Entscheidungsdatum
08.10.2018Norm
GewO 1994 §137 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch die Richterin MMag. Dr. Cervenka-Ehrenstrasser über die Beschwerde des A, vertreten durch Rechtsanwältin B, ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha vom 21. März 2018, ***, betreffend Feststellung der individuellen Befähigung für die Ausübung des reglementierten Gewerbes Versicherungsvermittlung in der Form Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten gemäß § 19 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:
1. Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrens-
gesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen
2. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit am 30. Jänner 2018 bei der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha eingelangtem Ansuchen hat A, wohnhaft in ***, *** das Gewerbe „Versicherungsmakler und Beratung in Versicherungsangelegenheiten“ angemeldet. Im Zuge des Verfahrens wurden von Herrn A unter anderem folgende Unterlagen vorgelegt:
? Auszug aus dem Gewerbeinformationssystem Austria (GISA) über die seit 1. Jänner 2015 bestehende Gewerbeberechtigung für das reglementierte Gewerbe Versicherungsvermittlung in der Form Versicherungsagent
? Zertifikat der Bildungsakademie der österreichischen Versicherungswirtschaft vom 30. November 2010 über die bestandene BÖV-Prüfung und die damit erlangte Berechtigung, die Berufsbezeichnung „Geprüfter Versicherungsfachmann“ zu führen
? Dienstvertrag mit der C AG als Angestellter Vermittler, beginnend am 1. Februar 2008
? Urkunde über die Verleihung des Titels „Inspektor“ durch die C Gruppe vom Dezember 2009
? Qualifikation zum geprüften C-Finanzcoach vom 15. Dezember 2011
? Diplom über die Prüfung der Grundausbildung in der C Gruppe vom 30. Oktober 2008
? Dienstzeugnis der C AG über die Beschäftigung als Angestellter Vermittler vom 1. Februar 2008 bis 31. Dezember 2014
? Liste von absolvierten Seminaren
? Nachweis der selbstständigen Tätigkeit als Mehrfachagent seit 1. Jänner 2015
? Nachweis über den Umfang seiner dreijährigen Tätigkeit für die wichtigsten Versicherungspartner
? Bestätigung der C AG vom 9. März 2018 über die Vermittlung von Versicherungsverträgen an die C Versicherung AG im Rahmen des Gewerbes der „Versicherungsvermittlung ausschließlich in der Form Versicherungsagent“
? Aufstellungen bezüglich Verträge betreffend verschiedene Versicherungsunternehmen
Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid hat die Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha gemäß § 19 Gewerbeordnung 1994 festgestellt, dass die individuelle Befähigung für die Ausübung des reglementierten Gewerbes „Versicherungsvermittlung in der Form Versicherungsmakler und Beratung in Versicherungsangelegenheiten“ nicht vorliegt.
In der Begründung wurde auf die von der Bezirkshauptmannschaft zu den vorgelegten Beweismitteln eingeholten Stellungnahmen der Wirtschaftskammer Niederösterreich, Fachgruppe der Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten verwiesen, wonach der Nachweis einer einschlägigen Tätigkeit und damit von Kenntnissen in der Vermittlung oder Beratung sowie in der Abwicklung von Sachversicherungsverträgen in einem der Befähigungsprüfung entsprechenden ausreichenden Ausmaß nicht erbracht worden sei. Durch die beigebrachten Beweismittel hätten daher die erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen für die Ausübung des von ihm angestrebten Gewerbes nicht nachgewiesen werden können.
Dagegen hat A, vertreten durch Rechtsanwältin B, ***, *** fristgerecht Beschwerde erhoben und beantragt, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass festgestellt werde, dass die individuelle Befähigung für die Ausübung des reglementierten Gewerbes Versicherungsvermittlung in der Form Versicherungsmakler und Beratung in Versicherungsangelegenheiten vorliege.
Zur Begründung wurde vorgebracht, dass ein Kollege mit denselben Voraussetzungen, nur in einem anderen Bundesland den Befähigungsnachweis für die individuelle Befähigung erbracht habe. Der gegenständlich angefochtene Bescheid sei daher rechtswidrig und willkürlich.
Gemäß § 6 der Verordnung BGBl II Nr. 156 werde die fachliche Qualifikation zum Antritt des gegenständlichen Gewerbes durch den Nachweis einer ununterbrochenen zweijährigen fachlichen Tätigkeit in diesem Gewerbe als Selbstständiger oder Betriebsleiter erbracht, wenn die begünstigte Person für die betreffende Tätigkeit eine vorherige Ausbildung nachweisen könne, die durch ein staatlich anerkanntes Zeugnis bescheinigt oder von einer zuständigen Berufsorganisation als vollwertig anerkannt sei. Gegenständliche Nachweise habe der Beschwerdeführer erbracht, und zwar durch seine selbstständige Tätigkeit, die fachlich dem Gebiet zuzuordnen sei, weiters habe er eine vorherige Ausbildung und ein staatliches Zeugnis. Er sei seit 1. Jänner 2015 ohne Unterbrechungen als selbstständiger Versicherungsagent im Gewerbe Versicherungsvermittlung tätig, sodass eine ununterbrochene dreijährige Selbstständigkeit vorliege. Im Bezug auf die geforderte dreijährige fachliche Tätigkeit sei der Auszug aus dem Gewerberegister vorgelegt worden, wodurch der Beschwerdeführer am 1. Jänner 2015 das Gewerbe Versicherungsvermittlung in Form Versicherungsagent nachgewiesen habe. Dazu habe er die Agenturverhältnisse mit der D Versicherung, mit dem E Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit, mit der F Versicherung, mit der G Versicherung, mit der H Versicherung, mit der I Landesversicherung, mit J Lebensversicherungen AG, K Versicherung, L Lebensversicherung, M Reiseversicherung und N sowie in Hauptform mit der C Versicherung belegt.
Die belangte Behörde sei der Stellungnahme der Fachgruppe der Wirtschaftskammer gefolgt, ohne jedoch wirklich zu begründen, warum die individuelle Befähigung nicht gegeben sei. Darin liege eine willkürliche Vorgehensweise der Behörde. Aus Sicht des Beschwerdeführers sei der Wortlaut des Gesetzes klar, sollte aber unter fachlicher Tätigkeit oder unter Selbstständiger etwas anderes gemeint sein, sei die Formulierung der Verordnung unklar.
Die Stellungnahme der Wirtschaftskammer sei weder begründet, noch aufgrund fehlender Begründung überprüfbar. De facto habe sich die Behörde quasi eines Sachverständigen bedient, der aber so kein Sachverständiger sei. Überdies sei die Vorgehensweise der Behörde anscheinend willkürlich, da im Burgenland die gleichen Tätigkeiten, die gleichen Unterlagen zu dem positiven Bericht der Landesgruppe führen würden, in Niederösterreich jedoch nicht. Hätte die Behörde jedenfalls selbsttätig eine ordnungsgemäße Beweiswürdigung vorgenommen, wäre sie zu einem anderslautenden Bescheid gelangt. Dadurch, dass die Behörde keinerlei Ermittlungstätigkeit durchgeführt hat und sich voll auf die Stellungnahme der Wirtschaftskammer verlassen habe, habe sie ihren Ermessensspielraum überschritten. Damit sei auch das Recht auf ein faires Verfahren verletzt.
Mit Schreiben vom 27. April 2018 hat die Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha den Verwaltungsakt und die Beschwerde dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich mit dem Ersuchen um Entscheidung vorgelegt.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat am 28. September 2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in der Beweis erhoben wurde durch Verlesung des Aktes der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha zur Zahl *** sowie des Aktes des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich zur Zahl LVwG-AV-473-2018 sowie durch Einvernahme des Beschwerdeführers A.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat dazu wie folgt erwogen:
Von folgenden entscheidungsrelevanten Feststellungen ist auszugehen:
A war vom 1. Februar 2008 bis 31. Dezember 2014 bei der C AG, ***, *** als Angestellter Vermittler im Außendienst tätig. Zu seinen Aufgaben hat die Anwerbung, Beratung und Betreuung von Neu- und Bestandskunden gehört sowie die laufende Aktualisierung des Versicherungs- und Finanzleistungsbedarfs der Kunden. Diese Tätigkeit umfasste die Vermittlung von Versicherungsverträgen in den Sparten Kfz-Haftpflicht, Teilkasko, Vollkasko, Lebensversicherungen, Einmalerläge, Kranken-, Unfall-, Haushalts-, Gebäude-, Betriebsunterbrechung und Rechtsschutzversicherungen.
Am 30. Oktober 2008 hat er die Prüfung der Grundausbildung in der C Gruppe bestanden. Am 15. Dezember 2011 hat er im Rahmen der C Gruppe die Prüfung zum C-Finanzcoach erfolgreich abgelegt.
Am 30. November 2010 hat er an der Bildungsakademie der Österreichischen Versicherungswirtschaft die BÖV-Prüfung zum geprüften Versicherungsfachmann absolviert. Diese Prüfung, die aus einem mündlichen und einem schriftlichen Teil besteht, umfasst die Bereiche Recht und allgemeine Versicherungskunde, unternehmerisches Basiswissen sowie Versicherungsaufsichtsrecht, Steuer, Sozial-und Personenversicherung, Kfz-, Sach- und Vermögensversicherung, Handel, Gewerbe- und Landwirtschaftsversicherung, und ist speziell auf die Anforderungen an Mitarbeiter im Außendienst ausgerichtet. Im Unternehmen der C AG war die Absolvierung dieser Prüfung vorgeschrieben, um weiterhin in diesem Unternehmen tätig sein zu können.
Seit 1. Jänner 2015 übt er das reglementierte Gewerbe „Versicherungsvermittlung in der Form Versicherungsagent“ aus, zu folgenden Versicherungen besteht ein Agenturverhältnis: C AG, D Versicherungs-Aktiengesellschaft, E Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit, F Versicherungs-Aktiengesellschaft, G Versicherungen AG, H Österreich Versicherungen AG, K Versicherung AG, L Lebensversicherungs-AG, M Reiseversicherung Aktiengesellschaft, N Versicherung Aktiengesellschaft, O Versicherung AG, P für Österreich.
Abgesehen von seiner Gewerbeberechtigung „Versicherungsagent“ ab dem 1. Jänner 2015 hat der nunmehrige Beschwerdeführer keine weitere Gewerbeberechtigung und war auch sonst in keinem anderen Beruf selbstständig tätig.
Die Befähigungsprüfung für das reglementierte Gewerbe Versicherungsmakler und Beratung in Versicherungsangelegenheiten hat er nicht absolviert, er war auch nicht ununterbrochen zumindest zweijährig fachlich in diesem Gewerbe entweder als Selbstständiger oder als Betriebsleiter tätig.
Zu diesen Feststellungen gelangt das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich aufgrund folgender Beweiswürdigung:
Diese Feststellungen beruhen auf dem unbedenklichen Akt der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha zur Zahl ***, insbesondere auf den im Verfahren vorgelegten Urkunden. Durch diese Urkunden ist einerseits eine selbstständige Tätigkeit ab dem 1. Jänner 2015 in dem reglementierten Gewerbe des Versicherungsagenten nachgewiesen, für den Zeitraum 1. Februar 2008 – 31. Dezember 2014 ist eine Tätigkeit als Angestellter Vermittler im Außendienst der C Gruppe belegt. Im Rahmen dieser Tätigkeit wurde er an der Bildungsakademie der Österreichischen Versicherungswirtschaft für den Versicherung-Außendienst ausgebildet und hat durch die Absolvierung der BÖV Prüfung seine Qualifikation nachgewiesen, wodurch er berechtigt war, die Berufsbezeichnung „Geprüfter Versicherungsfachmann“ zu führen. Die Feststellung, dass er die Prüfung absolviert hat, um weiterhin in der C Gruppe tätig zu sein, beruht auf seiner glaubhaften Aussage in der mündlichen Verhandlung. Der Umfang der Prüfung ergibt sich aus dem als Beilage ./1 zur Verhandlungsschrift genommenen Ablauf der BÖV-Prüfung. Darauf, dass er neben seiner Tätigkeit als Versicherungsagent in einem weiteren Beruf selbstständig erwerbstätig gewesen ist, gibt es keinerlei Hinweise, diesbezüglich wurde auch kein Vorbringen erstattet, sodass eine entsprechende Negativfeststellung zu treffen war.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat dazu in rechtlicher Hinsicht erwogen:
Gemäß § 17 VwGVG sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles ... und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Folgende rechtliche Bestimmungen kommen zur Anwendung:
§ 18 GewO 1994 lautet auszugsweise:
(1) Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit hat für jedes reglementierte Gewerbe, hinsichtlich der im § 94 Z 14, 32, 33, 41 und 46 genannten Gewerbe und hinsichtlich des im § 94 Z 42 genannten Gewerbes, soweit es sich um die Tätigkeiten des Piercens und Tätowierens handelt, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen, durch Verordnung festzulegen, durch welche Belege - für sich allein oder in entsprechender Verbindung untereinander - die Zugangsvoraussetzungen zum betreffenden Gewerbe, gegebenenfalls für dessen eingeschränkte Ausübung, im Hinblick auf die hiefür erforderliche fachliche Befähigung jedenfalls als erfüllt anzusehen sind. Dabei hat der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit zu berücksichtigen, dass bei reglementierten Gewerben, bei denen der Qualifikation auf Grund der Richtlinie 92/51/EWG über eine zweite allgemeine Regelung zur Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise in Ergänzung der Richtlinie 89/48/EWG oder der Richtlinie 89/48/EWG über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome Diplomniveau zukommt, dieses Diplomniveau gewahrt bleibt.
(2) Als Belege im Sinne des Abs. 1 kommen in Betracht
1. Zeugnis über die erfolgreich abgelegte Meisterprüfung bei den im § 94 als Handwerke bezeichneten reglementierten Gewerben oder über eine sonstige Befähigungsprüfung;
2. Zeugnis über die erfolgreich abgelegte Unternehmerprüfung;
3. Zeugnis über den Abschluss einer Studienrichtung an einer Universität;
4. Zeugnis über den erfolgreichen Besuch eines Fachhochschul-Studienganges;
5. Zeugnis über den erfolgreichen Besuch einer Schule;
6. Zeugnis über den erfolgreichen Besuch eines Lehrganges;
7. Zeugnis über die erfolgreich abgelegte Lehrabschlussprüfung;
8. Zeugnis über eine fachliche Tätigkeit;
9. Zeugnis über eine Tätigkeit in leitender Stellung;
10. Zeugnis über eine Tätigkeit als Betriebsleiter;
11. Nachweise über eine Tätigkeit als Selbstständiger.
(3) Unter fachlicher Tätigkeit (Abs. 2 Z 8) ist eine Tätigkeit zu verstehen, die geeignet ist, die Erfahrungen und Kenntnisse zu vermitteln, die zur selbstständigen Ausübung des betreffenden Gewerbes erforderlich sind. Unter Tätigkeit in leitender Stellung (Abs. 2 Z 9) ist eine Tätigkeit zu verstehen, die überwiegend mit fachspezifischen Aufgaben und mit der Verantwortung für mindestens eine Abteilung des Unternehmens verbunden ist. Unter Tätigkeit als Betriebsleiter (Abs. 2 Z 10) ist eine Tätigkeit zu verstehen, die in einer der folgenden Funktionen ausgeübt wurde
1. als Leiter des Unternehmens oder einer Zweigniederlassung oder
2. als Stellvertreter des Unternehmers oder des Leiters des Unternehmens, wenn mit dieser Stellung eine Verantwortung verbunden ist, die der des vertretenen Unternehmers oder Leiters entspricht oder
3. in leitender Stellung je nach der Eigenart des betreffenden Gewerbes mit kaufmännischen oder mit kaufmännischen und technischen Aufgaben und mit der Verantwortung für mindestens eine Abteilung des Unternehmens.
(4) Wenn es Gründe der Abwehr von besonderen Gefahren für das Leben oder die Gesundheit von Menschen erfordern, hat der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit durch Verordnung festzulegen, dass Zeugnisse im Sinne des Abs. 2 für ein Gewerbe nicht mehr zu berücksichtigen sind, wenn der Inhaber des Zeugnisses seit der Prüfung, dem Abschluss der Ausbildung oder seit der fachlichen Tätigkeit, die durch das betreffende Zeugnis bescheinigt wird, zehn Jahre nicht mehr die den Gegenstand des betreffenden Gewerbes bildenden Tätigkeiten ausgeübt hat.
(5) Bei Schulen, bei denen eine Abschlussprüfung vorgesehen ist, ist der erfolgreiche Besuch (Abschluss) durch das Abschlussprüfungszeugnis (Reifeprüfungszeugnis), bei Schulen, bei denen keine Abschlussprüfung vorgesehen ist, durch das Abschlusszeugnis (Jahreszeugnis) nachzuweisen. Als Abschluss eines Studiums gilt der Abschluss eines Diplom-, Bachelor-, Master- oder Doktoratsstudiums. Als Abschluss eines Fachhochschul-Studienganges gilt der Abschluss eines Fachhochschul-Bachelorstudienganges, eines Fachhochschul-Masterstudienganges oder eines Fachhochschul-Diplomstudienganges.
…
§ 19 GewO 1994 lautet:
Kann der nach § 18 Abs. 1 vorgeschriebene Befähigungsnachweis nicht erbracht werden, so hat die Behörde unter Bedachtnahme auf Vorschriften gemäß § 18 Abs. 4 das Vorliegen der individuellen Befähigung festzustellen, wenn die beigebrachten Beweismittel die für die jeweilige Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen nachgewiesen werden. Die Behörde hat das Vorliegen der individuellen Befähigung mit der Beschränkung auf Teiltätigkeiten des betreffenden Gewerbes auszusprechen, wenn die Befähigung nur in diesem Umfang vorliegt. §373c Abs. 5 ist sinngemäß anzuwenden.
Gemäß § 94 Z. 76 GewO 1994 handelt es sich beim Gewerbe „Versicherungsvermittlung (Versicherungsagent, Versicherungsmakler und Beratung in Versicherungsangelegenheiten)“ um ein reglementiertes Gewerbe.
§ 137 GewO 1994 lautet:
(1) Bei der Tätigkeit der Versicherungsvermittlung handelt es sich um das Anbieten, Vorschlagen oder Durchführen anderer Vorbereitungsarbeiten zum Abschließen von Versicherungsverträgen oder das Abschließen von Versicherungsverträgen oder das Mitwirken bei deren Verwaltung und Erfüllung, insbesondere im Schadensfall. Es kann sich dabei insbesondere um Versicherungsagenten- oder um Versicherungsmaklertätigkeiten im Sinne des Versicherungsvertragsgesetzes (VersVG), BGBl. Nr. 2/1959, in der geltenden Fassung, und des Maklergesetzes, BGBl. Nr. 262/1996, in der geltenden Fassung, handeln.
(2) Nach diesem Bundesgesetz kann die Tätigkeit der Versicherungsvermittlung - entsprechend der tatsächlichen Beziehung zu Versicherungsunternehmen - in der Form „Versicherungsagent“ oder in der Form „Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten“ erfolgen und zwar im Umfang einer Gewerbeberechtigung nach § 94 Z 75 oder Z 76 oder als Nebengewerbe. Bei einem Nebengewerbe kann es sich entweder um ein sonstiges Recht im Rahmen einer Berechtigung nach diesem Bundesgesetz im Sinne des § 32 Abs. 6 oder um eine Nebentätigkeit zur Ergänzung von im Rahmen einer Hauptberufstätigkeit auf Grund eines anderen Gesetzes gelieferten Waren oder erbrachten Dienstleistungen handeln.
(2a) Nebengewerbliche Tätigkeiten im Sinne des Abs. 2 sind nur soweit zulässig, als
1.
ein zwingender und wirtschaftlich sinnvoller enger Zweckzusammenhang mit dem Hauptinhalt des jeweiligen Geschäftsfalles besteht,
2.
ein zwingender und wirtschaftlich sinnvoller enger Zweckzusammenhang zwischen den vermittelten Versicherungsverträgen und dem Haupttätigkeitsinhalt des Gewerbetreibenden besteht und
3.
im Rahmen des jeweiligen Geschäftsfalles der Umsatzerlös aus der Versicherungsvermittlung einen Anteil von 20vH des Umsatzerlöses aus dem damit verbundenen Hauptgeschäftsfall nicht überschreitet.
Ein Nebengewerbe der Versicherungsvermittlung kann bis spätestens 31. Dezember 2008 neu begründet werden.
(3) Die Bestimmungen über Versicherungsvermittlung gelten in gleicher Weise für die Rückversicherungsvermittlung.
(4) Sonstige Ausübende selbstständiger, nicht gewerblicher Berufe dürfen ohne eine entsprechende Gewerbeberechtigung zu begründen, Tätigkeiten der Versicherungsvermittlung nicht vornehmen.
(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 und der §§ 137a bis 138 und die sonstigen Bestimmungen über Versicherungsvermittlung finden keine Anwendung auf Personen, die Vermittlungsdienste für Versicherungsverträge anbieten, wenn sämtliche nachstehenden Bedingungen erfüllt sind:
a)
für den betreffenden Versicherungsvertrag sind nur Kenntnisse des angebotenen Versicherungsschutzes erforderlich,
b)
bei dem Versicherungsvertrag handelt es sich nicht um einen Lebensversicherungsvertrag,
c)
der Versicherungsvertrag deckt keine Haftpflichtrisiken ab,
d)
die betreffende Person betreibt die Versicherungsvermittlung nicht hauptberuflich,
e)
die Versicherung stellt eine Zusatzleistung zur Lieferung einer Ware bzw. der Erbringung einer Dienstleistung durch einen beliebigen Anbieter dar, wenn mit der Versicherung Folgendes abgedeckt wird:
aa)
das Risiko eines Defekts, eines Verlusts oder einer Beschädigung von Gütern, die von dem betreffenden Anbieter geliefert werden oder
bb)
Beschädigung oder Verlust von Gepäck und andere Risiken im Zusammenhang mit einer bei dem betreffenden Anbieter gebuchten Reise, selbst wenn die Versicherung Lebensversicherungs- oder Haftpflichtrisiken abdeckt, vorausgesetzt, dass die Deckung zusätzlich zur Hauptversicherungsdeckung für Risiken im Zusammenhang mit dieser Reise gewährt wird und
f)
die Jahresprämie übersteigt nicht 500 Euro, und der Versicherungsvertrag hat eine Gesamtlaufzeit, eventuelle Verlängerungen inbegriffen, von höchstens fünf Jahren.
(6) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 und der §§ 137a bis 138 und die sonstigen Bestimmungen über Versicherungsvermittlung finden weiters keine Anwendung, wenn
1.
beiläufig Auskünfte erteilt werden, die im Zusammenhang mit einer anderen beruflichen Tätigkeit stehen, die nicht zum Ziel hat, den Kunden beim Abschluss oder der Handhabung eines Versicherungsvertrages zu unterstützen,
2.
die berufsmäßige Verwaltung der Schadensfälle eines Versicherungsunternehmens oder die Schadensregulierung und Sachverständigenarbeit im Zusammenhang mit Schadensfällen erfolgt.
§ 6 der Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend über die Zugangsvoraussetzungen für die reglementierten Gewerbe Versicherungsagent, Versicherungsmakler und Beratung in Versicherungsangelegenheiten sowie die Berechtigung zur Versicherungsvermittlung bei der Gewerblichen Vermögensberatung (Versicherungsvermittler-Verordnung) lautet:
Versicherungsmakler und Beratung in Versicherungsangelegenheiten
Fachliche Qualifikationserfordernisse
(1) Die fachliche Qualifikation zum Antritt des Gewerbes Versicherungsmakler und Beratung in Versicherungsangelegenheiten wird durch die abgelegte Befähigungsprüfung erfüllt.
(2) Die fachliche Qualifikation zum Antritt des Gewerbes Versicherungsmakler und Beratung in Versicherungsangelegenheiten wird weiters durch folgende Nachweise erbracht:
a)
Nachweis einer ununterbrochenen dreijährigen fachlichen Tätigkeit in diesem Gewerbe entweder als Selbstständiger oder als Betriebsleiter; oder
b)
Nachweis einer ununterbrochenen zweijährigen fachlichen Tätigkeit in diesem Gewerbe als Selbstständiger oder als Betriebsleiter, wenn die begünstigte Person für die betreffende Tätigkeit eine vorherige Ausbildung nachweisen kann, die durch ein staatlich anerkanntes Zeugnis bescheinigt oder von einer zuständigen Berufsorganisation als vollwertig anerkannt ist; oder
c)
Nachweis einer ununterbrochenen zweijährigen fachlichen Tätigkeit in diesem Gewerbe als Selbstständiger oder als Betriebsleiter, wenn die begünstigte Person nachweist, dass sie die betreffende Tätigkeit mindestens drei Jahre als abhängig Beschäftigter ausgeübt hat; oder
d)
Nachweis einer ununterbrochenen dreijährigen fachlichen Tätigkeit in diesem Gewerbe als abhängig Beschäftigter, wenn die begünstigte Person für die betreffende Tätigkeit eine vorherige Ausbildung nachweisen kann, die durch ein staatlich anerkanntes Zeugnis bescheinigt oder von einer zuständigen Berufsorganisation als vollwertig anerkannt ist.
In den Fällen der lit. a und c darf die Beendigung dieser Tätigkeit nicht mehr als zehn Jahre zurückliegen, gerechnet ab dem Zeitpunkt der Einreichung des vollständigen Antrags der betroffenen Person bei der zuständigen Behörde.
Wie festgestellt wurde, hat der nunmehrige Beschwerdeführer die Befähigungsprüfung für das Gewerbe Versicherungsmakler und Beratung in Versicherungsangelegenheiten nicht absolviert, so das zu prüfen bleibt, ob eine der Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 der Versicherungsvermittler-Verordnung gegeben sind. Nach seiner Tätigkeit als Angestellter Vermittler in der C Gruppe hat er ab dem 1. Jänner 2015 das Gewerbe „Versicherungsagent“ als Selbstständiger drei Jahre lang ausgeübt, im Gewerbe „Versicherungsmakler und Beratung in Versicherungsangelegenheiten“ konnte er jedoch keine zumindest zweijährige fachliche Tätigkeit als Selbstständiger oder als Betriebsleiter nachweisen. Der Beschwerdeführer hat dazu vorgebracht, dass die Formulierung „in diesem Gewerbe“ in § 6 Abs. 2 der Versicherungsvermittler-Verordnung weit gefasst sei und ein ähnliches Gewerbe, etwa das Agentengewerbe bezeichnen müsse, da eine Tätigkeit als Selbstständiger in diesem Gewerbe gar nicht denkbar sei, bevor man die entsprechende Gewerbeberechtigung erlangt habe.
Gemäß § 137 Abs. 2 GewO 1994 kann die Tätigkeit der Versicherungsvermittlung in der Form „Versicherungsagent“ oder in der Form „Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten“ erfolgen und zwar im Umfang einer Gewerbeberechtigung nach § 94 Z. 75 oder Z. 76 oder als Nebengewerbe. Bei einem Nebengewerbe kann es sich entweder um ein sonstiges Recht im Rahmen einer Berechtigung nach diesem Bundesgesetz im Sinne des § 32 Abs. 6 oder um eine Nebentätigkeit zur Ergänzung von im Rahmen einer Hauptberufstätigkeit aufgrund eines anderen Gesetzes gelieferten Waren oder erbrachten Dienstleistungen handeln. Die näheren Voraussetzungen für eine nebengewerbliche Tätigkeit im Sinne des Abs. 2 werden in § 137 Abs. 2a GewO 1994 geregelt. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist mit der Formulierung „in diesem Gewerbe“ in § 6 Abs. 2 der Versicherungsvermittlung-Verordnung tatsächlich das gegenständliche Gewerbe „Versicherungsmakler und Beratung in Versicherungsangelegenheiten“ gemeint, da auch ein Nebengewerbe der Versicherungsvermittlung entweder in der Form Versicherungsagent oder Versicherungsmakler oder beide Formen umfassend ausgeübt werden kann. Aufgrund dieser Bestimmung erlangen somit Selbstständige, die bisher im Nebenrecht (Nebengewerbe) Versicherungsverträge vermittelten, wie z. B. KFZ-Händler KFZ-Versicherungen, die fachliche Qualität zum Antritt dieses Gewerbes (vgl. dazu auch Grabler/Stolzlechner/Wendl, Kommentar zur GewO, 32011, § 137, Rz 10ff., insbes. Rz. 13 mit weiteren Beispielen für das Nebengewerbe der Versicherungsvermittlung). Zum anderen dürfen aufgrund dieser Bestimmung Versicherungsvermittler, die in einem anderen EU/EWR-Staat eingetragen sind, in Österreich Versicherungsverträge vermitteln.
Da der nunmehrige Beschwerdeführer daher keine fachliche Tätigkeit in diesem Gewerbe als Selbstständiger oder als Betriebsleiter nachweisen konnte, bleibt zu prüfen, ob er die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 lit. d der Versicherungsvermittler-Verordnung erfüllt. Diesbezüglich wurde abgesehen von den firmeninternen Zeugnissen der C Gruppe das Zertifikat über die BÖV-Prüfung vorgelegt, wonach er berechtigt ist, die Berufsbezeichnung „Geprüfter Versicherungsfachmann“ zu führen. Der Beschwerdeführer hat dazu in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass er diese Prüfung während seiner Tätigkeit bei der C abgelegt hat, wobei dies eine Vorgabe der C gewesen ist, damit er dort überhaupt weiter beschäftigt sein konnte. Zu diesem Zeitpunkt war er als Angestellter Vermittler im Außendienst tätig und bescheinigt dieses Zertifikat auch seine Ausbildung für die Versicherungs-Außendienst-Qualifikation in Theorie und Praxis. Zwar umfasst diese Prüfung, die in einem mündlichen und einem schriftlichen Teil aufgebaut ist, die Bereiche Recht und Allgemeine Versicherungskunde, unternehmerisches Basiswissen sowie Versicherungsaufsichtsrecht, Steuer, Sozial- und Personenversicherung, Kfz-, Sach-und Vermögensversicherung, Handel, Gewerbe- und Landwirtschaftsversicherung, ist aber speziell auf die Anforderungen an Mitarbeiter im Außendienst ausgerichtet, sodass der Nachweis für eine Ausbildung für die betreffende Tätigkeit im Gewerbe „Versicherungsmakler und Beratung in Versicherungsangelegenheiten“ nicht gegeben ist. Im Übrigen wird u. a. gemäß § 4 Abs. 2 lit. a der Versicherungsvermittler-Verordnung genau durch dieses Zeugnis über die erfolgreiche Ablegung der Prüfung zur Erlangung des Außendienstzertifikats bei der Bildungsakademie der österreichischen Versicherungswirtschaft (BÖV-Prüfung) die fachliche Qualifikation zum Antritt des Gewerbes Versicherungsagent nachgewiesen, sodass schon aus diesem Grund dieses Zeugnis nicht als Nachweis für die fachliche Qualifikation zum Antritt des Gewerbes Versicherungsmakler und Beratung in Versicherungsangelegenheiten geeignet ist.
Der nunmehrige Beschwerdeführer hat die fachlichen Qualifikationserfordernisse für das von ihm auch ausgeübte Gewerbe Versicherungsagent erbracht, nicht jedoch die für das Gewerbe Versicherungsmakler und Beratung in Versicherungsangelegenheiten. Eine entsprechende ununterbrochene fachliche Tätigkeit in diesem Gewerbe entweder als Selbstständiger oder als Betriebsleiter etwa in der Form eines Nebengewerbes konnte er nicht nachweisen, sodass die Behörde zu Recht festgestellt hat, dass die individuelle Befähigung für die Ausübung des reglementierten Gewerbes Versicherungsvermittlung in der Form Versicherungsmakler und Beratung in Versicherungsangelegenheiten nicht vorliegt.
Zum Vorbringen, dass ein Kollege bei gleichem Ausbildungsverlauf und gleicher Tätigkeit in einem anderen Bundesland die Gewerbeberechtigung erlangt hätte, ist festzuhalten, dass es keinen Rechtsanspruch auf eine gleichlautende Entscheidung in scheinbar gleich gelagerten Fällen gibt, zumal jeder Antrag gesondert zu beurteilen ist.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und der angefochtene Bescheid zu bestätigen.
Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Schlagworte
Gewerbliches Berufsrecht; Versicherungsmakler; individuelle Befähigung;Anmerkung
VwGH 03.03.2020, Ra 2018/04/0195-6, ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.473.001.2018Zuletzt aktualisiert am
02.04.2020