TE Vwgh Erkenntnis 1999/7/23 99/20/0223

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Veröffentlicht am 23.07.1999
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §32 Abs2;
AsylG 1997 §32 Abs3;
AsylG 1997 §38 Abs5;
AVG §66 Abs4;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §26 Abs1 Z4;
VwGG §46 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 98/20/0340

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Baur und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Grubner, über den (zu hg. Zl. 99/20/0223 protokollierten) Antrag des Bundesministers für Inneres auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der (zur hg. Zl. 98/20/0340 protokollierten) Beschwerde gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 21. April 1998, Zl. 202.689/0-I/01/98, betreffend Asylgewährung (mitbeteiligte Partei: AA, geboren am 4. April 1980, vertreten durch Mag. Georg Bürstmayr, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Stubenring 2), sowie über die Beschwerde gegen diesen Bescheid

Spruch

I. den Beschluss gefasst:

Gemäß § 46 VwGG wird dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattgegeben.

II. zu Recht erkannt:

     Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines

Inhaltes aufgehoben.

     Das Kostenersatzbegehren der mitbeteiligten Partei wird

abgewiesen.

Begründung

Der Mitbeteiligte, ein Staatsangehöriger Afghanistans, reist am 30. März 1998 unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet ein und beantragte am gleichen Tag die Gewährung von Asyl. Das Bundesasylamt wies diesen Antrag mit Bescheid vom 9. April 1998 gemäß § 4 Abs. 1 Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76 (AsylG) als unzulässig zurück, weil der Mitbeteiligte in Tschechien Schutz vor Verfolgung gefunden habe. Der Mitbeteiligte erhob Berufung. Die belangte Behörde gab gemäß § 32 Abs. 2 AsylG der Berufung statt, behob den bekämpften Bescheid des Bundesasylamtes und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Durchführung des Verfahrens und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurück. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der maßgebenden gesetzlichen Bestimmungen vertrat die belangte Behörde (zusammengefasst) die Ansicht, die Regelung des § 32 Abs. 2 AsylG sei erkennbar dem § 66 Abs. 2 AVG nachgebildet; der unabhängige Bundesasylsenat solle - u.a. wegen der Viertagesfrist des § 32 Abs. 3 AsylG - der sonst gegebenen Verpflichtung der Berufungsbehörde enthoben sein, einen von der Behörde erster Instanz mangelhaft oder gar nicht erhobenen Sachverhalt selbst zu ermitteln. Das Bundesasylamt habe hinsichtlich der geltenden Rechtsordnung und der tatsächlichen Umsetzbarkeit des Drittlandschutzes in der tschechischen Republik jede Ermittlungstätigkeit sowie die Wahrung von Parteiengehör unterlassen, weshalb mit einer Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde erster Instanz vorzugehen gewesen sei.

Nach Ausweis der Verwaltungsakten wurde dieser Bescheid dem Bundesasylamt am 21. April 1998 per Telefax zugestellt. Der Bundesminister für Inneres erhob am 4. August 1998 die zur hg. Zl. 98/20/0340 protokollierte Beschwerde gegen den Bescheid des unabhängiges Bundesasylsenates vom 21. April 1998.

Mit einem am 12. Mai 1999 überreichten, zu hg. Zl. 99/20/0223 protokollierten Schriftsatz beantragte der beschwerdeführende Bundesminister schließlich die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in die Versäumung der Frist zur Erhebung dieser Beschwerde und legte einen Auszug aus dem "Asylwerberinformationssystem" vor, aus dem hervorgeht, dass die Eintragung der angefochtenen Entscheidung in diese Datenbank bereits am 22. April 1998 erfolgt war.

Zum Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (hg. Zl. 99/20/0223): Der Antragsteller bringt vor, ihm sei am 29. April 1999 der zur hg. Zl. 98/20/0283 ergangene Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. März 1999 zugestellt worden, nach dessen Begründung die Frist für die Erhebung einer Amtsbeschwerde gemäß § 38 Abs. 5 AsylG in den Fällen der Eintragung des anzufechtenden Bescheides in das "Asylwerberinformationssystem" bereits mit dieser Eintragung beginne. Hievon sei der Antragsteller bisher nicht ausgegangen, weshalb er die zur hg. Zl. 98/20/0340 protokollierte Beschwerde gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 21. April 1998, Zl. 202.689/0-I/01/98, über die der Verwaltungsgerichtshof bisher nicht entschieden habe, erst am 3. August 1998 (richtig: 4. August 1998) eingebracht habe. Der angefochtene Bescheid sei ihm vom Bundesasylamt erst am 25. Juni 1998 mit einem Bericht vorgelegt, aber schon am 22. April 1998 in das "Asylwerberinformationssystem" eingetragen worden.

Dem auf diese Begründung gestützten Wiedereinsetzungsantrag war - in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 lit. e VwGG gebildeten Dreiersenat - aus den im hg. Beschluss vom 17. Juni 1999, Zl. 99/20/0253, dargestellten Gründen gemäß § 46 Abs. 1 VwGG stattzugeben. Gemäß § 43 Abs. 2 und 9 VwGG wird auf den genannten Beschluss verwiesen.

Zur Beschwerde (hg. Zl. 98/20/0340):

Die Beschwerde erweist sich als berechtigt. Praktische Schwierigkeiten bei der Einhaltung der Frist des § 32 Abs. 3 AsylG bieten keine Rechtfertigung dafür, entgegen der Vorschrift des § 66 Abs. 4 AVG nicht in der Sache selbst zu entscheiden. Der Beschwerdefall gleicht insofern, als die belangte Behörde davon ausging, ihr stünde im vorliegenden Verfahren nach § 32 AsylG über eine Berufung gegen die Zurückweisung eines Asylantrages gemäß § 4 AsylG eine kassatorische Entscheidungsbefugnis zu, demjenigen, der dem hg. Erkenntnis vom 23. Juli 1998, Zl. 98/20/0175, zugrundelag. Auf das zuletzt zitierte Erkenntnis wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen. Aus den dort dargestellten Gründen war auch der vorliegende Bescheid - in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Dreiersenat - gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Das Kostenersatzbegehren der mitbeteiligten Partei war gemäß § 47 Abs. 3 VwGG abzuweisen.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 und 7 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965 hingewiesen.

Wien, am 23. Juli 1999

Schlagworte

Besondere verfahrensrechtliche Aufgaben der Berufungsbehörde Spruch des Berufungsbescheides Inhalt der Berufungsentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1999200223.X00

Im RIS seit

04.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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