Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** GmbH, *****, vertreten durch Zauner Mühlböck & Partner Rechtsanwälte in Linz, sowie des Nebenintervenienten auf Seiten der klagenden Partei B***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Dr. Martin Schwifcz, LL.M., Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei W*****, vertreten durch Dr. Thomas Stoiberer, Rechtsanwalt in Hallein, wegen 12.420 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 27. Juni 2018, GZ 22 R 159/18p-57, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Hallein vom 21. März 2018, GZ 1 C 581/17b-52, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei sowie der Nebenintervenientin auf Seiten der klagenden Partei binnen 14 Tagen deren mit jeweils 939,24 EUR (darin jeweils 156,54 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.
Text
Begründung:
Der Beklagte und die durch einen Außendienstmitarbeiter vertretene Klägerin kamen überein, dass der Beklagte von der Klägerin einen gebrauchten Traktor mit etwa 1.000 Betriebsstunden kauft und ihr seinen gebrauchten Radlader in Zahlung gibt. Für diesen Eintausch einigte man sich auf einen Abzug von netto 10.000 EUR vom ursprünglich vorgesehenen Kaufpreis, der sich dadurch auf 62.100 EUR netto bzw 74.520 EUR brutto verringerte. Dieser Kaufpreis wurde in das Bestellformular aufgenommen. Die vom Beklagten beabsichtigte Finanzierung durch „R*****“ notierte der Außendienstmitarbeiter der Klägerin dort unter der Überschrift „Zahlungskonditionen“. Da dieses Unternehmen die beabsichtigte Leasingfinanzierung ablehnte, wandte sich der Beklagte an die Nebenintervenientin und schloss mit ihr einen Leasingvertrag zur Finanzierung des Traktors. Darin war ein Betrag von 62.100 EUR netto bzw 74.520 EUR inklusive 20 % USt als Leasingentgeltbasis angeführt. Als „Eigenmittel“ war unter der Bezeichnung „variables Depot“ ein Betrag von 12.420 EUR ausgewiesen. Die Nebenintervenientin überwies 62.100 EUR an die Klägerin. Diese verrechnete zwar der Nebenintervenientin den Gesamtkaufpreis von 74.520 EUR brutto, übersandte am gleichen Tag aber dem Beklagten die Fahrzeugpapiere für den Traktor und einen Zahlschein über den Restkaufpreis in Höhe des Klagebetrags mit der Bitte, diesen bis spätestens 1. Dezember 2014 an die Klägerin zu überweisen. Der Beklagte leistete nicht.
Das Erstgericht gab der auf Zahlung dieses Betrags gerichteten Klage statt und wies lediglich
– insoweit unbekämpft – ein Begehren auf Inkassokosten und ein Zinsenmehrbegehren ab.
Das vom Beklagten angerufene Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und ließ die ordentliche Revision nachträglich mit der Begründung zu, es sei nicht auszuschließen, dass es in unvertretbarer Weise davon ausgegangen sei, dass die am Bestellformular angeführten Zahlungskonditionen, wonach der Kaufpreis leasingfinanziert werden solle, keine Bedingung habe sein sollen, dass der Beklagte neben der Übergabe des Radladers keine weiteren Leistungen an die Klägerin zu erbringen habe.
Rechtliche Beurteilung
Die – von der Klägerin und von der Nebenintervenientin jeweils beantwortete – Revision des Beklagten, in der dieser eine gänzliche Klageabweisung anstrebt, ist ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) Ausspruchs des Berufungsgerichts nicht zulässig und zeigt keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO auf. Die Begründung kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO):
1. Die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wurde geprüft, sie liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO):
2.1. Ob im Hinblick auf den Inhalt der Prozessbehauptungen eine bestimmte Tatsache als vorgebracht anzusehen ist, ist eine Frage des Einzelfalls, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung keine erhebliche Bedeutung zukommt (RIS-Justiz RS0042828). Gegenteiliges gilt im Interesse der Wahrung der Rechtssicherheit nur dann, wenn die Auslegung des Parteivorbringens mit seinem Wortlaut unvereinbar ist oder gegen die Denkgesetze verstieße (RIS-Justiz RS0042828 [T11, T31]). Dies ist hier nicht der Fall:
2.2. Der Beklagte wendete zwar tatsächlich ein, nie eine Rechnung der Klägerin erhalten zu haben, und setzte ihrer Behauptung, er hätte sich den Klagebetrag als Umsatzsteuer ohnehin vom Finanzamt holen können, entgegen, dass er dies nur dann hätte können, wenn es darüber eine auf ihn ausgestellte Rechnung gebe. Die Auffassung des Berufungsgerichts, damit habe der Beklagte die mangelnde Fälligkeit des Klagebetrags nicht ausreichend eingewendet, ist jedenfalls vertretbar, zumal sich das im Zulassungsantrag zitierte Vorbringen, „dies hätte aber zur Folge, dass der Klagebetrag in Höhe von 12.420 EUR mangels vorliegender Rechnung zur Zahlung nicht fällig gewesen wäre und daher der Klage nicht stattgegeben hätte werden dürfen“, in dieser Form tatsächlich nirgendwo findet. Davon abgesehen hängt die Fälligkeit der Kaufpreiszahlungspflicht nach der Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0020047) im Regelfall nicht von der Zusendung einer Rechnung ab. Die (zwischen Kaufleuten) nach den Maßstäben des § 914 ABGB von der Rechtsprechung bejahte vertragliche Nebenpflicht zur Legung einer Faktura steht nicht im synallagmatischen Verhältnis von Leistung und Gegenleistung, sodass ihre Nichterfüllung dem Käufer nicht die Einrede des nicht erfüllten Vertrags zu verschaffen vermag. Nur ausnahmsweise wird die Fälligkeit der Kaufpreiszahlungspflicht dann bis zum Erhalt der Faktura oder sonst bis zur ziffernmäßigen Bekanntgabe der Kaufpreisforderung hinausgeschoben, wenn der Käufer ohne Mitteilung des Verkäufers die ziffernmäßige Höhe seiner Kaufpreisschuld nicht wissen kann. Ein solcher Ausnahmefall kann hier aber schon deshalb nicht vorliegen, weil die Klägerin gleichzeitig mit der Übersendung der Faktura an die Nebenintervenientin den Beklagten anlässlich der Übersendung der Fahrzeugpapiere ausdrücklich zur Zahlung des Kaufpreisrests in Höhe des Klagebetrags aufgefordert hatte.
3.1. Ob ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, wirft nur dann eine erhebliche Rechtsfrage auf, wenn infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde (RIS-Justiz RS0042936, RS0042776 [T6]). Ein unvertretbares Auslegungsergebnis vermag die Revision aber nicht aufzuzeigen:
3.2. Die aus einer Erklärung abzuleitenden Rechtsfolgen sind nicht danach zu beurteilen, was der Erklärende sagen wollte oder was der Erklärungsempfänger darunter verstanden hat, sondern danach, wie die Erklärung bei objektiver Beurteilung der Sachlage zu verstehen war (RIS-Justiz RS0014205). Bei Auslegung der Willenserklärung nach den §§ 914 f ABGB ist zunächst vom Wortsinn in seiner gewöhnlichen Bedeutung auszugehen, dabei aber nicht stehen zu bleiben, sondern der Wille der Parteien, das ist die dem Erklärungsempfänger erkennbare Absicht des Erklärenden, zu erforschen und die Willenserklärung letztlich so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht, wobei die Umstände der Erklärung und die im Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche heranzuziehen sind (RIS-Justiz RS0017915). Abzustellen ist auf den objektiven Erklärungswert der Willensäußerung (RIS-Justiz RS0014160), der (erst) dann seine Bedeutung verliert, wenn der natürliche Konsens der Parteien damit nicht übereinstimmt (RIS-Justiz RS0014160 [T22]; RS0017839 [T1]). Die Auffassung der Vorinstanzen, die Streitteile hätten jedenfalls nicht die Leasingfinanzierung des gesamten Kaufpreises von 74.520 EUR brutto als aufschiebende Bedingung ihres Kaufvertrags vereinbart, hält sich im Rahmen dieser Rechtsprechungsgrundsätze und bedarf keiner Korrektur im Einzelfall.
3.3. Zwar haben die Streitteile im Bestellformular ./B unter der Überschrift „Zahlungskonditionen“ entsprechend der vom Beklagten geäußerten Absicht die „Finanzierung durch R*****“ vermerkt. Dass eine Leasingfinanzierung des Gesamtkaufpreises für beide Parteien Voraussetzung für den Vertragsabschluss sein hätte sollen, lässt sich aus den Feststellungen allerdings nicht ableiten, die nur von einer vom Beklagten in Aussicht genommenen Leasingfinanzierung sprechen. Gegen das von ihm gewünschte Auslegungsergebnis, dass sich diese Finanzierung auf den Gesamtkaufpreis ohne jeglichen Eigenmittelanteil des Beklagten beziehen hätte sollen, spricht nicht zuletzt sein eigenes Prozessvorbringen. Er wendete bis zuletzt ein, den von ihm zu erbringenden Eigenmittelanteil durch die Überlassung seines gebrauchten Radladers erbracht zu haben. Diese Behauptung wurde im Beweisverfahren allerdings widerlegt. Der Preisabzug für den Radlader war bereits bei der Kalkulation des Gesamtkaufpreises des gebrauchten Traktors berücksichtigt worden. Wenn auch der bloße Wortlaut des Begriffs „Zahlungskondition“ allenfalls auf eine Bedingung im Sinn eines – im Geschäftsleben wohl nicht unüblichen – Finanzierungsvorbehalts hinweisen mag, ist es im hier zu beurteilenden Fall jedenfalls vertretbar, davon auszugehen, dieser Vorbehalt erfasse nicht die Finanzierung des Gesamtkaufpreises durch einen externen Leasinggeber. Dass Leasinggeber letztlich gar nicht die im Bestellformular Genannte, sondern die Nebenintervenientin war, und der Beklagte selbst den Leasingvertrag, der ein von ihm zu leistendes „variables Depot“ in Höhe des Klagebetrags vorsah, das nicht mit dem behaupteten Wert des in Zahlung gegebenen Radladers übereinstimmte, mit der Nebenintervenientin ohne Einbeziehung der Klägerin ausverhandelte, spricht ebenso für das vom Berufungsgericht gewonnene Auslegungsergebnis, das somit keiner Korrektur im Einzelfall bedarf.
4. Auf die Frage, ob der Klägerin der Klagebetrag (auch) als Begünstigter aus dem vom Beklagten mit der Nebenintervenientin geschlossenen Leasingvertrag zusteht, kommt es nicht an, weil nach den Feststellungen von einem Konsens der Streitteile über den Ankauf des Traktors – wenn auch unter Zugrundelegung seiner Absicht eine Leasingfinanzierung zu erwirken – auszugehen ist, sodass der Klägerin ein Anspruch gegenüber dem Beklagten zusteht. Den Feststellungen ist zwar eine Zustimmung der Klägerin zur (teilweisen) Schuldübernahme durch die finanzierende Nebenintervenientin zu entnehmen, für einen Verzicht der Klägerin auf den Restkaufpreis in Höhe der Klageforderung besteht aber kein Anhaltspunkt, zumal ein unentgeltlicher Verzicht nur dann anzunehmen wäre, wenn ein darauf gerichteter Wille des Anspruchsberechtigten aus den festgestellten Verhältnissen eindeutig hervorgeht (RIS-Justiz RS0014234). Da die Klägerin gleichzeitig mit der Übersendung der Fahrzeugpapiere unmissverständlich klar stellte, dass sie vom Beklagten die Zahlung des Restkaufpreises in Höhe des Klagebetrags erwartet und ihm einen entsprechenden Zahlschein übersendete, besteht hier für einen Verzichtswillen der Klägerin (der im Hinblick auf die festgestellte Veranschlagung des Werts des in Zahlung gegebenen gebrauchten Radladers bereits bei der Kaufpreiskalkulation als unentgeltlich zu werten wäre) kein Raum.
5. Damit war die ordentliche Revision mangels erheblicher Rechtsfrage zurückzuweisen.
6. Da die Klägerin und die Nebenintervenientin auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen haben, hat der Beklagte ihnen die tarifgemäß verzeichneten Kosten der Revisionsbeantwortungen zu ersetzen (RIS-Justiz RS0112296).
Textnummer
E123823European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2018:0050OB00191.18A.1213.000Im RIS seit
28.01.2019Zuletzt aktualisiert am
25.11.2019