Index
E1E;Norm
12010E049 AEUV Art49;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofrätinnen Mag.a Nussbaumer-Hinterauer sowie Dr. Koprivnikar als Richterinnen bzw. Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa, über die Revision des TM in S, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 23. April 2018, LVwG-S-912/005-2016, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Niederösterreich),
Spruch
1. zu Recht erkannt:
Hinsichtlich der Verhängung der Strafe wird das angefochtene Erkenntnis in
seinem Spruchpunkt 1. gemäß § 42 Abs. 4 VwGG wie folgt ergänzt:
"Die Strafsanktionsnorm lautet § 52 Abs. 2 dritter Strafsatz Glücksspielgesetz
(GSpG), BGBl. Nr. 620/1989 idF BGBl. Nr. 105/2014."
Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
2. den Beschluss gefasst:
Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Niederösterreich vom 7. März 2016 wurde der Revisionswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ einer näher bezeichneten Gesellschaft wegen zehn Übertretungen des § 52 Abs. 1 Z 1 erstes Tatbild iVm § 1 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1, 2 und 4 iVm § 3 iVm § 4 Abs. 1 und 2 Glücksspielgesetz (GSpG) zur Zahlung von zehn Geldstrafen zu je EUR 3.000,-- (samt Ersatzfreiheitsstrafen) verpflichtet.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich wurde der Beschwerde teilweise Folge gegeben und die zu den beiden Cash-Centern verhängten Strafen in Höhe von jeweils EUR 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 6 Tage) aufgehoben und diesbezüglich das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG iVm § 38 VwGVG eingestellt. Im Übrigen wurde das Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass die Wortfolge "dadurch, dass die Firma I s.r.o. am Standort in W" im Spruch des angefochtenen Erkenntnisses entfiel (Spruchpunkt 1.). Außerdem wurden die Kosten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens neu festgesetzt (Spruchpunkt 2.). Weiters sprach das Landesverwaltungsgericht aus, dass die Revision nicht zulässig sei (Spruchpunkt 3.).
3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Die belangte Behörde gab mit Schreiben vom 12. Oktober 2018 bekannt, dass eine Revisionsbeantwortung aus zeitlichen Gründen nicht eingebracht werden könne.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, sind gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist nach § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Liegen - wie hier - trennbare Absprüche vor, so ist die Zulässigkeit einer dagegen erhobenen Revision getrennt zu überprüfen (vgl. z.B. VwGH 26.7.2018, Ra 2017/17/0804).
8 Die Revision erweist sich in ihrem Zulässigkeitsvorbringen zur Anführung der korrekten Strafsanktionsnorm im Spruch im Umfang der Überprüfung des Strafausspruches als zulässig und begründet:
9 Die hg. Rechtsprechung räumt dem Beschuldigten ein Recht darauf ein, dass im Spruch die richtige und nur die richtige verletzte Verwaltungsvorschrift aufscheint. Gleiches gilt für die Anführung der Strafnorm nach § 44a Z 3 VStG. Darunter ist jene Verwaltungsvorschrift zu verstehen, die bei der Festlegung des Strafmittels und des Strafausmaßes heranzuziehen ist. Im vorliegenden Fall ist bei einer Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG mit acht Glücksspielgeräten die Strafsanktionsnorm § 52 Abs. 2 dritter Strafsatz GSpG (vgl. z.B. VwGH 9.3.2018, Ra 2018/17/0005).
10 Das Verwaltungsgericht hat daher, soweit der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides fehlerhaft ist, weil z.B. die angewendeten Gesetzesstellen unrichtig oder unvollständig zitiert wurden, diesen in seinem Abspruch zu ergänzen bzw. richtigzustellen (vgl. wieder VwGH 9.3.2018, Ra 2018/17/0005).
11 Das Verwaltungsgericht hat die Strafsanktionsnorm trotz des fehlerhaften Abspruchs im verwaltungsbehördlichen Straferkenntnis nicht korrigiert.
12 Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 42 Abs. 4 VwGG in der Sache selbst entscheiden kann, wenn sie entscheidungsreif ist und die Entscheidung in der Sache selbst im Interesse der Einfachheit, Zweckmäßigkeit und Kostenersparnis liegt, war das angefochtene Erkenntnis im Umfang des Spruchpunktes 1. - die genannten Voraussetzungen liegen vor - durch die spruchgemäße Änderung hinsichtlich der angewendeten Strafsanktionsnorm richtigzustellen.
13 Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
14 Zum weiteren Zulässigkeitsvorbringen der gegenständlichen Revision ist festzuhalten, dass die Voraussetzungen für eine Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 AEUV klar bzw. geklärt sind. Ebenso sind die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte geklärt (vgl. EuGH 15.9.2011, Dickinger und Ömer, C-347/09, Rn. 83 f; 30.4.2014, Pfleger, C-390/12, Rn. 47 ff; 30.6.2016, Admiral Casinos & Entertainment AG, C-464/15, Rn. 31, 35 ff; 28.2.2018, Sporting Odds Ltd., C-3/17, Rn. 28, 62 ff; sowie 6.9.2018, Gmalieva s.r.o. u.a., C-79/17). Diesen Anforderungen ist der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, durch die Durchführung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Gesamtwürdigung nachgekommen. Der Verwaltungsgerichtshof hat an dieser Gesamtwürdigung mit Erkenntnis vom 11. Juli 2018, Ra 2018/17/0048 bis 0049, mit näherer Begründung festgehalten. Von dieser Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht im Revisionsfall nicht abgewichen. Entgegen dem weiteren Vorbringen steht die angefochtene Entscheidung daher nicht in Widerspruch zum Urteil des EuGH vom 30. April 2014, Pfleger, C-390/12.
15 Ebenso stehen nach den Ausführungen des EuGH in seinem Urteil vom 14. Juni 2017, Online Games Handels GmbH u.a., C- 685/15, die Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) im Lichte des Art. 47 GRC einem Verfahrensregime wie dem vor dem Verwaltungsgericht geltenden betreffend die amtswegige Ermittlung der Umstände der vom Gericht entschiedenen Rechtssachen nicht entgegen (vgl. zuletzt auch EuGH 28.2.2018, Sporting Odds Ltd., C-3/17, Rn. 55; sowie VwGH 11.7.2018, Ra 2018/17/0048 bis 0049, Rn. 24 ff und VfGH 12.6.2018, E 885/2018).
16 Entgegen dem Vorbringen des Revisionswerbers steht das in § 14 Abs. 3 GSpG statuierte Erfordernis eines Sitzes im Inland bzw. die davon normierte Ausnahme, wenn die ausländische Kapitalgesellschaft in ihrem Sitzstaat über eine vergleichbare Lotterienkonzession verfügt und einer vergleichbaren staatlichen Glücksspielaufsicht unterliegt, die im Sinne des § 19 GSpG der österreichischen Aufsicht erforderlichenfalls Kontrollauskünfte übermittelt und für sie Kontrollmaßnahmen vor Ort durchführt, nicht mit Unionsrecht in Widerspruch (vgl. näher VwGH 11.7.2018, Ra 2018/17/0048 bis 0049, Rn. 34 ff). In diesem Zusammenhang stellt sich daher vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung.
17 Wenn die Revision rügt, dass im gegenständlichen Fall ein unzulässiger Austausch der Tat vorgenommen wurde, so ist dem zu entgegnen, dass durch die vorgenommene Präzisierung des Spruches des angefochtenen Straferkenntnisses ein Austausch der Tat nicht erfolgte, weil durch sie kein anderer als der der ursprünglichen Bestrafung zugrunde gelegte Sachverhalt herangezogen wurde (vgl. VwGH 26.7.2018, Ra 2017/17/0804)
18 Auch sonst wirft das Zulässigkeitsvorbringen keine Rechtsfrage auf, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
19 Die Revision war daher insoweit nach § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
Wien, am 8. Jänner 2019
Gerichtsentscheidung
EuGH 62009CJ0347 Dickinger und Ömer VORABEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018170137.L00Im RIS seit
25.01.2019Zuletzt aktualisiert am
03.04.2019