TE Vwgh Beschluss 1999/7/23 98/20/0463

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Veröffentlicht am 23.07.1999
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §58 Abs2 idF 1997/I/088;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Baur und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Grubner, in der Beschwerdesache des am 3. Oktober 1972 geborenen HT (auch T) H, vertreten durch Dr. Christian Falkner, Rechtsanwalt in 2500 Baden, Biondekgasse 4, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 13. Juli 1998, Zl. 203.601/0-VII/21/98, betreffend Asylgewährung (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundeskanzleramt) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein iranischer Staatsangehöriger, reiste am 14. Mai 1998 in das Bundesgebiet ein und beantragte am selben Tag die Gewährung von Asyl.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 20. Mai 1998 wurde der Asylantrag gemäß § 7 AsylG abgewiesen (Spruchteil I) und die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Asylwerbers in den Iran gemäß § 8 AsylG als zulässig erklärt (Spruchteil II).

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 13. Juli 1998 wies die belangte Behörde die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung "gemäß §§ 7 und 8 AsylG" ab. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde langte am 22. Oktober 1998 beim Verwaltungsgerichtshof ein.

In der Mitteilung der belangten Behörde vom 26. März 1998 wurde geltend gemacht, der Beschwerdeführer sei am 17. November 1998 aus Österreich ausgereist und in die USA eingewandert. Aus diesem Grund fehle es an einer möglichen Rechtsverletzung des Beschwerdeführers, weshalb die vorliegende Beschwerde als gegenstandslos zu erklären sei. Als Beleg für die Auswanderung des Beschwerdeführers werde ein Schriftstück der "International Organisation for Migration" vom 17. November 1998 vorgelegt, aus welchem hervorgehe, dass der Beschwerdeführer an diesem Tag in die USA (New York) eingereist sei.

Mit Verfügung vom 20. Jänner 1999 wurde dem Verfahrenshelfer des Beschwerdeführers Gelegenheit gegeben, zur Frage der Gegenstandslosigkeit der Beschwerde infolge der Auswanderung des Beschwerdeführers in die USA Stellung zu nehmen. Dieser teilte mit, dass ihm keine Information über den Verbleib des Beschwerdeführers vorlägen. Unter den ihm vom Beschwerdeführer bekannt gegebenen Adressen sei eine Zustellung von Schriftstücken nicht möglich. Damit geht der Verwaltungsgerichtshof auf Grundlage der vorgelegten Unterlage davon aus, dass der Beschwerdeführer am 17. November 1998 in die USA ausgewandert ist.

Vorauszuschicken ist, dass sich die Beschwerde deshalb als zulässig erweist, weil sich der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde noch im Inland aufhielt und von einem Fehlen einer Rechtsverletzungsmöglichkeit durch den angefochtenen Bescheid im Zeitpunkt der Beschwerdeeinbringung somit nicht ausgegangen werden kann.

Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist eine Beschwerde mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde.

Bei einer Bescheidbeschwerde gemäß Art. 131 Abs. 1 Z 1 B-VG ist unter einer "Klaglosstellung" nach § 33 Abs. 1 und § 56 erster Satz VwGG nur eine solche zu verstehen, die durch eine formelle Aufhebung des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides - im Besonderen durch die belangte Behörde oder die allenfalls in Betracht kommende Oberbehörde oder durch den Verfassungsgerichtshof - eingetreten ist (vgl. dazu den Beschluss eines verstärkten Senates vom 9. April 1980, Slg. Nr. 10.092/A).

§ 33 Abs. 1 VwGG ist aber nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht nur auf die Fälle der formellen Klaglosstellung beschränkt. Ein Einstellungsfall liegt, wie der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Beschluss vom 9. April 1980, darlegte, z.B. auch dann vor, wenn der Beschwerdeführer kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung des Gerichtshofes hat (vgl. unter vielen den hg. Beschluss vom 23. Februar 1996, Zl. 95/17/0026). Ob in letzterem Sinne das rechtliche Interesse eines Beschwerdeführers weggefallen ist, hat der Verwaltungsgerichtshof nach objektiven Kriterien zu prüfen; er ist nicht an die Erklärung des Beschwerdeführers gebunden, dieser habe das rechtliche Interesse an seiner Beschwerde verloren. Andernfalls wäre es in die Hand einer beschwerdeführenden Partei gegeben, anstelle einer Zurückziehung der Beschwerde auf eine Gegenstandslosigkeitserklärung auszuweichen und damit Kostenfolgen einer Zurückziehung zu vermeiden (vgl. hg. Erkenntnis vom 2. Oktober 1991, Zl. 88/07/0061).

Im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer in die USA ausgewandert ist, ist für den Verwaltungsgerichtshof nicht ersichtlich, welche rechtliche Bedeutung die Entscheidung über die Beschwerde für diesen noch haben sollte. Für den Beschwerdeführer besteht kein rechtliches Interesse an einer Sacherledigung des Verwaltungsgerichtshofes in der vorliegenden Beschwerdesache (vgl. den hg. Beschluss vom 22. April 1999, Zl. 98/20/0419). Die Beschwerde war daher in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf § 58 Abs. 2 VwGG, in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 88/1997 ist bei der Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens der nachträgliche Wegfall des Rechtsschutzinteresses bei einer Beschwerde nicht zu berücksichtigen; würde hiebei die Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern, so ist darüber nach freier Überzeugung zu entscheiden.

Berücksichtigt man den nachträglichen Wegfall des Rechtsschutzinteresses bei der vorliegenden Beschwerde nicht, so ist davon auszugehen, dass die Beschwerde abzuweisen gewesen wäre. Der Beschwerdeführer hatte seine Verfolgung darauf gestützt, dass er (vor fünf Jahren) wegen seines Berufes (Vervielfältigung von Video- und Toncassetten) festgenommen, für drei Tage im Gefängnis angehalten und dann wegen Propaganda für westliche, soziale Systeme "zu einer Geldstrafe" verurteilt worden sei. Er erklärte, im Iran nicht politisch verfolgt gewesen zu sein; er wurde von den iranischen Behörden weder gesucht noch bedroht. Er sei aber als Angehöriger der armenischen (christlichen) Minderheit diskriminiert. Da er berufsmäßig Video- und Tonkassetten vervielfältige, sei er im Iran ständig der Gefahr ausgesetzt, verhaftet zu werden. Im Falle seiner Rückkehr in den Iran befürchte er, wegen "Weitergabe von Nachrichten oder Informationen an das Ausland" verdächtigt und über lange Zeit angehalten zu werden.

Davon ausgehend erscheint die Rechtsauffassung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid, die Ausreise des Beschwerdeführers stehe in keinem zeitlichen Zusammenhang zu der vom Beschwerdeführer angegebenen, fünf Jahre davor liegenden Verhaftung, nicht als rechtswidrig. Die belangte Behörde hielt weiters fest, der Beschwerdeführer sei nach dieser Bestrafung von den iranischen Behörden nicht mehr behelligt worden. Die belangte Behörde führte überdies aus, dass der Beschwerdeführer nach einem Versuch der Ausreise im Herbst 1997 über die Türkei von dort wieder in den Iran abgeschoben worden sei. Ausgehend von der weiteren, in der Beschwerde nicht bekämpften Sachverhaltsannahme, dass der Beschwerdeführer nach seiner Abschiebung in den Iran mit den do. Behörden keine Probleme gehabt habe, ist auch der Standpunkt der belangten Behörde, er wäre im Falle seiner (nunmehrigen) Rückreise in den Iran keiner Gefährdung im Sinne des § 57 Abs. 1 FrG ausgesetzt, nicht als unschlüssig anzusehen.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 und 7 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am 23. Juli 1999

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete Zuspruch von Aufwandersatz gemäß §58 Abs2 VwGG idF BGBl 1997/I/088

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998200463.X00

Im RIS seit

08.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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