TE Bvwg Erkenntnis 2018/11/22 G309 2184082-1

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Veröffentlicht am 22.11.2018
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Entscheidungsdatum

22.11.2018

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

G309 2184082-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Ing. Mag. Franz SANDRIESSER als Vorsitzenden, sowie die Richterin Mag. Beatrix LEHNER und die fachkundige Laienrichterin Beate KOCH als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX, geb. am XXXX, vertreten durch die KREISSL & PICHLER & WALTHER Rechtsanwälte GmbH in 8940 Liezen, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Steiermark, vom 21.12.2017, OB: XXXX, betreffend die Feststellung, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung" in den Behindertenpass nicht vorliegen, zu Recht erkannt:

A)

I. Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

II. Es wird festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Der Inhaberin des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass vorliegen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) brachte am 09.10.2017 via der Zentralen Poststelle beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO ein. Da die BF nicht im Besitz eines Behindertenpasses mit der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" war, wurde dieser Antrag von der belangten Behörde auf Vornahme dieser Zusatzeintragung gewertet. Dem Antrag waren eine Kopie des Behindertenpasses der BF, eine Reihe medizinischer Beweismittel (Befunde, Arztbriefe udgl.), mehrere Schreiben sowie Bescheide der Pensionsversicherungsanstalt angeschlossen.

2. Im Rahmen des seitens des Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Steiermark (im Folgenden: belangte Behörde), durchgeführten Ermittlungsverfahrens wurde zur Überprüfung der im Antrag gemachten Angaben ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt.

In dem eingeholten Gutachten von XXXX, Ärztin für Allgemeinmedizin, vom 14.12.2017, wird nach persönlicher Untersuchung der BF am 28.11.2017 im Wesentlichen folgendes festgehalten:

Die BF leide an chronisch generalisierten Schmerzen der Muskulatur (Fibromyalgie) und Abnützung der Wirbelsäule, unter einer Depression und unter zeitweilig leichtem Asthma und Nasenseptumperforation. Der Gesamtgrad der Behinderung betrage 60 v.H..

Im Hinblick auf die beantragte Zusatzeintragung wurde wie folgt ausgeführt:

"Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke ist zumutbar, ebenso das Ein- und Aussteigen und das Benützen von Haltegriffen. Eine höhergradige cardiopulmonale Einschränkung liegt nicht vor."

3. Mit Bescheid vom 21.12.2017 wurde der Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" abgewiesen. Gestützt wurde die Entscheidung der belangten Behörde im Wesentlichen auf das eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten.

4. Mit Schriftsatz vom 16.01.2018 (Eingangsstempel: 18.01.2018) erhob die BF seitens ihrer rechtsfreundlichen Vertreterin binnen offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde. Darin brachte sie unter Vorlage einer ärztlichen Bestätigung vom 11.01.2018 zusammenfassend vor, dass die Voraussetzungen für die Vornahme der genannten Zusatzeintragung durchaus vorliegen würden und das Sachverständigengutachten dahingehend nicht richtig sei. Die beigezogene Sachverständige konnte als Allgemeinmedizinerin weder die Fibromyalgie noch die psychischen Störungen der BF beurteilen. Der BF sei es unmöglich, Arbeiten mit den Händen über dem Kopf zu bewerkstelligen und wurde [trotzdem] gutachterlich festgehalten, dass ein Benützen der Handgriffe im Bus für die BF möglich sei. Das Gehen über eine kurze Wegstrecke sei der BF wohl zumutbar, doch sei im konkreten Fall die nächste öffentliche Bushaltestelle einen knappen Kilometer vom Wohnhaus der BF entfernt und sei es für die BF nicht möglich die nächste Bushaltestelle zu Fuß zu erreichen. Unrichtig sei auch, dass die BF uneingeschränkt kontaktfähig sei, der Gedankengang inhaltlich und formal geordnet, der Antrieb unauffällig und die Konzentrationsfähigkeit gut sei. Das Gegenteil sei der Fall, aufgrund der Erkrankung der BF sei von einem sozialen Rückzug mit einer erheblichen Einschränkung im Alltag auszugehen, die BF sei müde, leide an chronisch generalisierten Schmerzen der Muskulatur (Fibromyalgie), der Abnützung der Wirbelsäule und dadurch auch unter Depressionen. Laut des in Vorlage gebrachten fachärztlichen Schreibens leide die BF aufgrund der chronischen Schmerzen unter Depressionen und Angststörungen und sei dadurch erheblich beeinträchtigt. Die BF stelle daher den Antrag, einen Sachverständigen aus dem Bereich Psychiatrie/Neurologie beizuziehen, der Beschwerde Folge zu geben und dem Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung in den Behindertenpass vollinhaltlich stattzugeben.

5. Die gegenständliche Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht durch die belangte Behörde einlangend mit 24.01.2018 vorgelegt.

6. Seitens des erkennenden Gerichtes wurde die Amtssachverständige XXXX, Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, mit der Begutachtung und Erstattung eines Gutachtens beauftragt.

6.1. Mit am 21.03.2018 eingelangten Schreiben vom 17.03.2018 teilte die BF mit, dass sie von XXXX bereits in einem Verfahren betreffend Pflegegeld untersucht worden sei und daher um die Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen ersuche.

7. Seitens des erkennenden Gerichtes wurde daher anstelle von XXXX, der Amtssachverständige XXXX, Facharzt für Neurologie, mit der Begutachtung und Erstattung eines Gutachtens beauftragt.

7.1. Im eingeholten Gutachten vom 24.05.2018 wird, basierend auf persönlicher Untersuchung der BF am selben Tag, zusammengefasst folgendes festgehalten:

"Zusammenfassende Beurteilung:

Im Vordergrund der Beschwerdesymptomatik steht ein chronisches Schmerzsyndrom im Rahmen einer diagnostizierten Fibromyalgie.

Auf Grund der chronischen Schmerzen Entwicklung einer Depression und Angststörung gemischt.

Trotz regelmäßiger psychopharmakologischer, nervenfachärztlicher und psychotherapeutischer Therapie konnte bislang keine Stabilisierung erzielt werden.

Organneurologisch und somatisch konnte sonst kein pathologischer Befund erhoben werden."

7.2. Hinsichtlich der beantragten Zusatzeintragung in den Behindertenpass wurde ausgeführt:

"Bezüglich der Zumutbarkeit der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel ist aus nervenfachärztlicher Sicht die Zumutbarkeit auf Grund der chronifizierten Depression und Angststörung mit Platzangst und der damit verbundenen Panikzustände nicht gegeben.

Es ist aus der klinischen Untersuchung, den vorgelegten Befunden und der Dauer der Erkrankung glaubhaft, dass diese beeinträchtigenden Störungen vorliegen."

8. Das Ergebnis der Beweisaufnahme wurde den Verfahrensparteien seitens des erkennenden Gerichtes im Rahmen des Parteiengehörs gemäß § 45 Abs. 3 AVG in Verbindung mit § 17 VwGVG mit Schreiben vom 25.07.2018 zur Kenntnis gebracht und den Parteien die Möglichkeit eingeräumt, sich dazu binnen zwei Wochen ab Zustellung zu äußern.

9. Mit Stellungnahme vom 02.08.2018 (eingelangt am 07.08.2018) teilte die rechtsfreundlich vertretene BF mit, dass keine Erörterung des Gutachtens beantragt werde und davon auszugehen sei, dass aufgrund des Ergebnisses des Gutachtens, der Beschwerde Folge zu geben sein wird.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die BF ist im Besitz eines Behindertenpasses.

Bei der BF liegt ein chronisches Schmerzsyndrom im Rahmen einer diagnostizierten Fibromyalgie vor. Zusätzlich leidet die BF aufgrund der chronischen Schmerzen unter einer Depression und einer Angststörung gemischt. Eine Stabilisierung konnte trotz regelmäßiger psychopharmakologischer, nervenfachärztlicher und psychotherapeutischer Therapie nicht erreicht werden. Aufgrund der chronifizierten Depression und Angststörung mit Platzangst und den damit verbundenen Panikzuständen ist der BF die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar.

Die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Der Inhaberin des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass liegen vor.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Das Sachverständigengutachten von XXXX, Facharzt für Neurologie, vom 24.05.2018, steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch und erfüllt die Voraussetzungen der Vollständigkeit und Schlüssigkeit. Die im Sachverständigengutachten von XXXX getroffenen Einschätzungen basieren auf dem im Rahmen einer persönlicher Untersuchung der BF ausführlich erhobenen Befund und beziehen die in Vorlage gebrachten medizinischen Beweismittel vollständig mit ein.

Abweichungen zur Einschätzung im seitens der belangten Behörde eingeholten Vorgutachten ergeben sich nachvollziehbar aus der aus fachärztlicher Sicht einbezogenen Angststörung der BF. Durch die Angststörung mit Platzangst der BF kommt es bei der Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln zu Panikzuständen. Es wurde dabei auf die Art der Leiden und deren Ausmaß eingegangen und zu deren Bedeutung für die beantragte Zusatzeintragung ausführlich Stellung genommen. Der Inhalt des erstatteten Sachverständigengutachtens wurde den Verfahrensparteien im Rahmen des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht und von diesen unbeeinsprucht zur Kenntnis genommen.

Das erstattete Sachverständigengutachten von XXXX wird der Entscheidung des erkennenden Gerichtes daher in freier Beweiswürdigung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 6 BVwGG (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG (Bundesbehindertengesetz) hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die im § 10 Abs. 1 Z 6 BBG genannte Vereinigung entsendet die Vertreterin oder den Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung. Hinsichtlich der Aufteilung des Nominierungsrechtes auf gleichartige Vereinigungen ist § 10 Abs. 2 BBG anzuwenden. Für die Vertreterin oder den Vertreter ist jeweils auch die erforderliche Anzahl von Ersatzmitgliedern zu entsenden.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 VwGVG).

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG (Bundes-Verfassungsgesetz) die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG) mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 VwGVG) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß

Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Das Verwaltungsgericht kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt wird, ungeachtet eines Parteienantrags, von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention) noch Art. 47 GRC (Charta der Grundrechte der Europäischen Union) entgegenstehen. Der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) kann entnommen werden, dass er das Sozialrecht auf Grund seiner technischen Natur und der oftmaligen Notwendigkeit, Sachverständige beizuziehen, als gerade dazu geneigt ansieht, nicht in allen Fällen eine mündliche Verhandlung durchzuführen (vgl. Eriksson v. Sweden, EGMR 12.04.2012; Schuler-Zgraggen v. Switzerland, EGMR 24.06.1993). Der im gegenständlichen Fall entscheidungsrelevante Sachverhalt wurde größtenteils auf gutachterlicher Basis ermittelt und ist durch seine "technische" Natur, nämlich durch medizinisches Fachwissen, gekennzeichnet. Da der Sachverhalt auch aus der Aktenlage in Verbindung mit den Beschwerdegründen und dem Begehren der BF geklärt erscheint, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 VwGVG entfallen, zu Mal auch keine der Verfahrensparteien eine mündliche Verhandlung beantragten.

3.2. Zu Spruchteil A):

Unter Behinderung im Sinne des Bundesbehindertengesetzes ist gemäß § 1 Abs. 2 BBG die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit gemäß § 42 Abs. 1 BBG zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Ein Bescheid ist gemäß § 45 Abs. 2 BBG nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3 BBG) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Gemäß § 1 Abs. 4 Z. 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist, einzutragen; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das

36. Lebensmonat vollendet ist und

-

erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder

-

erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder

-

erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder

-

eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder

-

eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach

§ 1 Abs. 4 Z 1 lit. b oder d leg. cit. vorliegen.

Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden (vgl. etwa VwGH 18.12.2006, Zl. 2006/11/0211; VwGH 20.04.2004, Zl. 2003/11/0078 ua.). Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit, öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Zu berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt (VwGH 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242; 14.05.2009, Zl. 2007/11/0080).

Gemäß § 29b Abs. 1 StVO (Straßenverkehrsordnung 1960) ist Inhabern und Inhaberinnen eines Behindertenpasses nach dem Bundesbehindertengesetz, die über die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" verfügen, als Nachweis über die Berechtigungen nach Abs. 2 bis 4 auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen ein Ausweis auszufolgen.

Es war aus folgenden Gründen spruchgemäß zu entscheiden:

Bei der BF wurden neben dem chronischen Schmerzsyndrom erhebliche Einschränkungen der psychischen Funktionen festgestellt. Aufgrund der vorliegenden Depression und der Angststörung mit Platzangst, die mit Panikzuständen einhergeht, ist es der BF nicht zumutbar, ein öffentliches Verkehrsmittel zu benützen.

Die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Der Inhaberin des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass liegen daher vor. Da die BF zudem im Besitz eines Behindertenpasses ist, war spruchgemäß zu entscheiden und der Beschwerde stattzugeben.

3.3. Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die Zulassung der Revision war gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zudem zu verneinen, weil die gegenständliche Entscheidung in Wesentlichen nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, sondern von Tatsachenfragen. Maßgebend ist das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.

Schlagworte

Behindertenpass, Sachverständigengutachten, Zusatzeintragung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:G309.2184082.1.00

Zuletzt aktualisiert am

25.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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