfen, dass er unberechtigt eine weitere genehmigungspflichtige Schusswaffe erworben und besessen habe, weshalb er rechtskräftig gemäß § 50 Abs. 1 WaffG verurteilt worden sei. Dem Beschwerdeführer sei auch anzulasten, dass er die beiden Schusswaffen nicht ordnungsgemäß verwahrt (gehabt) habe. Die belangte Behörde gehe davon aus, dass der Beschwerdeführer eine Faustfeuerwaffe unter dem Sitzkissen eines Sessels, dies nicht nur kurzfristig, verwahrt (gehabt) habe. Auch die Verwahrung der zweiten Faustfeuerwaffe im unversperrten Nachtkästchen im Schlafzimmer sei "wohl nicht nur kurzfristig erfolgt".
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat darüber erwogen:
§ 8 Abs. 1 des Waffengesetzes 1996 - WaffG, BGBl. I Nr. 12/1997, lautet:
"§ 8. (1) Ein Mensch ist verlässlich, wenn er voraussichtlich mit Waffen sachgemäß umgehen wird und keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er
1.
Waffen missbräuchlich oder leichtfertig verwenden wird;
2.
mit Waffen unvorsichtig umgehen oder diese nicht sorgfältig verwahren wird;
3. Waffen Menschen überlassen wird, die zum Besitz solcher Waffen nicht berechtigt sind."
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 6. November 1997, Zl. 97/20/0122, nach ausführlicher Auseinandersetzung mit der Judikatur zum WaffG 1967 und WaffG 1986, wonach unbefugter Besitz von Waffen allein mangels ausdrücklicher Anordnung des Gesetzes noch nicht die Annahme der Unverlässlichkeit im Sinne des Waffengesetzes rechtfertige, die Frage offen gelassen, ob angesichts gegenteiliger Aussagen in der Literatur sowie der in verschiedenen, in diesem Erkenntnis zitierten Entscheidungen zum Ausdruck gebrachten Auffassung, die "Missachtung waffenrechtlicher Vorschriften" lasse die waffenrechtliche Verlässlichkeit in Zweifel ziehen, an der zuvor erwähnten Judikatur weiter festzuhalten sei. Im Einzelnen ist dazu auf die Begründung dieses Erkenntnisses zu verweisen.
Im vorliegenden, nach dem Waffengesetz 1996 zu beurteilenden Fall ist die bisherige Judikatur jedenfalls insoweit nicht aufrecht zu erhalten, als damit ausgesagt wurde, der unberechtigte Besitz einer genehmigungspflichtigen Schusswaffe für sich allein reiche (generell) nicht aus, um die (waffenrechtliche) Unverlässlichkeit des Besitzers zu begründen. So kann insbesondere ohne Beurteilung der konkreten Umstände des Besitzes und des Erwerbsvorganges (etwa nach der dem Besitzer anzulastenden Verschuldensform, der Dauer des unberechtigten Besitzes und allfälliger Versuche der Legalisierung) nicht gesagt werden, dass "keine Tatsachen die Annahme" rechtfertigten, der Betroffene werde "Waffen Menschen überlassen, die zum Besitz solcher Waffen nicht berechtigt sind". Vor dem Hintergrund des § 50 Abs. 3 und Abs. 4 zweiter Satz WaffG kommt maßgebliche Bedeutung auch dem Umstand zu, ob der Betroffene von sich aus initiativ tätig wird, den unberechtigten Besitz zu beenden, etwa freiwillig mit einer Mitteilung an die Behörde herantritt und den Verbleib der Waffe aufklärt.
Dem Beschwerdeführer wurde nach den Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Bescheid - unbestritten - auch angelastet, dass er die von ihm unbefugt besessene zweite genehmigungspflichtige Schusswaffe selbst - ohne Erlaubnis - erworben habe.
§ 20 Abs. 1 WaffG stellt nicht nur den Besitz und das Führen genehmigungspflichtiger Schusswaffen unter Erlaubnisvorbehalt. Es bedarf auch der Erwerb einer genehmigungspflichtigen Schusswaffe einer vorherigen Bewilligung der Behörde durch Ausstellung einer Waffenbesitzkarte bzw. eines Waffenpasses. Die Anzahl der genehmigungspflichtigen Schusswaffen, die der Inhaber eines Waffenpasses rechtmäßig erwerben, in der Folge besitzen und führen darf, wird in diesem festgelegt. Danach durfte der Beschwerdeführer nur eine Schusswaffe erwerben und besitzen. Bei der gemäß § 8 Abs. 1 WaffG vorzunehmenden waffenrechtlichen Prognose über die künftige Verlässlichkeit des Beschwerdeführers sind nicht nur die Verurteilung des Beschwerdeführers wegen unbefugten Besitzes einer genehmigungspflichtigen Schusswaffe gemäß § 50 WaffG, sondern auch die Umstände des unbefugten Erwerbes der weiteren Schusswaffe zu berücksichtigen. Wenn der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde ausführt, der Waffenhändler hätte ihn anlässlich des Kaufes der zweiten, durch seinen Waffenpass nicht gedeckten genehmigungspflichtigen Schusswaffe darauf hinweisen müssen, dass er diese zu erwerben nicht befugt sei, so ist ihm entgegenzuhalten, dass es vielmehr an ihm gelegen (gewesen) wäre, von dem gesetzwidrigen Ankauf Abstand zu nehmen. Der Überlasser genehmigungspflichtiger Schusswaffen muss sich zwar davon überzeugen, ob derjenige, dem er diese Waffen zu überlassen gedenkt, Inhaber eines (gültigen) Waffenpasses ist. Der Überlasser (im vorliegenden Fall ein Waffenhändler) muss aber nicht prüfen, ob der Erwerber noch Kapazitäten für den Erwerb dieser weiteren Waffe (§ 23 WaffG) hat, zumal den waffenrechtlichen Urkunden lediglich die Höchstzahl der erlaubten Waffen, nicht aber die Zahl bereits erworbener Waffen zu entnehmen ist. Nur wenn der Überlasser weiß oder wissen müsste, dass der Erwerber mit dem zusätzlichen Erwerb die Anzahl der ihm erlaubten Waffen überschreitet, kommt eine waffenrechtliche Verantwortung in Betracht (vgl. Hauer/Kepplinger, Waffengesetz 1996, 152). Dass der Beschwerdeführer den Waffenhändler darauf hingewiesen hätte, dass er bereits eine genehmigungspflichtige Schusswaffe besitze, wird von ihm selbst nicht behauptet. Dies hätte ihn im Übrigen nicht von seiner eigenen Verantwortung befreit. Zu der in der Beschwerde von ihm vorgebrachten "Blauäugigkeit" bei Erwerb der Waffe, dass er nicht gewusst hätte, er dürfte keine weitere Waffe erwerben, ist auf den im Verwaltungsakt aufliegenden seinerzeitigen Antrag des Beschwerdeführers vom 2. Februar 1968 zu verweisen, worin er ausdrücklich die Ausstellung eines Waffenpasses "für ein Stück Faustfeuerwaffe" beantragte und in der Folge bewilligt erhielt. Der erst nach Aufdeckung und Feststellung des rechtswidrigen Erwerbes der weiteren Schusswaffe durch die Behörde gestellte Antrag auf Erweiterung seines Waffenpasses vermag die aus seinem Verhalten gezogene Prognose seiner (waffenrechtlichen) Unverlässlichkeit nicht (mehr) zu seinen Gunsten zu beeinflussen.
Angesichts dieses Verhaltens des Beschwerdeführers kommt es somit nicht (mehr) darauf an, ob die belangte Behörde überdies mit Recht davon ausgehen durfte, der Beschwerdeführer habe die beiden Schusswaffen nicht ordnungsgemäß verwahrt.
Es bedarf daher keines Eingehens auf das vom Beschwerdeführer dazu erstattete weitere Vorbringen.
Die Beschwerde war vielmehr gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Wien, am 23. Juli 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1999200101.X00Im RIS seit
21.02.2002