TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/30 W185 2200643-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.10.2018
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Entscheidungsdatum

30.10.2018

Norm

AsylG 2005 §5
BFA-VG §21 Abs5 Satz1
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W185 2200639-1/7E

W185 2200643-1/7E

W185 2200636-1/7E

W185 2200633-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard PRÜNSTER als Einzelrichter über die Beschwerden von 1.) XXXX alias XXXX alias XXXX , geb. XXXX alias XXXX , 2.) XXXX , geb. XXXX , 3.) XXXX , geb. XXXX , gesetzlich vertreten durch die Kindesmutter XXXX , 4.) XXXX , geb. XXXX , gesetzlich vertreten durch die Kindesmutter XXXX , sämtliche StA. des Iran, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.06.2018, Zlen. 1.) 1181083410-180131606, 2.) 1181083508-180131550, 3.) 1181081002-180131525 und 4.) 1181081100-180131444, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerden werden gemäß § 5 AsylG 2005 idgF als unbegründet

abgewiesen.

Gemäß § 21 Abs. 5 Satz 1 BFA-Verfahrensgesetz idgF (BFA-VG) wird festgestellt, dass die Anordnung zur Außerlandesbringung zum Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Bescheide rechtmäßig war.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind Ehegatten, die minderjährige Drittbeschwerdeführerin und der minderjährige Viertbeschwerdeführer sind die Kinder der Zweitbeschwerdeführerin bzw die Stiefkinder des Erstbeschwrdeführers. Am 06.02.2018 stellten der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin für sich und die mj. Beschwerdeführer die vorliegenden Anträge auf internationalen Schutz in Österreich. Eurodac-Treffermeldungen lagen nicht vor.

Aus der österreichischen Visa-Datenbank konnte erhoben werden, dass der Erstbeschwerdeführer im Besitz eines vom 30.11.2017 bis zum 30.12.2017 und die Zweitbeschwerdeführerin im Besitz eines vom 27.12.2017 bis zum 11.02.2018 gültigen Visums für Frankreich war.

Im Zuge der Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 07.02.2018 gab der Erstbeschwerdeführer zusammengefasst an, seine Heimat im Dezember 2017 verlassen zu haben und über Frankreich nach Österreich gereist zu sein. Er habe in Frankreich keinen Asylantrag gestellt und sich dort bei Freunden aufgehalten. Er habe keine Probleme in Frankreich, sondern nur im Iran. In Österreich habe er erfahren, dass ein Mitglied seiner Glaubensgemeinschaft im Iran gefangen genommen worden sei, weshalb er nicht mehr nach Hause fliegen habe können. Gesundheitliche Probleme machte der Erstbeschwerdeführer im Rahmen der Befragung nicht geltend.

Die Zweitbeschwerdeführerin gab im Zuge ihrer Erstbefragung im Wesentlichen an, die Heimat im Jänner 2018 verlassen zu haben und über Frankreich nach Österreich gekommen zu sein. In Frankreich habe sie sich nur zwei Tage in einem Hotel aufgehalten und sich sehr unwohl gefühlt, weil in Frankreich Familienangehörige ihres Exmannes leben würden. Sie habe dort deshalb auch nicht um Asyl angesucht. England wäre ihr eigentliches Reiseziel gewesen, da sie dort weit entfernt von den genannten Verwandten leben könnte. Nach Österreich sei sie nur wegen ihres Mannes gekommen. Die Zweitbeschwerdeführerin gab weiters an, keine gesundheitlichen Beschwerden zu haben und auch nicht schwanger zu sein. In Österreich befinde sich eine ihrer Schwestern als Asylwerberin. Ihre mj Kinder würden sich seit der Geburt bei ihr befinden, und würden für diese dieselben Asylgründe wie für die Zweitbeschwerdeführerin gelten; sie hätten keine eigenen Fluchtgründe.

Nachdem das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 06.03.2018 ein Konsultationsverfahren mit Frankreich gem. Art. 12 Abs. 4 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (im Folgenden: "Dublin III-VO") eingeleitet hatte, stimmten die französischen Behörden mit Schreiben vom 23.03.2018 ausdrücklich zu, den Erstbeschwerdeführer gemäß Art. 12 Abs. 4 der Dublin III-VO aufzunehmen. Hinsichtlich der übrigen Beschwerdeführer erfolgte eine Zustimmung zur Übernahme nach Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO.

Im Rahmen der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 14.05.2018 gab der Erstbeschwerdeführer - nach durchgeführter Rechtsberatung und in Anwesenheit einer Rechtsberaterin - an, sich psychisch und physisch in der Lage zu fühlen, die Befragung zu absolvieren. Er befinde sich nicht in ärztlicher Behandlung und müsse auch keine Medikamente einnehmen. Der Zweit- und der Drittbeschwerdeführerin gehe es aber "psychisch nicht gut". Abgesehen von seiner Frau und deren beiden Kindern befinde sich noch die Schwester seiner Frau in Österreich. Der Erstbeschwerdeführer habe sich zwei bis drei Tage in einem Hotel in Frankreich aufgehalten, danach sei er weiter nach Österreich gereist; das sei zwischen 22. und 25.12.2017 gewesen. Er habe in Frankreich in dieser Zeit bei einer (weiteren) Schwester seiner Frau gewohnt. Über Vorhalt der beabsichtigten Überstellung nach Frankreich gab der Erstbeschwerdeführer an, dass ihm dies persönlich "egal sei" (AS 133), es aber wegen seiner Frau nicht möglich sei, nach Frankreich zu gehen, da die Familie seiner Stiefkinder "Probleme" mache. Seine Frau habe die Kinder im Iran vier Monate lang nicht sehen dürfen. Die Familie des Exmannes seiner Frau habe sehr gute Beziehung zur Botschaft bzw. großen Einfluss, da ein Verwandter des Exmannes im Kriminalbüro im Iran arbeiten würde. Durch ihre Beziehungen könnten sie den Aufenthalt der Beschwerdeführer in Frankreich herausfinden. Für den Erstbeschwerdeführer sei es wichtig, dass sich seine Frau wohl fühle. Er selbst könne - außer im Iran - auf der ganzen Welt leben. In Frankreich hätten seine Frau und die Kinder "Probleme". Seine Frau sei psychisch krank, könne nicht schlafen und mache sich Sorgen wegen der Kinder, wenn sie nach Frankreich zurückkehren müssten.

Die Zweitbeschwerdeführerin gab im Zuge der Befragung vor dem Bundesamt am 14.05.2018 - nach durchgeführter Rechtsberatung und in Anwesenheit einer Rechtsberaterin - an, sich psychisch und physisch in der Lage zu fühlen, die Befragung zu absolvieren. Für ihren Sohn habe sie einen Asthmaspray bekommen, ihre Tochter leide an "psychischen Störungen". Die Tochter habe deswegen bereits im Iran eine Gesprächstherapie gemacht; in Österreich habe diese noch keinen Behandlungstermin erhalten. Die Zweitbeschwerdeführerin selbst nehme Medikamente (aus dem Iran) gegen Stress und psychischer Störungen; diese Medikamente würden sie beruhigen. Sie würde für sich und die mj Drittbeschwerdeführerin gerne eine PSY III-Untersuchung in Anspruch nehmen. Zu ihren familiären Verhältnissen befragt, gab die Zweitbeschwerdeführerin an, sich in Österreich mit ihren zwei Kindern und ihrem nunmehrigen Ehemann, welcher nicht der Vater ihrer Kinder sei, aufzuhalten. Ihre Schwester befinde sich als Asylwerberin ebenfalls in Österreich; die Zweitbeschwerdeführerin treffe sich mit dieser etwa alle zwei Wochen bei Freunden. Die Zweitbeschwerdeführerin bekomme keine Unterstützung von der genannten Schwester; diese sei Studentin und würde auch in einem Lager leben. Die Zweitbeschwerdeführerin gab weiters an, bislang - außer in Österreich - nirgendwo sonst um Asyl angesucht zu haben; sie sei jedoch im Besitz eines Visums für Frankreich gewesen. Der Erstbeschwerdeführer sei damals ca. 1 Monat vor ihr und den Kindern legal mit einem Visum über Frankreich nach Österreich gereist; er sei hier ca. am 22.12.2017 angekommen, habe sich bei der Schwester der Zweitbeschwerdeführerin aufgehalten und auf die übrigen Beschwerdeführer gewartet. Als die Zweitbeschwerdeführerin zunächst mit ihren Kindern in Frankreich angekommen sei, habe die Familie ihres Exmannes am nächsten Tag ihre Mutter im Iran aufgesucht und dieser mitgeteilt, über den Aufenthalt der Zweitbeschwerdeführerin in Frankreich Bescheid zu wissen. Frankreich sei an sich ein "gutes" Land, aber die Beschwerdeführer könnten dort wegen der Familie ihres Exmannes nicht leben; diese habe "gute Beziehungen zum Staat". Die Familie des Exmanns sei damals "im Kriminalbüro im Iran" gewesen und habe so von der Abreise und der Flugroute der Beschwerdeführer erfahren. Die Zweitbeschwerdeführerin habe keine Familienangehörigen in Frankreich; Freunde ihres Exmannes würden sich dort aufhalten; es habe während des Aufenthalts der Beschwerdeführer in Frankreich jedoch keine persönliche Begegnung mit diesen gegeben.

Am 05.06.2018 wurden die Zweit- und die Drittbeschwerdeführerin einer ärztlichen Untersuchung durch eine allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige unterzogen, welche in ihrer gutachterlichen Stellungnahme vom 07.06.2018 zu dem Schluss kam, dass bei der Zweitbeschwerdeführerin aktuell weder eine belastungsabhängige krankheitswertige psychische Störung noch sonstige psychische Krankheitssymptome vorliegen würden. Es sei zwar eine Belastung erkennbar, doch sei diese Belastung in Art, Schwere und Dauer noch nicht krankheitswertig. Insbesondere würden sich keine affektiven Auffälligkeiten, keine Suizidalität sowie keine traumatypischen Symptome finden. Zur Zeit der Befundaufnahme könne keine krankheitswertige Störung diagnostiziert werden. Therapeutische und sonstige medizinische Maßnahmen wurden nicht angeraten. In der gutachterlichen Stellungnahme vom 08.06.2018 hinsichtlich der mj Drittbeschwerdeführerin wurde festgehalten, dass eine Anpassungsstörung, F 43.2, vorliege. Diese sei in Art, Dauer und Schwere derzeit eher milde ausgeprägt und hänge unmittelbar damit zusammen, wie die Eltern die eventuelle Überstellung nach Frankreich konnotieren und ihr gegenüber kommunizieren würden. Es wurden keine therapeutischen und medizinischen Maßnahmen angeraten. Bei einer Überstellung sei eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Drittbeschwerdeführerin nicht sicher auszuschließen; eine akute Gefährdung des Kindeswohls sei derzeit nicht zu erkennen.

Mit Bescheiden vom 22.06.2018 wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass für die Prüfung der gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz gemäß Art. 12 Abs. 4 der Dublin III-VO Frankreich zuständig sei. Gemäß § 61 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF wurde in Spruchpunkt II. gegen die Beschwerdeführer die Außerlandesbringung angeordnet. Demzufolge sei gem. § 61 Abs. 2 FPG ihre Abschiebung nach Frankreich zulässig.

Die Feststellungen zur Lage in Frankreich wurden im Wesentlichen Folgendermaßen zusammengefasst (unkorrigiert):

Allgemeines zum Asylverfahren

Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (OFPRA 31.10.2017; vgl. AIDA 2.2017, USDOS 3.3.2017 für weitere Informationen siehe dieselben Quellen).

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database (2.2017): Country Report:

France,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_2016update.pdf, Zugriff 24.1.2018

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OFPRA - Office français de protection des réfugiés et apatrides (31.10.2017): Demander l'asile en France, https://www.ofpra.gouv.fr/fr/asile/la-procedure-de-demande-d-asile/demander-l-asile-en-france, Zugriff 24.1.2018

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USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - France, https://www.ecoi.net/local_link/337141/479905_de.html, Zugriff 24.1.2018

Dublin-Rückkehrer

Anträge von Dublin-Rückkehrern werden wie jeder andere Asylantrag behandelt. Kommt der Betreffende aus einem sicheren Herkunftsstaat, wird das beschleunigte Verfahren angewandt. Hat der Rückkehrer bereits eine endgültig negative Entscheidung der 2. Instanz (CNDA) erhalten, kann er einen Folgeantrag stellen, so dieser neue Elemente enthält. Dublin-Rückkehrer werden wie normale Asylwerber behandelt und haben daher denselben Zugang zu Unterbringung im regulären bzw. beschleunigten Verfahren wie diese (AIDA 2.2017).

Wenn Dublin-Rückkehrer am Flughafen Roissy - Charles de Gaulle ankommen, erhalten die Rückkehrer von der französischen Polizei ein Schreiben, an welche Präfektur sie sich wegen ihres Asylverfahrens zu wenden haben. Dann werden sie zunächst an die Permanence d'accueil d'urgence humanitaire (PAUH) verwiesen. Das ist eine humanitäre Aufnahmeeinrichtung des französischen Roten Kreuzes, die im Bereich des Flughafens tätig ist. Es kann ein Problem darstellen, wenn die zuständige Präfektur weit entfernt liegt, denn die Rückkehrer müssen die Anfahrt aus eigenem bestreiten. Es gibt dafür keine staatliche Hilfe und auch die PAUH hat nicht die Mittel sie dabei zu unterstützen. In Paris und Umgebung wiederum kann man sich nicht direkt an die Präfekturen wenden, sondern muss den Weg über die sogenannten Orientierungsplattformen gehen, die den Aufwand für die Präfekturen mindern sollen, aber mitunter zu Verzögerungen von einigen Wochen in der Antragsstellung führen können. Viele der Betroffenen wenden sich daher an das PAUH um Hilfe bei der Antragstellung und Unterbringung. Einige andere Präfekturen registrieren die Anträge der Rückkehrer umgehend und veranlassen deren Unterbringung durch das Büro für Immigration und Integration (OFII). In Lyon am Flughafen Saint-Exupéry ankommende Rückkehrer haben dieselben Probleme wie jene, die in Paris ankommen (AIDA 2.2017).

Im Falle der Übernahme von vulnerablen Dublin-Rückkehrern muss die französische Behörde vom jeweiligen Mitgliedsstaat mindestens einen Monat vor Überstellung informiert werden, um die notwendigen Vorkehrungen treffen zu können. Je nach medizinischem Zustand, kann der Dublin-Rückkehrer mit speziellen Bedürfnissen bei Ankunft medizinische Betreuung erhalten. Auch Dublin-Rückkehrer, haben generell Zugang zur staatlichen medizinischen Versorgung (MDI 10.10.2017).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (2.2017): Country Report:

France,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_2016update.pdf, Zugriff 24.1.2018

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Ministére de l¿intérieur - Direction générale des étrangers en France - Chef du Département de l'accès à la procédure d'asile (10.10.2017): Auskunft per E-Mail

Non-Refoulement

Menschenrechtsgruppen kritisieren regelmäßig die strikt dem Gesetz folgende Abschiebepraxis Frankreichs (USDOS 3.3.2017).

Quellen:

-

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - France, https://www.ecoi.net/local_link/337141/479905_de.html, Zugriff 24.1.2018

Versorgung

Laut Asylgesetz sind die materiellen Aufnahmebedingungen allen Asylwerbern (inkl. beschleunigtes und Dublin-Verfahren) anzubieten. Die Verteilung von Asylwerbern erfolgt zentral, parallel werden regionale Vorschriften definiert und von den Präfekten in jeder Region umgesetzt. Asylwerber im Dublin-Verfahren unterliegen jedoch einer Einschränkung: sie haben keinen Zugang zu CADA-Einrichtungen und leben in der Praxis oft auf der Straße oder in besetzten Häusern. Dublin-Rückkehrer hingegen werden behandelt wie reguläre Asylwerber und haben daher denselben Zugang zu Unterbringung im regulären bzw. beschleunigten Verfahren wie diese. Die nationalen Aufnahmestrukturen liegen in der Zuständigkeit des Französischen Büros für Immigration und Integration (Office français de l'immigration et de l'intégration - OFII). Es wurde eine Beihilfe für Asylwerber (Allocation pour demandeurs d'asile - ADA) eingeführt, welche die vorherige monatliche Zahlung (Allocation Mensuelle de Subsistance - AMS) bzw. die temporäre Wartezeitzulage (Allocation Temporaire d'Attente - ATA) ersetzt (AIDA 2.2017). Die Höhe der ADA hängt von verschiedenen Faktoren wie die Art der Unterkunft, Alter, Anzahl der Kinder usw. ab. Asylwerber erhalten in der Regel eine monatliche finanzielle Unterstützung/Gutscheine in der Höhe von 204 Euro. Ein zusätzlicher Tagessatz wird an Asylwerber ausgezahlt, die Unterbringungsbedarf haben, aber nicht über das nationale Aufnahmesystem aufgenommen werden können (AIDA 2.2017). Seit April 2017 beträgt der tägliche Kostenzuschuss für Unterkunft 5,40 Euro (FTA 4.4.2017). Es wird jedoch kritisiert, dass die Empfänger der ADA in der Praxis mit Problemen (z.B. Verzögerungen bei der Auszahlung, intransparente Berechnung usw.) konfrontiert sind (AIDA 2.2017).

Asylwerber haben Zugang zum Arbeitsmarkt, wenn OFPRA ihren Asylantrag innerhalb von neun Monaten nicht entschieden und diese Verzögerung nicht vom Antragssteller verschuldet wurde (AIDA 2.2017).

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database (2.2017): Country Report:

France,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_2016update.pdf , Zugriff 24.1.2018

-

FTA - France terre d'asile (4.4.2017): L'Allocation pour demandeur d'asile revalorisée de 1,20€,

http://www.france-terre-asile.org/actualites/actualites/actualites-choisies/l-allocation-pour-demandeur-d-asile-revalorisee-de-1-20, Zugriff 24.1.2018

Unterbringung

In Frankreich gibt es 303 Unterbringungszentren für Asylwerber (Centre d'Accueil pour Demandeurs d'Asile - CADA) mit rund 34.000 Plätzen, ein spezielles Zentrum für UMA, zwei Transitzentren mit 600 Plätzen, 262 Notunterbringungen mit rund 18.000 Plätzen, sowie eine nicht näher genannte Anzahl an privaten Unterbringungsplätzen. Damit verfügt das Land über etwa 56.000 Unterbringungsplätze (AIDA 2.2017).

Der Zugang zu Unterbringung erweist sich in der Praxis jedoch als sehr kompliziert. Bei der Zuweisung zur CADA muss mit längerer Wartezeit gerechnet werden, die je nach Region zwischen 51 bis 101 Tage beträgt. In Paris gibt es auch Beispiele dafür, dass Asyl gewährt wurde, ohne dass die Personen jemals Zugang zu Unterbringung gehabt hätten. Berichten zufolge reichen die derzeitigen Unterbringungsplätze der CADA nicht aus (AIDA 2.2017). Die Schaffung weiterer Unterbringungsplätze (insgesamt 12.500 Plätze davon 7.500 in CADA) ist in den nächsten zwei Jahren geplant (FRC 12.1.2018; vgl. FRC 22.12.2017).

Im Oktober 2016 wurde die informelle Siedlung in Calais, der sog. Dschungel, geräumt, in der tausende von Migranten und Asylsuchende (laut AI mehr als 6.500 Personen, laut USDOS 5.600) lebten. Man brachte 5.243 Bewohner in Erstaufnahmelager (CAO) in ganz Frankreich und stellte ihnen Informationen über das Asylverfahren zur Verfügung (AI 2.22.2017; vgl. AI 1.6.2017, USDOS 3.3.2017, AIDA 2.2017). Trotzdem leben noch etwa 350 bis 600 Migranten unter prekären Bedingungen in und um Calais. Großbritannien und Frankreich wollen die Sicherheit an der gemeinsamen Grenze jedoch verbessern. Der französische Präsident und die britische Premierministerin unterzeichneten dazu im Januar 2018 ein neues Abkommen (Zeit 19.1.2018).

Trotz der Bestrebungen der lokalen Behörden und Interessenvertreter bleiben viele Migranten und Asylwerber weiterhin obdachlos und leben landesweit in illegalen Camps (AIDA 2.2017).

Quellen:

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AI - Amnesty International (2.22.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - France, http://www.ecoi.net/local_link/336482/479137_de.html, Zugriff 24.1.2018

-

AI - Amnesty International (1.6.2017): France: At a crossroads:

Amnesty International submission for the UN Universal Periodic Review, 29th session of the UPR Working Group, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1503902006_eur2167922017english.pdf, Zugriff 24.1.2018

-

AIDA - Asylum Information Database (2.2017): Country Report:

France,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_2016update.pdf, Zugriff 24.1.2018

-

FRC - Forum Réfugiés Cosi (12.1.2018): Réforme de l'asile : le raccourcissement des délais ne doit pas se faire au détriment des conditions d'accès à la protection, http://www.forumrefugies.org/s-informer/communiques/reforme-de-l-asile-le-raccourcissement-des-delais-ne-doit-pas-se-faire-au-detriment-des-conditions-d-acces-a-la-protection, Zugriff 24.1.2018

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FRC - Forum Réfugiés Cosi (22.12.2017): Asile et Immigration :

Forum réfugiés-Cosi salue l'ouverture par le Premier ministre d'une consultation et alerte sur plusieurs enjeux, http://www.forumrefugies.org/s-informer/communiques/asile-et-immigration-forum-refugies-cosi-salue-l-ouverture-par-le-premier-ministre-d-une-consultation-et-alerte-sur-plusieurs-enjeux, Zugriff 24.1.2018

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USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - France, https://www.ecoi.net/local_link/337141/479905_de.html, Zugriff 24.1.2018

-

Zeit (19.1.2018): May und Macron verschärfen Grenzschutz, http://www.zeit.de/politik/ausland/2018-01/grossbritannien-theresa-may-emmanuel-macron-calais-frankreich-grenzschutz-sandhurst, Zugriff 29.1.2018

Medizinische Versorgung

Am 1. Januar 2016 wurde in Frankreich der neue allgemeine Krankenversicherungsschutz (protection universelle maladie - PUMA) eingeführt. Deren medizinischen Leistungen können Asylwerber im ordentlichen, aber auch im Schnell- und im Dublinverfahren in Anspruch nehmen, sobald sie die Bestätigung über ihr laufendes Asylverfahren erhalten (Cleiss 2017; vgl. AIDA 2.2017, Ameli 12.10.2017). Bei PUMA besteht Beitragsfreiheit, wenn das jährliche Einkommen pro Haushalt unter 9.534 Euro liegt (AIDA 2.2017). In Frankreich besteht generell die Möglichkeit, eine Zusatzversicherung abzuschließen, um die Gesundheitsausgaben zu decken, die nicht von der Pflichtversicherung übernommen werden. Einkommensschwachen Personen kommt jedoch kostenfrei ein Allgemeiner Zusatzkrankenschutz (couverture maladie universelle complémentaire - CMU-C) zu, der die vollständige Kostenübernahme von Leistungen sichert (Cleiss 2017; vgl. Ameli 15.11.2017, RSB o.D.). Dies kann auch von Asylwerbern in Anspruch genommen werden (Ameli 12.10.2017). Weiters besteht die Möglichkeit für illegale Einwanderer nach drei Monaten Aufenthalt in Frankreich, von der sogenannten staatlichen medizinische Hilfe (aide médicale de l'état - AME) zu profitieren, selbst wenn andere Sozialleistungen reduziert oder entzogen worden sein sollten (AIDA 2.2017; vgl. Le Fonds CMU 2.5.2017, Ameli 13.10.2017). Neben Personen mit einem niedrigen Einkommen können auch Asylwerber die in Krankenhäusern eingerichteten Bereitschaftsdienste zur ärztlichen Versorgung der Bedürftigsten (permanences d'accès aux soins de santé - PASS) in Anspruch nehmen, während sie auf den Zugang zu CMU oder AME warten. Obwohl gesetzlich vorgeschrieben ist, dass alle Krankenhäuser die PASS anbieten müssen, ist das in der Praxis nicht immer der Fall (AIDA 2.2017).

Zugang zu mentaler Gesundheitsversorgung wird von der Gesetzgebung nicht explizit erwähnt, Asylwerber können aber im Rahmen der PUMA oder AME theoretisch psychiatrische oder psychologische Hilfe in Anspruch nehmen. Viele Therapeuten nehmen jedoch keine nicht-frankophonen Patienten. Traumatisierte oder Opfer von Folter können sich von einigen NGOs betreuen lassen, die sich speziell diesen Themen widmen, z.B. Primo Levi in Paris oder die Osiris-Zentren in Marseille, Mana in Bordeaux, das Forum réfugiés-Cosi Essor-Zentrum in Lyon oder Awel in La Rochelle. Die Zahl dieser spezialisierten Zentren in Frankreich ist aber gering und ungleich verteilt und kann den wachsenden Bedarf nicht decken (AIDA 2.2017).

Die Mitarbeiter der CADA sind verpflichtet, innerhalb von 15 Tagen nach Ankunft im Unterbringungszentrum eine ärztliche Untersuchung durchzuführen (AIDA 2.2017).

Im Falle der Ablehnung des Asylantrags haben Personen ein Jahr lang ab der Ausstellung des negativen Beschieds Anspruch auf medizinische Versorgung bei Krankheiten oder Mutterschaft, solange sie sich weiterhin in Frankreich aufhalten (Ameli 12.10.2017).

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database (2.2017): Country Report:

France,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_2016update.pdf, Zugriff 24.1.2018

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Ameli - L'Assurance Maladie (12.10.2017): Vous êtes demandeur d'asile,

https://www.ameli.fr/assure/droits-demarches/europe-international/protection-sociale-france/demandeur-dasile, Zugriff 24.1.2018

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Ameli - L'Assurance Maladie (13.10.2017): Aide médicale de l'État (AME) : vos démarches,

https://www.ameli.fr/assure/droits-demarches/situations-particulieres/situation-irreguliere-ame, Zugriff 24.1.2018

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Ameli - L'Assurance Maladie (15.11.2017): CMU complémentaire :

conditions et démarches,

https://www.ameli.fr/assure/droits-demarches/difficultes-financieres/complementaire-sante/cmu-complementaire, Zugriff 24.1.2018

-

Cleiss - Centre des liaisons européennes et internationales de sécurité sociale (2017): Das französische Sozialversicherungssystem, http://www.cleiss.fr/docs/regimes/regime_france/al_1.html, Zugrif 24.1.2018

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Le Fonds CMU - Fonds de financement de la protection complémentaire de la couverture universelle du risque maladi (2.5.2017): Are you an undocumented immigrant?, http://www.cmu.fr/undocumented-immigrant.php, Zugriff 24.1.2018

-

RSB - Rosny sous-Bois (o.D.): ACS - AME - CMU-C - PUMA, http://www.rosny93.fr/ACS-AME-CMU-C-PUMA, Zugriff 24.1.2018

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USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - France, https://www.ecoi.net/local_link/337141/479905_de.html, Zugriff 24.1.2018

Schutzberechtigte

Anerkannte Flüchtlinge bekommen einen Aufenthaltstitel mit einer Gültigkeit von zehn Jahren, subsidiär Schutzberechtigte eine für ein Jahr befristete Aufenthaltsgenehmigung, die verlängert werden kann (AIDA 2.2017; vgl. DA 6.2016). Nach einem dreijährigen gewöhnlichen Aufenthalt in Frankreich kann eine Aufenthaltskarte für zehn Jahre beantragt werden (OFPRA 11.2015).

Personen, die während des Asylverfahrens untergebracht werden, können nach der Gewährung eines Schutzstatus weitere drei Monate (um drei Monate verlängerbar) und im Falle der Ablehnung des Asylantrags ein Monat lang weiterhin in der ursprünglichen Unterkunft bleiben (AIDA 2.2017). Anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte müssen einen Willkommens- und Integrationsvertrag (contrat d'intégration républicaine - CIR) unterschreiben, welcher der Integration in die französische Gesellschaft durch maßgeschneiderte Unterstützung beim Zugang zum Arbeitsmarkt und zu Bildung dient (MI 9.11.2016). Im Rahmen des Integrationsvertrags besteht die Möglichkeit auf eine temporäre Unterbringung in einem der dafür vorgesehenen Zentren (centre provisoire d'hébergement - CPH) des OFII für neun Monate mit einer Verlängerungsmöglichkeit um weitere drei Monate. Die staatlichen Integrationsmaßnahmen sind von Region zu Region unterschiedlich, für die erfolgreiche Integration jedoch nicht ausreichend. Deshalb bieten die NGOs France terre d'asile und Forum refugiés - Cosi weitere Integrationsprogramme, aber auch temporäre Unterkünfte für Schutzberechtigte an (AIDA 2.2017).

Durch den Aufenthaltstitel sind Schutzberechtigte in Hinsicht auf Beschäftigung mit französischen Bürgern gleichgestellt. Obwohl der Integrationsvertrag auch Maßnahmen zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt enthält, stoßen Schutzberechtigte in der Praxis auf verschiedene Hindernisse (z.B. mangelnde Sprachkenntnisse, keine gute Erreichbarkeit der Arbeitsplätze außerhalb der Städte, mangelnde Anerkennung der beruflichen Qualifikationen) bei der Jobsuche (AIDA 2.2017).

Nach dem Asylverfahren muss die Gesundheitsbehörde über den gewährten Schutzstatus informiert werden. Dann erhalten Schutzberechtigte die Krankenversicherungskarte und sie können weiterhin von der CMU-C profitieren (AIDA 2.2017; vgl. Ameli 12.10.2017). Personen, denen internationaler Schutz gewährt wurde, haben Zugang zu Sozialleistungen und verschiedenen Beihilfen in Bereichen wie Familie, Wohnraum, Bildung, Behinderung etc. und besteht für sie unter bestimmten Bedingung die Möglichkeit der Familienzusammenführung (DA 6.2016; vgl. AIDA 2.2017).

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database (2.2017): Country Report:

France,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_2016update.pdf, Zugriff 24.1.2018

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Ameli - L'Assurance Maladie (12.10.2017): Vous êtes demandeur d'asile,

https://www.ameli.fr/assure/droits-demarches/europe-international/protection-sociale-france/demandeur-dasile, Zugriff 24.1.2018

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DA - Dom'Asile (6.2016): You have been granted refugee status or subsidiary protection. What do you have to do?, https://www.gisti.org/IMG/pdf/fiche_refugies_2016_anglais.pdf, Zugriff 24.1.2018

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MI - Ministère de l'intérieur (9.11.2016): Le parcours personnalisé d'intégration républicaine, https://www.immigration.interieur.gouv.fr/Accueil-et-accompagnement/Le-parcours-personnalise-d-integration-republicaine, Zugriff 24.1.2018

Zusammengefasst wurde in den Bescheiden ausgeführt, dass die Identität der Beschwerdeführer nicht feststehe und nicht festgestellt werden könne, dass in deren Fall schwere psychische Störungen oder schwere bzw. ansteckende Krankheiten bestehen würden. Auch wenn bei der mj Drittbeschwerdeführerin eine Anpassungsstörung diagnostiziert worden sei, stelle die Überstellung nach Frankreich keine Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte dar, nachdem in Frankreich die erforderlichen Behandlungsmöglichkeiten grundsätzlich bestehen würden und sich bei ihr auch keine schwerwiegenden und einem Transport nach Frankreich entgegenstehenden Beeinträchtigungen ergeben hätten. In Frankreich bestehe ausreichende medizinische Versorgung für Asylwerber. Die Beschwerdeführer seien im Besitz französischer Schengen-Visa gewesen; Frankreich habe der Übernahme der Beschwerdeführer nach Art 12 Dublin III-VO ausdrücklich zugestimmt. Sodann wurde in den Bescheiden ausgeführt, dass aus den Angaben der Beschwerdeführer keine stichhaltigen Gründe für die Annahme glaubhaft gemacht worden seien, dass diese tatsächlich konkret Gefahr liefen, in Frankreich Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden oder dass diesen eine Verletzung ihrer durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte dadurch drohen könnte. Es liege ein Familienverfahren vor. Nachdem sich im vorliegenden Fall gegenüber allen Beschwerdeführern dieselbe Ausweisungsentscheidung ergeben habe und durch die Außerlandesbringung der gesamten Familie nach Frankreich die Einheit der Familie gewahrt bleibe, stelle die im gegenständlichen Verfahren getroffene Anordnung zur Außerlandesbringung keinen Eingriff in das in Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Familienleben dar. In Österreich befinde sich eine Schwester der Zweitbeschwerdeführerin als Asylwerberin. Mit dieser bestehe kein gemeinsamer Haushalt; ebenso wenig würden gegenseitige Abhängigkeiten oder eine besondere Beziehungsintensität zwischen den Genannten bestehen. Angesichts des unsicheren Aufenthaltsstatus in Österreich hätten die Beschwerdeführer von vornherein nicht davon ausgehen können, dass ihnen nur aufgrund der Anwesenheit von Verwandten in Österreich ein nicht auf das Asylgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommen werde und sich daher ein direkter verwandtschaftlicher Kontakt lediglich auf die Dauer ihres unsicheren Aufenthaltes in Österreich beschränke. Die Möglichkeit der Aufrechterhaltung von Kontakten zu in Österreich befindlichen Verwandten bestehe - wenn auch in eingeschränkter Form - auch von Frankreich aus, beispielsweise auf telefonischer Basis, durch Brief- oder e-Mailverkehr. Zusammengefasst sei davon auszugehen, dass die Anordnung der Außerlandesbringung nicht zu einer relevanten Verletzung von Art. 7 GRC bzw. Art. 8 EMRK führe und die Zurückweisungsentscheidung daher unter diesen Aspekten zulässig sei. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG habe bei Abwägung aller Umstände nicht erschüttert werden können. Es habe sich kein zwingender Anlass für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts ergeben.

Gegen die Bescheide wurde fristgerecht eine für alle Beschwerdeführer gleichlautende Beschwerde erhoben und zusammengefasst vorgebracht, dass sich die Beschwerdeführer explizit gegen eine Überstellung nach Frankreich aussprechen würden, da diesen dort die reale Gefahr der Verletzung ihrer in Art 3 und Art 8 EMRK gewährleisteten Rechte drohen würde. Die Beschwerdeführer hätten lediglich zwei bis vier Tage in Frankreich aufgehalten und würden dort vom Exgatten der Zweitbeschwerdeführerin verfolgt werden. Im Gegensatz zu Österreich, wo die Schwester der Zweitbeschwerdeführerin aufhältig sei, hätten die Beschwerdeführer in Frankreich niemanden. Die belangte Behörde übersehe auch, "dass Frankreich keinerlei Interesse am Verbleib von Flüchtlingen" (AS 265) habe. Bei vollständiger Ermittlung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes hätte die Behörde zu dem Schluss kommen müssen, dass Österreich bei einer Art. 3 EMRK konformen Auslegung von den Bestimmungen der Dublin III-VO hätte Gebrauch machen und die Zuständigkeit für das Asylverfahren der Beschwerdeführer übernehmen müssen.

Am 10.08.2018 wurden die Beschwerdeführer auf dem Luftweg nach Frankreich überstellt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind Ehegatten. Die mj Drittbeschwerdeführerin und der mj Viertbeschwerdeführer sind die Kinder aus der geschiedenen Ehe der Zweitbeschwerdeführerin mit ihrem Exmann. Die Beschwerdeführer suchten am 06.02.2018 um internationalen Schutz in Österreich an. Eurodac-Treffermeldungen liegen nicht vor.

Der Erstbeschwerdeführer war in Besitz eines vom 30.11.2017 bis 30.12.2017 und die Zweitbeschwerdeführerin eines vom 27.12.2017 bis 11.02.2018 gültigen Schengen-Visums für Frankreich. Nach einem entsprechenden Konsultationsverfahren zwischen den österreichischen und den französischen Dublin-Behörden stimmte Frankreich mit Schreiben vom 23.03.2018 zu, den Erstbeschwerdeführer auf Grundlage von Art. 12 Abs. 4 und die Zweitbeschwerdeführerin, die Drittbeschwerdeführerin sowie den Viertbeschwerdeführer auf Grundlage von Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO zu übernehmen.

Konkrete, in der Person der Beschwerdeführer gelegene Gründe, welche für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, liegen nicht vor.

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer im Falle einer Überstellung nach Frankreich Gefahr liefen (gelaufen wären), einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

Die Beschwerdeführer sind nicht lebensbedrohlich erkrankt. Der Erstbeschwerdeführer, die Zweitbeschwerdeführerin und der mj Viertbeschwerdeführer sind gesund und müssen keine Medikamente einnehmen. Die mj Drittbeschwerdeführerin leidet an einer milden Ausprägung einer Anpassungsstörung, F 43.2. Therapeutische und medizinische Maßnahmen wurden nicht explizit angeraten. Zudem wurde eine akute Gefährdung des Kindeswohls bei einer Überstellung nach Frankreich ausgeschlossen.

In Österreich ist die Schwester der Zweitbeschwerdeführerin als Asylwerberin aufhältig, jedoch bestehen keine wechselseitigen (finanziellen, gesundheitlichen oder sonstigen) Abhängigkeiten und keine besonders enge Beziehung.

Weitere besondere private oder berufliche Bindungen der Beschwerdeführer im österreichischen Bundesgebiet bestehen nicht

Am 10.08.2018 kam es zur Überstellung der Beschwerdeführer nach Frankreich.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen hinsichtlich der Einreise der Beschwerdeführer in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten mittels französischer Visa ergeben sich aus den eigenen Angaben des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin sowie der - im Verwaltungsakt dokumentierten - Auskunft aus dem VIS-System des Bundesministeriums für Inneres vom 07.02.2018.

Die Feststellung bezüglich der Zustimmung zur Aufnahme der Beschwerdeführer seitens Frankreichs leitet sich aus den durchgeführten Konsultationsverfahren - der diesbezügliche Schriftwechsel liegt den Verwaltungsakten ein - zwischen der österreichischen und der französischen Dublin-Behörde ab.

Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultiert aus den umfangreichen und durch hinreichende Quellen belegten Länderfeststellungen der angefochtenen Bescheide, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in Frankreich auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf Rückkehrer nach der Dublin III-VO) getroffen.

Aus den in den angefochtenen Bescheiden dargestellten Länderinformationen ergeben sich keine ausreichend begründeten Hinweise darauf, dass das französische Asylwesen grobe systemische Mängel aufweisen würde. Insofern war aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens und die Versorgungs- und Sicherheitslage von Asylsuchenden in Frankreich den Feststellungen der erstinstanzlichen Entscheidung zu folgen. Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderberichten klar und substantiell widersprechen würden, haben die Beschwerdeführer nicht dargetan. Eine die Beschwerdeführer konkret treffende Bedrohungssituation in Frankreich wurde nicht ausreichend substantiiert vorgebracht (siehe dazu die weiteren Ausführungen unten).

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand der Beschwerdeführer ergeben sich aus der Aktenlage bzw. aus den gutachterlichen Stellungnahmen in Hinblick auf die Zweit- und die Drittbeschwerdeführerin (PSY III-Untersuchung). Es wurde kein Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu tangieren.

Die festgestellten, persönlichen Verhältnisse der Beschwerdeführer ergeben sich aus der Aktenlage und aus den Angaben insbesondere der Zweitbeschwerdeführerin. Dass das Vorliegen eines finanziellen oder sonstigen Abhängigkeitsverhältnisses zur Schwester der Zweitbeschwerdeführerin nicht festgestellt werden kann, ergibt sich zum einen aus den Angaben der befragten Beschwerdeführer sowie daraus, dass die Beschwerdeführer als Asylwerber in Österreich bzw auch in Frankreich jederzeit Leistungen der Grundversorgung in Anspruch nehmen können und daher nicht auf Zuwendungen Dritter angewiesen sind.

Der Umstand der am 10.08.2018 durchgeführten Überstellung der Beschwerdeführer nach Frankreich ergibt sich aus einem aktuellen Auszug aus dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister sowie einem Bericht einer Landespolizeidirektion vom 10.08.2018.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013 idF BGBl. I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, unberührt.

Nach § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG idgF bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und im FPG bleiben unberührt. In Asylverfahren tritt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl an die Stelle des Bundesasylamtes (vgl. § 75 Abs. 18 AsylG 2005 idF BGBl I 144/2013).

§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.

Zu A) Abweisung der Beschwerden:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) idgF lauten:

§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentsche

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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